Hitman02.06.2016, Michael Krosta

Im Test: Klon-Killer auf dem Basar

Die Welt-Tournee des Auftragskillers geht weiter: Nach dem Ausflug ins idyllische Sapienza steht in der dritten Episode ein Besuch in Marrakesch auf dem Programm. Damit reist Agent 47 nicht nur zum ersten Mal in seiner Karriere auf den afrikanischen Kontinent, sondern bei seinem jüngsten Auftrag lastet sogar das Schicksal einer gesamten Nation auf seinen Schultern. Wie soll er das Komplott und den drohenden Staatsstreich verhindern?

Ausgeputscht

Die Antwort ist für Hitman (ab 18,80€ bei kaufen)-Kenner klar: Mit wechselnden Verkleidungen, dem richtigen Riecher für Gelegenheiten und möglichst kreativen Ideen für die erfolgreiche Umsetzung der Auftragsmorde. Dieses Mal steht zum einen der korrupte Bankier Claus Strandberg im Fadenkreuz, der das Geld vieler Marrokkaner veruntreut und sich vor der aufgebrachten Menge in der schwedische Botschaft versteckt. Die bewusst aufgeheizte Stimmung will sich der machtversessene General Reta Zaydan dagegen zunutze machen, um in direkter Zusammenarbeit mit Strandberg das Militär an die Macht zu bringen und die aktuelle Regierung zu stürzen. Die Agency wurde damit beauftragt, genau das zu verhindern – mit allen Mitteln!

Der Basar ist stilecht mit viel Krempel vollgestopft. Hin und wieder findet man aber auch etwas Nützliches.
Und davon gibt es wieder mehr als genug: Als Agent 47 darf man wieder zahlreiche Identitäten annehmen und Unfälle inszenieren, um die Opfer möglichst stilvoll aus dem Weg zu räumen. So verkleidet man sich z.B. als Masseur und knetet einer Zielperson noch gefühlvoll den Nacken durch, bevor man ihn mit einem lauten Knacken bricht. Oder man lockt beide Ziele mit einem Anruf an einen bestimmten Ort, um sie beide gleichzeitig zu eliminieren. Es wartet erneut eine breite Auswahl an mitunter sehr coolen Methoden, um die beiden um die Ecke zu bringen. Wer es weniger ausgefallen mag, greift dagegen zu bewährten Attentaten wie Gift-Cocktails, dem Ertränken in der Toilette oder dem Strangulieren mit der Klaviersaite.  

Lass uns feilschen!

Ganz so einfach wird es dieses Mal aber nicht, sich an die Ziele heranzupirschen. Schon in den ersten Spielminuten spürt man die angespannte Lage, denn zwischen den Menschenmassen auf dem belebten Markt oder den wütenden Demonstranten patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten, die auch Eingänge und sämtliche Wege in Sperrgebiete sichern. Im Vergleich zu den vorherigen Episoden habe ich hier deutlich mehr Zeit benötigt, um überhaupt in die Nähe der beiden Zielpersonen zu gelangen. Wie immer ist es sinnvoll, Gespräche zu belauschen, um Impulse für frische Ideen oder wertvolle Hinweise zu bekommen. Zudem eröffnen sich oft neue Wege, wenn man sich beim Betreten der vielen kleinen Läden auch die oberen Stockwerke und Häuserfassaden genauer anschaut.

In der Botschaft wartet ein Kontrastprogramm zum bunten Treiben auf den Straßen und dem lautstarken Protest vor dem Haupteingang.
Marrakesch wirkt zwar nicht ganz so weitläufig wie das riesige Sapienza, hat aber dennoch viele alternative Routen, diverse Areale zu bieten, die sich mitunter deutlich voneinander unterscheiden. Angefangen beim großen Marktplatz mit seinen vielen Ständen, der von vielen kleinen Gassen und Läden umrahmt wird, führt der Weg u.a. durch einen bewachten Tunnel in die Tiefgarage, über die man Zugang zur Botschaft erhält, die verglichen zum bunten Treiben auf den Straßen mit ihren Diplomaten in feinen Anzügen und aufgeräumten Büros ein starkes Kontrastprogramm liefert. Eine zerstörte Schule, die von Zaydan als Armeestützpunkt umfunktioniert wurde und neben dem Hof ein zweistöckiges Gebäude umfasst, bildet den dritten größeren Schauplatz innerhalb der Episode.

Alte und neue Probleme

Das Spielplatz-Flair kommt auch in der dritten Episode voll zur Geltung und lädt zum Experimentieren ein. Vor allem der etwas schwierigere Einstieg ist eine willkommene Steigerung, auch wenn man später wieder Mittel und Wege entdeckt, um die beiden Ziele relativ schnell auszuschalten. Vor allem aber bildet der Abstecher nach Marokko erneut einen deutlichen Kontrast zu den beiden vorherigen Episoden, auch wenn viele Mechaniken gleich bleiben und gerade bei Erklimmen bzw. Herabsteigen von Absätzen ein bisschen angestaubt wirken.

Der Killer schaltet seine Ziele gewohnt stilsicher aus.
Leider übernimmt man auch ein paar weitere schlechte Angewohnheiten in die dritte Episode und fügt sogar weitere Ärgernisse hinzu: So leistet sich die KI immer noch ein paar Schnitzer, die Wartezeiten sind vor allem beim Laden von Spielständen weiterhin zu lang und vor allem die Konsolen haben Probleme, bei den Menschenmassen die Bildrate konstant hoch zu halten. Darüber treten auf den Konsolen häufiger Soundaussetzer auf. Dazu gesellen sich einige Bugs, die ich in den vorangegangen Episoden in dieser Häufigkeit nicht bemerkt habe. Diese reichen von Abstürzen beim Laden eines Spielstand über fehlende Markierungen der Ausgänge für das Abschließen der Mission bis hin zu merkwürdigen Grafikfehlern bei Figuren oder der Umgebung.

Fazit

An das wunderschöne Flair und die Freiheit von Sapienza kommt der Ausflug nach Marrakesch zwar für mich nicht heran, aber trotzdem überzeugt auch die dritte Episode rund um den Hitman mit vielen Freiheiten, abwechslungsreichen Arealen und kreativen Methoden für die Umsetzung der Mordaufträge. Schön, dass es dieses Mal etwas kniffliger für mich war, bis ich das Ziel erreicht hatte. Ärgerlich dagegen, dass die Darstellung vor allem auf den Konsolen aufgrund von Bildratenproblemen zunehmend schwächelt und mir dieses Mal mehr Bugs aufgefallen sind als in den Episoden zuvor. Die KI pendelt zudem weiter zwischen Licht und Schatten, während die langen Ladezeiten ebenfalls noch Nerven kosten. Trotzdem bekommt man zusammen mit den Escalation-Aufträgen und Online-Herausforderungen erneut ein gutes Paket, bei dem man seinen Killer-Instinkt wunderbar ausleben kann.

Einschätzung: gut

[Einschätzung der ersten Episode: Ein guter Einstieg, der angenehm viele Freiheiten beim Meucheln bietet und dank Online-Aufträgen trotz des knappen Umfangs zum Weiterspielen motiviert - gut.]

[Einschätzung der zweiten Episode: In Sapienza wartet ein riesiges Areal voller Möglichkeiten auf den Hitman, das den gelungenen Auftakt in Paris übertrifft. - gut.]


[Ab diesem Jahr werden wir bei Episoden-Spielen für die ersten Teile im Test zunächst nur Schulnoten vergeben; erst mit dem finalen Teil und Test werden wir auch eine abschließende Prozentwertung für die komplette Reihe vergeben. Anm.d.Red.]


Pro

viele Möglichkeiten für (kreative) Eliminierungen, Ablenkungen und Verstecke
enorm großes, sehr weitläufiges Areal mit vielen Routen
Verkleidungen als wichtiges Spielelement
Gelegenheiten liefern wertvolle Hinweise auf alternative Anschlag-Methoden
gute Auswahl an konventionellen und ausgefallenen Mordwerkzeugen
angenehme Schleichmechanik
KI agiert oft aufmerksam bei verdächtigen Aktionen
überzeugende (englische) Sprecher
Instinkt- und Verdachtsanzeigen abschaltbar
mehrstufige Escalation-Aufträge und zeitlich begrenzte Jagd auf Zielpersonen
motivierende Online-Herausforderungen zum Selbsterstellen und Teilen

Kontra

vereinzelte KI-Aussetzer
Körper hängen manchmal fest und lassen sich nicht mehr ziehen
Story kommt nur langsam in Fahrt
sehr lange Ladezeiten (Konsolen)
schwankende Bildrate (Konsolen)
häufige Soundprobleme (vor allem Konsolen)
nur deutsche Untertitel
häufigere Bugs und Abstürze

Wertung

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