Trials Fusion21.07.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Dimensionssprünge auf dem Einhorn

Guck mal, ein Einhorn, das Feuer spuckt! Und auf ihm reitet eine pistolenschwingende Rambo-Katze durch Windhosen und Dimensionsportale! Es klingt wie ein Fiebertraum, ist aber das letzte große Inhalts-Update von Trials Fusion (ab 4,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen): In der „Awesome MAX Edition“ galoppiert man tatsächlich auf einem Einhorn statt einem Zweirad über die Stunt-Strecke. Billige Effekthascherei oder ein krönender Abschluss?

"The Awesome MAX Edition"

Um zusätzlicher Verwirrung vorzubeugen: Dieser Test bezieht sich auf das große Bundle mit dem Namen „Trials Fusion: The Awesome MAX Edition“ – wie es sich im Detail zusammensetzt, erklärt der Kasten auf der linken Seite. Zum Test des Originals geht es hier, dort gehen wir auch näher aufs Spielprinzip und seine Feinheiten ein – hier konzentrieren wir uns auf die Neuerungen. Nach wie vor knattere ich auf einem Stunt-Bike über allerlei haarsträubende Parcours, auf denen ich oft zentimetergenau über kleine Fässer, steile Rampen und andere Feinheiten balancieren muss. Neuerdings gibt es auch ein paar schlicht gehaltene Trick-Wettbewerbe. Doch die meiste Zeit über konzentriert sich das Spiel auf seine ebenso simple wie süchtig machende Kernkompetenz: Ich muss einfach nur gefühlvoll mit L bzw. R Gas und Bremse bedienen - und gleichzeitig per Stick das Körpergewicht des Fahrers ausbalancieren. Da sieben Erweiterungen mitgeliefert werden, fällt der Umfang viel üppiger aus als im eher kurz geratenen Hauptspiel. Die Themen der DLCs erweisen sich als erfreulich abwechslungsreich und lockern das zu SciFi-lastige Design des Originalspiels gelungen auf.

Zunächst einmal ein wenig Aufklärung über Ubisofts DLC-Strategie zu Trials Fusion, die auf Neulinge ähnlich verwirrend wirken dürfte wie der aktuelle Trailer:

- Das 2014 veröffentlichte Hauptspiel heißt Trials Fusion. Es ist der fünfte Teil des Stunt-Spiels und verlegt die Geschicklichkeits-Tests in eine futuristische Welt.

- Die frisch veröffentlichte Erweiterung heißt „The Awesome Level Max DLC“: In ihm enthalten sind einige „normalen“ Motorrad-Kurse und die neuen Levels fürs Einhorn (The Awesome Adventure).

- Für Neulinge wurde außerdem ein fettes Bundle mit sämtlichen Inhalten veröffentlicht, das als Download und Disk erhältlich ist: „Trials Fusion: The Awesome MAX Edition“ enthält das Hauptspiel, alle sechs DLCs aus dem Season-Pass sowie die aktuelle Erweiterung „The Awesome Level Max DLC“. Auf dieses Bundle bezieht sich der Test. Eine postapokalyptische Welt z.B. erfordert mit all ihren herumliegenden Trümmern gute Reaktionen und feinfühliges Vorgehen mit eher langsamem Tempo. Es gibt dort aber auch nervige Passagen wie der von Rayman Origins abgeschaute Trip durch einen Wirbelsturm: Wenn ich in die Luft gerissen werde und von einem Trümmerteil auf das nächste hopse, verlassen sich diese Abschnitte zu sehr aufs Auswendiglernen des vorgesehenen Timings. Auch die trägen Abschnitte unter Wasser und andere exotische Ausflüge sorgen für eine schöne Abwechslung.

Etwas kurz, aber herrlich bekloppt

Die Stars der Sammlung sind natürlich die neuen Einhorn-Levels mit dem Titel „The Awesome Adventure“. Die Idee an sich ist natürlich schon herrlich bekloppt, aber auch spielerisch bringen die Levels frischen Wind mit sich: Die Handhabung des wiehernden Kleppers hebt sich angenehm von den Motorrädern ab, weil ich meist deutlich sanfter auf den Hufen aufkommen muss. Vor allem bei der Landung kann man also viel falsch oder wichtige Hundertstel gut machen. Auch der muskulöse Rambo-Kater maunzt derart exzessiv, dass sogar Mathias aus dem Büro gegenüber seinen Kopf durch die Tür steckt: „Quälst du da Katzen oder was ist hier los?“ Natürlich weiß er ganz genau, was ich da treibe, schließlich steht er bei manchen der Kurse schon in der Bestenliste. Was er aber noch nicht weiß: In den letzten Minuten habe ich alle seine Bestzeiten fein säuberlich abgegrast und überboten. So viel Zeit muss sein, bevor ich mich wieder den restlichen Kursen der Erweiterung zuwende. Das direkte Wettrennen gegen die Geister von Freunden gehört schließlich nach wie vor zu den motivierendsten Beschäftigungen in Trials Fusion. Wie ich Mathias kenne, hat er mich aber vermutlich schon wieder überboten, während ich diese Zeilen tippe.

Der Wahnsinn auf Hufen!
Das bloße Absolvieren der Einhorn-Strecken ist übrigens nicht all zu knackig – vermutlich wollte Red Lynx keine potenziellen Neueinsteiger mit einem Faible für putzige Tierchen abschrecken. Die Ausrichtung gefällt mir aber deutlich besser als die zum Teil übertrieben kniffligen Kurse im Hauptspiel. Wer viel Feingefühl mitbringt, kann auch als Profi mit dem Einhorn viel an der Zeit schrauben. Die Strecken sind noch durchgeknallter designt als ihre Hauptfiguren. Der Weg führt auch hier über im Sturm schwebende Trümmer, über riesige rollende Felsen, durchs All und an andere bizarre Orte. Sogar ein gelungener Bosskampf ist dabei, bei dem ich extrem vorsichtig auf dem Helm des Endgegners balancieren muss, während er mich immer wieder ins All katapultiert. Auf einer anderen Strecke übertreiben es die Designer aber mit dem Wahnwitz: Dort werde ich im Sekundentakt von einem Szenario ins nächste gebeamt, so dass ich erst nach mehreren Versuchen realisierte, was überhaupt abging und wie ich zu reagieren hatte.

Wer zu spät kommt, den belohnt Ubisoft

Ein weiterer Nachteil der Einhorn-Levels ist ihr sehr knapper Umfang. Nach einem etwa halbstündigen Ausritt habe ich mich schon wieder den restlichen Kursen zugewandt. Schade, dass Ubisoft hier nicht das Potenzial erkannt und mehr geliefert hat. Da auch der Level-Editor das Einhorn und neue Teile nutzbar macht, sollte es aber schnell Nachschub von anderen Spielern geben. Angenehm ist dabei, dass sich schon mit wenigen Handgriffen schöne Passagen basteln lassen. Ein früher Nutzer-Kurs z.B. lässt mich die meiste Zeit einfach nur über das unebene Terrain der vorgegebenen Landschaft galoppieren, was alleine schon eine Herausforderung sein kann und an ebenen Stellen für ein entspannendes Ausflugsgefühl sorgt. Auch ein paar der mitgelieferten neuen Levels stammen übrigens aus der Community – laut Beschreibung wurden ihre Schöpfungen aber in Kooperation mit Profi-Entwicklern aufpoliert.

Auch klassische Levels sind in der aktuellen Erweiterung enthalten.
Wer als Neuling direkt mit dem Einhorn loslegen will, könnte übrigens eine unangenehme Überraschung erleben: Mit einem neuen Spielstand muss man zunächst einmal ein halbes Stündchen die ersten Motorrad-Welten und Trainings-Einheiten des Hauptspiels absolvieren, bevor man auf den Rücken des Fabelwesens darf. Ein Vorteil für Neueinsteiger ist, dass sie eine ganze Menge sinnvoller Patches und Features mitgeliefert bekommen, die zu Beginn noch fehlten. So ist mittlerweile der kompetitive Online-Mehrspielermodus an Bord (der allerdings einen Uplay-Account voraussetzt). Außerdem wiederholt die nervige Erzählerin ihre Sätze im Hauptspiel nicht mehr so häufig. Die Unterschiede zwischen den Konsolen-Fassungen halten sich in Grenzen: Besitzer einer Xbox One müssen mit seltenen Tearing-Einlagen leben, welche auf der PS4 nicht auftreten. Außerdem kam es bei uns in der Microsoft-Fassung gelegentlich zu Abstürzen oder Menü-Bugs bei der Cursor-Bewegung.

Fazit

Mit Trials Fusion: The Awesome MAX Edition ist den Entwicklern ein durchaus gelungener Abschluss zu ihrem Stunt-Titel gelungen. Wer vor einem Jahr beim etwas mickrig ausgestatteten Hauptspiel noch nicht zugegriffen hat, bekommt im Bundle ein üppiges Paket mit über 180 Strecken. Von ein paar Aussetzern abgesehen sind die enthaltenen Erweiterungen erfreulich spannend und abwechslungsreich designt und setzen den Schwierigkeitsgrad nicht ganz so erbarmungslos hoch an wie im Story-Modus. Schade, dass dem lustigen Einhorn nicht mehr Platz eingeräumt wird: Wenn man das ungewöhnliche „Vehikel“ schon so intensiv bewirbt, sollte man ihm auch mehr als eine Hand voll Strecken zur Verfügung stellen. Die Handhabung des empfindlichen Kläppers zumindest ist eine schöne Abwechslung – und auch seine wenigen Kurse sprühen vor Fantasie. Offenbar durften die Entwickler zum Abschluss noch einmal all die verrückten Ideen umsetzen, die anderswo nicht ins Spiel passten. Wer die Wahl hat, sollte übrigens lieber zur PS4-Version greifen. Sie lief bei uns fehlerfrei, während die Fassung auf Xbox One manchmal unter Tearing und kleinen Menü-Bugs litt. Auf dem PC wurde das Bundle übrigens nur in digitaler Form veröffentlicht, mangels Muster aber nicht getestet.

Pro

süchtig machendes Prinzip
hochpräzise Analogsteuerung
feinfühliges Spiel mit Gas und Bremse
abenteuerliche Streckenführung
einige idyllische Veranstaltungsorte
lustige Einhorn-Levels
viele knackige Veranstaltungen mit zahlreichen Extra-Herausforderungen
teils haarsträubend schwer, aber stets machbar
gelegentliche Trickrennen passen zur Mechanik
Geister von Freunden motivieren ungemein
Streckeneditor und zahlreiche Nutzerkurse
lustige lokale und Online-Rennen für vier Spieler

Kontra

Kulissen wirken etwas detailarm
blankes Neon-Design passt nur bedingt zum Offroad-Thema
Trance-Soundtrack nervt gelegentlich
Einhorn-Levels sind viel zu schnell vorbei
etwas umständliche Editor-Bedienung
gelegentliche Menü-Bugs und Abstürze (One)
seltenes Tearing (One)

Wertung

PlayStation4

Umfangreiches Komplettpaket mit abwechslungsreichen Strecken - die bizarren Einhorn-Abschnitte kommen aber deutlich zu kurz.

XboxOne

Auch auf der Xbox One ein gelungenes Komplettpaket, welches aber unter kleinen technischen Fehlern leidet.

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