Im Test: Golf der nächsten Generation?
Sparprogramm
Huch, was ist das denn? Keine Karriere und keine Weiterentwicklung meines virtuellen Golfers? Ein Charakter-Editor, der mit einer mickrigen Auswahl aus vorgefertigten Figuren und Klamotten die Bezeichnung kaum verdient? Nicht mal ein Tutorial wird geboten, in dem ich mein leicht eingerostetes Golf-Wissen sowie Fähigkeiten im Umgang mit dem Schläger langsam wieder Schritt für Schritt aufpeppeln könnte...
Mächtiger Editor
Stattdessen wird man hier ins kalte Wasser geworfen, sobald man den Platz betritt und sich entweder in einzelnen Runden, Turnieren oder sogar Turnierserien versucht – das alles selbstverständlich ohne Lizenzen oder reale Profis. Allerdings hat man im Gegenzug auch Möglichkeiten, eigene Wettbewerbe zu erstellen. Und nicht nur das: Der integrierte
Wer seinem Werk eine individuellere Note verpassen will, bekommt ebenfalls die Gelegenheit dazu: Löcher lassen sich verschieben, Fairways, Grüns sowie Roughs weiter nach eigenen Wünschen gestalten und Bunker oder andere Objekte wie Gebäude, Möbel oder Pflanzen nach Herzenslust platzieren. Tageszeiten und auch die Pars dürfen ebenfalls selbst festgelegt werden. Die Bedienung des Editors ist selbst mit dem Pad kinderleicht und dürfte dafür sorgen, dass die recht magere Anzahl der Entwickler-Kurse dank der Community weiter enorm zulegen wird. Schon jetzt finden sich viele Eigenkreationen, welche die überwiegend durchschnittlich designten Original-Plätze mitunter schon übertreffen.
Außen pfui...
Aber egal ob selbst gemacht oder Fertigkurs: Hinsichtlich der gebotenen Grafikqualität wird man sich die Augen reiben, denn von „Next Gen“ ist weder auf dem PC und noch weniger auf der Xbox One etwas zu sehen. Beim Überflug zum nächsten Loch oder der Verfolgungskamera springen vor allem die zahlreichen Pop-ups von Objekten und Schatten sowie das starke Flimmern ins Auge. Besser wird es, wenn man sich am PC in die Grafikeinstellungen begibt, um Details und Sichtweite so weit wie möglich nach oben zu schrauben. Diese Möglichkeit besteht auf der Konsole leider nicht, wobei man hier die Regler lieber nach unten schieben würde, denn auf der One ruckelt das Geschehen ganz fürchterlich – und das, obwohl die Texturen und das Golfermodell eher grob ausfallen und auch an Zuschauern sowie anderen Objekten gespart wird, die den sterilen Plätzen hätten Leben einhauchen können. Immerhin erkennt man klar die Abgrenzung zwischen Fairways, dem Grün sowie Roughs und auch das Wasser sieht zumindest im Ansatz recht hübsch aus. Während die Darstellung auf dem PC im direkten Vergleich auf maximalen Einstellungen noch halbwegs erträglich ausfällt, ist es auf der Konsole schon eine kleine, hässliche Frechheit, was die HB Studios da abliefern und als „Golf der nächsten
...innen hui?
Nein, die Präsentation von The Golf Club ist vergleichbar mit einem Daueraufenthalt im tiefen Rough und sicher kein Aushängeschild für die Unity-Engine. Doch dafür der Titel mit seinen inneren Qualitäten punkten: Zwar gibt es beim Putten oder an Hügeln die eine oder andere fragwürdige Reaktion, wenn der Ball seltsam springt, nicht so rollt oder der Schlag nicht immer so ausgeführt wird, wie man es sich vorgestellt hat. Aber trotzdem haben die Entwickler die Physik im Großen und Ganzen glaubhaft eingefangen und vermitteln einen guten Eindruck davon, wie sich Golfspielen anfühlt. Durch das bereits erwähnte Fehlen eines Tutorials im Zusammenspiel mit dem überwiegenden Verzicht auf hilfreiche Anzeigen ist die Lernkurve für Anfänger allerdings sehr steil – und kann mitunter sehr frustrierend sein. Doch wie in den meisten Sportarten gilt auch hier: Übung macht den Meister! Es dauert eine Zeit, bis man ein richtiges Gefühl für die Ausführung der Schläge mittels des rechten Analogsticks entwickeln und die Kraft richtig abschätzen sowie dosieren kann. Auch bei Schlag- und Schlägervarianten wie Driver, 9er-Eisen, 3er-Holz oder Putter hilft nur „Learning by Doing“ - genau wie bei der manuellen Feinjustierung hinsichtlich Draw, Fade und Loft, um den eigenen Schlag noch stärker auf die gewünschte Flugbahn anzupassen.
Nicht vergessen darf man dabei die Windrichtung- und Geschwindigkeit: Diese Faktoren sorgen mangels dynamischen Veränderungen zwar für keine Überraschungen und bleiben vor jedem Schlag konstant, haben aber trotzdem einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, wie sich der kleine Ball in der Luft oder auch beim Putten bewegt. Zudem sollte man bei der automatischen Wahl des „idealen“ Schlägers oft zwei Mal hinschauen, denn ich habe mich nicht selten für eine andere Variante entschieden, mit der ich mich meist schneller ans Ziel heranarbeiten konnte.
Nager nur zweite Wahl
Zwar kann man sich auch mit Maus und Tastatur beim Golf versuchen, doch erwies sich die Alternative zum Gamepad in diesem Fall als suboptimal: Das Zielen mit der gehaltenen rechten Maustaste funktioniert zwar langsam, aber präzise. Doch das richtige Gefühl für Kraft und Schlagtechnik zu entwickeln fällt am Nager spürbar schwerer als mit dem Analogstick. Hinzu kommt, dass man das „Learning by Doing“-Prinzip scheinbar auch auf die Steuerungskonfiguration übertragen hat: Dass man die Schlag-Faktoren Draw, Fade und Loft mit den WASD-Tasten manuell verändert, wird – wie so vieles andere auch - nirgendwo erklärt.
Sympathischer Begleiter
Die Klangkulisse hat mit einer dahin plätschernden Musik und durchschnittlichen Soundeffekten insgesamt nicht viel zu bieten, doch gibt es eine Ausnahme: Im Gegensatz zum üblichen TV-Kommentator verleihen die HB Studios ihrem Sprecher eine eher persönliche Note, indem man ihn direkt zum Spieler sprechen lässt. Er lobt Aktionen und fiebert regelrecht mit, wenn er auf das knappe Verpassen des Lochs mit einem ehrlichen „Uhhhh“ oder „Ooops“ reagiert. Und übt er nach einer verpatzten Runde Kritik, baut er mich gleich im nächsten Satz schon wieder auf. Zudem entschuldigt er sich,
Gegen Geister und Menschen
Wenn ich Golf alleine spiele, ist es mehr eine Art Entspannung – eine willkommene Erholung von all den vergleichsweise stressigen Action- und Rennspielen da draußen. Im Duell gegen andere Spieler gewinnt aber auch Golf Club an kompetitivem Reiz, der über das Erreichen oder Unterbieten des vorgegebenen Pars hinaus geht. Hier dürfen sich bis zu vier Spieler beim offiziellen Zählspiel oder dem Team-Modus Vierball versuchen. Zusätzlich steht mit der Variante Lochspiel ein Duell zwischen zwei Golfern zur Auswahl. Nette Sache: Stehen keine lokalen Mitspieler zur Verfügung, tritt man einfach gegen Geister von Online-Spielern an und darf ihre Schlagleistungen sogar anhand von gespeicherten Flugbahnen verfolgen. Daneben werden auch jede Menge Statistiken geboten, darunter Rekorddistanzen diverser Schläge, Par-Verhältnisse und Platzierungen auf den Bestenlisten.
Fazit
The Golf Club ist das ideale Spiel für Puristen, die sich schon mit dem Sport sowie Mechaniken auskennen und modernem Schnickschnack wie Karrieremodi, Stil-Entwicklung oder gar einer Golf-Schule genauso wenig abgewinnen können wie einer zeitgemäßen Präsentation oder Lizenzen. Der Titel konzentriert sich auf das Golfspielen an sich – und macht dabei dank der glaubhaften Ball- und Schlagphysik eine solide Figur. Trotzdem wäre es schön gewesen, Anfängern etwas unter die Arme zu greifen. Wenn man eine Golf-Simulation der neuen Generation verspricht, hätte man außerdem auch größeren Wert auf Technik und Präsentation legen müssen: Auf dem PC geht das Ganze trotz lebloser Plätze und detailarmer Kulisse bei maximalen Grafikeinstellungen zwar noch halbwegs in Ordnung, doch was die HB-Studios auf der Xbox One abliefern, wäre sogar auf der letzten Konsolengeneration eine Ohrfeige für die Grafikprozessoren gewesen. Zum Glück spielt es sich auch dort besser als es aussieht, doch im Vergleich zum PC oder Alternativen wie PowerStar Golf stinkt das Konsolen-Pendant in technischer Hinsicht gewaltig ab. Der gelungene Platz-Editor ist allerdings auf beiden Plattformen hervorragend und dürfte dank der einfachen Bedienung dafür sorgen, dass es in Zukunft an neuen Schauplätzen und Herausforderungen kaum mangeln wird.
(Die PS4-Version lag uns zum Test nicht vor, Anm. d. Red.)
Pro
Kontra
Wertung
XboxOne
Auf der Xbox One präsentiert sich die Golf-Simulation erschreckend schwach.
PC
Solide, aber inhaltlich etwas sparsame und einsteigerfeindliche Golf-Simulation mit einem starken Editor, die sich besser spielt als sie aussieht.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.