Die neue Schwere des Balles
Apropos Ballphysik: FIFA 16 hat sich hier in den letzten Jahren positiv entwickelt und macht diesmal sogar einen spürbaren Sprung, aber da ist noch Luft nach oben. Ich habe eingangs erwähnt, dass sich die Pille schwerer anfühlt, was erstmal gut ist. Das zeigt sich darin, dass sie sich deutlich sichtbarer bei Schüssen senkt, also klare Flugkurven nach unten zeigt - viele Distanzschüsse kann man also im wahrsten Sinne des Wortes im Kasten "versenken". Das ist sehr gut! Aber wenn man aus kurzer Entfernung voll abzieht, darf sich die Pille bei kürzerer Flugbahn eigentlich mehr so deutlich senken wie aus der zweiten Reihe. Angeblich werden ja die Stellung von Fuß und Knöchel präziser berechnet. Aber dafür begegnet man noch einigen komischen Flugkurven und Rollbewegungen im Spiel - das sieht stellenweise so aus als wäre der Platz abschüssig, weil die Kugel einfach immer weiter kullert.
Geht das Ding rein? Auf jeden Fall senkt sich der Ball bei Distanzschüssen deutlicher.
Auf mich wirkt die an sich lobenswert veränderte Ballphysik wie eine Alphaversion, die manchmal überzeugt, aber noch zu viele unrealistische Ausschläge hat. EA muss da also für FIFA 17 ordentlich weiter rechnen, denn dieser neuen Schwere fehlt es noch an Balance und Vielfalt. Die Distanzschüsse sehen übrigens auf Dauer fast alle gleich aus, egal ob sie von eher filigranen Kagawas oder wuchtigen Lasoggas abgefeuert werden. Es gibt auch manchmal Probleme bei den hohen Flanken und Seitenwechseln, wo der Ball ewig lange in der Luft zu schweben und plötzlich wieder ultraleicht zu sein scheint. Außerdem hört sich ein Vollspannschuss so an, als würde man in einen nassen Medizinball treten; es klatscht eher als dass es kracht und die Bälle zeigen auf dem Weg zum Tor dann auch zu viel kurvige Trägheit statt geradlinige Explosivität.
Torhüter und Schiedsrichter
War der Freistoß gerechtfertigt? Im Großen und Ganzen pfeifen die Schiris nachvollziehbar. Und das Spray kommt auch zum Einsatz.
Trotzdem macht es in diesem FIFA 16 richtig Spaß, aus allen Lagen zu schießen, weil die Torhüter mit ihren Paraden nicht nur klasse animiert werden, sondern auch richtig gut halten. Man muss sich optimal positionieren, um erfolgreich zu sein, denn vor allem die kurze Ecke oder nur leicht von der Mitte abweichende Schüsse werden meist souverän pariert. Auch diese gute KI sorgt dafür, dass es eher selten im Kasten kracht. Etwas auffällig ist, dass man vor allem aus der Diagonalen am Strafraum recht oft trifft und dass die Torhüter viel zu schnell rauslaufen, sogar bis zur Seitenlinie, um Bälle abzufangen - da macht quasi jeder den Neuer, obwohl da noch genug Verteidiger in der Nähe sind.
Die Schiedsrichter fallen zwar manchmal mit einigen krassen Fehlentscheidungen auf, die z.B. klares Abseits mit Torerfolg zur Folge haben. Aber unterm Strich und auf lange Sicht pfeifen die Männer in Schwarz zumindest kontinentaleuropäisch nachvollziehbar, so dass man nicht zu aggressiv in den Mann gehen darf. Da wird zwar manchmal recht kleinlich der Körpereinsatz abgepfiffen und im Strafraum sollte man tunlichst nicht die Tackling-Taste malträtieren, aber die Spiele werden solide geleitet. Hinzu kommen zwei nette Kleinigkeiten, die das Ganze noch authentischer inszenieren: Freistoßspray und Torlinientechnik, wenn der Ball mal von der Latte auf den Boden donnert.
Taktische Finessen ohne Biss
Online läuft FIFA 16 bereits gut und ihr könnt euch erneut in die Wettbewerbe stürzen, um z.B. in der Liga auf- oder abzusteigen.
Im Bereich der Formationen und taktischen Anweisungen hat sich nicht viel getan. FIFA 16 bietet ja auch eine Fülle von 35 möglichen Aufstellungen, die von "3-4-4 Raute" über "3-4- flach" bis "4-3-3 falsche Neun" oder "4-5-1" reichen. Hinzu kommen für jeden Spieler meist drei mögliche Anweisungen wie z.B. für unterstützende Läufe für Stürmer, die ich eher nach außen, ausgewogen oder zentral einstellen kann. Wer sich da mit jeder Position in seinem System beschäftigt, kann einiges an Feintuning betreiben. Hinzu kommt, dass man eigene Taktiken einstellen kann, die z.B. das Aufbauspiel hinsichtlich Pass oder Tempo mit Reglern von 1 bis 100 beeinflussen. Auch ob die Verteidigungslinie eher abschirmen oder auf Abseits spielen soll, gehört dazu. Aber diese theoretisch endlosen Möglichkeiten zeigen auf dem Platz nicht immer die gewünschte Wirkung, was vor allem das Laufverhalten und das Anbieten freier Leute betrifft. Obwohl man also hier und da rumfummelt, spürt man das nicht stark genug im Spielaufbau.