Tiny Brains11.12.2013, Jan Wöbbeking
Tiny Brains

Im Test:

Nach dem enttäuschenden Knack bekommt die PS4 endlich ihr heißersehntes 3D-Jump-n-Run: Wie der Name schon andeutet, dreht sich Tiny Brains aber um Hirnschmalz. Vier gepeinigte Versuchstiere wollen aus dem Labor ausbüchsen. Ein gelungener Koop-Knobler?

Elektronische Hirnstimulation

Das skurrile Comic-Design erinnert auf den ersten Blick an das neun Jahre alte Whiplash. Nach ein paar fiesen Experimenten besitzen die Versuchstiere in Tiny Brains vier nützliche Fähigkeiten: Die Fledermaus stößt als Schalter dienende Klötzchen und Kugeln vor sich her, das grüne Kaninchen zieht sie wie ein Magnet herbei. Die weiße Laborratte kann ihren Platz mit einem beweglichen Objekt tauschen – selbst wenn der hinter Gittern liegt. Der Kalte-Fusions-Hamster schließlich baut dampfende Eiswände auf, welche ihn in große Höhen katapultieren.

Mit Hilfe dieser Fähigkeiten ergeben sich allerlei lustige Physik-Puzzles. Als Einzelspieler wechsle ich im Sekundentakt zwischen den Figuren:  Ich baue eine Wand an den Rand eines Abgrundes, bugsiere mich damit auf die andere Seite, wechsle den Platz mit einem Klotz hinter Gittern, schleudere mich wieder per Eiswand zurück auf die andere Seite, springe in die Luft und feuere das Klötzchen gegen den Schalter. Bingo – das Experiment ist bestanden, ich darf in den nächsten Raum, während mein Peiniger mit dem russischen Akzent ein paar sarkastische Sprüche vom Stapel lässt.

Russische Weisheiten

Schmerzhaft aber nützlich: Die vier Protagonisten besitzen übertierliche Kräfte.
Schmerzhaft aber nützlich: Die vier Protagonisten besitzen übertierliche Kräfte.
Seine albernen Monologe klingen zwar bei weitem nicht so faszinierend philosophisch wie die von GLaDOS, lockern die Rätsel aber gelungen auf. Wenn ich beim Telefon auf ein paar Schnellwahltasten hüpfe, kann ich sogar ein paar Telefonate in seinem Namen führen. Auch anderswo haben die Entwickler ein Herz fürs Herumalbern: Auf einem Basketballplatz stelle ich z.B. mit einem Kugelhaufen die Physik-Engine auf die Probe. Ab und zu muss auch ein großer Ball ans Ziel bugsiert werden, was sich vor allem alleine knifflig gestaltet. Auch die Tower-Defense-Anleihen habe ich mit Unterstützung schneller gemeistert. In ihnen wird ein rosafarbenes Küken vor einigen Angriffswellen beschützt.

Falls ihr Freunde parat habt, solltet ihr sie also unbedingt zum Helfen überreden. Bis zu vier Spieler können jederzeit ein- oder aussteigen. Im Fall der Küken-Beschützung sind gute Reflexe gefragt. Ich baue z.B. eine blaue Eiswand auf, welche von Eike sofort in Richtung der aggressiven gelben Kükenhorde gestoßen wird und sie zerquetscht. Als nächstes sind größere Gegner dran: Ich zerre die Angreifer auf eine höhere Plattform, von der aus Eike sie auf eine Herdplatte bugsiert. Zum Abschluss müssen wir uns rechtzeitig auf zwei Schalter stellen, um Feuer und Sprit zu aktivieren – und schon gehen die Angreifer in Flammen auf.

Koop oder Alleingang

Wenn sich ein Spieler zu weit von der Gruppe entfernt, verschwindet er aus dem Bild – ähnlich wie in Super Mario 3D World.
Wenn sich ein Spieler zu weit von der Gruppe entfernt, verschwindet er aus dem Bild – ähnlich wie in Super Mario 3D World.
Das mag grausam klingen, wirkt durchs überzogene Comic-Design aber gar nicht so wild. Die sich ähnelnden Labore wirken auf Dauer ein wenig abwechslungsarm. Neben dem Story-Modus gibt es aber immerhin noch Extra-Herausforderungen sowie ein paar lustige Bonus-Spielchen wie ein Fußball-Verschnitt oder ein endloser Kugel-Parcours mit Bestenliste. Auch in den übrigen Modi kann man sich online in Leaderboards verewigen.

Im lokalen Team macht es richtig Laune, sich abzustimmen und Objekte umher zu schubsen. Es kann schließlich immer nur ein Spieler zu einer bestimmten Fähigkeit wechseln. Auf Solisten sind die Puzzles weniger gut abgestimmt. Ich hatte zwar auch im Alleingang Spaß am Knobeln, hing aber manchmal fest. Ab und zu habe ich mir einfach einen zweiten Spieler „herbeigezaubert“ und ihn per Eiswand unter einem fetten Stampfer hindurch bugsiert, um dort mit dem zweiten Controller einen Schalter zu aktivieren. PC-Besitzer können neben dem 360-Pad auch mit Maus und Tastatur steuern, was ebenfalls recht gut funktioniert.

Schon wieder Geruckel auf der PS4?

Die Laborküken in diesem Labor sind weit weniger harmlos als ihre realen Gegenstücke.
Die Küken in diesem Labor sind weit weniger harmlos als ihre realen Gegenstücke.
Auch einen Online-Koop haben die Entwickler integriert, er wirkt aber nicht gerade gerade ausgefeilt. Wenn ich z.B. kein offenes Spiel zum Beitreten finde, wird automatisch ein eigenes erstellt und ich muss mir jedes Mal wieder das komplette Intro ansehen, bevor ich zurück ins Menü wechseln kann. Wer möchte, darf aber auch alleine loslegen, damit andere Spieler nachträglich beitreten. Diesen Fall haben wir zwar noch nicht erlebt, gemeinsam gestartete Levels liefen aber in beiden Versionen des Spiels problemlos.

Ein weiteres konsolenexklusives Ärgernis ist die schwache Technik. Liebe Leute bei Sparhead Games, wollt ihr mir tatsächlich weismachen, dass die PS4 ausgerechnet diese technisch genügsamen Kulissen nicht flüssig auf den Schirm bringt? Auf dem PC langt doch auch eine GeForce GTX 480 – sogar auf höchsten Einstellungen. Auf Sonys neuer Konsole bietet sich dagegen ein trauriges Bild: Ständig wird das Bild von Tearing zerrissen und manchmal geht sogar die komplette Spielgeschwindigkeit in die Knie.

Fazit

Das kann doch nicht wahr sein: Nach Contrast läuft auch Tiny Brains auf der PS4 alles andere als flüssig. Und das, obwohl beide Spiele unter technischen Gesichtspunkten nicht gerade aufwändig aussehen. Wer sich Tiny Brains für Sonys neue Konsole kauft, muss damit leben, dass das Bild alle paar Sekunden in der Mitte durch hässliches Tearing zerrissen wird. Manchmal kommt es sogar zu kleinen Slowdowns – eine schwache Leistung! PC-Besitzer haben diese Probleme nicht, sie bekommen eine technisch saubere Version des gelungenen Koop-Knoblers. Je mehr Spieler beitreten, desto mehr Spaß machen die physikbasierten Puzzles: Nur wer sich abstimmt und im entscheidenden Moment keinen Unsinn baut, bugsiert Kugeln und Klötzchen ans Ziel. Auf Einzelspieler sind die kniffligen Kopfnüsse nicht ganz so gut abgestimmt – trotzdem gestaltet sich die albern inszenierte Laborflucht auch im Alleingang unterhaltsam.  

Pro

knackige Koop-Rätsel mit fiesen Labor-Apparaturen
bis zu vier Spieler steigen jederzeit ein und aus (on- und offline)
verschrobenes Comic-Design
alberne Kommentare des russischen Laborchefs
viel sinnloser aber lustiger Spielkram wie herumliegende Bälle
lustige Bonus-Modi
schwungvoller Electro-Soundtrack

Kontra

alleine sind die Rätsel deutlich mühsamer als im Team
Spieler verschwinden ab und zu aus dem Bild
umständliche Online-Spielersuche
Story-Labore bieten zu wenig Umfang und Abwechslung
starkes Tearing (PS4)
leichte Slowdowns (PS4)

Wertung

PlayStation4

Auch die PS4-Version bietet gelungene Koop-Puzzles. Starkes Tearing und leichte Slowdowns dämpfen den Spaß aber gewaltig.

PC

Je mehr Spieler, desto lustiger: Tiny Brains bietet alberne und erfreulich knifflige Physik-Puzzles für bis zu vier Versuchstiere.

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