Operation Flashpoint: Dragon Rising09.10.2009, Michael Krosta
Operation Flashpoint: Dragon Rising

Im Test:

Blockbuster wie Call of Duty haben mit realistischer Kriegsführung etwa genau so viel gemeinsam wie Osama Bin Laden mit dem Friedensnobelpreis. Wer sich abseits der Hollywood-Inszenierung ins Gefecht stürzen will, schwört deshalb auch heute noch auf Operation Flashpoint oder die inoffiziellen Nachfolger der ArmA-Reihe, die vom gleichen Entwickler Bohemia Interactive stammen. Mit Dragon Rising versucht sich Codemasters jetzt selbst an einer Militärsimulation, in der ein fiktiver Konflikt zwischen China und den USA um die russische Insel Skira im Mittelpunkt steht. Wird man dem großen Namen und dem hohen Anspruch der Fangemeinde gerecht?

Wichtige Lektionen

In meiner kurzen Zeit bei der US-Army - die Kampagne rund um die Befreiung der Insel Skira mit ihren elf Missionen ist bereits nach etwa fünf Stunden vorbei - habe ich einige wichtige Erkenntnisse erlangt: Erstens sind Wälder und hohe Gräser meine neuen Freunde, denn sie bieten nicht nur Sichtschutz, sondern auch eine halbwegs gute Deckung. Offene Flächen sollte man dagegen meiden wie der Teufel das Weihwasser, denn sie führen direkt in die Hölle. Zweitens musste ich feststellen, dass sich eine Strecke von 500 Metern zum rettenden Evakuierungshubschrauber verdammt lange ziehen kann - vor allem, wenn man aufgrund einer Kugel im Bein nicht mehr sprinten kann, zwei meiner drei KI-Begleiter ebenfalls mit Verletzungen zu kämpfen haben und mir eine chinesische Spezialeinheit im Rücken sitzt. Drittens ist es eine tödliche Illusion, dass gepanzerte Fahrzeuge Schutz bieten. Die Bazooka made in China ist halt nach einem direkten Treffer irgendwie doch stärker. Viertens sind im Krieg keine Rambos gefragt, denn nur wer taktisch klug als Team agiert, kann erfolgreich sein - und überleben. Fünftens habe ich erkannt, dass die Steuerung via Maus und Tastatur am PC bei einem Spiel wie Flashpoint gravierende Vorteile gegenüber einem Controller mit sich bringt. Keine Frage: Ich spiele Shooter ganz gerne mit dem Gamepad - bei R6 Vegas habe ich diese Variante sogar am PC vorgezogen. Doch der Kampf um Skira wird von Schusswechseln

Video: Der jüngste Konflikt um die Insel Skira reiht sich in ihre Geschichte ein, die von Kämpfen um das ressourcenreiche Land bestimmt ist. über mittlere bis große Distanz dominiert, was bedeutet, dass die Ziele im Fadenkreuz verdammt klein sind. Während man sie mit der Maus sogar noch gut ins Visier nehmen kann, wenn sie in Deckung auf dem Boden liegen, fehlt den Schützen mit PS3- oder 360-Controller in diesem Fall tatsächlich die nötige Präzision.

Volle Befehlsgewalt

Dabei gibt es zwei mögliche Auswege aus dem Dilemma: Entweder man muss näher an seine Feinde ran, was trotz einer teilweise erschreckend niedrigen Trefferquote der Chinesen auf kurze Distanzen nicht gerade die beste Idee ist. Oder man lässt seine drei Teammitglieder die Drecksarbeit erledigen, indem man ihnen direkt auf dem Schlachtfeld oder auf der übersichtlichen Einsatzkarte den Angriffsbefehl erteilt oder die Erstürmung von Gebäuden anordnet. Dabei darf man die Truppe nicht nur nach Lust und Laune aufteilen, sondern auch Formationen (Kolonne, V-Formation, Linie etc.) bestimmen, Einsatzregeln wie "Feuer erwidern" oder "Feuer einstellen" festlegen, Flankenangriffe vorbereiten oder im Notfall seine Jungs auch zum Rückzug pfeifen. Das alles erfolgt über ein verschachteltes Menü, das sich auf Knopfdruck einblenden lässt und z.T. kontext-sensitiv funktioniert. Richtet man den Cursor etwa auf ein Fahrzeug, bekommt man die Option Einsteigen angeboten, während bei einem verletzten Teammitglied ein "Wunde verarzten" angezeigt wird, mit dem man den Sanitäter dazu veranlassen kann, zu helfen. Im ersten Moment erscheint die Auswahl an Befehlsoptionen enorm komplex und man verliert schnell den Überblick, wo sich welcher Punkt befindet. Doch hat man die wichtigsten Tasten-Kombinationen erst

Nur wer seine Truppe gut und taktisch sinnvoll im Griff hat, kann Erfolg haben.
mal verinnerlicht, wird man dieses System nicht mehr missen wollen, zumal die KI die Anweisungen meist gut umsetzt und dabei auch automatisch nach günstiger Deckung Ausschau hält. Trotzdem wäre es noch komfortabler gewesen, alternativ auch eine Sprachsteuerung via Headset anzubieten.

Vorgegebene Ausrüstung

So erfreulich die relativ breite Auswahl an taktischen Möglichkeiten ist, so enttäuschend fällt die Vorbereitung auf die Mission aus. Die Briefings bestehen lediglich aus reinem Text - Sprachausgabe und / oder Zwischensequenzen sucht man vergeblich. Viel schlimmer ist allerdings die Tatsache, dass man sich die Ausrüstung der Streitkräfte zwar ansehen, diese aber nicht verändern kann. Wer sich also eine breite Auswahl an Kriegs-Equipment gewünscht und auf eine individuelle Zusammenstellung gehofft hat, wird bitter enttäuscht. Stattdessen muss man mit der vorgegebenen Ausrüstung ins Feld ziehen, die in der Regel aus einem Sturm- oder Scharfschützengewehr, einer Pistole sowie diversen Granaten, Minen oder C4 besteht. Nähere Informationen zur Ausrüstung, etwa in Form einer Enzyklopädie, gibt es nicht. Mindestens genau so wichtig sind das Fernglas für eine optimale Aufklärungsarbeit und der Verbandskasten, falls der Sanitäter mal nicht zur Stelle ist und man sich selbst verarzten muss. Leider beschränkt sich die vorgegebene Ausrüstung nicht nur auf die Kampagne, sondern steht auch im Mehrspielermodus auf der Tagesordnung, doch hier hat man zumindest die Wahl zwischen verschiedenen Einheiten wie einem Scharfschützen-, Panzerabwehr-, Granatwerfer-, Transporthubschrauber- oder Sanitäter-Trupp mit jeweils eigenem Equipment. Zudem hat man sowohl hier als auch in der Kampagne die Möglichkeit, die Waffen gefallener Soldaten aufzunehmen oder sich an überall verteilten Munitionskisten zu bedienen. Trotzdem bleibt gerade im Vergleich zu anderen Genre-Vertretern ein ernüchternder Eindruck zurück, der durch das Fehlen eines Charakter-Editors noch verstärkt wird, der vor allem den Mehrspielermodus bereichert hätte. Dieser bietet zwar lagfreie Partien, aber fällt mit den gerade mal zwei Spielvarianten (Team-)Deathmatch und Infiltration sowie lediglich vier Karten sehr mager aus. Während auf dem PC immerhin bis zu 32 Soldaten im LAN oder über das Internet um den Sieg kämpfen, ist auf PS3 und Xbox 360 schon bei acht Teilnehmern das Limit erreicht - schwach, auch wenn man nicht alleine, sondern mit weiteren KI-Begleitern loszieht! Nervig ist zudem die Tatsache, dass nur chinesisch gequasselt wird, falls man im entsprechenden Team landet. Das mag authentisch sein, aber bringt nicht viel, wenn man bei erspähten Feindespositionen nur Bahnhof versteht. Angenehmer ist da schon der Koop-Modus, in dem man mit bis zu vier Spielern gemeinsam die Kampagne oder Einzelmissionen angehen kann.      

Inhaltslose Kampagne

Der Weg zur Befreiung Skiras umfasst elf Missionen, in denen man abwechselnd unter 2nd Lt. Mulholland den Pioniertrupp Sabre Zwei oder den Stoßtrupp Dagger One unter Sgt. Hunter zum Ziel führt. Gerade am Anfang beschränken sich die Ziele auf das Ausschalten von Feindstellungen wie Artilleriegeschützen oder Panzerabwehr-Teams und sind entsprechend öde. Erst im späteren Verlauf legt das Missionsdesign zu, wenn man etwa die Crew eines abgestürzten Helikopters aufspüren und sicher zur Evakuierungszone bringen oder in einem verdeckten Nachteinsatz eine Sprengladung im Lager der Chinesen legen muss. Gelungen sind auch Momente, in denen man seine Aktionen mit einem weiteren KI-Trupp koordiniert, der z.B. eine Flankenposition einnimmt, um ein Ablenkungsmanöver zu starten. Erst wenn der entsprechende Funkspruch erfolgt, sollte man mit seiner Mission fortfahren, anstatt einen Alleingang hinzulegen. Gerade hier hat man das Gefühl, wirklich Teil einer großen Militäroperation zu sein. Leider versagt Dragon Rising in einem Bereich völlig: der Story und einer entsprechenden Inszenierung. Bis auf das minimalistische Intro und ein Schwarz/weiß-Filmchen am Ende gibt es keinerlei Zwischensequenzen, die den Konflikt näher beleuchten oder Nähe zu den insgesamt blassen Charakteren schaffen. So reiht sich hier nur ein Auftrag an den nächsten, ohne näher auf das Umfeld oder die Folgen der Kampagne einzugehen. Wie wäre es z.B. mit Ausschnitten einer Nachrichtensendung gewesen, in denen der Konflikt aufgegriffen wird? Oder eine Schaltung ins UN-Hauptquartier? Gerade gegen Ende, wenn es darum geht, die Befehlshaber der Chinesen unschädlich zu machen, wird der Mangel an Hintergrundinformationen offensichtlich. Ich soll einen General Han eliminieren? Wer zum Teufel ist das überhaupt? Ich sehe kein Gesicht vor mir. Das Gleiche gilt für die letzte Mission, in der ein gewisser General Zheng gefasst werden

Auf den Konsolen fällt es schwer, die meist kleinen Ziele genau mit dem Controller anzuvisieren.
muss - eine Aufgabe, die man übrigens nichts mal selbst übernehmen darf, sondern einer anderen Truppe überlassen muss. Entsprechend unbefriedigend ist das Ende. All die Arbeit beim vorsichtigen Vorgehen, die unzähligen Tode, der ganze Stress für dieses schwache Finale? Enttäuschung pur!

Großer Herausforderung

Eines ist allerdings klar: Wer eine echte Herausforderung sucht, der wird sie bei Dragon Rising finden. Schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad geht es alles andere als einfach zur Sache, obwohl man hier Wegmarkierungen hat und gefallene oder verletzte Teammitglieder an den etwas unglücklich verteilten Checkpunkten automatisch wiederbelebt und geheilt werden. Das bringt allerdings nicht viel, wenn der Speicherpunkt mitten in einem Feuergefecht liegt oder die Truppe beim neuen Versuch gleich von einem Kampfhubschrauber unter Beschuss genommen wird, der mit einem Schlag die Hälfte der Truppe kampfunfähig macht. So etwas sorgt genau so für Frust wie plötzliche Verletzungen des Spielers oder Kameraden, obwohl kein Feind in der Nähe ist. Scheinbar können neuerdings auch Bugs schießen! Erspähte Feinde werden eigentlich komfortabel im Kompass am oberen Bildschirmrand angezeigt und auch sonst beinhaltet das HUD sinnvolle Informationen wie die aktuelle Haltung (stehen, hocken, kriechen), Munition- und Feuerrate sowie Verletzungen und Teamanzeigen. Je höher der Schwierigkeitsgrad, desto weniger HUD-Elemente stehen zur Verfügung. Während man auf der erweiterten Stufe weniger Checkpunkte bekommt und Begleiter nicht mehr respawnen, macht der

Als Scharfschütze hat man es auch nicht unbedingt einfacher...
Hardcore-Modus seinem Namen alle Ehre: Keine Checkpunkte, keine Bildschirmanzeigen und keine magische Wiederbelebung sollen selbst Profis ins Schwitzen bringen und für ein möglichst realistisches Militär-Erlebnis sorgen.

Störende KI-Aussetzer

Diese Rechnung könnte sogar aufgehen, wenn kleine Ungereimtheiten und größere KI-Aussetzer nicht einen schmerzlichen Strich durch selbige machen würden. Ich habe auf meinem Feldzug Chinesen erlebt, die mir direkt gegenüberstanden und nicht auf mich oder meinen Beschuss reagierten. Ich habe "Spezialeinheiten" gesehen, die unvorsichtig durch offene Landschaften spazierten und nicht mehr waren als lebendige Zielscheiben. Ich habe Häuser infiltriert, in denen zwei Schützen, zwei Meter vor mir, zwei Meter nebeneinander standen und sich der andere nicht gerührt hat, als ich seinen Partner mit einem lauten (!) Schuss ausgeschaltet habe. Klar, solche Situationen sind Ausnahmen - aber Ausnahmen, die hier etwas gehäuft auftreten. Auch die Zielgenauigkeit der VBA sorgt oft für Stirnrunzeln, da die Soldaten über weite Entfernungen scheinbar sehr viel präziser treffen als auf kurze Distanz. Positiv ist jedoch, dass die Chinesen ihre Deckung meist sinnvoll nutzen, Flankierungsversuche starten und auch nicht zögern, Verstärkung anzufordern. Wird bei einem Schleicheinsatz z.B. der Alarm ausgelöst, kann man sich sicher sein, dass kurze Zeit später ein schwer bewaffneter Kampfhubschrauber über dem Kopf kreist - eine Bekanntschaft, auf die man gut verzichten kann und meist tödlich im Raketenhagel endet. Auch um den Einsatz von Rauchgranaten sind die Gegner nie verlegen, um so ihre Positionen im Schutz des feinen Qualms zu wechseln.     

Kameradenschweine

Es ist nicht nur die Gegner-KI, die manchmal für ein Kopfschütteln sorgt. Auch die eigene Truppe hat mit einigen Problemen zu kämpfen - allen voran der Wegfindung, die besonders an Bord eines Fahrzeugs zu wünschen übrig lässt. Meist landen die Ausflüge in der Pampa, am besten noch eingekeilt zwischen Bäumen, wo es kein Vor oder Zurück mehr gibt. Doch auch im Kampf treffen

Gerade bei Sonnenuntergängen wirkt die Kulisse fast idyllisch. Doch sobald der erste Schuss fällt, wird man wieder vom krieg eingeholt.
die Jungs manchmal fragwürdige Entscheidungen und legen sich z.B. lieber genau in der Schusslinie auf den Boden anstatt an der Mauer zwei Meter weiter nach Deckung zu suchen. Von dem im Handbuch erwähnten Moralsystem, wonach Befehle teilweise verweigert werden oder sich beschwert wird, merkt man dagegen nichts. Seltsamerweise wurde nur ein Mal ein Befehl verweigert, als ich meiner Truppe befohlen habe, in den Evakuierungshubschrauber einzusteigen. Das Ende vom Lied: Erst als die Chinesen eine weitere Unterstützungseinheit geschickt und wir sie erledigt haben, zeigten sich meine Jungs einsichtig, den Schauplatz vielleicht doch besser zu verlassen. Doch es sind auch die kleinen Ungereimtheiten, die mir als Ex-Zivi weniger aufgefallen, aber Bundeswehr-Veteranen sofort ins Auge springen werden: Ein Nachteinsatz ohne Gesichtstarnung? Wo gibt es denn so was? Hier. Für ein Spiel, das eine Simulation sein will, ein kleiner, aber böser Schnitzer. Unfair erscheint zudem, dass die Teammitglieder in der Deckung vorsichtig um Ecken spähen können, man selbst als Spieler jedoch nicht. Lob gebührt den Kameraden allerdings für ihre präzisen Angaben, wenn sie einen Feind entdeckt haben, was besonders in höheren Schwierigkeitsgraden an Bedeutung gewinnt, wenn man ohne die Markierungen auskommen muss. Zudem ist die Synchro gut gelungen und überzeugt nicht nur durch gute Sprecher, sondern auch einer der Situation entsprechenden Stimmlage. Während bei Schleicheinsätzen geflüstert wird, brüllen die Soldaten mitten im Gefecht lautstark ins Funkgerät. Auch bei den Soundeffekten leistet Codemasters ganze Arbeit, selbst wenn Explosionen ruhig etwas wuchtiger über die Lautsprecher ausgegeben werden könnten. Musik gibt es bis auf die sphärischen Klänge im Hauptmenü und Abspann keine.

Große Welt, kleiner Vehikel-Anteil

Eigentlich könnte man meinen, dass bei einer derart großen, offenen Welt von 220 Quadratkilometern vermehrt Vehikel zum Einsatz kommen. Leider ist genau das Gegenteil der Fall! Zwar sitzt man ab und zu hinter dem Steuer eines Jeeps oder im Innern eines gepanzerten Transporters und ärgert sich über die schwammige Steuerung, doch hatte selbst der Vorgänger diesbezüglich mehr zu bieten und glänzte zudem mit einer größeren Auswahl. Wenn man beim ersten Teil einen Traktor sah, konnte man mit ihm fahren. Bei Dragon Rising sind sie lediglich Dekoration. Um endlich auch mal die Kontrolle über einen Hubschrauber zu übernehmen, muss man sich in der Kampagne zudem bis zum Ende der letzten Mission gedulden. Dafür kommt man schon früher in den Genuss, Luftschläge oder Artillerie als Unterstützung anzufordern. Allerdings ist deren Anzahl stark begrenzt, so dass man sie gezielt einsetzen sollte.      

Die Ego-Herausforderung?

Dass Codemasters mit der hauseigenen Ego-Engine im Rennspiel-Genre grafische Glanzpunkte setzen kann, bewies zuletzt Colin McRae: Dirt 2. Doch kann diese Entwicklungsumgebung auch eine riesige Spielwelt stemmen? Ja, sie kann. In den ersten Minuten ist man erstaunt, wie gut das neue Operation Flashpoint sowohl auf dem PC als auch den Konsolen aussieht. Die Sichtweite ist hoch und der malerische Sonnenuntergang haucht der Kulisse eine Idylle ein, die an alles andere als Krieg erinnert. Doch bereits nach kurzer Spielzeit werden einige Schwächen offensichtlich - allen voran die vielen Pop-Ups, die nicht nur in der Entfernung, sondern bereits auf kurze Distanz plötzlich auftauchen. Wer sich einmal zur Deckung nah an eine Mauer oder Wand bewegt, wird außerdem feststellen, wie grob und matschig die Texturen im Detail ausfallen, die teilweise an PS2-Zeiten erinnern. Mit einem potenten PC zaubert man merklich mehr Details auf den Bildschirm als es die Konsolenfassungen bieten, die zudem mit teilweise heftigem Tearing leben müssen, das man auf dem PC durch das Aktivieren der vertikalen Synchronisation eliminieren kann. Dazu gesellen sich einige Clippingfehler, bei denen etwa Arme von Fahrern durch Türen hindurch ploppen. Abgesehen von den technischen Defiziten hat die Insel Skira aber mit einem weiteren Problem abseits des Konflikts mit China zu kämpfen: dem Mangel an Abwechslung. Schnell hat man sich an Wäldern, Gräsern und den kleinen Dörfern satt gesehen und muss feststellen, dass irgendwie alles gleich aussieht.

Vehikel wie Panzer kommen in der Kampagne viel zu selten zum Einsatz und haben meist nur passive Auftritte.
Gut, der verhältnismäßig kleine Schauplatz bietet halt keine verschiedenen Klimazonen, die für mehr landschaftliche Variation sorgen könnten. Aber zumindest unterschiedliche Witterungsbedingungen wie etwa Einsätze im Regen wären ein kleiner Schritt in die richtige Richtung gewesen. Zudem ist die Insel erschreckend leblos. Außer Soldaten scheint es hier niemanden zu geben. Wo sind z.B. Zivilisten in ihren Dörfern oder Tiere, die durch die Wälder streifen und dabei vielleicht für Verwirrung sorgen?

PC-Baukasten

Hat man die kurze Kampagne überstanden, die nur durch mehrere Anläufe an kritischen Stellen in die Länge gezogen wird, kann man die Mission entweder erneut einzeln angehen oder sich ganz einfach neue basteln. Wie das? Dragon Rising bietet auch einen komplexen Editor, mit dessen Hilfe man sich weitere Aufträge erstellen kann. Mit wenigen Klicks sind feindliche Stellungen positioniert und wem der Mangel an Vehikeln in der Kampagne ähnlich sauer aufstößt wie mir, transferiert im Handumdrehen den gesamten Fuhr-, Flug- und Wasserpark auf die Karte, deren Landschaft allerdings nicht verändert werden darf. Ein weiterer Haken: Nur PC-Besitzer dürfen sich in diesem Baukasten austoben - Konsoleros bleiben außen vor.     

Fazit

Ich würde mir am liebsten ein T-Shirt mit der Aufschrift "I survived Operation Flashpoint: Dragon Rising" anfertigen lassen! Trotz des Frusts im Verlauf der kurzen, aber anspruchsvollen Kampagne war ich schon ein bisschen stolz, den Krieg um die Insel Skira nach unzähligen Toden doch noch irgendwie überlebt zu haben. Und es steht außer Frage, dass der steinige Weg zum enttäuschenden Finale trotz der abwechslungsarmen Kulisse, teilweise haarsträubenden KI-Aussetzern sowie dem Mangel an Story und Fahrzeugen doch irgendwie spannend war, denn zumindest auf dem PC konnten die intensiven Feuergefechte gegen die VBA über weite Strecken überzeugen. Auf den Konsolen hat mich die Steuerung via Controller dagegen oft an den Rand des Wahnsinns getrieben, wenn ich die kleinen Ziele in weiter Entfernung einfach nicht präzise genug anvisieren konnte. Auch technisch und inhaltlich ziehen Xbox 360 und PS3 mit beschnittenen Mehrspieler-Möglichkeiten, geringerer Sichtweite, schwächeren Texturen sowie fehlendem Editor eindeutig den Kürzeren. Alle Fassungen gemeinsam leiden dagegen an der erschreckend schwachen Präsentation und der fehlenden Möglichkeit, das Team individuell auszurüsten. Hier wäre so viel mehr möglich gewesen... So bleibt Dragon Rising vor allem inhaltlich unter den Erwartungen, aber bietet auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad eine beinharte Herausforderung für Militär-Fans, auch wenn Komplexität und Anspruch hier nicht ganz so hoch ausfallen wie bei ArmA.

Pro

realistischer Ansatz
offene Welt mit enormer Sichtweite
viele taktische Möglichkeiten
Team kann einzeln aufgeteilt werden
KI-Kameraden setzen Anweisungen meist gut um
diverse Vehikel inklusive
umfangreicher Missions-Editor (PC)
präzise Angaben zu Feind-Positionen & Zielen
gelungene Lokalisierung
dynamischer Tag-/Nachtwechsel
präzise Steuerung (PC)
verschiedene Trefferzonen und Auswirkungen
Koop-Modus für bis zu vier Spieler (LAN / Online)
lagfreie Online-Partien (nur PC getestet)
man fühlt sich als Teil einer großen Militäroperation
Waffen & Munition lassen sich von Gegnern übernehmen
gute Soundeffekte
Online-Partien für bis zu 32 Spieler (PC)

Kontra

schwache Inszenierung
z.T. grobe KI-Schnitzer
kurze Kampagne
wenig Abwechslung (Kulisse, Missionen)
Vehikel spielen in Kampagne kaum eine Rolle
Ausrüstung lässt sich nicht manuell zusammenstellen
kein Missions-Editor (Konsolen)
schwieriges Zielen & Treffen mit dem Controller (Konsolen)
plötzliche Verletzungen ohne Gegnerbeschuss
z.T. unglückliche Checkpunktverteilung
schwammige Fahrzeugsteuerung
schwaches Finale
nur zwei Mehrspielermodi (Infiltration, Deathmatch)
nur vier Mehrspielerkarten
Onlinemodus: nur vorgefertigte Soldaten
im Detail extrem grobe Texturen (vor allem Konsolen)
kein Spähen um Ecken möglich
kaum relevante Hintergrundgeschichte
Mehrspielermodus nur für acht Spieler (Konsolen)

Wertung

360

Schwächere Technik, fehlender Editor und Steuerungsdefizite machen die Konsolenumsetzungen nur zur zweiten Wahl.

PlayStation3

Schwächere Technik, fehlender Editor und Steuerungsdefizite machen die Konsolenumsetzungen nur zur zweiten Wahl.

PC

Die öde Kampagne, KI-Aussetzer sowie die schwache Inszenierung überschatten die anspruchsvolle Militärsimulation, die nicht die Begeisterung des Vorgängers auslösen kann.

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