Assassin's Creed Chronicles: India13.01.2016, Mathias Oertel
Assassin's Creed Chronicles: India

Im Test: Schleichen und meucheln in Indien

So ganz stimmen die Abstände der Meuchelmörder-Chroniken nicht. Nachdem der erste Ableger letztes Jahr im April erschien, hat es bis jetzt mit der Fortsetzung gedauert, während der Abschluss der Trilogie bereits im Februar veröffentlicht wird. Im Test verraten wir, ob Assassin's Creed Chronicles India wie der Vorgänger "China" erfolgreich den Geist des persischen Prinzen aufblühen lässt.

Gelungener Ersatz

Es machten in den letzten Wochen Gerüchte die Runde, dass Ubsioft der aufwändig produzierten Assassin's-Creed-Serie eine kreative Pause verordnen würde. Während der Publisher Gerüchte nicht kommentiert, gehen die Meuchelmörder-Abenteuer zumindest im Kleinen weiter. Das seitwärts scrollende 2,5D-Abenteuer Assassin's Creed Chronicles: China konnte mit einer gelungenen Mischung aus alten und neuen Plattformelementen überzeugen. Sorgsam eingeflochtene Mechaniken der Assassin-Serie einerseits und Prince of Persia andererseits, machten das kurze, aber intensive Abenteuer aus dem Climax Studio (Silent Hill: Shattered Memories) trotz eines Hangs zum Trial&Error zu einem richtig guten Hüpfabenteuer (Wertung: 80%).

Statt der gedämpften Aquarelle im Vorgänger bietet das starke Artdesign knallige Farben und viele Schnörkel.
Der Nachfolger, der im Indien des frühen 19. Jahrhunderts beginnt, bleibt sich treu. Sprich: Man kann sowohl den persischen Prinz als auch die andere spürbare Inspiration Mark of the Ninja von Klei Entertainment immer wieder bemerken. Und wie im Vorgänger schafft es auch der indische Assassine nicht, sich deutlich von diesen Schablonen zu lösen. Unter anderem auch, weil sowohl Geschichte als auch Charakterzeichnung wieder blass und sogar hinter dem Vorgänger zurückbleiben. Da hilft es auch nicht, dass man im Tutorial wie einstmals Ezio mit dem Helden Arbaaz Mir auf dem Weg zu seiner Liebsten ist. Auch nicht, dass das etwa 300 Jahre nach den China-Chroniken spielende Abenteuer einen wieder auf die Jagd nach einem magischen Aretfakt schickt, dass einst Ezio gehörte. Denn wie in China nimmt man zwar einen Helden, der im AC-Kanon verankert ist. Doch wer mehr über Arbaaz erfahren möchte, muss sich den Comic Assassin’s Creed: Brahman zu Gemüte führen. Abermals hätten Climax und Ubi einen effektiveren Weg finden müssen, um die Figur greifbarer zu machen. Zumal im Gegensatz zur dunkel angezogenen Shao Jun das weiße Kostüm all zu sehr an Altair oder Ezio in den ersten zwei großen Spielen erinnert. Immerhin schafft man es hier, die Precursor-Rasse plausibel einzubinden, so dass Ezios Box nicht alleine für die Verbindung zum Rest der Serie sorgen muss.

Bekannt, aber abwechslungsreicher

Klettern, laufen hüpfen: Alles wie gehabt.
Beim Leveldesign und den Spielanforderungen zeigt sich India ebenfalls als stringente Fortsetzung: Auf mehreren in den Bildschirm hinein- oder hinausgehenden Ebenen, ist man mit dem Helden laufend, kletternd und hüpfend unterwegs. Man löst kleinere Schalterrätsel und kämpft mit der stattlichen Anzahl unterschiedlicher Feinde, die warten bzw. patrouillieren und die allesamt bestimmte Anfälligkeiten bzw. Resistenzen haben. So kann man sich über bestimmte Gegner nicht hinwegrollen, andere sind kein bereitwilliges Opfer für Rutschangriffe. In jeder der zehn Erinnerungssequenzen wird man gefordert und ständig mit neuen Fähigkeiten oder Feinden auf Trab gehalten. Immerhin ist der Kampf hier aussichtsloser als noch in China - das Schleichen und Meucheln rückt mehr in den Fokus. Was prinzipiell ein guter Ansatz ist, um die Spannung zu erhöhen. Doch irgendwo ist die Balance dabei aus dem Ruder geraten. Dass die Wachen mit einem Sichtkegel versehen sind, der anzeigt, in welcher Entfernung man "sicher" ist, selbst wenn die eigentliche "Sichtlinie" direkt auf die Hauptfigur gelenkt würde, ist das eine. Und im Rahmen der vom Spiel vorgegebenen Regeln passt dies.

Übersinnliche Feinde und penible Steuerung

Dummerweise halten sich aber nicht alle Feinde daran und zeigen damit ein komplett konträres Verhalten zu ihren Kollegen in China. Manche scheinen eine "übersinnliche" Wahrnehmung zu haben und reagieren bzw. schlagen Alarm, obwohl man ganz deutlich im „sicheren“ Bereich steht. Da einem sowohl das Versteckspiel als auch vor allem die Kämpfe abseits der neuen "Helix-Glitches" wie einer temporären "One-Touch-One-Kill"-Kombo wenig Möglichkeiten an die Hand geben und man häufig Gruppen auf einen schießender Feinde gegenübersteht, die eine Desynchronsiation (Game Over) zur Folge haben, kommt es häufiger als noch im feudalen China zu Frust-Situationen. Die gibt es durch die zur Tradition werdenden Trial&Error-Elemente ohnehin, die aber dieses Mal immerhin interessanter inszeniert werden und sich häufig hinter knappen Zeitlimits verstecken, die nur wenige Fehler verzeihen.

Man darf an bestimmten Positionen die Bildschirmebene wechseln.
Gleiches gilt für die Steuerung, die zwar einerseits noch mehr Optionen bietet, um den Feinden durch Schleichen, Laufen, Rutschen, Hüpfen, Fenstersprüge und Hangelpartien aus dem Weg zu gehen. Doch auf der anderen Seite ist sie erstaunlich unnachgiebig, wenn es darum geht, nahtlos vom Laufen in eine im Bildschirmhinter- oder vordergrund befindliche Deckung zu kommen. Mitunter muss man pixelgenau stehen, da ansonsten der Stickbefehl "nach oben" komplett ignoriert wird. Dass dies immer dann negativ zum Tragen kommt, wenn man den ohnehin knappen Zeitfenstern bei den Patrouillen oder Wachhabenden ausgesetzt ist, versteht sich von selbst. Dass dies in jenen Momenten zu einem unnötigen Ärgernis wird, ebenso - zumal das in China auch besser gelöst schien. Sprich: Mit Rauchbombe oder Chakras, mit denen man Seile durchtrennen oder Glocken auslösen kann, hat man zwar neue Gadgets zur Verfügung, doch unter dem Strich hat sich abseits des neuen Schleichfokus nicht viel getan. Auch wenn dieser sehr willkommen ist.

Asiatischer Augenschmaus

AUch die farbenfrohen Dickhäuter können als provisorisches Versteck genutzt werden.
Und Indien hat noch etwas mit China gemeinsam: Beide Assassinen-Abstecher überzeugen mit einem qualitativ hochwertigen audiovisuellen Design. Wo in China die Kulissen mit weichen Pastell- und Kreidezeichnungen in gedämpften Farben gehalten wurden, wird mit der vergleichsweise "grellen" Bollywood-Kolorierung sowie den verschnörkelten Designs bzw. Mandalas klar, dass man sich beim Artdesign deutlich vom den Chroniken im Reich der Mitte absetzen möchte. An diesen grundlegenden Schemata hält man auch in den schlichten, aber immerhin sauber vertonten Zwischensequenzen fest.

Das Zuschauen macht Spaß, wenn man sich geschmeidig über Hindernisse rollt, die Ebenen wechselt, in Höhlen waghalsig von Vorsprung zu Vorsprung hüpft oder sich schnell von auflösenden Wänden entfernt, bevor sie einen mit in die Tiefe reißen. Die Archtitektur weiß zwar nicht mit so vielen Details wie bei den "großen" Brüdern der Serie zu überzeugen. Aber sie liefert einen sehr stimmigen Hintergrund für das unter dem Strich leider nicht mehr so überraschende und damit leicht generisch wirkende Abenteuer, das nach Abschluss der Kampagne immerhin noch mit ein paar Herausforderungsräumen lockt.

Fazit

Dieser zweite Teil der Chronicles-Trilogie zeigt, dass innerhalb dieser Auskopplung spielerische Fortschritte noch rarer sind als in der Hauptserie der Assassinen. Auf den ersten Blick gibt es einen stilistischen Wechsel innerhalb des sehr gelungenen Artdesigns, das jetzt auf bunte Farben und verschnörkelte Strukturen setzt. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die leicht angepassten Fähigkeiten, die aber unter dem Strich nicht markant genug sind. So bleibt man qualitativ sowohl hinter dem Vorgänger als auch Prince of Persia oder Mark of the Ninja zurück. Trotzdem gibt es auch in Indien immer noch unterhaltsames Hüpfen und Schleichen alter Schule. Doch Unstimmigkeiten mit der Steuerung, der nach wie vor unnötige Trial&Error-Aspekt sowie einige unfaire Momente, die es im Vorgänger so nicht gab, lassen den Glanz der 2,5D-Assassinen hier etwas verblassen. Unterm Strich bietet der Abstecher nach Indien noch gute Unterhaltung mit erhöhtem Fokus auf Schleichen, aber ich hoffe, dass sich Climax für den dritten Teil in Russland steigern kann.

Pro

ordentliches Action-Adventure mit 2,5D-Perspektive
sehr stimmiges Artdesign
Mischung aus Schleich- und Actionsequenzen mit stärkerem Fokus auf Stealth
fair gesetzte Kontrollpunkte
abwechslungsreiche Aufgaben
gute Integration der Precursor sowie kohärente Einbindung des AC-Mythos
"Helix-Glitches" als interessante Ergänzung von Schleich- und Kampfmechanik

Kontra

schwache Charakterzeichnung und Story
einige unnötige Trial-and-Error-Abschnitte
manchmal "übersinnliche" KI, die sich nicht an vorgegebene Spielregeln hält
Kampf mit nur wenig Optionen
nur marginale Unterschiede zu ACC China

Wertung

PlayStation4

Routinierte Fortsetzung eines eleganten 2,5D-Abenteuers, das die spartanischen Fortschritte mit neuen Problemen egalisiert.

XboxOne

Routinierte Fortsetzung eines eleganten 2,5D-Abenteuer, das auf Bewährtes setzt und die spartanischen Fortschritte mit neuen Problemen egalisiert.

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