Im Test: Bonnie und Klinge im Cyberbarock
Berserk lässt grüßen
Was für ein cooler Anblick: Wenn die rothaarige Lady ihr viel zu großes Schwert Funken schlagend hinter sich herzieht, muss ich immer an Guts denken - den Helden aus Berserk. Aber selbst wenn sie in den ersten Minuten noch kräftig mit der Klinge austeilt, unterscheidet sich ihr Kampfstil sehr schnell vom wilden Hauen und Stechen in Kentaro Miuras Manga. Denn hier steht nicht die Action, sondern die Taktik im Vordergrund – und damit unterscheidet sich Transistor vom Hack’n Slay in Bastion.
Was beide gemeinsam haben, sind die stimmungsvollen, situationsbezogenen Kommentare – leider nicht auf Deutsch, aber dafür im rauchigen Englisch mit teutonischen Untertiteln. Sie treiben nicht nur die zu Beginn etwas wirre Story
Natürlich steckt mehr hinter der männlichen Stimme: War das mal ein Typ – und wenn ja, wie kam er in die Klinge? Warum wird die Stadt bedroht? Wer ist eigentlich diese mysteriöse Gruppe der "Camerata", die so faschistoid anmutend eingeblendet wird, wenn das Schwert plappert?
Bonnie und Clyde in der Zukunft
Die Erzählung spielt bewusst mit Andeutungen, so dass sich erst mit der Zeit ein Mosaik ergibt. Aber wer dem Ganzen folgt, wird eine durchaus interessante Geschichte mit etwas Herzschmerz in dystopischer Zukunft erleben – eine Art Bonnie und Clyde mit schönen Wendungen und jeder Menge Cyberhightechflair. Und genauso wie das Duo um sich ballerte, muss man hier
Man kann zwar auch aktiv laufen, ausweichen und zuschlagen, aber erst wenn man das Spiel pausiert und seine Angriffe sowie Bewegungen mehrere Schritte im Voraus plant, entfalten die Gefechte ihre taktischen Reize: Es fühlt sich an wie Schach auf Speed, wenn man seine Züge vom hinterhältigen Hieb über den alles durchdringenden Strahl bis zur weit fächernden Bombe erst in das Raster speichert und dann vom Stapel lässt – es gleißt, es funkt, es geht ratzfatz und sieht klasse aus. Schade ist nur, dass die Arenen meist recht klein sind und die einfachen Gegnertypen zu häufig auftauchen. Statt dem vierten oder fünften Kampf hätte man sich in so manchem Level mehr Erkundungsreize oder Freischaltungen über Fähigkeiten à la Metroid Prime gewünscht, um weitere Areale zu entdecken.
Sieht chaotisch aus, ist taktisch anspruchsvoll
Aber auch der Kampf sorgt für gute Unterhaltung. Sehr schön ist nicht nur, dass man die porösen Blöcke in der Kulisse eine Zeit lang als Deckung nutzen kann, sondern dass man jederzeit über den aktuellen Verletzungsstatus der Feinde sowie die eigene Angriffswirkung Bescheid weiß. Obwohl die ausgeführte Action vielleicht visuell chaotisch anmutet, kann man also jederzeit genau planen, wo man am besten angreift. Und das lohnt sich: Man bekommt von
Mit jedem Levelaufstieg schaltet man weitere Aktionen frei, wobei man sich manchmal entscheiden muss. Es gibt nicht nur explosive Angriffe, sondern auch das Einfrieren oder die Übernahme von Gegnern sowie die Beschwörung von helfenden Monstern, die man dann separat steuern kann. Die Möglichkeiten sind vielfältig und das System selbst ist sehr motivierend, weil unheimlich flexibel: Jede Fähigkeit kann aktiv, unterstützend oder passiv eingesetzt sowie mit anderen kombiniert werden – also grübelt man über die besten Kombos. Man muss sich zwar ein wenig in die etwas unübersichtlichen Menüs reinfuchsen, aber man kann seinen Spielstil angenehm individualisieren.
Barocker Cyberpunkstil
Mit der Zeit wird man zwar durchaus gefordert, aber ich hätte mir etwas schwierigere Situationen gewünscht - wenn man stirbt, verliert man lediglich eine aktive Kraft. Außerdem gibt es nur angedeutete Umgebungsrätsel (schade, da war mehr drin!) für die Fähigkeiten und man vermisst spektakulärere Bosse – sie haben zwar einige fiese Tricks drauf, aber sind recht einfach zu besiegen und fallen als Kreaturen im ansonsten überragenden Artdesign kaum auf. Das punktet auf ganzer Linie mit einem barocken Cyberstil, der
Bis auf ein paar Abkürzungen und einen bizarren Ort samt Ball, Musikbox, Baum und Nebenmissionen kann man wenig entdecken. Man freut sich zwar zu Beginn noch über die Computer mit ihren interaktiven Fragen, die mal das Essen, mal das Wetter, mal die Politik betreffen, aber das alles hat keinen Einfluss auf das Spielgefühl und wirkt irgendwann aufgesetzt. Überhaupt hat die Story zu Beginn mit ihrer Fragmentierung zu kämpfen – man bekommt nicht mehr als Schnipsel, Biographien werden hinter Fähigkeiten versteckt und man fühlt sich, was die Hintergrundwelt betrifft, ein wenig verloren. Aber wie gesagt: Je weiter man kämpft, desto plausibler und klarer wird die Story.
Fazit
Eine sprechende Waffe, die meine Aktionen kommentiert? Cool! Das hat schon Bastion bereichert und sorgt auch in Transistor für eine persönliche, überaus stimmungsvolle Note. Das Spiel mit der Lady und dem Riesenschwert mag etwas konfus beginnen, aber die politischen Hintergründe und eine schöne Beziehungsgeschichte werten die Story mit der Zeit auf. Die beiden Highlights sind aber Taktik und Kulisse: Vor allem die vielen Wechselwirkungen der Fähigkeiten ermöglichen zig Kombinationen und damit individuelle Manöverführung in den Arenen – wer clever plant, gewinnt! Die Spielwelt wird zudem von einem grandiosen Artdesign getragen: Man fühlt sich wie bei einer Art Schach auf Speed in einer cyberbarocken Metropole. Leider vermisst man nach zig Gefechten aber auch mehr Abwechslung, größere Arenen, clevere Rätsel und mehr Erkundungsreize als öde Nebenwettbewerbe – all das wird in den vier bis sechs etwas zu leicht anmutenden Stunden nur angedeutet. Trotzdem: Unterm Strich ein unheimlich edel designtes, richtig gutes Taktik-Rollenspiel!
(Weil das ein Thema in den News war: Wir hatten auf dem PC seit dem Release keinerlei Probleme mit Abstürzen. Anm.d.Red.)
Pro
Kontra
Wertung
PC
Ein unheimlich edel designtes, richtig gutes Taktik-Rollenspiel!
PlayStation4
Ein unheimlich edel designtes, richtig gutes Taktik-Rollenspiel!
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