R: Racing10.04.2004, Mathias Oertel
R: Racing

Im Test:

Nach der vor allem auf der PSone grandiosen Ridge Racer-Serie und zahlreichen ebenfalls gelungenen Zweirad-Rasereien lockt Namco wieder ans Gaspedal. R: Racing (ab 39,82€ bei kaufen) heißt das gute Stück, wurde vom Ridge Racer-Team auf die Beine gestellt und soll mit Storyline und Simulationsansätzen Spielen wie PGR 2 und Gran Turismo 3 den Kampf ansagen. Wieso das Vorhaben mit Fehlzündung bereits an der Startlinie im Mittelfeld landet, verrät euch der Test!

Kenn ich doch, oder?

Frei nach dem Motto "Besser gut geklaut, als schlecht selber gemacht" hat sich das ehemalige Ridge Racer-Team bei der Zusammenstellung der Gameplay-Elemente für ihre Simulation bei zahlreichen Genre-Kollegen bedient.

Xbox, PS2, GameCube? Ist eigentlich egal, da die Unterschiede sich grafisch in Grenzen halten - leider am unteren Rand des Spektrums.

(Xbox)

Die vorgegebene und in keiner Form beeinflussbare Geschichte der 14 Kapitel langen Kampagne orientiert sich z.B. an DTM Race Driver. In den etwa drei bis dreieinhalb Stunden (!), die ihr mit Bewältigung der Story samt Rennen beschäftigt seid, sind weitere Parallelen zu finden (wenn auch zu DTM Race Driver 2). Denn es wartet eine ganze Reihe verschiedener Renntypen und Fahrzeug-Klassen auf euch. Oldtimer sind mit von der Partie, diverse GT-Klassen ebenso, amerikanische Muscle-Cars stehen euch für Drag-Rennen zur Verfügung und waschechtes Rallye-Feeling soll mit den Überland-Fahrten vermittelt werden.

Insgesamt gibt es fast 100 voll lizenzierte Fahrzeuge zu erspielen, die genau so wie das vollkommen fehlende Schadensmodell und die teilweise lizenzierten Strecken (u.a. die Formel Eins-Kurse in Suzuka und Monaco) Erinnerungen an die Gran Turismo-Serie wach werden lassen.

Und schließlich bedient man sich noch freizügig bei der Project Gotham Racing-Serie und spendiert für gelungenes Ein- und Ausfahren in Kurven, Windschattenspielchen und waghalsige Schlittermanöver Punkte, die ihr einsetzen könnt, um neue Fahrzeuge, Herausforderungen oder Upgrades für die Boliden in eurer Garage zu erwerben.

__NEWCOL__Das Problem ist allerdings, dass die Jungs zwar gut geklaut haben, aber alles unter dem Strich zusammenhanglos wirkt und die einzelnen Elemente deutlich schwächer umgesetzt wurden als bei ihren Vorbildern.

Langlebigkeit?

Wer die Hoffnung hat, dass nach der verschwenderisch kurzen Story die Herausforderungen für zusätzliche Motivation sorgen, sieht sich ebenfalls getäuscht. Zwar warten insgesamt mehr als 150 freikaufbare Challenges in mehreren Kategorien auf euch, doch das Belohungssystem ist nicht so herausfordernd wie es sich anhört.

Ein Beispiel: Wieso soll ich an einem Rennen teilnehmen, das sich über mehrere Runden und damit etwa zehn Minuten hinzieht, um eine Belohnung von 15.000 Punkten einzusacken, wenn ich mit einigen Drag-Races, die weitaus weniger Zeit in Anspruch nehmen, genau das gleiche Ziel erreichen kann?

Und dass man z.B. mit einem aufgerüsteten GT-Fahrzeug an Oldtimer-Rennen teilnehmen kann und natürlich den Sieg davon trägt, hilft ebenfalls nicht, die Motivation zu steigern, so dass sich R: Racing irgendwo im spielerischen Niemandsland verliert.

Lizenzierte Fahrzeuge, Original-Strecken - und trotzdem macht R: Racing keinen überzeugenden Eindruck.

(PS2)

Auch der Zwei-Spieler-Splitscreen-Modus (Hallo? Schon mal was von vier Anschlussmöglichkeiten an Xbox und Cube bzw. Online-Spiel gehört?) stellt sich nicht als Freudenspender heraus.

Simulation?

Kann es das gleiche Team schaffen, das Arcade-Racing neu definiert hat, im Simulationsbereich Fuß zu fassen?

Können sicherlich – nur: R: Racing zeigt, wie der Schuss nach hinten losgeht. Wenn man Simulation nur als Unterschied definiert, dass die Fahrzeuge unheimlich schwer zu den berühmt-berüchtigten Ridge Racer-Powerslides zu bewegen sind, ist es zweifellos gelungen.

Wenn man daneben allerdings das Fahrverhalten von Gran Turismo 3 stellt und dazu noch die Physik von DTM Race Driver 2 betrachtet, werden die Unterschiede schnell deutlich.

Die PS-Protze liegen zwar alle spürbar unterschiedlich auf der Strecke und wirken schwerer als bei einschlägigen Arcade-Titeln, doch in keinem Moment hat man ein Realitätsgefühl.

Und so löblich die umfangreichen Tuning-Optionen auch sind, so unmerklich wirken sie sich auf das Fahrverhalten aus. Einzig die Upgrades, die ihr euch von euren hart (?) erarbeiteten Punkten kaufen könnt, machen sich bemerkbar. Ist ja auch logisch, dass ein Wagen mit 450 PS besser zieht als eine Kiste mit 250 Pferden unter der Haube.

Die FMV-Filme bestechen nicht nur durch tiefe Einblicke, sondern auch durch hohe Qualität.

(PS2)

KI?

Es gibt allerdings ein Feature, das in dieser Form ansatzweise schon bei Total Immersion Racing zu finden war, aber noch nie so konsequent umgesetzt wurde wie hier: Schafft ihr es, euch dicht genug an einen Gegner heran zu fahren, wird eine Leiste aktiviert, die den Druck repräsentiert, der von euch auf ihn ausgeübt wird. Blinkt die Leiste rot, ist der Fahrer quasi am Siedepunkt und begeht leichte Fahrfehler.

__NEWCOL__Hört sich klasse an, oder? In der Umsetzung bleibt dieses Feature aber auch weit hinter den Möglichkeiten zurück – wie alles in R: Racing.

Denn zum einen findet der Fahrfehler einhundertprozentig in der nächsten Kurveneinfahrt statt und ist daher vorhersehbar. Zum anderen hegen die Fahrer danach auch keinerlei Groll gegen euch – weder im aktuellen noch im nächsten Rennen.

Und da die KI unabhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad sowieso immer ihr Ding durchzieht und der Ideallinie treu bleibt, habt ihr von dieser Seite auch keine all zu große Herausforderung zu erwarten.

Die Fahrzeuge sehen gar nicht so schlecht aus, kranken aber auf allen Systemen an bösem Aliasing.

(GameCube)

Tja, und was bleibt, ist ein merkwürdiges Gefühl, das die Entwickler unheimlich viel vorhatten, dabei so viele gute Ideen anderer Spiele sowie ein Simulationsfahrmodell einzubauen und dann unter Zeitdruck das Spiel fertig stellen mussten. Spaß- und Motivationsansätze sind da. Doch alles kratzt nur an der Oberfläche und schafft es nur selten, aus dem grauen Rennspieldurchschnitt herauszuragen.

Pac Man Vs. als GameCube-Bonus

Abgesehen davon, dass den GameCube-Usern keine üppige Rennspiel-Auswahl zur Verfügung steht und R: Racing tatsächlich so etwas wie eine Alternative darstellt, gibt es noch einen weiteren Grund, sich die Würfel-Fassung anzuschaffen: Als Bonus wurde die Namco-/Miyamoto-Kollaboration Pac Man Vs. beigelegt. Dieser Titel ist zwar ebenfalls nicht gerade der Überflieger, kann aber mit Gleichgesinnten durchaus für vergnügte Halbstundenduelle sorgen.

Launchtitel?

Kollegen, die bei einer flüchtigen Visite in der Redaktion beim Spielen über die Schulter schauten, konnten kaum glauben, dass es sich bei R: Racing um einen brandneuen Titel handelt. Und so niederschmetternd und in einigen Punkten sogar ungerechtfertigt der Kommentar "Gibt´s das auch in gut?" sein mag, so zutreffend ist er in vielerlei Hinsicht.

Dass das Ridge Racer-Team zum Launch der PS2 die Hardware noch nicht entsprechend im Griff und Ridge Racer V daher mit kaum spektakulären Texturen und augenfeindlichem Flimmern zu tun hatte, kann man verzeihend hinnehmen.

Doch dass sich bei R: Racing mit Ausnahme der gut gestalteten Boliden ein ähnlich schwaches Grafikbild offenbart, ist Schlamperei. Eintönige Texturen säumen die Strecken, die nur gelegentlich von Pixel-Zuschauern und aus wenigen Polygonen bestehenden Gebäuden usw. aufgelockert werden.

Bonus für die GameCube-Spieler: Pac-Man Vs.

(GameCube)

Noch viel erschreckender ist allerdings, dass die GameCube- und Xbox-Fassungen nahezu identisch zur PS2-Fassung aussehen. Sicher: Es gibt hin und wieder nette Lichteffekte und Reflektionen zu sehen, doch das dröge Aussehen, das immer noch flimmert, zeugt nicht gerade von Konsolen-Optimierung. Genau so wie das Aliasing, das einem das Gefühl gibt, wenn die höhere Auflösung nicht wäre, einen Quasi-Nachfolger der PSone vor sich zu haben.__NEWCOL__Die Moto GP-Spiele auf der PS2 haben doch gezeigt, dass Namco es versteht, eine klasse Engine mit gutem Geschwindigkeitsgefühl auf die Beine zu stellen, dass bei R: Racing in keiner der zwei (!) Kameraperspektiven wirklich vermittelt werden kann.

Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die FMV-Sequenzen wirklich gut gelungen sind.

Die Texturen bieten kaum Variationen und sind dazu noch sehr detailarm.

(Xbox)

Gute Lokalisierung?

Einzig die Akustik schafft es, einigermaßen zu überzeugen, ohne jedoch wirklich neue Standards setzen zu können. Die Musikuntermalung besteht aus Techno-Tracks im Ridge Racer-Stil, die unwillkürlich wehmütige Erinnerungen an die Arcade-Schlittereien hervorruft.

Gelungen ist auch die Sprachausgabe, die in Rendersequenzen und den guten Funkkommentaren aus der Box und von anderen Fahrern zum Einsatz kommt.

Zwar wiederholen sich einige Samples während der Rennen, doch im Großen und Ganzen kommt hier so etwas wie Atmosphäre auf – zumal die Sprecher wirklich gut ausgewählt wurden.

Bleiben noch die Motorengeräusche, die zwar die Unterschiede zwischen den verschiedenen PS-Protzen gut vermitteln, aber letzten Endes nicht kräftig genug aus den Boxen schallen, um wirklich die Motorkraft akustisch darzustellen.

Fazit

Sorry Namco, das war wohl nichts! Grundsätzlich habe ich absolut nichts gegen die Entscheidung, sich von der arcadelastigen Ridge Racer-Serie zu entfernen und eine Simulation auf die Beine zu stellen. Auch die Tatsache, dass viele Ideen anderen Spielen wie Project Gotham Racing oder DTM Race Driver entnommen sind, stört mich wenig. Nur: Wenn alles so zusammengestückelt wirkt wie hier und man bezüglich des angestrebten Simulationseffekts so weit hinter der Konkurrenz zurückbleibt, stellt sich die Frage, wie R: Racing durch die interne Qualitätskontrolle kommen konnte. Dass sich die Fassungen grafisch zudem nahezu gleichen wie ein PS2-Ei dem anderen, das zusätzlich noch fast auf Launch-Niveau stehen geblieben ist, wird die Xbox- und GameCube-User sicherlich ebenfalls nicht in Freudentaumel versetzen. Doch trotz allem dürfte gerade die Würfel-Fraktion Gefallen an dem Spiel finden. Zum einen gibt es auf dem Cube nicht gerade eine üppige Auswahl an Rennspielen, so dass das mittelmäßige R: Racing hier durchaus eine Lücke füllen kann. Und zum anderen gibt es mit Pac-Man Vs. ein nettes Bonus-Spiel für zwischendurch. Auf Xbox und PS2 hingegen gibt es genügend und vor allem bessere Konkurrenz, so dass selbst hart gesottene Namco-Fans kaum Freude an R: Racing haben werden.

Pro

über 150 Herausforderungen
annähernd 100 lizenzierte Fahrzeuge
teilweise Original-Strecken
umfangreiche Tuning-Optionen
Soundtrack im Ridge Racer-Stil
gute Lokalisierung
interessantes „Druck“-Feature
Pac-Man Vs. als Bonus (GameCube)

Kontra

schwache Grafik
unausgereifte Fahrphysik
sehr kurzer Story-Modus
Tuning wertlos
schwache KI

Wertung

PlayStation2

GameCube

XBox

Durch und durch mittelmäßig, aber aufgrund der Rennspieldürre auf dem GameCube für Fans interessant.

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