Solide Team-Action statt klasse Team-Taktik
Immerhin geht das Team-Konzept bei der Action auf. Zwar hat man die ganze Spielwelt zur Verfügung, um den Einfluss des Kartells zu verringern. Doch die Missionen finden innerhalb der offenen Zonen letztlich in meist relativ kleinen Gebieten statt. Vollgestopft mit strategisch passabel platzierten und innerhalb eines bestimmten Radius meist patroullierenden Kartell- oder Unidad-Kämpfern muss man Vorsicht walten lassen, wenn man das Missionsgebiet erreicht. Bei einer Entdeckung heften sich die Gegner erstaunlich hartnäckig an die Fersen, lassen aber filigrane Taktiken wie Flankieren oder Einkesseln vermissen. Sie gehen meist ohne Rücksicht auf eigene Verluste auf direkten Angriff über, was angesichts der mitunter vorhandenen Zahlenübermacht tödlich für die Ghosts endet - umso mehr, wenn man im Vorfeld übersehen hat, dass das Kartell einen Lautsprecher-Turm hat und Alarm schlägt, was meist einen oder mehrere schwer bewaffnete Helikopter auf den Plan ruft. Also sollte man das Gebiet vorher auskundschaften. Ist man solo unterwegs, helfen einem die drei von der KI gesteuerten Kameraden, indem sie ihre Beobachtungen mitteilen und erkannte Gegner gleich markieren, während man selbst mit Fernglas oder Drohne die Gegend erkundet und ebenfalls die Feinde mit Markierungen versieht. Man kann wie in Future Soldier auch Feinde zum synchronen Abschuss kennzeichnen, muss allerdings im Gegensatz zum letzten Teil nicht mehr selber als Teil des Abschuss-Quartetts mitmischen, sondern kann auch nur den Befehl geben.
Man ist ein Elitesoldat und muss die Fähigkeit "Fallschirmspringen" erst freischalten? Wirklich?!?
Dadurch kann man sich natürlich relativ leicht der Feinde entledigen, ohne auch nur einen Abschussfinger rühren zu müssen. Selbstverständlich gibt es Situationen wie z.B. vier beieinander stehende Gegner oder drei Sniper und einen Lautsprecherturm, die einen Synchronschuss des ganzen Teams erfordern und die auch umgehend für Spannung sorgen, wenn man gerade abdrücken möchte und ein Teammitglied mitteilt, dass der Sichtkontakt verloren gegangen ist. Und mit dem Wissen, dass man als befehlshabender Ghost mit einem unentdeckten Dreier-Abschuss die Erfüllung der Mission wahrscheinlicher gemacht hat, kann man auch gut leben. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass es innerhalb des Missionsdesigns auch mal zwingend erforderlich ist, einen Vierer-Abschuss erfolgreich zu gestalten. Zwar hat man unter dem Strich die Freiheit, ob man eher verschlagen oder aggressiv, mit Hilfe schallgedämpfter Waffen oder mit Sprengstoff vorgeht, um sein Ziel zu erreichen. Doch letztlich experimentiert man nur selten und lässt sich immer wieder auf die gleichen Taktiken zurückfallen. In meinem Fall eben das bevorzugte Auskundschaften und Ausschalten der Gegner aus der Entfernung. Das hat auch dazu geführt, dass ich innerhalb der gut 25 Stunden bis zum Finale (ich habe nach zwei Unterbossen den Weg zu El Sueño gesucht) bis auf an einer Hand abzulesenden Ausnahmen die Waffen samt Schalldämpfer verwendet habe, mit denen ich zu Beginn ausgestattet wurde.
Rückkehr in alten Ubi-Überfluss
So wird nicht nur das Missionsdesign unnötig eingeschränkt und bleibt bis auf wenige Ausnahmen auf Dauer zu redundant. Es gibt kaum Abweichungen vom Besorge-dies- oder Extrahiere-jenen-Standard, der meist nur von "Zerstöre das Kartell" ersetzt wird. Zudem werden auch die im Überfluss vorhandenen Kisten mit neuen Knarren sowie die ebenfalls üppig ausgeschütteten Waffenupgrades negiert. Warum soll ich nach einer neuen Waffe suchen, wenn ich mit dem Standard-Scharfschützengewehr, meiner MP und der Pistole aus der Grundausrüstung gut über die Runden komme? Macht man die Karte nach etwa 20 Stunden auf, ist sie prall gefüllt mit Symbolen, die irgendetwas Sammelbares anzeigen. Dass dazu auch zahlreiche Infos und Hintergrundberichte über das Kartell gehören, geht vollkommen unter – zumal sie auch keinerlei Einfluss auf den Spielverlauf haben oder geheime Orte offenbaren. Da
Es gibt über 50 Waffen, die man mit über 100 Einzelteilen modifizieren kann. Allerdings hat man kaum Veranlassung dafür...
man die zusätzlichen Waffen ohnehin nur für das eigene Ego benötigt, kann ich auch über die Store-Anbindung hinwegsehen, in der man sich für Echtgeld virtuelle Münzen besorgt, die man wiederum u.a. für Ausrüstung ausgeben kann, falls man keine Zeit investieren möchte.
Auch das Erfahrungs- und Levelsystem ist nur halbherzig eingebunden. Zum einen, weil sich mir nicht erschließt, dass eine Eliteeinheit des amerikanischen Militärs im Solomodus erst den Synchronschuss für drei oder vier Soldaten freischalten muss. Oder dass man Flashbang-Granaten nicht gleich zur Verfügung hat, sondern sie erst relativ spät im Spiel bekommt. Dass ein Fortschritts-System eingesetzt wird, ist als Motivationsspritze in Ordnung. Aber dann packt da keine Sachen rein, die ich bei gut ausgebildeten Elitekräften einfach voraussetze. Dann wiederum muss ich mir wieder vor Augen halten, dass dies eine zwanglose Arcade-Ballerei für bis zu vier Spieler ist – und in diesem Zusammenhang ergeben einige der Erweiterungen im Fortschrittsbaum sogar irgendwo Sinn. Immerhin wurden die dafür benötigten Elemente gut verzahnt und als Teil der offenen Welt in den Sammelwahn integriert. Die nötigen Fähigkeits-Punkte erhält man bei Levelaufstieg, beim Erledigen von Missionen und wenn man Medaillen des Kartells aufsammelt. Und Rohstoffe wie Lebensmittel, Technologie etc. kann man markieren (sprich: sammeln) oder durch Erledigen von Rebellenmissionen in großem Rahmen aufstocken. So wird auch außerhalb des regulären Missionsdesigns ein Anreiz geboten, sich in der Gegend umzuschauen - wenngleich ein weitgehend primitiver, auf Komplettierer sowie "Jäger und Sammler" zugeschnittener.