Immerhin kann man in myClub sowohl online als auch offline gegen andere myClub-Teams antreten. Letztere werden dann vom Computer gesteuert. Und da beginnt das nächste Problem: Die KI ist unheimlich passiv, was Balleroberung und Pressing betrifft, so dass man selbst auf höheren Schwierigkeitsgraden all diese Spiele locker gewinnt. Das fühlt sich ganz komisch, fast schon lethargisch an, wenn man gegen diese fremdgesteuerten Mannschaften antritt. Man darf nicht vergessen: Es gab mal eine Zeit, das war PES schon auf der dritten Stufe ein anspruchsvoller Gegner! Nach all der Kritik an den Spielmodi und der Drei-Klassen-Präsentation kommen wir zur Spielmechanik. Was geht ab auf dem Platz?
Einmarsch und Fangesänge
Sehr schön: Die Zuschauer gehen endlich emotional mit - vor allem in Strafraumnähe.
Was Konami deutlich verbessert hat: Alles, was vor dem Anstoß passiert. Und alles, was an Gesängen und Geräuschen kommt. Der Einmarsch des Teams von den Katakomben auf den Rasen wird vor allem in den offiziellen Turnieren sehr stimmungsvoll inszeniert, die auch mit eigenen Choreographien für Stimmung sorgen – gerade Südamerika wird gut getroffen. Allerdings erreicht man nicht die TV-Präsentation eines FIFA 15. Auch, weil die Darstellung der Profis hier weniger fotorealistisch, dafür fast schon malerisch wirkt. Etwas skurril sieht das dann bei einigen Animationen aus, die von der Realität weit entfernt sind – wie z.B. das unnatürliche Anziehen der Oberschenkel beim normalen Gehen zum Platz oder das stakkatoartige Spurten. Zwar erreicht PES 2015 nicht die grafische Authentizität eines FIFA 15, aber unterm Strich sieht es – zumindest auf PlayStation 4 - gut aus.
Ein ganz großes Lob gibt es für die Akustik, denn die hat sich deutlich gesteigert: Endlich hat man das Gefühl, dass die Fans eine Rolle spielen und dass sie emotional mitgehen. Vor allem in Strafraumnähe und bei Torabschlüssen will man die Boxen aufdrehen, weil die Zuschauer so lautstark mitfiebern. Zwar hören sich einige der Aaaaahs und Oooohs manchmal etwas zu frenetisch an, außerdem hätte man noch etwas mehr offizielle Schlachtrufe implementieren
Die Torhüter: Stark bei Distanzschüssen, schwach gegen flache Bälle aus der Nähe.
können – aber das ist endlich mal hitziges Stadiongefühl! Auch bei bösen Fouls oder Alutreffern gehen die Fans klasse mit. Wenn man dann noch die wirklich schlimmen deutschen Kommentatoren Fuss und Küpper abschaltet, macht das Kicken vor dieser Kulisse richtig Spaß.
Wie an der Schnur gezogen
Das liegt auch daran, dass PES einen schon nach wenigen Ballkontakten in seinen Aufbaubann zieht – das fühlt sich unheimlich gut und reaktiv an, wenn man mit feinen Drehungen im Mittelfeld nach Anspielstationen oder gleich nach der Lücke für den tiefen flachen Pass zwischen die Abwehrkette sucht. Wenn diese Zuspiele in die Spitze funktionieren und das Stadion mitgeht, kommt nervöse Freude auf, bevor man den Schuss raushaut. Und es macht richtig Laune, diese Kracher aus der Distanz abzufeuern. Ansonsten hat sich hinsichtlich der Schusstechnik nichts getan: Es gibt zusätzlich den präzisen Schlenzer oder den Flatterball.
In den Nahaufnahmen sehen die Spieler gut, aber nicht so realistisch aus wie bei FIFA 15 (PC).
Kracher aus der Distanz wehren die Torhüter übrigens spektakulär ab. Aber sie wirken bei flachen Schüssen manchmal komplett überfordert: Egal ob ein Manuel Neuer oder ein Thibaut Courtois – selbst lasche Abschlüsse kugeln elend langsam ins Netz. Und das sieht teilweise sehr peinlich aus.
Das Highlight in diesem PES ist für mich die situative Eleganz. Wenn man sich ein wenig mit den vielen Finten beschäftigt, kann man sich die optimalen Momente für das spätere tödliche Durchstecken wunderbar im Spielaufbau mit Täuschungen, Ballannahmen und Drehungen erarbeiten – so entstehen tolle Momente. Schade ist, dass das Abschirmen des Balles nur noch kontextsensitiv passiert – jedenfalls habe ich keine Möglichkeit gefunden, wirklich aktiv den Körper zwischen Ball und Gegner zu stellen. Es gibt ansonsten für nahezu alle Steuerungsanweisungen ein Tutorial; nur kann man nicht gezielt diese Dribbelbefreiungen einstudieren. Aber man kann das Timing dafür im freien Training anhand der Befehlsübersicht einstudieren.