Sid Meier's Ace Patrol30.05.2013, Jörg Luibl
Sid Meier's Ace Patrol

Im Test:

Wo Sid Meier drauf steht, ist meist anspruchsvolle Rundentaktik drin. Umso neugieriger war ich auf Sid Meier's Air Patrol, denn das Spiel lockt Fingerpiloten an den Hexfeldhimmel des Ersten Weltkriegs – und das zu Beginn der britischen Kampagne als kostenlose Universal App. Was haben die rundenbasierten Dogfights zu bieten?

Taktische Hetzjagd am Himmel

Über den Wolken muss die taktische Freiheit grenzenlos sein: Sid Meier inszeniert rundenbasierte Gefechte im Ersten Weltkrieg.
Über den Wolken muss die taktische Freiheit grenzenlos sein: Sid Meier inszeniert rundenbasierte Gefechte im Ersten Weltkrieg. Allerdings wirken Artdesign & Co alles andere als liebevoll.
Meine Sopwith-Pub-Maschine qualmt und der deutsche Flieger lässt nicht locker. Er hängt wie eine Klette an meinem Heck! Was tun? Gut, dass pausiert wird: Die Pfeile am Hexfeldhimmel zeigen jetzt an, welche Manöver ich fliegen könnte und was das für meine Höhe, mein Tempo sowie meine Lage bedeuten würde. Ich könnte nach links oder rechts schwenken, mich etwas schräg legen, einfach geradeaus weiter fliegen oder mit Speed in einen Sturzflug abtauchen, um weit weg zu kommen. Schade ist: Man kann keine Züge zurücknehmen und wenn sich mehrere Flieger nahe beieinander befinden, kann es trotz optionalem Kameradreh unübersichtlich werden.

Ansonsten ist das Kampfsystem solide. Bei der Richtungswahl sollte ich auch Wolken und Bodenstützpunkte berücksichtigen: Erstere verbergen Flieger, Letztere können als Verbündete mit der Flugabwehr eine Hilfe sein – oder als Feinde ein tödliches Hindernis. Aber leider kann ich den Deutschen nicht in die britische Flak locken und mich nicht einfach aus Schussreichweite bringen; dafür ist meine alte Sopwith viel zu träge. Da ich alle Manöver vor ihrer Ausführung einsehen kann, lässt sich der nächste Schritt gut planen. Ich brauche gegen den Jäger hinter mir etwas Spektakuläres, um sofort die Richtung zu wechseln!

Eine Frage des Loopings

Was kann man kaufen?

Das Spiel startet gratis mit der Kampagne der Briten, die aber plötzlich abbricht und für 0,89 Cent freigeschaltet werden kann.

Kampagnen der Deutschen, Franzosen oder Amerikaner für je 1,79 Cent.

Einzelne Flieger-Asse wie Richthofen oder Gebäude für 0,89 Cent.

Alle vier Kampagnen: 4,49 Euro

Alle acht Flieger-Asse: 3,59 Euro Und weil mein Pilot in früheren Gefechten bereits Erfahrung gesammelt hat, kann er das rettende Spezialmanöver einleiten: den Looping. Einfach doppelt draufgetippt und mein Flugzeug legt sich nach eleganter Schleife nicht nur kopfüber, sondern kann auch noch schießen  – Feuer frei, Volltreffer, der rote Doppeldecker kracht gen Boden! Auch wenn die Darstellung der Maschinen und Explosionen für iPad-Verhältnisse recht fade ist, ist die Freude über den Abschuss groß.  Von den fünf Schwierigkeitsgraden sollten einigermaßen erfahrene Spieler allerdings den Dritten (Ass) wählen, damit es einigermaßen  fordernd bleibt.

Gerade zu Beginn des Spiels motivieren die fliegerischen Möglichkeiten, die stets um freischaltbare Manöver von „Wing Over“ über „Steigen links“ oder „Rolle rechts“ bis hin zu „Notlandung“ erweitert werden. Ihr wisst nicht, was „Zoom“ oder „Trudeln“ bewirken? Neben einer Flugskizze wird das Ganze kurz erklärt. Erleidet die eigene Staffel weniger als 50% Schaden, kann man gezielt einzelne Flieger mit Technik verbessern: Es gibt vier Slots, in die man z.B. Schutzpanzerung, Reparatur- oder Zielfähigkeiten einbauen kann. Ansonsten unterscheiden sich die Maschinen  hinsichtlich Geschwindigkeit, Manöver, Sturzflug, Steigflug und Trefferpunkte.

Kampagne kaufen und Spaß dabei?

Der Himmel wird an den Seiten begrenzt, es gibt Wolken für die Tarnung und gefährliche Bodengeschütze.
Pfeile zeigen an, wie man fliegen kann. Der Himmel wird an den Seiten begrenzt, es gibt Wolken für die Tarnung und gefährliche Bodengeschütze.
Hört sich bis hierher gut an, aber sobald man den kostenlosen Schnuppereinstieg verlässt und die britische für 0,89 Cent, einzelne für 1,79 Euro  oder gar alle vier Kampagnen im Paket für 4,49 Euro kauft, wird man vom weiteren Verlauf ernüchtert. Jede Kampagne besteht zwar aus vier Offensiven zu je sechs Missionen, so dass man auf 24 pro Nation kommt. Aber spannend erzählt oder abwechslungsreich inszeniert wird das nicht. Egal ob Brite, Franzose, Amerikaner oder Deutscher: Man klappert einfach die immer gleichen Zufallsmissionen ab (Ballone oder Basen schützen, Züge oder Bomber vernichten), die sich sogar bei den anderen Nationen wiederholen – unkreativ, langweilig!

Wer z.B. die deutsche Kampagne kauft, bekommt acht Flugzeuge von der Fokker D.VII bis zum Albatross CV sowie sechs grinsende Piloten in grauer Uniform. Ähnlich bestückt sind die britische, amerikanische oder französische Kampagne. Aber selbst wenn es neben Doppel- auch Dreier-Decker gibt: Die Maschinen unterscheiden sich ebenfalls nicht stark genug, als dass sich der Wechsel zu einer Nation auswirken würde.

Demotivierendes Bezahlmodell

Und man wird viel zu früh und dreist abseits der Kampagnen zur Kasse gebeten. Piloten können ja verwundet oder gefangen genommen werden, falls man im Feindesland notlandet – und beides führt dann zu langen Ausfällen über mehrere Missionen, die für Frust sorgen und scheinbar mit zum monetären Designziel gehören. Denn  aus zwei Gründen wird es unfair eng für die Offensive: Zum einen, wenn man die geforderten drei oder vier Piloten

Technisch ist das Spiel solide, aber nicht spektakulär, was Explosionen oder Maschinenmodelle angeht.
Technisch ist das Spiel solide, aber nicht spektakulär, was Explosionen oder Maschinenmodelle angeht.
einfach nicht mehr hat. Die eigene Staffel hat nämlich nur einen begrenzten Personalpool. Warum hat man den nicht zumindest so erweitert, dass man sechs bis zehn Mann zur Verfügung hat? So muss man mit zwei Maschinen gegen vier ran…

Zum anderen sind die Ausfälle fatal, wenn es einen Veteranen trifft. Unerfahrene Piloten haben im Zweifelsfall so wenig Manöver, dass sie in manchen Missionen einfach keine Chance haben. Nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen einen knackigen Schwierigkeitsgrad und ich finde es gut, dass die Skills von Veteranen wichtig sind. Aber das Missionsdesign hätte man besser auf mögliche Engpässe zuschneiden müssen, damit keine Sackgassen entstehen.

Was macht Firaxis stattdessen? Heilung gegen Geld, dummes Pay-to-win! Ich soll medizinische Verbesserungen wie ein 0,89-Cent-Lazarett für mein Hauptquartier kaufen, damit Piloten nicht so lange verletzt und Gefangene nicht so lange verschwunden sind; auch Flugzeugreparaturen gehören dazu. Sogar sofortige Heilungen sind möglich. Die einzige Möglichkeit, diese Käufe spielerisch zu umgehen besteht darin, jede Mission so perfekt zu meistern, dass man nicht einen Treffer abbekommt – das hat mit motivierender Balance nichts mehr zu tun.

Fazit

Wo Sid Meier drauf steht, steckt eigentlich außergewöhnliche Qualität drin. Aber in diesem Fall war die schnelle Monetarisierung wohl wichtiger als ein motivierendes Spieldesign. Das ist umso ärgerlicher, weil die rundenbasierten Dogfights am Hexfeldhimmel zu Beginn noch Laune machen. Sie beruhen auf einem guten Navigationsgerüst, das strategische Planung bei Rolle, Wendung und Loopings verlangt und sogar Tempo sowie Höhe berücksichtigt. Aber je länger man fliegt, desto langweiliger und repetitiver wird es – vor allem, wenn man sich nach der kurzen Gratisphase zum Kauf der Nationenpakete entscheidet: Die sterilen Kampagnen versprühen mehr Copy&Paste- als Richthofen-Flair und die fade Technik mit den peinlich grinsenden Piloten kann weder für ansehnliche Explosionen noch Flugzeugmodelle sorgen. Aber das, was mir den Spaß so richtig versaut, ist ein Pay-to-Win-System, mit dem ich mich aus erzwungenen Sackgassen heraus kaufen soll - nein, danke! Als kleiner Snack bis zu den Briten unterhaltsam, aber angesichts des großen Namens und der austauschbaren Missionen letztlich eine Enttäuschung. Und es ist richtig ärgerlich, dass man das interessante Konzept mit so einem primitiven Bezahlmodell versaut!

Pro

solide Rundentaktik
anschauliche Manöverbeschreibungen
Piloten sammeln Erfahrung & Fähigkeiten
viele Flugmanöver & Verbesserungen
teilweise historisch korrekte Maschinen
Wolken und Kasernen taktisch relevant
deutsche Lokalisierung der Texte

Kontra

streckenweise steriles Artdesign
fade Explosionen und Partikeleffekte
repetitives Missionsdesign
Kampagnen ohne nationale Unterschiede
keine Befehle zurücknehmen
viel zu wenig Personal in der Staffel
unübersichtlicher Iconwust bei mehreren Piloten
englische Kommentare deutscher Flieger
primitives Bezahlmodell wirkt sich auf Spielspaß aus

Wertung

iPhone

Auf dem iPhone wird das Ganze viel zu unübersichtlich und fummelig - Finger weg!

iPad

Schade, dass man das interessante Konzept mit so einem primitiven Bezahlmodell versaut!

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