Die Kunst hinzuschauen
Proteus nimmt sich Zeit. Es ist eine geheimnisvolle Komposition aus Ton und Bild. Eine, die man wie ein Gemälde erschließen muss . Ein Gemälde der Künstler Ed Key und David Kanaga in eckigen 8Bit. Seine Schönheit liegt allein im Auge des Betrachters.
Wem sich schon jetzt der Magen umdreht, der muss Proteus meiden. Wer sich in
Dear Esther gelangweilt hat und die Faszination
Journey nicht greifen konnte, der sollte auch um dieses Kunstwerk einen Bogen machen.
Richtig ist, wer sich darauf einlassen will, Schneeflocken nachzuschauen. Wer es genießt, skurrile Statuen auf dem Gipfel eines Berges zu entdecken. Und darin einen Sinn zu sehen.
Pixel statt Pinsel
Meine Reise beginnt im Frühjahr, wenn rosafarbene Blüten aus dicken Wipfeln auf saftige Wiesen herab schweben. Sind es wirklich Blüten? Ein wenig Fantasie brauche ich schon, denn es gibt auf der gesamten Insel keinen einzigen Pinselstrich. Sie besteht aus dicken
Besonderheiten der PSN-Version
Ein Kauf, zwei Spiele: Wer Proteus kauft, erhält sowohl die PS3- als auch die Vitafassung. Spielstände können lokal oder in der Cloud gespeichert werden.
Spielerisch und grafisch gleichen die Umsetzungen dem PC-Original. Die Bildrate der Handheldversion sowie einige relativ spät auftauchende Objekte zeigen zwar, dass die Vita am Limit ist. Dem Spielgefühl kommt das allerdings nicht in die Quere.
Vitaspieler dürfen sich wahlweise durch Drehen des Handhelds umsehen und neue Inseln anhand der Daten ihres Aufenthaltsortes berechnen lassen - auf PS3 mithilfe des Datums. Das Erstellen neuer Inseln wird nach dem ersten Durchspielen freigeschaltet, ebenso wie das Ändern der Dauer eines Spieltages.
Kästchen, als wäre sie einer Zeit entsprungen, zu der zweidimensionale Pappaufsteller und piepsende Laute den Begriff "virtuelle Welt" definierten – bezaubernder Impressionismus, mit Pixeln statt Pinseln gezeichnet.
Mit Fantasie deute ich kleine Wesen als Frösche oder Kröten, weil sie davon hopsen, wenn ich auf sie zu laufe. Helle Pünktchen, die bei Nacht geheimnisvoll leuchten, könnten Glühwürmchen sein. Manchmal verschwindet eine Gruppe kleiner Tiere im Erdboden, sobald ich ihnen nahe komme. Oder sind es Pflanzen? Proteus ist ein Bild, das sich dem erschließt, der sich bewusst hineindenkt.
Das Orchester lebt
Proteus ist auch Musik. Musik nicht im Sinne eines gleichförmigen Soundtracks, sondern als Zusammenspiel digitalen Rauschens, Klimperns, Klackens und Surrens, das meine Reise begleitet. Manchmal höre ich den Regen prasseln, manchmal löse ich selbst ein Brummen aus, wenn ich einen seltsam geformten Stein passiere. Manchmal höre ich auf einem schneebedeckten Wipfel nur einsam den leisen Wind. Die Insel bewegt sich, sie lebt, sie reagiert, sie komponiert ihre eigene, meine eigene Melodie.
Leben ist Veränderung
Und sie verändert sich. Denn so lange ich auch neugierig umher streifen darf: Schon in der ersten Nacht sammeln sich "Glühwürmchen" in einem Kreis krummer Steine. Sie warten
Die Pixelkunst verliert auf Vita nichts von ihrem Reiz.
auf mich. Sie lassen mich nicht mehr los, sobald ich in ihre Mitte trete. Dann ziehen Tag und Nacht plötzlich im Zeitraffer voran. Dicke Regenwolken rauschen binnen Sekunden vorbei…
Und dann ist Sommer. Die Sonne brennt, Bienen tragen mich eine Zeitlang im Eiltempo über die Insel. Tausend Kleinigkeiten haben sich verändert. Wieder sehe ich mich um, erforsche, entdecke und finde den leuchtenden Kreis…
Im Herbst verblüht das Leben. Schmetterlinge klappen erschöpft und auf dem Boden mit den Flügeln. Die Nacht vor dem Winter ist leiser und geheimnisvoller…
Und dann liegt dichter Nebel über stillen, verdorrten Ästen…