Langweiliger Frieden?
Mit den
Vieh Chroniken gab es zwar bereits 2011 einen Serien-Ableger, doch der lag nach der Pleite von Publisher HMH lange auf Eis und wirkte bei Release dementsprechend unfertig. Diesmal wollte Entwickler King Art aus Bremen die Rückmeldungen von Spielern fürs Feintuning nutzen: The Book of Unwritten Tales 2 erschien auf PC scheibchenweise in Steams Early-Access-Programm. Sieben Monate nach der finalen PC-Version kommen heute die Umsetzungen für PlayStation 4 und Xbox One in den Handel und die Download-Stores. Die Geschichte startet ein Jahr nach dem Ende des Vorgängers. Die Armee der Schatten wurde besiegt und die Fantasy-Welt Aventásien muss mit dem ungewohnten Frieden klarkommen. Gnom Wilbur ärgert sich als Zauberei-Professor mit besserwisserischen Schülern herum und Elfe Ivo langweilt sich in der schrecklich perfekten Idylle ihres Elternhauses.
Zurück in Seefels!
Schade, dass das Abenteuer so gemächlich startet: Eine geheimnisvolle Seuche scheint zwar allerlei Wesen in pinkfarbene Dinge zu verwandeln und in der Zeitung erfährt Ivo, dass der liebenswerte Gnom Wilbur angeblich den Erzmagier ermordet haben soll. Bevor ich den Ungereimtheiten auf den Grund gehen kann, muss ich mich allerdings erst einmal aus dem Hausarrest befreien und allerlei nur mäßig interessante Rätsel hinter mich bringen: Mal locke ich ihren eitlen Vogel mit einem Spiegel in die Falle, damit ich ungestört das Anwesen erkunden kann, später bringe ich eine Reihe von Zutaten zu einem Medizinbuch, damit es Ivos ungewöhnliche „Krankheitssymptome“ deuten kann.
Die Magie der Bücher
Es lohnt sich aber, dranzubleiben, denn sobald ich mit Wilbur Seefels erforscht habe, versank ich sofort wieder in der faszinierenden Fantasy-Stimmung, die schon Teil 1 ausgestrahlt hat – und dann begann auch die Geschichte wieder interessant zu werden. Der frisch ernannte Magieprofessor bemerkt schnell, dass mit dem Rektor der Lehranstalt etwas faul ist. Der Paragraphenreiter beauftragt Wilbur mit einer Vielzahl beinahe unschaffbarer Aufgaben, mit denen er das heruntergekommene Institut auf Vordermann bringen soll. Soll Wilbur seinen Mentor, den Erzmagier, schlecht darstehen lassen, damit die hinterlistige Cybill van Buren bei der anstehenden Wahl gegen ihn gewinnt? Droht gar ein Anschlag auf den Erzmagier – wie die Musketier-Ratte Rémi voraussagt? Oder ziehen insgeheim noch viel einflussreichere Mächte im Hintergrund die Fäden? Warum war die plötzlich wieder aufgetauchte Lehranstalt jahrzehntelang verschwunden – und wieso sind manche Zimmer wie die Bibliothek noch immer nicht zurückgekehrt?
Schlimmer als ein Forentroll: Der unmotivierte Hausmeister weiß alles besser und stichelt ohne Rücksicht auf Verluste.
Die heruntergekommene Schule gehört zu den Highlights der wunderhübsch gestalteten Kulissen. An allen Ecken und Enden finden sich verschnörkelte Erker und jede Menge liebevoll designtes Gerümpel. Wenn Wilbur durch einen schummrig beleuchteten Raum schreitet, verdustert plötzlich sein riesiger, fein dargestellter Schatten die Hälfte des Raums, sehr idyllisch! Auch der Turm in Seefels, ein Luftschiff und viel andere Orte wirken wie gezeichnet, weil King Art neuerdings auf die Projection-Mapping-Technik zurückgreift. Dabei werden großflächige Zeichnungen über ein Drahtgitter im Hintergrund gelegt und dann physikalisch korrekt zurechtgezupft. Durch Pinselstriche und die teilweise ins Bild gemalte Beleuchtung wirken Farben und Details malerischer als bei klassischen Polygonen mit ihren kleinen Texturen. Die komplett dreidimensionalen Figuren davor selbst sehen zwar nicht ganz so beeindruckend aus, wurden aber fein und variantenreich animiert. Leider lockern die Entwickler die Bildregie nur selten mit Perspektivwechseln oder Nahaufnahmen auf. Warum das bei der neuen Technik besonders knifflig ist, erfahrt ihr übrigens in unserer
Vorschau zu Silence: The Whispered World 2, welches allem Anschein nach eine deutlich dynamischere Kameraregie bekommt.