Helldivers12.03.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Schönen Gruß von der Demokratie!

Wer Frieden und Freiheit in der Galaxie verbreiten will, darf nicht zimperlich sein: Auf dem imperialen Feldzug der Helldivers (ab 19,98€ bei kaufen) werden störende „Demokratiefeinde“ und Planetenbewohner einfach schwungvoll aus dem Weg gebombt – begleitet von einer Extraportion Sarkasmus und markigen Sprüchen. Bis zu vier Spieler treten kooperativ an und verbreiten die Werte der Über-Erde in der Galaxie. Ein Garant für lustige Online-Action?

Fast wie beiden Starship Troopers

Das können die doch nicht wirklich ernst meinen, oder? Schon das Intro von Helldivers bewegt sich hart an der Grenze zu unfreiwillig komischem Kitsch und selbstironischer Gesellschaftskritik: Unser Wohlstand ist nicht umsonst! Beschütze die Freiheit deiner Familie! Verbreite die demokratischen Grundsätze deiner Heimat im Universum! Wie das Demokratieverständnis der Über-Erde aussieht, zeigt sich schnell auf dem Schlachtfeld: „Schöner Gruß von der Demokratie!“ schreit mein Krieger während er die unterlegenen aber in Überzahl angreifenden Gegner mit dem Flammenwerfer grillt. „Na wie schmeckt euch die Freiheit?“ Auch das Waffenarsenal fügt sich nahtlos ins diktatorische Vokabular ein: Sturmgewehre, Laser, Flammenwerfer und andere Friedensverbreiter besitzen herrlich euphemistische Namen wie "AR-19-Liberator" oder gar "DBS-2-Double-Freedom". Sehr schön!

Entwickelt wurde Helldivers von den Arrowhead Game Studios aus Stockholm. Von ihnen stammt auch das launige Koop-Spiel Magicka.
Allgemein fühlte ich mich auf der Brücke sofort wie in einem echten Eroberungsfeldzug: Auf der galaktischen Karte sieht man stets, wie weit wir bereits in die Sektoren der Käfer, Cyborgs und Illuminierten vorgestoßen sind. Alle Ergebnisse menschlicher Spieler fließen hier ein und bestimmen, ob wir an einer der Fronten die Überhand gewinnen - ähnlich wie in MAG. Aus diesem Grund nimmt das Spiel schon zu Beginn Kontakt zum Server auf; Einsätze lassen sich nicht pausieren, weil jederzeit andere Spieler hinzustoßen könnten. Wer möchte, kann auch auf privates Spiel umstellen und im Alleingang loslegen, doch am meisten Spaß entfaltet das Gemetzel im kooperativen Online-Kampf mit teamfähigen Mitspielern.

Kooperatives Online-Gemetzel

Bis zu vier menschliche Helldiver können zusammen losziehen. Dank Crossplay ist sogar das Zusammenspiel von PS4-, PS3- und Vita-Besitzern möglich. In der Praxis klappt die Vermittlung von Freunden aber nicht immer wie erwünscht, daher sollte man möglichst einem bereits eröffneten Spiel beitreten. Die Action auf dem Schlachtfeld erinnert auf den ersten Blick an klassische Zweistick-Shooter: Man rennt aus der Vogelperspektive über die Planetenoberfläche zu ein paar Einsatzpunkten, erledigt auf dem Weg dorthin massenhaft Feinde oder schleicht sich auch mal unentdeckt an den Patrouillen vorbei. Das Anpeilen mit dem rechten Stick geht etwas zu träge von der Hand. Vielleicht wollte man damit mehr Realismus ins Spiel bringen oder das Tempo drosseln – trotzdem gefällt mir die knackig präzise Steuerung der Konkurrenz besser.

Immer wieder krachen angeforderte Kapseln mit Nachschub aus der Luft. Wer nicht aufpasst, wird von ihnen oder sogar dem rettenden Shuttle zerquetscht.
Wer hier den Rambo spielt, kommt nicht weit. Vor allem das aktivierte Friendly-Fire sorgt für unerwünschte Nebeneffekte: Ein paar Schüsse in die falsche Richtung und schon krabbelt ein Mitspieler blutend über den Boden. Zum Glück lässt er sich schnell verarzten  - oder man lässt gefallene Kameraden mit in der Mission verdienten Neustarts wieder erscheinen. Trotzdem will gerade zu viert jeder Schritt überlegt sein. Ein Spieler lädt nach, der andere deckt ihn. Der dritte hat schon kurz vorher ein automatisches Geschütz gegen die anrückenden Horden angefordert und springt in Deckung, damit er nicht selbst davon niedergemäht wird. Am besten teilt man Aufgaben und Schussrichtungen klar per Chat oder kurzen Kommandos mit und stapft auch in schwer bewaffneten Exoskeletten nur vorsichtig voran. Ein unbedachter Seitenschritt im Getümmel und schon ist der Kollege Mus.

Gewaltsame Erkundungstour

In manchen Zonen stören die Aliens sogar den Funk, so dass keine Respawn-Kapseln, Munition, Ausrüstung oder Fahrzeuge mehr aus der Luft angefordert werden können. Auch anderswo fällt das Anfordern im Feindgetümmel gar nicht so leicht: Bevor der rettende Nachschub in den Wüstensand donnert, muss erst einmal eine Steuerkreuzkombination eingegeben und ein Timer abgewartet werden. Wenn ich clevere Mitspieler in der Mission hatte, entfaltete sich meist ein herrliches kompetitives Gemetzel: Im Panzer fuhren wir gemeinsam zu einer Stellung und verteidigten sie gegen futuristische Fahrzeuge der Illuminierten.

Waffen und Ausrüstung werden mit Hilfe von Materialien verbessert, die man auf den Planeten findet.
Danach suchten wir einen Flugschreiber, um ihn vor einem Bunker abzuliefern und machten uns auf die Suche nach einer technischen Anlage, die auf der Karte nur grob umrissen war. Schließlich zerbröselten wir noch eine Basis mit einer netten kleinen Nuklearbombe und zersiebten zum krönenden Abschluss am Evakuierungspunkt die unaufhörlich attackierenden Außerirdischen. Hier stimmte jede Bewegung: Ein erfahrener Teilnehmer scheuchte den Rest mit geschickten Chat-Kommandos umher, gefallenen Spielern wurde blitzschnell aufgeholfen und fast nie wurde jemand durch die Kugel eines Verbündeten getroffen.

Vernünftige Mitspieler gesucht…

Leider bleiben solch koordinierte Meisterleistungen die Ausnahme: Der Großteil meiner Mitspieler schien das Prinzip nicht wirklich verstanden zu haben: Ich landete ständig unter den Mech-Füßen ungeschickter Einzelkämpfer oder wurde einfach von Kollegen über den Haufen geballert – na schönen Dank auch! Als wir schließlich mehrmals scheiterten, startete ich frustriert ein paar ähnliche Missionen im Alleingang und siehe da: Ich benötigte nur einen Bruchteil der Zeit für einen perfekten Abschluss mit drei Sternen. Offenbar haben die Entwickler das Spiel nicht vernünftig auf Einzelkämpfer abgestimmt: Abgesehen von den Missionen mit sehr hohem Schwierigkeitsgrad konnten mir sämtliche Alien-Arten mir nicht wirklich etwas entgegensetzen. Schuld daran ist die simple KI, denn die meisten Gegner stellen nur in der Masse eine Gefahr dar. Wenn man zu viert unterwegs ist, wird man ständig von Patrouillen erwischt, die blitzschnell Verstärkung herbeirufen.

Achtung, Panzer!
Als Einzelspieler kann man dagegen oft bequem über die Platenoberfläche rennen, wenn man ab und zu auf der Karte nach Wächtern Ausschau hält. Selbst wenn ich entdeckt werde, nehme ich einfach die Beine in die Hand und igle mich am nächsten Einsatzziel mit ein paar Geschützen ein. Diese Automatik-Kanonen halten die anrückenden Horden effektiv in Schach und lassen sich sogar in mehreren Slots ausrüsten. Gegen diese Taktik hat der Großteil der Außerirdischen nichts entgegenzusetzen; außerdem muss ich nicht einmal auf meine Mitspieler aufpassen.

Vielfältiges Arsenal zum Aufrüsten

Nach und nach schalten die Helldivers immer mehr coole Waffen, Aufsätze, Aufrüstungen und taktische Gadgets frei. Mit einem fetten durchgehenden Laserstrahl z.B. macht es  richtig Laune, die Aliens zu zerbrutzeln – seine Magazine leeren sich nur, wenn die Technik überhitzt. Mit klassischen Sturmgewehren und schweren Maschinengewehren sollte man sparsamer umgehen: Fein dosierte Feuerstöße treffen nicht nur präziser, sondern zehren auch weniger an der knappen Munition.

Die mittelgroße Auswahl freischaltbarer Neuheiten passt bestens zum Spiel. Manche Gadgets wie das automatische Geschütz wirken allerdings zu stark – vor allem als Einzelspieler.
Die zufallsgenerierten Planetenoberflächen mit ihrer kargen Vegetation ähneln sich leider ziemlich stark, so dass ich auf meiner Reise durchs All kaum erinnerungswürdige Orte zu Gesicht bekam. Im Gegenzug sorgen die unterschiedlichen Missionsziele für Spannung auf dem Weg über den Planeten. Technisch bewegen sich die PS4-Kulissen nur im Mittelfeld, dort werden die Schlachten aber immerhin flüssig animiert.

Schludrige Umsetzungen für PS3 und Vita

Die Umsetzungen für PS3 und Vita wirken dagegen halbherzig: Vor allem auf dem Handheld kommt es in hektischen Situationen zu starken Slowdowns, auf der PS3 tritt das Problem weniger heftig auf. Hübsch ist das Spiel aber auf keiner der älteren Plattformen: Vor allem die grobpixeligen Schatten und der insgesamt unsaubere Bildlook mit Alias-Treppchen lassen die Kulisse weniger ansehnlich erscheinen.

Hat man alle Missionen gemeistert, ist der Planet "befreit".
Vita-Besitzer müssen außerdem mit ein paar Einschränkungen bei der nicht frei belegbaren Steuerung leben. Das Nachladen, der Granatenwurf und der Sprint werden mit Gesten ausgelöst – teils auf dem hinteren Touchpad. Das klappt in der Hitze des Gefechts leider nicht immer präzise genug. Ein erfreuliches Detail ist dagegen, dass Käufer einer Fassung die beiden anderen kostenlos dazu bekommen. Auch der Speicherstand ist untereinander kompatibel: Wenn ich mich auf der Vita ein wenig hochgelevelt habe, kann ich einfach zur PlayStation 3 oder 4 wechseln, wo mein Fortschritt bereits übernommen wurde.

Fazit

Es ist beinahe wie bei Evolve: Wenn man fähige Mitspieler findet, entwickelt sich der Arcade-Shooter Helldivers zu einem richtig launigen Koop-Gemetzel. Sofern alle zusammenarbeiten, aufeinander aufpassen, sich gegenseitig decken und geschickt Nachschub anfordern, kommt es zu richtig coolen Momenten. Leider scheint sich das unter dem Großteil der Spieler aber noch nicht herumgesprochen zu haben. Meine „Partner“ haben mich sogar öfter erledigt oder versehentlich zertrampelt als die Aliens. Auch als Einzelspieler sind die Einsätze nicht besonders spannend: Ähnlich wie in Crysis 3 lässt sich die simple KI viel zu leicht austricksen und abhängen. Es ist löblich, dass die drei Versionen so eng miteinander verknüpft wurden und Besitzer von PlayStation 3 oder 4 zusammen mit Vita-Spielern kämpfen können. Auf den älteren Systemen funkt allerdings immer wieder die schwache Technik dazwischen, weil das Spiel durch starke Slowdowns ausgebremst wird. Zusätzlich kommt es auch auf der PS4 zu häufig zu Verbindungsfehlern oder Abstürzen. Außerdem könnten die karg designten zufallsgenerierten Planeten etwas mehr Abwechslung gebrauchen. Im Gegenzug sorgen aber die kombinierten Missionziele für spannende Touren durchs Feindgebiet. Wer genügend Freunde zusammenbekommt oder fähige Online-Mitspieler findet, bekommt mit Helldivers eine intensive und actionreiche Koop-Erfahrung. Für einen Gold-Award wirkt das Konzept aber noch zu unausgegoren.

Pro

mit fähigen Mitspielern entfalten sich tolle, actionreiche Koop-Einsätze
durchschlagkräftige, aufrüstbare Waffensysteme, vor denen man Respekt entwickelt
coole Extra-Ausrüstung wie Panzer, Mechs und Bomben
gemischtes Koop-Spiel auf PS4, PS3 und Vita
interaktive Weltkarte und Sektoren-Eroberung erzeugt Kriegs-Atmosphäre
sarkastische Kampfschreie
angemessen pompöse Orchestermusik
unterschiedliche Witterungen, Alienrassen und kombinierte Einsatzziele fordern Anpassung
Friendly-Fire und begrenzte Munition zwingen zu bedachtem Einsatz

Kontra

simple KI macht Einzelspieler-Missionen zu einfach
Großteil vermittelter Spieler ballert und trampelt ohne Sinn und Verstand um sich
leichte (PS3) bzw. starke Slowdowns (Vita) bremsen manchmal die Action aus
zufallsgenerierte Einsatzgebiete wirken karg und austauschbar
PS3
und Vita-Versionen wurden technisch halbherzig umgesetzt
gelegentliche Lags, Verbindungsabbrüche und Abstürze
etwas zu träge Zielsteuerung mit dem rechten Stick
Gesten-Kommandos manchmal zu unpräzise (Vita)

Wertung

PlayStation4

Es mangelt zwar an Feinschiff und Abwechslung, mit den richtigen Mitspielern ist die Koop-Action trotzdem eine Wucht!

PlayStation3

Leichte Slowdowns und unsaubere Grafik trüben auf der PS3 den Spaß am Aliengrillen ein wenig.

PS_Vita

Auf der Vita geht die Spielgeschwindigkeit in hektischen Situationen noch stärker in die Knie.

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