Armello30.08.2016, Jörg Luibl
Armello

Im Test: Edles digitales Brettspiel

Anlässlich der Premiere von Armello (ab 9,90€ bei kaufen) auf der Xbox One sowie der ersten Erweiterung "Thronräuber" für PC und PlayStation 4 testen wir das digitale Brettspiel von League of Geeks. Es wurde bereits 2015 mit mehr als 200.000 Euro über Kickstarter finanziert und gilt nicht nur aufgrund seines märchenhaften Flairs als Geheimtipp für gemütliche Rundentaktiker. Was hat das komplett auf Deutsch erhältliche Spiel zu bieten?

Der König ist wahnsinnig

Was ist bloß mit dem König los? Da brüllt er wie ein Irrer inmitten der Karte! Okay, er ist ein Löwe, aber die dunkle Macht der Fäule scheint ihn zu befallen. Bevor er im Wahnsinn das ganze Königreich Armello ins Unglück stürzt, raffen sich tapfere Helden auf, um selbst den Thron zu besteigen. Wer kann den Tyrannen stürzen und sich die Krone aufsetzen? Dabei arbeiten sie allerdings nicht zusammen, sondern kämpfen gegeneinander - mit allen Mitteln.

Lobenswert ist, dass das Dahinsiechen des Königs immer spürbarer wird und dass drei bzw. vier Wege zum Ziel führen: Man kann zum Königsmörder avancieren, dabei sogar selbst wahnsinnig werden und trotzdem gewinnen, wenn man denn genug Kampfkraft entwickelt hat. Zudem kann man das höchste Ansehen aller Herausforderer erreichen oder als Erster vier Geistersteine sammeln, um den König zu heilen. Es geht also

Die Entwickler von League of Geeks konnten 2015 von knapp 6000 Unterstützern über 300.000 australische Dollar ( über 200.000 Euro) für das digitale Brettspiel Armello sammeln.
nicht nur um Stärke, sondern auch List und Tücke. Aufgrund einiger Zufallsentscheidungen braucht man zudem etwas Glück.

Nachdem man sich für einen Helden wie z.B. Hase, Ratte, Bär oder Wolf entschieden hat, die alle unterschiedliche Werte und Boni besitzen, darf man auf der hübsch designten Karte seinen ersten Zug machen. Schon in den ersten Minuten wird man vom märchenhaften Flair, der lieblichen Musik und den tollen Illustrationen begrüßt: Wer tierische Fantasy à la MouseGuard von David Petersen mag, die edel und putzig zugleich ist, ohne dabei ins Kitschige abzudriften, wird sich hier pudelwohl fühlen. Mitunter werden auch Erinnerungen an das Tabletop-Rollenspiel Maus und Mystik wach. Die Präsentation ist auch aufgrund des Tag- und Nachtwechsels überaus

Der eigene Held besitzt Werte für Kampf, Leben, Verstand und Geist etc., kann Zauber und Artefakte oder Waffen ausrüsten, Gold ansammeln und ist entweder am Tag oder in der Nacht etwas stärker. Der Wolf hat zu Beginn einige Vorteile im Kampf, die Maus kann stehlen, die Bärin ist als Priesterin begabter und die Häsin findet eher Schätze.
stimmungsvoll, der sich übrigens auch auf manche Werte wie etwa den stärkeren Kampf des Wolfes auswirkt; zwar kann man die Kamera nicht drehen, aber zoomen.

Digitales Brettspiel mit Fantasyflair

Und natürlich werden sich vor allem Brettspielfreunde sofort heimisch fühlen: Das Königreich von Armello wird wie ein Tabletop inszeniert, inklusive Hexfeldern, Würfeln und Karten. Hinzu kommen klassische Rollenspielaspekte wie Werte für Leben, Kampf, Verstand, Magie & Co, Ausrüstung von Schild bis Schwert sowie Begleiter und Zauber. Sehr intuitiv wird das Ausspielen der Karten simuliert - man zieht sie von links aus seinem Deck, platziert sie auf einer Figur oder einem Feld und aktiviert sie. Außerdem kann man sie als Buff oder Konter einsetzen, wenn man sich z.B. temporär stärken oder von der Fäule heilen will.

Der König fungiert als neutrale Fraktion in der Mitte des Hexfeldspielplans, erlässt Gesetze, schickt ab und zu seine Wachen aus.
Überhaupt wissen die klar strukturierte Benutzeroberfläche und die Steuerung zu gefallen. Wer den stimmungsvollen Prolog mit seinen kurzen vier Kapiteln gespielt hat, wird auch das Regelwerk verstehen, das einige clevere Wechselwirkungen bietet, die die Balance wahren: Wer andere Helden tötet, gewinnt Ansehen, aber riskiert auch ein Kopfgeld. Wie wird gespielt? Man zieht seine Figur jeweils ein Feld vorwärts, so lange die Aktionspunkte reichen. Je nach Terrain ergeben sich höhere Kosten oder Boni wie etwa Tarnung im Wald oder mehr Verteidigung im Gebirge. Außerdem gibt es in Ruinen in Tombolamanier die Chance auf Gold oder Artefakte und in Steinkreisen heilt man sich.
Die Entwickler von League of Geeks konnten von knapp 6000 Unterstützern über 300.000 australische Dollar ( über 200.000 Euro) für das digitale Brettspiel Armello sammeln.

Siedlungen, Aufgaben und Gefechte

Landet man auf einem Feld mit einer Siedlung, gewinn man diese und bekommt in seiner nächsten Runde mehr Gold. Aber es geht nicht um geostrategische Eroberungen oder Gebiete, sondern  um effiziente Charakterentwicklung. Viel interessanter wird es daher, wenn man ein Feld mit Gegner oder Aufgabe erreicht: Dann kommt es entweder zum Kampf oder man kann sich wie in einem Rollenspiel light für die riskante, aber lukrativere oder sichere Variante der Quest entscheiden. Wer erfolgreich ist, kann Gold, Ansehen, Attribute etc. gewinnen, um irgendwann stark genug zu sein, den König herauszufordern. Gerade der Weg zum Ziel wird Runde für Runde wichtiger.

Wer das höchste Ansehen genießt, darf eines der königlichen Gesetze wählen.
Die Kämpfe werden auf Grundlage der eigenen Attribute geführt, wobei man zusätzlich Karten in seine Offensive oder Defensive investieren kann, indem man sie verbrennt, und schließlich würfelt. Je nach erzieltem Symbol werden weitere Punkte addiert und schließlich mit den Werten des Gegners verglichen: Nach einer kurzen Kampfanimation werden evtl. Lebenspunkte abgezogen; wer stirbt, muss zurück in seine Basis und von dort neu starten. Das ist zwar kein Beinbruch, aber dieser Zeitverlust kann im Wettrennen um Ansehen & Co schmerzen.

Hitziger Kampf um die Königskrone

Die Herausforderung besteht darin, dass nicht nur die anderen Helden ihre Ziele verfolgen, sondern dass auch der König seine Wachen ausschickt und dass

Armello ist ein kompetitives Spiel, in dem man auch gegen die anderen Helden antritt. Kampf kann man sowohl Karten opfern, um seinen Angriff oder die Verteidgung zu erhöhen, als auch würfeln - das Ergebnis wird kurz animiert.
Ereignisse wie etwa Gesetze stattfinden, die übrigens der Spieler mit dem höchsten Ansehen aus zwei Varianten auswählen darf - so entsteht sehr viel Bewegung auf der recht kleinen Weltkarte , Siedlungen werden zurückerobert, Kopfgelder werden auf Helden ausgesetzt, die KI kämpft auch untereinander, Dämonen tauchen auf und jede eigene Aktion gewinnt an Bedeutung, zumal man meist nur drei Felder weit ziehen kann. Weil all das rundenweise stattfindet wird und die Wartezeit irgendwann nervt, sollte man die Berechnungszeit maximal beschleunigen.

Ausgeprochen gelungen ist die Integration der drei Kartentypen Ausrüstung, Tricks und Zauber, die man zufällig zieht, aber für den Einsatz bezahlen muss - mal mit Gold, mal mit Geist oder Verstand. Man kann sie nicht nur im Kampf oder in den kleinen Quests, sondern auch jederzeit auf der Karte einsetzen, um sich z.B. mehr Aktionspunkte zu verschaffen, andere zu verfluchen oder in anderer Form zu benachteiligen. Manchmal kann man einem Kontrahenten so den Todesstoß versetzen oder tatsächlich das Spiel gewinnen, wenn man mit einem Teleport zum letzten Geisterstein springt.

Wer soll mitspielen? Egal ob alleine gegen die KI oder mit bis zur vier Freunden online hat man die Wahl zwischen diversen tierischen Helden.
Armello kann man gut alleine gegen die KI spielen oder online mit bis zu vier Teilnehmern. Dabei gibt es für beide Spielmodi zahlreiche Einstellungen: Wer es anspruchsvoller mag, aktiviert ein Zeitlimit, so dass man sich bei den Herausforderungen schneller für eine oder mehrere Karten entscheiden muss; hinzu kommen zig andere Optionen, mit denen man den Spielablauf regulieren kann. Schade ist nur, dass es keine KI-Stufen gibt, mit denen man den Schwierigkeitsgrad anpassen könnte. Außerdem hat man sich irgendwann an der Karte satt gesehen, die mit dem königlichen Zentrum und dem Palast in der Mitte immer gleich strukturiert ist.

Zeitgleich mit der Version für Xbox One erscheint auch die Erweiterung "Thronräuber" mit vier weiteren Spielfiguren: Magna (Wolfsklan), Elyssia (Hasenklan), Ghor (bärenklan) und Sargon (Rattenklan). Welche Fähigkeiten sie haben, erfahrt ihr in dieser News. Außerdem wurde heute ein Patch veröffentlicht, der allerdings nur eigene Würfelsets für den König, die Wachen sowie die Dämonen bringt und Bugs behebt.

Fazit

Armello ist ein richtig gutes digitales Brettspiel. Wer es gerne gemütlicher mag und märchenhafte Fantasy à la Maus und Mystik schätzt, der wird hier alleine gegen die KI oder online mit Freunden stimmungsvolle Rundentaktik erleben. Aufgrund der Ausrüstung, der Attribute, kleiner Quests und Zauber entsteht angenehmes Rollenspielflair, aber es geht in erster Linie um clevere Züge und Kartenmanagement im Stile klassischer Tabletop-Abenteuer. Auch wenn die zoombare Karte etwas klein ist, sich die tierischen Helden recht ähnlich spielen, die Weltanordnung auf Dauer zu wenig variiert und man einen lokalen Multiplayer vermisst, überzeugt das Regelwerk mit cleveren Kombinationen und Wechselwirkungen. Außerdem begünstigt die Enge die Spannung, denn angesichts der vielen Ereignisse und konkurrierenden Parteien ist ständig etwas los in diesem hochwertig präsentierten Hexfeldkönigreich. Natürlich ist dieses Spiel auch wie gemacht für das Tablet: Im Laufe des Jahres erscheint Armello auch für iOS; 2017 kommt es für Android.

Pro

digitales Brettspiel mit Rollenspielflair
sehr stimmungsvolles Artdesign
märchenhafte Fantasy mit tierischen Protagonisten
Helden wählen und entwickeln
viele Gegenstände, Zauber, Tricks etc.
mehrere Siegmöglichkeiten
vorbildliches Tutorial und Anleitung
Online mit bis zu vier Leuten
zuschaltbare KI-Figuren für Solisten
viele Optionen inkl. Regeln (Zuglänge etc.)
liebliche Musik
komplett auf Deutsch

Kontra

Figuren spielen sich etwas zu ähnlich
Spielbretter variieren nicht genug
kein lokaler Multiplayer
Kamera nicht drehbar

Wertung

PC

Armello ist ein richtig gutes digitales Brettspiel. Wer es gerne gemütlicher mag und märchenhafte Fantasy à la MouseGuard schätzt, der wird hier alleine gegen die KI oder online mit Freunden stimmungsvolle Rundentaktik erleben.

XboxOne

Armello ist ein richtig gutes digitales Brettspiel! Wer es gerne gemütlicher mag und märchenhafte Fantasy à la MouseGuard schätzt, der wird hier alleine gegen die KI oder online mit Freunden stimmungsvolle Rundentaktik erleben.

PlayStation4

Armello ist ein richtig gutes digitales Brettspiel! Wer es gerne gemütlicher mag und märchenhafte Fantasy à la MouseGuard schätzt, der wird hier alleine gegen die KI oder online mit Freunden stimmungsvolle Rundentaktik erleben.

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