Vorsicht: Starkstrom
Immerhin steigt der Anspruch nach zwei Stunden und damit etwa der Hälfte der mageren Gesamtspielzeit leicht an, weil man häufiger mit Weltraumschrott konfrontiert wird oder in engen Räumen vorsichtig zwischen Stromkabeln vorbei schweben muss. Das ist aber kein Vergleich dazu, was die arme Sandra Bullock im Kinostreifen Gravity alles durchmachen musste, der zwar thematisch ein nahezu identisches Szenario bietet, das alles aber in einer mitunter dramatischen Inszenierung und großartigen Bildern verpackt. Bei Adr1ft liegt der größte Reiz dagegen darin, den Kampf gegen die rasant ansteigende Müdigkeit zu verlieren. Nein, das liegt nicht daran, dass das VR-Erlebnis auf Dauer zu anstrengend für die Augen werden könnte, denn auch am normalen Monitor fielen sie mir oft genug fast zu.
Erzählen ohne Stil
Die Aufgaben und ihre Reihenfolge laufen ständig nach dem gleichen Muster ab.
Auf der Weltraum-Odyssee im Schneckentempo trifft man zwischendurch immer wieder auf Audiologs oder sammelt Schlüsselkarten ein, mit denen man sich Zugang zu den Quartieren der verstorbenen Crew-Mitglieder verschaffen kann, wo Computer mit E-Mail-Protokollen ebenfalls Licht ins Dunkel bringen, was genau zum fatalen Unfall an Bord der Station geführt hat. Ich fand die Texte und Sprachnachrichten mindestens genauso öde wie den restlichen Spielverlauf. Zum einen werden die üblichen Klischees abgeklappert, darunter der klassische Astronaut mit Heimweh zur Erde und seiner Familie. Und zum anderen fiel es mir schwer, überhaupt einen echten Bezug zu den Figuren zu entwickeln – einschließlich der gedächtnislosen Protagonistin, in deren Haut ich mich befand. Aber ich werde mich mit Text- und Audiologs als Stilmittel zum Erzählen von Geschichten vermutlich niemals anfreunden können. Zumal auch hier wieder die Gefahr besteht, dass man manche Dokumente oder Aufnahmen verpasst und daher keinen kompletten Überblick über die Geschehnisse bekommt. Aber zu Beruhigung: Obwohl man das Ende nur dann wirklich versteht, wenn man sich ein paar Hintergrundinfos angeeignet hat, verpasst man nicht viel, wenn man die Story auch einfach komplett ignoriert. Genauso langweilig wie der Spielablauf fällt übrigens der Soundtrack aus, der entweder völlig belanglos oder mit nervtötenden Loops vor sich hin plätschert und es damit nicht schafft, die Faszination für die Weltraum-Kulisse klanglich abzubilden. Ärgerlich: Während des Tests kam es immer wieder zu Abstürzen - vor allem nach einem Erstickungstod, wenn der letzte Rücksetzpunkt geladen werden muss, doch auch zwischendurch verabschiedete sich das Programm schon mal mit einer Fehlermeldung.
Verloren im Konsolen-Weltall
Auf der PS4 ist die Kulisse ebenfalls sehenswert, doch die Technik muss Federn lassen.
Mittlerweile ist auch die PS4-Umsetzung bei uns eingetrudelt. Inhaltlich ändert sich auf der Konsole nichts – es warten also die gleichen langweiligen und äußerst redundanten Weltraumspaziergänge rund um sowie durch die zerstörte Station wie am PC. Doch jetzt müssen auch noch in technischer Hinsicht kleine Abstriche in Kauf genommen werden: Die Kulisse sieht zwar immer noch mitunter atemberaubend aus (ein Eindruck, den die Spielfigur bei ihrer Suche nach Sauerstoff sicher ebenfalls teilen dürfte), doch zum einen springen das Kantenflimmern und die leichten Schluckauf-Anfälle bei der Bildrate ins Auge. Zum anderen fallen die Ladezeiten auf der Konsole deutlich höher auf als am PC – ein Glück, dass man durch die Überversorgung an O2 nicht oft in Gefahr läuft, den Bildschirmtod zu sterben.
Kein VR in Sicht
Schlechte Nachrichten gibt es für alle, die darauf gehofft haben, Adr1ft auch mit PlayStation VR erleben zu können. Zwar ist bezüglich einer VR-Unterstützung auf der PS4 sicher noch nichts in Stein gemeißelt, aber derzeit gibt es bei Three One Zero offenbar keine Ambitionen, auch auf der Konsole das Erlebnis mit Virtual Reality aufzuwerten. Angesichts der vorhandenen Darstellungsprobleme scheint es aktuell aber ohnehin zweifelhaft, dass Adr1ft auf der PS4 die technischen Voraussetzungen wie eine konstante Bildrate bei mindestens 60fps überhaupt erfüllen kann, um mit PlayStation VR zu funktionieren. Sollte das VR-Headset nach dem Start im Oktober doch noch überraschend unterstützt werden, wagen wir einen erneuten Ausflug und würden eine VR-Wertung für die PS4-Umsetzung nachreichen.