Ritter Berthold und Karl der Jäger
Manchmal ist das Artdesign wie ein Omen. Es kann nicht nur ein Fingerzeig für den Stil, sondern auch für Stimmung und Qualität sein – man denke z.B. an
The Banner Saga. Bei der Figurenwahl zwischen Ritter, Baronin und Mystiker fragte ich mich: Will da jemand voller Eifer ein mittelalterliches Spectaculum inszenieren, um sich dann in einem kitschigen Märchenwald zu verlieren? So schlimm ist es zwar nicht geworden, aber viel hat nicht gefehlt, wenn man irgendwann von Kirchenchören und Panflöten begleitet auf Ritter Berthold oder Burg Frosch trifft.
Bitte nicht falsch verstehen: Die Entwickler haben sich viel Mühe mit dem Szenario gegeben, das innerhalb der
Einsteiger werden vorbildlich an die Hand genommen - es gibt viele Beispiele und eine komplette deutsche Version.
umfangreichen Kampagne auch seine gemütlichen Reize hat. Man zieht seinen Helden, der knapp ein Dutzend Krieger repräsentieren kann, über eine malerische Karte mit Wäldern, Dörfern, Klöstern und Burgen, die mittelalterlich designt sind und sich im Wechsel von Tag und Nacht anpassen – auch manche Quests haben Zeitbezug. Das Abenteuer spielt tatsächlich in Deutschland, zu Beginn werden vor allem Brandenburg und Mecklenburg sowie die Elbe genannt; eine Karte zeigt Burgen im Gebiet zwischen Alpen und Nordsee. Aber so interessant unsere Heimat im Mittelalter auch war, die Erzählweise in diesem Spiel wirkt mitunter albern, dröge bis befremdlich.
Die Elbe brennt, der Spieler pennt
Zu Beginn hat man die Wahl zwischen drei Helden mit anderen Fähigkeiten.
Auch wenn die Weißrussen betonen, bekennende Rollenspieler zu sein und sogar Anekdoten wie „Die Geschichte der brennenden Elbe“ über zwei Seiten einflechten: Sie hätten es lassen und sich mehr auf Planung und Strategie statt Abenteuerflair mit Gerüchten, Quests & Co konzentrieren sollen. Die Geschichte und die Regie laden eher zum Einschlafen als zum Mitfiebern ein. Ich habe mich stellenweise an bebilderte Kinderbücher zum Rittertum erinnert gefühlt, wenn ich in der Taverne den Gerüchten lauschte. Das liegt nicht nur an der Namenwahl wie „Otto von Küstenkauz“ oder „Klauslin Seidlitz“, die keine nachvollziehbare historische Linie verfolgt, sondern auch an den vielen gestelzten Dialogen.
Immerhin kann man dort Entscheidungen treffen, die sich auch auf das Ende auswirken. Überhaupt ist es die Offenheit sowie der Freiraum der Karte mit all den unbekannten Orten, die nach dem sehr zähen Einstieg zunächst zum Weiterspielen animiert: Man muss mit kleiner Truppe seine Familienburg zurückerobern und das Land befrieden, was angesichts der vielen Rebellen und verfeindeten Untertanen gar nicht so einfach ist. Dabei kann man sich seine Allianzen unter diversen Burgherren aussuchen, indem man andere attackiert, darf innerhalb der vielen kleinen Quests etwas recherchieren und sich langsam wieder an die Macht kämpfen, wobei man die Ausgaben und Einnahmen beachten muss.