Schwache KI und magerer Talentbaum
Besonders schwach wirkt aber die KI der menschlichen Feinde, wenn man mehrstöckige Lager von ihnen befreien muss. Einerseits ist es zwar lobenswert, dass sie bei all zu plumpen Angriffen einen Alarm aktivieren, den man vorher ausschalten sollte. Außerdem wundern sie sich auch kurz über Tote. Andererseits sind die Wach- und Suchroutinen deutlich schwächer als in Uncharted oder Killzone, so dass die Lage viel zu selten eskaliert und man vor allem mit dem Scharfschützenbogen ein Dutzend oder mehr Banditen mit Kopfschüssen ausschalten kann, ohne überhaupt in den
Guerilla Games inszeniert eine lebendige Spielwelt mit historischen Konflikten.
Nahkampf gehen zu müssen. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber hier vermisst man mehr Anspruch. Den gibt es wiederum in den so genannten Jäger-Herausforderungen, die z.B. beim Erlegen von Maschinen den gezielten Einsatz einer Waffe oder der Umgebung gegen die Zeit verlangen.
Zu den Schwächen von Horizon gehört auch die Entwicklung der Fähigkeiten. Über Quests und Kämpfe gewinnt Aloy Erfahrung, steigt irgendwann im Level auf und kann die Punkte in die drei Bereiche Jäger, Krieger oder Sammler investieren, um spezielle Fertigkeiten wie das Schießen aus dem Balancieren heraus, das stärkere Zuschlagen mit dem Stab oder die effizientere Heilung freizuschalten. Leider ist vor allem das Entwickeln des Sammelns kaum sinnvoll, denn man findet ohnehin genug Beute und kann ja auch sofort ganz normale Tiere von Hasen, Füchsen, Waschbären bis hin zu Wildschweinen oder Truthähnen jagen, um deren Knochen und Fleisch für die Herstellung von Gegenständen oder Heiltränken zu nutzen. In diesem Zusammenhang muss man auch kritisieren, dass Horizon etwas zu viel an Beute ausschüttet.
Modifikationen und Benutzeroberfläche
Schon im Einstieg kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall: Warum wird Aloy von den mysteriösen Maskenmännern gejagt?
Also konzentriert man sich auf den Bereich Jäger, der ganz einfach die besten Zusatzfähigkeiten freischaltet. Hier hat man dann recht früh nach etwa zwanzig Stunden alle zwölf Aktionen zur Verfügung und arbeitet sich dann durch die beiden anderen Bereiche Krieger und Sammler, aber vermisst dort wirklich coole Ergänzungen, auf die man sich freut oder die das Spielgefühl nochmal bereichern würden - es entsteht also keine angenehme Grübelei, sondern eher der Zwang zur Vollständigkeit. Wie eine künstliche Streckung wirkt auch, dass das Austauschen der Modifikationen sowie das Deaktivieren von Fallen so spät verfügbar ist, obwohl man damit gerade zu Beginn gut experimentieren könnte. Nahezu alle Waffen und Rüstungen verfügen über einen bis drei freie Plätze, in die man Modifikationen in drei Seltenheitsstufen einfügen kann, um ihre Handhabung, den Schaden oder einzige Elementkräfte hinzuzufügen. So kann man seinen Bogen z.B. sehr gut auf eine Funktion wie das Wegsprengen von Rüstungen trimmen.
Viele Quests sind detektivisch designt, inklusive Spurensuche & Co.
Auch die eigene Perspektive lässt sich in nahezu allen Bereichen anpassen, so dass nicht zu viele offensichtliche Hinweise oder gar Wege zum Ziel schon aus der Ferne oder auf der Karte sichtbar sind. Man kann die Benutzeroberfläche nicht nur dynamisch einstellen, sondern sie komplett manuell verändern - selbst den Kompass darf man komplett abschalten. All das ist lobenswert, weil man das Spiel so sehr gut an seine Bedürfnisse anpassen kann.
Guerrilla Games hätte aber innerhalb des Spieldesigns noch restriktiver bzw. fordernder sein können. Horizon bietet sowohl hinsichtlich des mächtigen Scans über die Langhälse, aufgrund der viel zu günstigen Karten für Sammelobjekte als auch der vielen optischen Hilfen sowie der günstigen Schnellreise an bekannte Lagerfeuer oder Dörfer so viel modernen Komfort, dass aus der Terra incognita etwas zu früh eine Weltkarte mit abgrasbaren Aufgaben und Symbolen wird. Diesen entzaubernden Spoilerfluch der digitalen Moderne teilt Horizon mit vielen anderen Abenteuern in offener Welt. Immerhin ist das Sammeln kein Selbstzweck für Trophäen, sondern wird innerhalb des Spiels belohnt: Wer ganze Sets aus Metallblumen oder Banuk-Artefakten ergattert, bekommt in der Hauptstadt Meridian besondere Belohnungen. Und wer die kniffligeren Jäger-Herausforderungen meistert, wird in deren Loge ebenfalls mit speziellen Waffen belohnt. So schließen sich über das Sammeln zumindest kleinere Kreise und es verkommt nicht zum Selbstzweck.