EVE: Valkyrie25.10.2017, Benjamin Schmädig

Im Test: Eine Dimension zu wenig

Dieser Test fällt mir wirklich schwer. Denn ich mag Eve: Valkyrie (ab 13,98€ bei kaufen) sehr. Die Online-Scharmützel flotter Weltraum-Jäger sind ebenso rasant wie taktisch interessant. Vor dem Hintergrund des Eve-Online-Universums sind sie zwar keine Grafikbomben, aber stilvolle Hingucker. Und sie erzeugen in einem der ersten großen Virtual-Reality-Spiele ein nach wie vor fesselndes Mittendrin-Erlebnis. Aber genau da liegt das große Problem des Warzone-Updates, denn das öffnet auch Piloten vor herkömmlichen Bildschirmen das Tor in die Science-Fiction-Action. Und das ist alles andere als eine gelungene Verbesserung!

Was ist Warzone eigentlich?

Warzone ist kein eigenes Spiel, sondern lediglich die aktuelle Version von Eve: Valkyrie. Mit ihr hat Entwickler CCP den Team-Gefechten im Weltall neue Inhalte hinzugefügt und zahlreiche Veränderungen vorgenommen, die u.a. die Funktionsweise sämtlicher Schiffe betreffen. Vor allem aber sind die Walküren damit erstmals auch auf herkömmlichen Bildschirmen spielbar, also komplett ohne Virtual-Reality-Hardware.

Und um diese Versionen für PC und PlayStation 4 geht es in diesem Test – sie erhalten eine Wertung, weil es Plattform-Umsetzungen mit ganz eigenen Besonderheiten sind, die wir wie jede andere Umsetzung bewerten. Weil Warzone allerdings

In VR nach wie vor klasse: Die Online-Gefechte sind ebenso rasant wie fesselnd.
keine separat erhältliche Erweiterung für HTC Vive, Oculus Rift und PlayStation VR ist, bewerten wir die entsprechenden Fassungen nicht neu.

Eine Ära zurück

Das Hervorheben dieses Unterschieds ist mir deshalb wichtig, weil Spieler mit VR-Headset heute ein in vielen Belangen besseres Spiel erleben als im vergangenen Jahr. CCP hat Eve: Valkyrie nicht nur zugänglicher gemacht, sondern auch taktisch interessanter sowie inhaltlich umfangreicher – dazu gleich mehr.

CCP hat allerdings auch den Fehler gemacht, eine „2D-Version“ zu veröffentlichen, die nicht annähernd so viel Spaß macht wie das Original. Tatsächlich empfinde ich die schnellen Scharmützel auf dem flachen Bildschirm sogar als störrischen Krampf am Rande der Unspielbarkeit.

Stellt euch vor, ihr müsstet die frenetische Plattform-Action des aktuellen Doom mit dem Gamepad einer 16-Bit-Konsole spielen, sprich ohne auch nur einen Analogstick: Genau so fühlt sich das Erlebnis des explizit auf VR zugeschnittenen Spiels auf einem flachen Bildschirm an.

Der Kopf ist kein Analogstick

Der Grund dafür ist die Tatsache, dass CCP das freien Umsehen in der virtuellen Realität zu einem Teil der Steuerung gemacht hat, der ebenso wichtig ist wie das herkömmlichen Bewegen des Raumschiffs. Denn durch das ständige Umsehen behält man nicht nur die Übersicht, sondern zielt auch mit etlichen Sekundärwaffen.

Natürlich: Das erledigt man in 2D wahlweise über die Maus oder einen Analogstick. Nur ist das Drehen der Blickrichtung eben besonders mit dem Stick nicht ansatzweise so präzise wie das natürliche Umsehen per Kopf. Mit Letzterem behält man einen Gegner nämlich selbst dann genau im Blick, wenn das Raumschiff während eines Immelmanns noch wilde Pirouetten dreht. Soll man mit zwei Daumengriffeln aber sowohl Flug- als auch Blickrichtung in einem der flotten Duelle ständig gleichzeitig anpassen, funktioniert das einfach nicht! Analogsticks sind für Normalspieler nicht ansatzweise in der Lage, eine intuitive Körperbewegung zu ersetzen. Und dass CCP das entweder nicht erkennt oder es zumindest ignoriert, ist ein Designfehler, der

Das freie Umsehen funktioniert vor allem mit dem Analogstick denkbar schlecht.
Eve: Valkyrie in 2D großen Schaden zufügt.

Ohne Übersicht & Optionen

Absolut unverständlich ist mir, warum die Sicht zu allem Überfluss automatisch zentriert wird, falls man den Stick nicht dauerhaft in einer geneigten Lage hält. Besser wäre es, wenn die Kamera in einer einmal gewählten Position verharrt, so lange man den Stick nicht bewegt. Man darf ja nicht einmal die Empfindlichkeit des Umsehens einstellen. Dabei ist die Steuerung sonst frei belegbar.

Hinzu kommt, dass die Übersicht schon deshalb leidet, weil man ohne VR-Headset nicht an Verstrebungen im Cockpit vorbeischauen kann, sodass man das Geschehen auf einem Bildschirm schlechter verfolgen kann als in der virtuellen Realität. Dass die unscheinbaren HUD-Anzeigen auf einem klassischen Bildschirm außerdem schlechter lesbar sind als in VR, verkommt in Anbetracht der grundlegenden Probleme fast schon zur Nebensache.

Maus gewinnt

Dreht man den Blick per Maus, ist das zwar ebenfalls meilenweit vom VR-Original entfernt, weil es eben verdammt schwierig ist, ständig zwei voneinander unabhängige Fadenkreuze auszurichten. Man hat mit der Maus aber etwas mehr Kontrolle über das Umsehen. Tatsächlich ist der Unterschied so deutlich, dass man mit viel Übung zumindest halbwegs mit der verkorksten Steuerung warm werden kann. Mit einem Gamepad ist mir das bis heute nicht gelungen.

Sind Piloten mit Maus eigentlich im Vorteil gegenüber Gamepad-Nutzern?

Für einen einzigen Fall trifft das zu: Wer sich in VR umsieht und per Maus zielt (am besten mit eingeschaltetem ständigen Drehen, so lange man die Maus nicht entsprechend zurücksetzt), schießt im Zweifelsfall eine Idee präziser als andere Spieler.

Und klar: Man könnte auf das freie Umsehen schlicht verzichten; jede Waffe schießt dann geradeaus. Dabei büßt man allerdings dermaßen viel Flexibilität ein, dass man gegen geübte VR-Piloten kaum einen Stich sieht. Obwohl man sich auf PlayStation 4 dafür entscheiden kann, nur gegen andere PS4-Spieler anzutreten, darf man ja weder auf Konsole noch auf PC wählen, ausschließlich gegen Nicht-VR-Spieler in den Kampf zu ziehen.

Am Rande sei noch erwähnt, dass weder die Anordnung der Menüs noch deren umständliche Bedienung sinnvollen Normen klassischer PC- oder Konsolentitel entspricht. An dieser Stelle hätten die Entwickler wenigstens zeigen können, dass sie der Umsetzung große Aufmerksamkeit schenken...

Besser fliegen

Eve: Valkyrie funktioniert einfach nicht als herkömmlicher Weltraum-Shooter. Es wurde für eine Plattform gemacht, für die ganz andere Rahmenbedingungen gelten. Und das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil sich das VR-Erlebnis mit Warzone inhaltlich zum Besseren verändert hat. Vorbei sind nämlich die Zeiten, in denen man zusätzliche Schiffe in einem mühsamen Prozess freischalten muss, denn jetzt stehen alle Jäger von Beginn an zur Verfügung.

Besser noch: Erfahrungspunkte schalten Individualisierungen frei, mit denen man eine Waffe z.B. durchschlagskräftiger macht, indem man ihre Reichweite reduziert oder mit denen man sich zwischen einer höheren Geschwindigkeit und besserer

Alle Schiffe wurden überarbeitet und stehen jetzt von Beginn an zur Verfügung. Erfahrungspunkte schalten Mods frei.
Beschleunigung entscheidet.

Stealth-Jäger & Co.

Die Besonderheiten aller Schiffe werden zudem besser bzw. endlich überhaupt erklärt und anstatt des kurzen Boost-Fensters verfügen die Jäger jetzt über einen wesentlich größeren Treibstoffvorrat. So bremsen „Langstreckenflüge“ den Spielfluss nicht mehr aus.

Manche Flieger haben sich zudem ganz grundlegend verändert, neue Spezialfähigkeiten erhalten und sind dadurch besser auf das Erfüllen ihrer Rollen zugeschnitten. Es macht mir heute z.B. mehr Spaß, mit dem „Schrotflinten“-Jäger Gegnern auf den Leib zu rücken, mich mit dem neuen „Spion“ zu tarnen oder als eine Art Scharfschütze vor allem aus der Distanz Schaden zu verursachen und anschließend mithilfe seines besonderen Boosts schnell die Position zu wechseln.

Kosmetische Inhalte in Beutekugeln, die u.a. gegen Echtgeld erhältlich sind - ohne kommt auch Eve: Valkyrie nicht aus.

Im Sinne einer glaubwürdigen Raumfahrt ist das freilich nicht plausibel – in den Arcade-Gefechten macht es aber Spaß und ist taktisch vor allem als Teil des Teamplays interessant.

Um und in Planeten

Zwar sind noch immer so wenige Spieler online, dass man besonders tagsüber vorwiegend mit und gegen KI-Piloten in den Kampf zieht, dafür nimmt man seit Warzone auch an einem neuen Modus teil. Das Ziel in diesem: mehr Relikte als das konkurrierende Team ans Ziel zu transportieren. Im weitesten Sinne handelt es sich also um eine Art Capture-the-Flag. Klasse gefällt mir außerdem eines der neuen Einsatzgebiete, in dem man nicht nur über eine Planetenoberfläche rast, sondern durch scheinbar winzige Öffnungen auch in ein darunter errichtetes Tunnelsystem eindringt.

Außerdem gelingt es CCP trotz der Einführung von Beutekugeln, dass die auch mit Echtgeld kaufbaren Verzierungen weniger stark im Vordergrund stehen als das in einer früheren Version der Fall war. So ist es hin und wieder ganz unterhaltsam, dem Lieblingsjäger einen der zahlreichen Anstriche zu verpassen – in VR jedenfalls.

Fazit

Das hervorragende Einbinden der natürlichen Kopfbewegung war der entscheidende Kniff: Mit Eve: Valkyrie hatte CCP vorgemacht, wie stark das Spielen mit einem VR-Headset von der zusätzlichen Dimension profitiert. Durch das Warzone-Update wurden die Online-Gefechte schließlich einen Tick taktischer, zugänglicher und umfangreicher. Wer über die entsprechende Hardware verfügt, erlebt nach wie vor tolle Online-Gefechte und ein hervorragendes Mittendrin-Gefühl. Wer Eve: Valkyrie allerdings nur auf einem normalen Bildschirm erleben kann, sollte die Finger davon lassen! Das Umsehen mit Analogstick oder Maus ist in keiner Weise mit der natürlichen Bewegung vergleichbar – doch weil es zum Spielen unabdingbar ist, funktioniert die „2D-Variante“ des Weltraum-Shooters einfach nicht. Intuitive Präzision und Übersicht fehlen in der Umsetzung fast komplett; jeder Spaß an der schnellen Action geht verloren. Mag sein, dass der Gewinn neuer Piloten für die Zukunft des Spiels notwendig ist. Auf diese Art dürfte das allerdings kaum gelingen.

Pro

rasante Weltraumaction im offenen All, zwischen Asteroiden und in engen Installationen
Online-Spiel wahlweise gegen andere Teams oder ausschließlich KI-Gegner
sehr unterschiedliche Schiffstypen für verschiedene Vorlieben und interessantes Teamspiel
alle Schiffe von Beginn an verfügbar
Erfahrungspunkte schalten Individualisierungsmöglichkeiten für Schiffe frei
fehlende Mitspieler werden durch KI-Piloten ersetzt
Cross-play zwischen PC und PS4
vorgefertigte Kommunikationsphrasen ermöglichen plattformübergreifende Kurzmitteilungen
zahlreiche Verbesserungen zur ursprünglichen Veröffentlichung, u.a. deutlich längerer Boost und verbesserte Tutorials
Gefechte wahlweise nur gegen Spieler auf gleicher Plattform (PS4)

Kontra

frustrierende Steuerung, die meist das gleichzeitige Bewegen zweier Fadenkreuze verlangt
kein Einstellen der Empfindlichkeit des sehr schnellen rechten Analogsticks und seltsame Maus-Beschleunigung
schlecht lesbare HUD-Informationen
umständliche und unübersichtliche Menüs
kein Spielen nur gegen Desktop-Spieler
kleine Vorteile für VR-Nutzer mit Maussteuerung

Wertung

PC

Die Steuerung per Maus ist besser als das Umsehen mit dem Analogstick. Ein gutes Spiel ist der Online-Shooter aber auch auf PC-Bildschirmen nicht.

PlayStation4

Das Umsehen über den rechten Analogstick kann die natürlichen Kopfbewegungen der VR-Version nicht ersetzen - Eve: Valkyrie funktioniert in dieser Form auf einem flachen Bildschirm denkbar schlecht.

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