Game of Thrones - Episode 2: The Lost Lords04.02.2015, Jörg Luibl
Game of Thrones - Episode 2: The Lost Lords

Im Test: Im Galopp von Yunkai zur Mauer

Anfang Dezember konnt Telltale Games mit der Premiere von Game of Thrones zwar noch nicht begeistern. Aber "Iron from Ice" war ein gelungener Einstieg: Die erste Episode entführte mit den außenpolitischen Folgen der "Roten Hochzeit" und der Geschichte rund um das Haus Forrester umgehend in die gnadenlose und intrigante mittelalterliche Fantasywelt. Zwei Monate haben Fans auf die Fortsetzung gewartet. Wie schlägt sich die zweite von sechs geplanten Episoden namens "The Lost Lords"?

Was bisher geschah...

...war tragisch für das Haus Forrester, das als Verbündeter des Nordens mit Rob Stark in den Krieg gegen die Lannisters zog: Ihr Lord und seine Männer fielen wie Tausende andere dem Verrat der Freys bei der "Roten Hochzeit" zum Opfer. Kaum hatte man in der ersten Episode die Wunden geleckt und den jungen Thronerben in Ironhall samt Berater eingesetzt, demonstrierten einem die Boltons und die Whitehalls auf brutale Art, wie schwach das Haus Forrester in den Wirren des Krieges aufgestellt ist.

Asher Forrester und seine Begleiterin Breskha bei einem zwielichtigen Deal in Yunkai.
Telltale Games hatte die Konflikte, Intrigen und Fehden der mittelalterlichen Fantasywelt stimmungsvoll am Beispiel eines Hauses abgebildet. Vor der zweiten Episode stellen sich viele Fragen: Wer wird der neue Lord? Wie geht er mit den Whitehalls um, deren Soldaten mittlerweile in der eigenen Festung saufen? Kann Mira vielleicht in King's Landing die Hilfe von Tyrion Lannister oder Lady Margaery nutzen? Wie ergeht es Gared Tuttle, dem Überlebenden der Roten Hochzeit, an der Mauer? Kann er den mysteriösen "North Grove" finden, der das Haus Forrester rettet?

Szenenwechsel im Minutentakt

Die Reaktionstests sind etwas kniffliger als in der ersten Episode. Aber keine Bange: Manchmal wird auch mittendrin gespeichert.
In dieser zweiten Episoden wird vieles beantwortet - oder zumindest weitergeführt. Dabei geht es Schlag auf Schlag: Satte dreizehn Mal wechselt die Perspektive in den knapp zwei Stunden zwischen den vier Figuren Asher, Rodrik und Mira Forrester sowie Gared Tuttle. Das Interessante daran ist, dass man mit dem vagabundierenden Söldner Asher und dem schon totgeglaubten Rodrik zwei weitere wichtige Charaktere aus der Familie Forrester kennen lernt.  Beide sorgen dafür, dass das tragische Schicksal des Hauses von zwei potenziellen Hoffnungsträgern aufgehellt wird .

Das ist ein guter Kniff des Drehbuchs mit einem spannenden Kontrast: Der scheinbar von der Familie verbannte Haudegen samt tougher Begleiterin Beskha auf der einen und der jetzt rechtmäßige, aber fast zum Krüppel gemachte Lord auf der anderen Seite. Der eine kämpft schon in der ersten Szene in einem wildem Gemetzel, der andere schleppt sich wie ein alter Mann gestützt in seine Halle und wird dabei auch noch verspottet. Ich freue mich schon auf die erste Begegnung dieser unterschiedlichen Brüder.

Von Yunkai bis Castle Black

Außerdem besucht man weitere Schauplätze: Man ist nicht nur im Familiensitz der Forresters aktiv, in dem sich Soldaten der verhassten Whitehalls eingenistet haben, oder in der Hauptstadt King's Landing mit Mira, sondern auch im orientalisch anmutenden Yunkai mit Asher sowie auf Castle Black an der Mauer mit Gared. Damit spannt Telltale Games gekonnt den Bogen vom fernen Süden in den hohen Norden und kann nebenbei zwei prominente Figuren aus den Romanen einführen - die Drachenlady wird zumindest erwähnt und Jon Snow begegnet einem höchstpersönlich.

Rodrik Forrester hat zwar die Rote Hochzeit überlebt, aber kann sich kaum auf den Beinen halten.
Und fast immer gelingt es den Entwicklern, die situativen Voraussetzungen für gutes Rollenspiel zu schaffen: Man kann sich dank der klaren Regie sehr schnell in die Figuren hinein versetzen und muss sich einigen heiklen und ausgesprochen brutalen Kämpfen mit Reaktionstests sowie interessanten psychologischen und politischen Situationen stellen.  Wie überzeugt man als Krüppel eine Braut von der Hochzeit? Lässt man sich erniedrigen und küsst den Ring eines Lords in der eigenen Halle? Verrät man seine Herrin zum Wohl der eigenen Familie? Tötet man einen Attentäter oder lässt man ih n laufen? Schützt man einen Dieb oder liefert man ihn an den Vorgesetzten aus?

Game of Thrones auf Speed

Gared Tuttle trifft Jon Snow auf der Mauer: Fragt er ihn nach dem mysteriösen "North Grove" oder behält er es für sich?
All das inszeniert Telltale routiniert, zumal man auch erste Konsequenzen aus Entscheidungen der ersten Episode spürt. Aber man fühlt sich fast, als würde man Game of Thrones auf Speed durchlaufen. Da wartet man knapp zwei Monate auf die Fortsetzung und fühlt sich durch etwas mehr als anderthalb Stunden effektiver Spielzeit gehetzt. Die Perspektivwechsel sind nicht das Problem, im Gegenteil, denn sie führen die Tradition der Romane fort.

Aber der Unterschied zu den Büchern liegt in der Natur dieses Episodenformats. Man merkt, dass die Regie im Galopp weiter eilen will, ohne dass man sich mal in Ruhe umsehen kann. Telltale Games lässt mir einfach zu wenig Zeit mit den Figuren und kaum Spielraum für die Erkundung. Die Schauplätze sind auch noch sehr klein und die Interaktion lässt selbst in diesen geschlossenen Kulissen zu wünschen übrig. Warum hat Gared Tuttle überhaupt ein Inventar mit  drei Gegenständen, wenn er sie nicht nutzen kann? Telltale Games lässt die Chance liegen, auch abseits der Entscheidungen für mehr Spielraum mit kleinen Aktionen zu sorgen.

Fazit

Zwei Monate Wartezeit für nicht mal zwei Stunden Spielzeit? Das ist zu lang, Telltale. Und dann galoppiert man wie von Grumkins gejagt durch diese zweite Episode: Satte dreizehn (!) Mal wechselt die Perspektive zwischen vier Figuren. Dabei lasst ihr erneut die Chance liegen, diesen Adventure-Stil mit größeren Erkundungsreizen oder kreativeren Interaktionen zu bereichern. Wozu hat man ein Inventar, wenn man die Gegenstände gar nicht nutzen kann? Aber bei aller Kritik, muss man auch ein großes Lob ausprechen für die Regie und das Drehbuch: Das ist ein famoser Ritt mit toller Dramaturgie! Nicht nur, dass man interessante neue Charaktere kennen lernt. Man kann sich sehr schnell in die Figuren hinein versetzen und muss sich einigen heiklen Kämpfen mit Reaktionstests sowie interessanten psychologischen und politischen Situationen stellen - Letztere sind das köstliche Rollenspielsalz in dieser tragischen Suppe. Es gibt einige brutale, aber auch einfühlsame Szenen, die tief in die Charaktere blicken lassen. Sehr schön auch, dass man bereits die Konsequenzen seines Handelns aus der Premiere spürt. Und dass ich gut unterhalten wurde, merke ich immer dann, wenn ich nach dem Abspann eigentlich sofort weiterspielen will. Der Winter naht, ihr miesen Whitehalls! Leider erst im April...

Pro

neue Charaktere und Schauplätze
Gnadenlosigkeit der Spielwelt greifbar
Rollenwechsel sorgen für mehrere Perspektiven
heikle Situationen fordern Entscheidungen
gelungene Anspielungen auf die Romane
kleine Reaktionstests sorgen für Abwechslung
sehr gute englische Sprecher; Untertitel einblendbar
Statistik inkl. User-Entscheidungen am Ende

Kontra

keinerlei Rätsel
nur sehr kleine Schauplätze
viele Hintergründe wirken grafisch fade
keine deutsche Sprache oder Texte
nur knapp zwei Stunden Spielzeit

Wertung

PlayStation4

Zu kleine Gebiete, zu wenig kreative Interaktion, aber klasse Regie und Dramaturgie - Telltale sorgt für gute Unterhaltung.

iPad

Zu kleine Gebiete, zu wenig kreative Interaktion, aber klasse Regie und Dramaturgie - Telltale sorgt für gute Unterhaltung.

PC

Zu kleine Gebiete, zu wenig kreative Interaktion, aber klasse Regie und Dramaturgie - Telltale sorgt für gute Unterhaltung.

XboxOne

Zu kleine Gebiete, zu wenig kreative Interaktion, aber klasse Regie und Dramaturgie - Telltale sorgt für gute Unterhaltung.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.