Im Test: Mit Spiel und Spaß zum Gitarren-Gott?
Qualitätsverlust?
Über die grundsätzliche Qualität von Rocksmith 2014 (ab 18,89€ bei kaufen) braucht man nicht streiten. Nicht umsonst hat es letztes Jahr auf den alten Systemen Goldawards einheimsen können. Und alles, was das "Spiel" damals auszeichnete, ist natürlich auch auf Xbox One und PS4 vorhanden. Allem voran die ausgezeichnete Technik, die es ermöglicht, über ein spezielles Kabel eine handelsübliche Gitarre anzuschließen und sich ungeachtet der Vorkenntnisse an den gut 60 mitgelieferten Songs zu versuchen. Es wird einem geratenen, seine Konsole über den optischen Ausgang an einen externen Verstärker anzuschließen, um die Übertragungsverzögerung vom Anschlagen der Saiten bis zum finalen Klang zu minimieren. Gesagt, getan. Doch es geht nicht, der Ton kommt mit etwa einer Viertel- bzw. Drittelsekunde Verzögerung - und damit wird Rocksmith 2014 unspielbar.
Umsteigerfreundlich?
Im Gegensatz zur Just-Dance-Serie wird die DLC-Politik bei Rocksmith deutlich liberaler gehandhabt: Wer innerhalb der Systemwelt umsteigt (von PS3 auf PS4, von 360 auf One), kann seine auf den alten Konsolen gekauften Inhalte übernehmen. Das gilt sowohl für Einzelsongs als auch für Sammelpacks oder für das Import-Tool der Songs aus dem ersten Rocksmith. Allerdings gelten hier bedingt durch lizenzrechtliche Hürden die gleichen Beschränkungen wie auf den alten Systemen, sprich: Man muss auf ein paar Songs verzichten. Wer übrigens auf den alten Systemen die 2014-Edition ausgelassen hat, aber dennoch die Songs des ersten Spiels importieren möchte, kann sich das Import-Tool für etwa zehn Euro im jeweiligen Store kaufen. Dennoch habe ich mir verwundert die Augen gerieben, als ich meine Trackliste angeschaut habe, die über die letzten Jahre dank einiger Packs und Einzelsong-Käufe eine stattliche Größe erreicht hatte. Denn der gesamte DLC wurde nicht angezeigt. Schlimmer noch: Beim Wühlen im Store und Auswahl der eigentlich schon erstandenen Packs, wird mir der eigentliche Besitz nicht angezeigt und der normale Kaufpreis ausgewiesen. Und als ob das nicht reichen würde, ist im PlayStation-Store nur ein Bruchteil des ursprünglichen PS3-Angebots auf PS4 erhältlich. Auf der Xbox One hingegen stehen schon jetzt hunderte Songs und Packs zur Auswahl.
Spaß statt Karriere
Denn an der Grundprämisse hat sich natürlich auch bei der stringenten Umsetzung auf Xbox One und PS4 nichts geändert: Rocksmith ist und bleibt eine Mischung aus virtuellem Gitarrenlehrer und Spiel, wurde aber auch hier in jeder Hinsicht optimiert und hinsichtlich des Spielflusses harmonischer gestaltet. So muss man z.B. nur noch beim Spielstart einmal die Gitarrenstimmung abgleichen, anstatt wie bislang vor jedem „Gig“ oder einer Session im Probenraum. Natürlich hilft Rocksmith 2014 einem auch, die Klampfe umzustimmen, wenn ein Song eine andere Grundstimmung erfordert oder gibt einem die Option, jederzeit auf den Tuner zuzugreifen, um die Saiten zu überprüfen. Eine Karriere im eigentlichen Sinne ist ganz rausgefallen - was ich nicht bedaure, da sie im Vorgänger schwach inszeniert wurde und nur ein Pseudo-Vorwand war, um einen durch die Songs zu lotsen.
Invertierte Tabs
Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener: An die Darstellung der zu spielenden Saiten muss man sich nach wie vor gewöhnen - vor allem nach einer längeren Pause oder wenn man bislang hauptsächlich anhand von Tabs oder mit der Band gespielt hat. Zwar unter dem Strich logisch aufgebaut, aber nur eingeschränkt intuitiv, braucht man ein paar Minuten, bis man die Zahlen (entsprechen Bünden), Farben (Saiten) sowie nochmals Zahlen (als Anzeige, welche Finger man nutzen sollte) soweit differenzieren kann, dass die Anzeige Sinn ergibt. Insofern ist es begrüßenswert, dass man am Anfang seiner Rocksmith-2014-Laufbahn quasi bei Null anfängt. Der Fortschritt der Last-Gen-Versionen wird nicht übernommen. In den ersten Anläufen werden nur minimale Kenntnisse abgefragt – mitunter muss man nur ein oder zwei
Denn darunter finden sich nicht nur Aufgaben wie "Schaffe eine Kombo von X Noten", sondern auch "Schlage im Akkordbuch E5 nach"; vor allem, wenn das Spiel feststellt, dass man im letzten Song Schwierigkeiten damit hatte. Während die Dynamik beim Hochschalten der Schwierigkeit gut funktioniert, hapert es nach unten immer noch. Im Vergleich zum Vorgänger wurde dieses Problem zwar deutlich reduziert. Aber mitunter passiert es, dass man auf eine Passage stößt, die man partout nicht bewältigt, Rocksmith sich aber ebenso beharrlich weigert, einem die nächstleichtere Stufe zur Verfügung zu stellen. Dafür jedoch stellt sich das Spiel auf den allgemein wachsenden Fähigkeitsstatus ein: Hat man ein paar Songs hinter sich gebracht, beginnt man bei neuen Liedern in etwa auf dem Durchschnittslevel, den man bislang erreicht hat.
Spielerischer Gitarrenlehrer 2.0
Die eigentliche Stärke von Rocksmith ist das leichtfüßige Erlernen von Gitarren-Fähigkeiten, die mit ihrem praxisorientieren, verspielten Ansatz und den virtuellen Verknüpfungsmöglichkeiten weit über das hinausgeht, was ein Gitarrenlehrer zu leisten imstande ist. Wobei ich weder die Leistungen dieser Berufsgruppe schmälern noch ihre Daseinsberechtigung in Frage stellen möchte - ganz im Gegenteil. Um dem Gitarren-Gott in spe die richtige Haltung einzuimpfen oder mit ihm die ersten Rhythmus-Schritte zu gehen, ist das in dieser Hinsicht feedbackfreie Rocksmith weiterhin ungeeignet. Doch sobald Grundkenntnisse vorhanden sind, spielt die Verknüpfung aller Elemente ihre ganze Stärke aus. Die an 16-Bit-Retro-Titel angelehnten Minispiele locken einen mit ungezwungener Unterhaltung und bringen einem quasi "nebenbei" Skalenläufe, Power-Akkorde und viele andere nötige Techniken bei. Wenn man sie schon beherrscht, sind diese Nebenaktivitäten, zu denen auch eine Autoverfolgungsjagd gehört, bei dem man das Fahrzeug über die korrekten Noten einer Skala an den Hindernissen vorbeiführt, eine gute Auffrisch-Übung. Besonders zu gefallen wussten auch die Akkord-Shooter, die sich an Spielen wie House of the Dead oder Rebel Assault orientieren.
Rhythmus-"Spiel" 2.0
Dahinter versteckt sich eine virtuelle Band, deren vierköpfige Zusammensetzung man aus einem breit gefächerten Spektrum von Presets auswählen oder aus über 70 Instrumenten nach eigenem Geschmack zusammenstellen kann. Dann entscheidet man sich für eine Skala von pentatonisch über chromatrisch bis hin zu mixolydisch, legt die Geschwindigkeit fest, in der der Song gespielt wird, entscheidet, wie viel kreativen Freiraum sich die KI-Musikanten genehmigen dürfen und legt los. Um einem die ersten Schritte zu erleichtern, wird nicht nur die Skala per se über das Griffbrett gelegt, sondern auch angezeigt, welche Note man als nächstes Spielen könnte, um eine saubere
Für jemanden, der nicht die Möglichkeit hat, sich mit seinen Kumpels in einen Proberaum zurückzuziehen, ist der Session-Modus ein interessanter, wenngleich nicht vollwertiger Ersatz - auch wenn man hier im Zweifelsfall zu zweit in die Saiten greifen kann. Allerdings sollte schon ein Hang zum Lead-Gitarristen oder zum Bassspiel vorhanden sein. Versucht man sich als Rhythmus-Klampfer, gibt die Band zu schnell auf. Zudem hat sie generell einen Hang, schneller zu werden. Zwar kann man über das Pad bzw. Sprachkommando per Kinect versuchen, die Jungs im Zaum zu halten und wieder einzupegeln, doch im Zweifel dauert es nicht lang, bis sie wieder schneller werden. Natürlich liegt es auch an der Art und Weise, wie man spielt, doch hier hätte eine stärkere KI-Autonomie geholfen. Dennoch ist der Session-Modus eine nach wie vor fantastische Idee, die durchaus ausgebaut werden dürfte - z.B. in Form von Songs, die man von der Festplatte einspielen kann und auf die sich die Rhythmus-KI einstellt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in Rocksmith 2014 auch wieder die Option gibt, sich über eine breite Auswahl an (teils freizuspielenden) Verstärkern und Effektgeräten seine eigenen Sounds zu zimmern und diese z.B. für seine Gitarre im Session-Modus einzusetzen.
Fazit
Die Anfangsphase mit Rocksmith 2014 ist auf den neuen Konsolen von vermeidbaren Problemen gekennzeichnet. Zum einen wird unzureichend erklärt, wie man sein System mit seinem Lautsprechersystem verbinden und welche Einstellungen man wählen muss. Und zum anderen ist der Import bereits gekaufter Download-Inhalte nicht astrein gelöst. Auf der PlayStation fehlt zum Testzeitpunkt die Masse, auf der One zickt der Transfer der Lizenzen. Doch hat man diese Hürden erst einmal hinter sich gebracht oder muss sie vielleicht gar nicht in Angriff nehmen, wird auf den neuen Systemen die gleiche Faszination entfacht wie in der alten Generation. Die Technik ist nach wie vor überzeugend, die Mischung aus virtuellem Gitarrenlehrer und Rhythmus-Spiel samt retro-angehauchten Minigames zieht einen unweigerlich in die Welt von Riffs, Runs und Soli. Da hier zwar vieles erklärt, allerdings nach wie vor (natürlich) nicht korrigiert wird, richtet sich Rocksmith vor allem an diejenigen, die begleitend zu einem echten Gitarrenlehrer üben wollen bzw. an Fortgeschrittene, die ihre Techniken verfeinern möchten. Schade ist allerdings, dass bei der Umsetzung nicht am dynamischen Schwierigkeitsgrad gefeilt wurde, der nach unten weiterhin unsensibler reagiert als nach oben. Dennoch ist Rocksmith 2014 auch auf den neuen Systemen ein erfrischend anderes Erlebnis.
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Gelungene, schnörkellose Umsetzung der Mischung aus Rhythmusspiel und virtuellem Gitarrenlehrer.
PlayStation4
Gelungene, schnörkellose Umsetzung der Mischung aus Rhythmusspiel und virtuellem Gitarrenlehrer.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.