Stranglehold13.09.2007, Mathias Oertel
Stranglehold

Im Test:

John Woo: Regisseur, der unter Cineasten seit den späten 80er Jahren maßgeblich den Begriff "Heroic Bloodshed" geprägt hat. Chow Yun-Fat: Action-Legende, mittlerweile auch in Hollywood bekannt und meist in einem Atemzug mit dem Regiemeister aus Hong Kong genannt. Die letzte Kollaboration der zwei Kino-Schwergewichte fand 1992 mit dem Film HardBoiled statt. Nun kommt die Fortsetzung der Saga um den Polizisten mit dem Spitznamen Tequila auf Konsolen und PCs. Lebt der Kult oder schießt Midway am Ziel vorbei?

Heroic Bloodshed

Geschichten, die sich um Ehre, ungewöhnliche Freundschaften, Verrat und Rache drehen. Schusswechsel, die wie ein Ballett choreografiert mit sorgsam in Szene gesetzten Zeitlupen kleine Kunstwerke darstellen. Jede Kugel, jeder Einschlag, jede Explosion ist ein kleiner Mosaikstein in einem Action-Stakkato, das weit mehr ist als eine Materialschlacht. Jeder in absoluter Genauigkeit und schonungsloser Offenheit gezeigte Treffer ist nicht Sinnbild für Gewalt, sondern Ausdruck einer Freundschaft bis zum bitteren Ende. Einer Freundschaft, die keine Kompromisse kennt.

Chow Yun-Fat ist wieder in seiner Rolle als Inspektor Yuen ("Tequila") zu sehen.
Mit diesen Stilelementen wurde das Hong Kong-Kino Mitte/Ende der 80er Jahre aus einem Dornröschenschlaf geweckt. Dachte man bis dahin, dass aus der ehemaligen britischen Kolonie nur Kung Fu-Filme aus den Studios der Shaw Brothers und Jackie Chan stammen, wuchs die Fangemeinde des modernen Hong Kong-Kinos bis heute stetig an und beeinflusste auch das amerikanische Kino von Stirb Langsam bis hin zur Matrix-Trilogie.

Vorreiter der neuen Epoche waren Regisseure wie Ringo Lam, Tsui Hark oder John Woo. Filme wie die A Better Tomorrow-Trilogie, The Killer, City on Fire oder Bullet in the Head machten nicht nur die Männer hinter der Kamera weltberühmt und ebneten ihnen den Weg nach Hollywood. Auch Schauspieler wie Leslie Cheung, Danny Lee oder Chow Yun-Fat wurden über den Hong Kong´schen Tellerrand hinaus bekannt.

Allerdings kommt der Partnerschaft zwischen John Woo und Chow Yun-Fat eine besondere Bedeutung zu. Ähnlich wie das kongeniale Duo Johnny Depp und Tim Burton haben sich die beiden über nahezu eine ganze Dekade zu gegenseitigen Höchstleistungen angespornt. Die letzte Zusammenarbeit liegt mit dem Film HardBoiled im Jahr 1992.

Doch jetzt sind die zwei wieder vereint. Allerdings nur in virtueller Form - in Stranglehold leiht Chow Yun-Fat der Figur Inspektor Yuen (besser bekannt als Tequila) aus der letzten gemeinsamen Arbeit mit Woo nicht nur die Stimme, sondern auch sein Gesicht.

Und John Woo sorgt mit seiner Firma Tiger Hill Productions für die cineastische Umsetzung der Zwischensequenzen, die adäquate Fortsetzung der Geschichte um den kompromisslosen Inspektor sowie grundlegenden kreativen Input, wenn es darum geht, Heroic Bloodshed auf 360, PS3 und PC zu bringen.

Wer fliegt denn da? Die Stunt- und Interaktionsmöglichkeiten sind ebenso intensiv inszeniert wie in den Filmen von John Woo!
Action mit Woo-Effekt?

Dass Stranglehold es nicht ganz einfach haben wird, im dichten Action-Dschungel neue Impulse zu setzen, war von Anfang an klar. Denn immerhin muss ein Spiel, das so sehr auf die Namen John Woo und Chow Yun-Fat baut, beweisen, dass Titel wie Max Payne, die sich mit Bullet Time und cooler Story ebenfalls auf das stützen, was John Woo geschaffen hat, nur der Anfang waren. Und wie uns einer der Entwickler vor einigen Monaten im Interview versicherte, sei man sich der Verantwortung bewusst und wolle noch eine Schippe drauflegen.

Und bereits der erste von insgesamt sieben umfangreichen Abschnitten zeigt, dass es das Team von Midway Chicago (Psi-Ops) ernst meint: Massen von Gegnern warten in den verwinkelten Gassen Hong Kongs auf Inspektor Tequila, der Jagd auf einen Copkiller macht.

Doch der sich außerhalb jeder Richtlinien bewegende Polizist hat nicht nur ein umfangreiches Arsenal an Waffen (zwei können gleichzeitig mitgeführt werden) zur Verfügung, um den bösen Buben den Garaus zu machen. In bester Woo-Manier kann Tequila über Tische hechten, an Geländern rauf- und runterlaufen sowie viele weitere Möglichkeiten nutzen, um mit der diesbezüglich clever gestalteten Umgebung zu interagieren - wahlweise sogar mit automatischem Einsatz von Zeitlupe, die es durchaus versteht, ein cineastisches Gefühl zu entfachen und sich immer dann einschaltet, wenn ihr während der Umgebungs-Interaktion einen oder mehrere Gegner ins Visier bekommt.

       

Für Profis gibt es auch die Option, sämtliche Bullet Time-Sequenzen wie in Max Payne manuell zu initiieren. Dadurch verliert Stranglehold zwar etwas von seiner cineastischen Kraft, ist aber für den Spieler letztlich interessanter, da selbst ein kleiner Rutscher über einen Tisch (oder im schlimmsten Fall über mehrere kurz hintereinander) zu einem Zeitlupenreigen führen kann, der weder der Action noch dem Spielfluss gut tut - abgesehen davon, dass die Animation des verlangsamten Tischrutschers nicht an Qualität zunimmt...

Spannender Standoff: In den Zwischensequenzen wird das gesamte Know-How und der kreative Einfluss von John Woo ausgespielt. 
Inkonsequenzen

Überhaupt muss man sagen, dass die Prämisse "Mehr Action, schneller, lauter, noch mehr Action" Stranglehold nicht immer zuträglich ist. Versteht mich nicht falsch: Es macht einen Heidenspaß, sich ungeachtet von Magazingrößen und eventuellem Nachladen durch die Abschnitte zu ballern, was das Zeug hält. Ich werde richtig gut unterhalten, wenn ich die Umgebung fast vollständig mit ballistischen Mitteln zerlege, das durch diesen Faktor sehr interessante Deckungssystem nutze und mir eine Minimalstrategie zurechtlege, wie ich den nächsten Ansturm bewältige.

Und ich freue mich schon im Vorfeld jedes neuen Abschnitts auf die mit Sicherheit eingespielten Story-Sequenzen. Denn hier liegt zweifelsfrei eine der Stärken: Die erzählerische Dramaturgie, die so stark von der Mitarbeit John Woos profitiert wie kein anderes Spielelement. Gut geschnitten, mit angenehmen Tempovariationen,  zumindest im englischen Original mit überzeugenden Dialogen und mit der einen oder anderen Überraschung versehen, macht sie Lust auf mehr und ist die Haupttriebfeder, sich durchzuballern.

Aber die Spieldesigner hätten sich häufiger für Ruhemomente entscheiden sollen, die ja auch Max Payne erst zu dem gemacht haben, was es ist: Ein bahnbrechendes erzählerisch intensives Erlebnis.

Nach dem Action- und Effekt-Overkill des ersten Abschnitts geht Stranglehold in die richtige Richtung, streut minimale Rätsel ein, um neue Wege im Level zu öffnen und setzt auch mit Variationen im Gegneraufkommen und dem allgemeinen Spieltempo einen angenehmen Gegenpol zum brachialen Einstiegs-Stakkato.

Doch leider bleibt es dabei. Denn diese Zwischenspiele bleiben leider genau dies - Zwischenspiele. Und an der Action, so pompös sie mit Explosionen, diversen Spezialfähigkeiten, darunter auch eine Art "SmartBomb", die in einem bildgewaltigen Kugelhagel alle auf dem Bildschirm sichtbaren Feinde untermalt von den Wooschen weißen Tauben ins Jenseits schickt auch inszeniert sein mag, ändert sich letztlich von Abschnitt 1 bis Abschnitt 7 zu wenig.

"Massive D": Die Umgebung kann in ihre Einzelteile zerlegt werden. 
Sie ist zweifellos intensiv und in dieser Form bislang auch noch nicht dagewesen. Aber es setzt ein gewisser Sättigungsprozess ein. An der dank Havok formschön zerlegbaren Umgebung hat man sich irgendwann genauso satt gesehen wie an den Klonarmeen, die der asiatische Mob euch entgegenschickt.

Auch die imposanten Detonationen von explosiven Fässern oder Raketen, die euch um Haaresbreite verfehlen und dann den Bildschirm in ein gleißendes Licht tauchen, haben irgendwann den Status "gewöhnlich" erreicht.

Und damit schwächt sich Stranglehold in zwei wichtigen Punkten: Spannung und Atmosphäre. Wo andere Actiontitel mit gezielt eingesetzten Variationen des Gegneraufkommens einen Spannungsbogen aufbauen, der z.B. bei Titeln wie Metal Gear Solid in einer langen atmosphärisch dichten Storysequenz seinen Höhepunkt findet, spielt Stranglehold nur mit dem angenehm steigenden Schwierigkeitsgrad und den guten Bosskämpfen, um euch Abwechslung zu bieten. Zwar bekommt man auch hier nach getaner Arbeit seine Belohnung in Form einer gelungenen Zwischensequenz. Doch mit zielgerichteter Spieldramaturgie hätten sowohl die Auseinandersetzungen als auch die Verbindung zu den Story-Elementen noch intensiver sein können.

Die B-Frage

Was zur Hölle meint der denn jetzt mit "B"? Den B-Film-Charakter, den die deutsche Lokalisierung ausstrahlt und der den hohen Woo-Ansprüchen kaum gerecht werden dürfte? Nein, den nicht. Zumal sich der geneigte Fan des Heroic Bloodshed im Zweifelsfall sowieso die englische Sprachvariante zu Gemüte führen wird.

Auch die hin und wieder in ungeahnte "B"ereiche abgleitende Qualität der Kulisse, die zwischen "WOW!" und "Das geht ja gar nicht" nahezu alles im bekannt-bewährten Emotionsspektrum bietet, ist hier nicht gemeint.

  

Für Deutschland wesentlich relevanter ist die Frage nach Hämoglobin bzw. die Ausschüttung des roten Farbstoffes in den Blutkörperchen. 2K Games hat mit The Darkness und BioShock sowohl negativ als auch positiv gezeigt, wie deutsche Fassungen aussehen können. Auf der einen Seite fast vollkommen entfremdet, auf der anderen Seite (BioShock) gekürzt, wo es nötig war, um die Freigabe zu bekommen, ohne die Inhalte vollkommen zu entstellen.

Gegner- und Munitionsnachschub kennen kein Ende...
Und Stranglehold? Für einen Titel, der sich auf die Fahne geschrieben hat, das heldenhafte Blutvergießen ("Heroic Bloodshed") zu feiern, findet sich...

erstaunlich wenig. Sozusagen gar nichts. Midway hat den Darkness-Weg gewählt und sämtliche Rottöne, die aus Wunden kommen könnten, entfernt. Sowohl bei den Spezialattacken als auch bei den normalen Gefechten bekommt ihr außer den Ablebeanimationen keinerlei Hinweise auf Treffer. Das stört den Spielablauf zwar nur unwesentlich, doch für die Atmosphäre erweist sich diese Tatsache als hinderlich - zumal ich der festen Überzeugung bin, dass es auch mit einer Reduzierung auf knapp über Null möglich gewesen wäre, den USK-Stempel zu bekommen.

Und so ganz konsequent haben es weder Midway noch die USK genommen: In den Zwischensequenzen, die man mit gutem Willen noch als "Künstlerisch Wertvoll" (unter Filmaspekten) sehen kann, ist alles in ungeschnittener Pracht zu sehen. Und bei den kurzen Einspielern, die euch beim Freischalten neuer Fähigkeiten alles erklären, hat man ebenfalls vergessen, die rote Farbe zu entfernen. So weiß man wenigstens, was einem entgeht...

Zwischen Ed Wood und George Lucas

Eines muss man Stranglehold lassen: Die Akteure sehen durch die Bank gut aus - insofern man den bereits angesprochenen Klonkrieger-Faktor bei den Gegnern beiseite lässt. Die Animationen gehen auch zu einem sehr großen Teil in Ordnung - falls man gewillt ist, die etwas hölzerne Gangart von Inspektor Tequila und den selbst nach zig Malen nicht ganz natürlichen Tischrutscher zu ignorieren. Und hinsichtlich der Pyroeffekte sowie dem formschönen Zerlegen der gesamten Umgebung gibt es ohne wenn und aber keinen Grund zur Klage.

Hier bleibt kein Stein auf dem anderen. Doch selbst die imposanten Explosionen können den fehlenden Spannungsbogen nicht übertünchen...
Doch beim Bühnenbild bzw. dem, was man beim Film so schön mit Production Design bezeichnet, zieht sich ein schmaler Grat zwischen Genie und Wahnsinn von der ersten bis zur letzten Kugel, die euch das Action-Epos auf die Netzhaut jagt!

Selten zuvor wurde ich bei einem Spiel visuell so durch Extreme gehetzt wie bei Stranglehold. Auf der einen Seite bekomme ich hervorragend gestaltete und in den Zwischensequenzen bis ins kleinste Detail überzeugende Gesichter, die auch mit emotional einwandfreien Animationen punkten. Und dann ist die Sequenz vorbei und ich sehe im Hintergrund platte Hintergründe und unattraktive Versatzstücke wie z.B. grob texturierte Schiffe. Das Ergebnis: Ich werde komplett aus der Spielatmosphäre gerissen.

Bei einem Titel, der mit einem derart hohen Produktionsbudget protzt, darf so etwas nicht mehr passieren. Da muss die gesamte Kulisse von A bis Z passen und nicht nur von A bis V.

Denn so verliert Stranglehold durch die stark schwankende, aber unter dem Strich insgesamt auf einem leicht überdurchschnittlichen Niveau landende Kulisse immer wieder in entscheidenden Momenten Bonuspunkte, die auch durch die imposante Action nicht wettgemacht werden können - zumal die selber mit Abnutzungserscheinungen zu kämpfen hat. Trotzdem: Die Nonstop-Action bietet einige interessante Ideen und gibt Hoffnung, dass eine eventuelle Fortsetzung die Schwachstellen ausmerzt. Dann nämlich könnte Tequila es mit Max Payne & Co aufnehmen...

Anmerkung: Den Mehrspieler-Modus konnten wir derzeit noch nicht in den Test bzw. die Wertung einbeziehen. Wir werden den Bericht sobald wie möglich um die Online-Duelle sowie die PC- und PlayStation 3-Versionen ergänzen.     

Vor gut zwei Wochen haben wir das Action-Fest unter die Lupe genommen, wobei basierend auf der damals vorliegenden 360-Version der Mehrspieler-Modus nachgetestet werden musste. Da zudem mittlerweile die PC-Version bei uns in den Laufwerksschacht gewandert ist, folgt nun das fällige Update.

 

Auch am PC bietet Stranglehold die komplette Optik-Bandbreite von "richtig cool" bis "geht ja gar nicht", stellt aber auch anspruchsvolle Hardware-Forderungen...
Besser am PC?

Da Xbox 360- und PC-Version inhaltlich identisch sind, konzentrieren wir uns auf die technisch bedingten Unterschiede von Kulisse und Steuerung. Allerdings waren wir angesichts der happigen fast 14 Gigabyte, die von der Installation verschluckt werden, doch etwas überrascht.

Denn auch wenn die PC-Version insgesamt einen stimmigeren Eindruck hinterlässt, ist der Vorsprung gegenüber der 360 dennoch kaum erwähnenswert. Die Gesichter sehen in Nahaufnahmen noch einen Tick realistischer aus, die Explosionen einen Hauch intensiver, doch an den teils enttäuschenden Hintergründen und auch den Klonkriegern, die der Gegner auf euch hetzt, hat sich auf dem PC nichts geändert - trotz der gehobenen Anforderungen.

Allerdings ist es während des Testbetriebes immer wieder zu Abstürzen auf unseren Alienware-Rechnern gekommen, die sich jedoch nicht reproduzieren ließen. Und auch mit aktuellsten Treibern gab es auf einem Gerät ab und an kleine Grafikfehler wie blaue Pixelkästen und merkwürdiges Flackern zu verzeichnen. Daher möchten wir eine vorsichtige Warnung aussprechen - auch wenn wir uns bei der Wertungsfindung dadurch nicht beeinflussen lassen.

Was die Steuerung betrifft, spielt der PC seine Stärke gegenüber der 360 voll aus: Vor allem in den intensiven Standoffs, bei denen ihr umzingelt von Gegnern fast nach Art der Matrix den Kugeln ausweichen könnt, während ihr die Feinde unter Beschuss nehmt, ist die punktgenaue und hinsichtlich Sensibilität einstellbare Maus-/Tastatursteuerung vorzuziehen. Doch

Die Stärke von Stranglehold liegt in der Einzelspieler-Kampagne. Der Mehrspieler-Modus wirkt wie ein zweckmäßiges Beiwerk...
auch dieses Feature hilft Stranglehold nicht, in höhere Wertungsregionen zu kommen. Interessant: Das Xbox 360-Pad für den PC wird nach unseren Erfahrungswerten nicht unterstützt.

Online-Standoff?

Ein Mehrspieler-Modus, natürlich vorzugsweise online, gehört mittlerweile zum guten Ton. Und dennoch wagen es Titel immer wieder, daraus auszubrechen und verzichten auf Online-Duelle - BioShock zum Beispiel. Und schaut man sich Stranglehold neben Titeln wie Rainbow Six (sowohl PC als auch 360) oder Halo 3 an, kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass Midway diese Entscheidung auch für Inspector Tequila hätte treffen sollen. Technisch zwar weitestgehend lagfrei und sehr sauber, gibt es nichts, aber auch gar nichts Herausragendes für die Frag-Fraktion zu berichten. Zwar kann man eine ganze Reihe spielbarer Figuren freischalten, doch mit einer eingeschränkten Auswahl an ohnehin meist viel zu kleinen Arenen und mit Deathmatch und einer entsprechenden Team-Variante gerade mal zwei Modi.

Viel draufgestülpter kann ein Online-Modus kaum wirken. Selbst ein Capture the Big Daddy wäre bei einem Action-Kollegen von Stranglehold sinnvoller gewesen, als diese uninspirierten Nonstop-Ballereien.

Wundert es da noch, dass man kaum offene Spiele findet, an denen man teilnehmen kann? 

Fazit

Ich bin hin- und hergerissen. Auf der einen Seite bewundere ich die stilsichere Umsetzung all dessen, was mich seit Ende der achtziger Jahre am Action-Kino Hong Kongs begeistert hat: Emotionale, leicht überzogene Geschichten um Ehre, Freundschaft und Rache, wahnwitzige Kamerafahrten und ein Bodycount, der kaum in Worte zu fassen ist. Auf der anderen Seite setzt bei aller Intensität irgendwann eine absolute Übersättigung ein. Die eindrucksvoll zerstörbare Kulisse, die zielsicher in Szene gesetzten Spezialbewegungen, das gesamte Woo´sche Ballistische Ballett: Alles läuft sich leider irgendwann tot. Anstatt sich auf gut positionierte und dramatisch stilvolle Ruhephasen vor dem nächsten Kugelhagel zu verlassen, feuert Stranglehold von Anfang bis Ende aus allen Rohren. Doch bei dem ganzen Stakkato vergisst das Team, dass ein Film wie HardBoiled auch von seiner Dramaturgie lebt, dass alles auf einen Höhepunkt hinarbeitet, den John Woo in nahezu all seinen Filmen mit zielsicherer Perfektion zum Einsatz bringt. Hier allerdings kennt das Drehbuch nur ein Tempo, kennen die Gegner kaum Intelligenz, die Spannungskurve keine Variationen und die Grafikabteilung hat nicht verstanden, dass bei einem Actionfilm nicht nur die Akteure und die Sets, sondern auch die Hintergründe überzeugen müssen. Stranglehold hätte viel mehr sein können als nur ein Dauerfeuer-Viagra für Baller-Fetischisten. Doch statt einem Lobgesang auf den "Heroic Bloodshed", der nur bei den emotional und dramaturgisch überzeugenden Zwischensequenzen angestimmt wird, bleibt Stranglehold eine leicht dissonante Explosiv-Orgie ohne Kompromisse (abgesehen von der Blutleere der deutschen Version). Gute Unterhaltung mit Knalleffekt, aber angesichts des Talentes von Chow Yun-Fat, John Woo und dem Team, das auch für Psi-Ops verantwortlich war, eine kleine Enttäuschung. Bleibt zu hoffen, dass eine hoffentliche Fortsetzung die Schwachstellen ausmerzt.

Update 25.09.08

Was die Unterschiede zwischen den Versionen betrifft: Die PC-Version punktet zwar mit der punktgenauen Steuerung und dem insgesamt stimmigeren Gesamtbild. Dem gegenüber stehen jedoch anspruchsvolle Hardware-Anforderungen, wenn man in einer hohen Auflösung spielen möchte. Und wer Stranglehold wegen des Mehrspieler-Modus gekauft hat, kann den Titel gleich wieder zurück bringen: Wenig Modi, wenig Abwechslung, wenig spektakulär...

Pro

imposant inszenierte Action
dramaturgisch überzeugende Zwischensequenzen
gute Bosskämpfe
interaktive und zerstörbare Umgebungen
stimmungsvolle Musik
gut funktionierendes Deckungssystem
überzeugendes Design der Hauptfiguren
sehr gute Maus-/Tastatur-Steuerung (PC)

Kontra

linear
grafisch stark schwankende Qualität
Action auf Dauer etwas eintönig
Mischung aus Story und Action unausgereift
wenig Variationen in der Spannungskurve
Gegner aus dem Klonlabor
hohe Anforderungen (PC)
uninspirierter Online-Modus

Wertung

360

Ein brachiales Action-Feuerwerk Marke John Woo, bei dem technische Mankos und der fehlende Spannungsbogen für Ladehemmung sorgen...

PC

Auch auf dem PC solide inszenierte Action, die allerdings viel PS unter der aube fordert.

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