Hitman30.09.2016, Michael Krosta

Im Test: Ein Klonkiller auf dem Bauernhof

Mit der fünften Episode schließen viele Entwickler eigentlich ihre Staffel ab. Nicht so IO Interactive, denn die Dänen schicken ihren Hitman (ab 18,80€ bei kaufen) vor dem bevorstehenden Finale in Japan noch auf eine Farm nach Colorado, wo gleich vier Zielpersonen von der ICA zum Abschuss freigegeben werden. Und auch die Story nimmt langsam wieder Fahrt auf...

Bedrohungen überall

Bisher präsentierten sich die Schauplätze immer als eine Mischung aus öffentlichen Bereichen und abgeriegelten Arealen, zu denen man nur unter bestimmten Voraussetzungen Zugang bekommen konnte. Das ist auf dem weitläufigen Farmgelände in Colorado mit seinen Scheunen, Lagerräumenn und dem mehrstöckigen Haus inklusive Folterkeller anders – zumindest ein bisschen: Zivilisten gibt es hier keine. Stattdessen findet sich eine Ansammlung von Mitgliedern diverser Milizen, Spezialeinheiten, Sprengstoffexperten und Hacker-Gruppen, die zusammen mit den vier Schlüsselpersonen offenbar alle ein gemeinsames Ziel verfolgen.

Das Farmgelände in Colorado ist sehr weitläufig.
Trotzdem bleibt das Element der abgesperrten Bereiche erhalten: Obwohl alle an einem Strang ziehen, verwehren einem die Elite-Truppen z.B. den Zutritt als einfacher Wachposten und auch als Hacker-Nerd hat man nicht überall Zutritt. Allerdings kann man sich mit vielen Verkleidungen schon recht frei auf dem Farmgelände bewegen, muss dabei aber weiter die Augen nach markierten Personen offen halten, bei denen man sich verdächtig machen könnte.

Bekannte Methoden  

Hier helfen wieder die bewährten Standardmethoden: Entweder sorgt man dafür, ihnen aus dem Weg zu gehen. Oder man lenkt sie gezielt ab, indem man wieder einmal Waschbecken überflutet, das Radio einschaltet oder Gegenstände wie Getränkedosen sowie Obst wirft, um sie von ihrer Position wegzulocken und im Idealfall ungestört außer Gefecht zu setzen. Ob man dazu tödliche Gewalt anwendet oder es gnädig angeht, bleibt einem selbst überlassen, wobei Opfer abseits der Zielpersonen für die Abschlussbewertung nicht unbedingt hilfreich sind.

Viele der Methoden, Interaktionen mit der Umgebung sowie Gadgets vom Schraubenschlüssel bis zum Rattengift sind bereits aus den vorherigen Episoden bekannt und entsprechend nehmen auch die gefühlten Abnutzungserscheinungen weiter zu. Trotzdem hat die fünfte Episode aber auch ein paar Neuerungen zu bieten: Zum einen kann man bei der Ausrüstung neben einem schallgedämpften Sturmgewehr auch eine Spritze freischalten, mit deren Hilfe man als Alternative zum Brechmittel Übelkeit bei seinen Opfern hervorrufen kann. Auch hinsichtlich der Bildschirmanzeige wurde eine kleine Änderung vorgenommen, sobald Wachen Verdacht geschöpft haben und einen Bereich untersuchen. Wurde die Meldung "Gebiet wird untersucht" bisher ständig angezeigt, wird sie jetzt kontextsensitiv eingeblendet und beschränkt sich nur noch auf das Gebiet, in dem tatsächlich gesucht wird. Und wer schon immer davon geträumt hat, den Auftragskiller in ein Vogelscheuchen-Outfit zu stecken, kann hier ebenfalls fündig werden.

Günstige Gelegenheiten

Ein kleines Highlight stellen einmal mehr die besonderen Gelegenheiten dar, mit denen man die Attentate möglichst cool und / oder spektakulär in Szene setzen kann. Diese darf man entweder selbst herausfinden oder mit Hilfe von Zielmarkierungen umsetzen. Dazu gehört z.B. die verkleidete Teilnahme an einer Übung für den Überfall auf eine Limousine, die am Ende für die Instruktoren tödlich endet – sogar mit einem möglichen Doppelschlag. Oder der Austausch eines Handy-Akkus gegen eine explosive Variante – das Samsung Note 7 lässt grüßen. Schön auch die Möglichkeit, die Zwangsneurose von einer der Zielpersonen gezielt auszunutzen und sie mit fiesen Aktionen in den Wahnsinn zu treiben.

Abseits dieser unkonventionellen und meist sehr unterhaltsamen Vorgehensweisen kann man aber auch selbstständig Ausschau nach möglichen Gelegenheiten halten. Hier macht es einem die fünfte Episode etwas zu einfach: Zum einen lassen sich die Zielpersonen meist verfolgen, ohne dass sie sich daran stören. Zum anderen gibt es mehr als genug Momente, in denen man sie ungesehen aus dem Hinterhalt mit einem gezielten Kopfschuss eliminieren kann. Das erregt zwar  Aufmerksamkeit, die auch die Missionsbewertung negativ beeinflusst, aber man bleibt trotzdem meist unentdeckt und kann weiter untertauchen. Dabei ist es außerdem wieder schade, dass selbst die entdeckten Morde

Das bekannte Prozedere funktioniert immer noch: Erst ablenken, dann von hinten anschleichen und schließlich angreifen.
keinen Einfluss auf die Routine der verbleibenden Zielpersonen haben, die ihrem Tagesgeschäft weiter unbeirrt und ohne verstärkte Sicherheitsmaßnahmen weitergehen.

Erste Antworten

Bisher hinterließ die Story mehr Fragen als Antworten und kam insgesamt eher kurz, auch wenn man zahlreichen Gesprächen lauschen konnte. Kurz vor dem Finale bringt man endlich etwas Licht ins Dunkel, was es mit der Verschwörung, dem mysteriösen Schattenagenten und dem Drahtzieher im Hintergrund auf sich hat. Es sind zwar weiterhin nur kleine Informationshäppchen, aber zumindest wird die Geschichte am Ende dieser Episode interessanter und nimmt auch dank einer kleinen Überraschung wieder etwas an Fahrt auf. So kann es weitergehen, obwohl ich derzeit befürchte, dass das Staffel-Finale ganz im Stil einer TV-Serie mit einem fetten Cliffhanger enden und die losen Fäden noch lange nicht zusammenführen wird.

Fazit

Mit Bangkok wurde ich in der letzten Episode nicht so richtig warm – das Luxushotel weckte bei mir zu viele Erinnerungen an den Einstieg in Paris und auch die besonderen Gelegenheiten haben mich nicht ganz überzeugt. Das ist auf der Farm in Colorado anders: Hier können die vier Zielpersonen wieder mit kreativen und unterhaltsamen Methoden um die Ecke gebracht werden. Abseits dieser Gelegenheiten machen es einem die Opfer aber häufig zu einfach, sich ihrem Schicksal zu ergeben. Zudem leidet die KI immer noch an vereinzelten Aussetzern und die Ladezeiten auf den Konsolen wurden zwar verbessert, erfordern beim Laden von Spielständen aber immer noch etwas zu viel Geduld. Schön aber, dass die Story am Ende der Episode wieder an Fahrt aufnimmt und damit gelungen auf das Finale der ersten Staffel in Japan einstimmt.


[Einschätzung der ersten Episode: Ein guter Einstieg, der angenehm viele Freiheiten beim Meucheln bietet und dank Online-Aufträgen trotz des knappen Umfangs zum Weiterspielen motiviert. - gut]

[Einschätzung der zweiten Episode: In Sapienza wartet ein riesiges Areal voller Möglichkeiten auf den Hitman, das den gelungenen Auftakt in Paris übertrifft. - gut]

[Einschätzung der dritten Episode: Das Niveau der zweiten Episode wird zwar nicht erreicht, aber auch Marrakesch ist mit vielen Freiheiten, abwechslungsreichen Arealen und kreativen Eliminierungen für alle Auftragsmörder eine Reise wert. - gut]

[Einschätzung der vierten Episode: Dem Schauplatz fehlt (kulturelles) Flair, vielen Gelegenheiten das gewisse Etwas. Die Bangkok-Episode ist nur Durchschnitt. - befriedigend]

[Ab diesem Jahr werden wir bei Episoden-Spielen für die ersten Teile im Test zunächst nur Schulnoten vergeben; erst mit dem finalen Teil und Test werden wir auch eine abschließende Prozentwertung für die komplette Reihe vergeben. Anm.d.Red.]

Pro

viele Möglichkeiten für (kreative) Eliminierungen, Ablenkungen und Verstecke
enorm großes, sehr weitläufiges Areal mit vielen Routen
dieses Mal sogar vier Zielpersonen...
Verkleidungen als wichtiges Spielelement
Gelegenheiten liefern wertvolle Hinweise auf alternative Anschlag-Methoden
gute Auswahl an konventionellen und ausgefallenen Mordwerkzeugen
angenehme Schleichmechanik
Story kommt endlich in Fahrt
KI agiert oft aufmerksam bei verdächtigen Aktionen
überzeugende (englische) Sprecher
Instinkt- und Verdachtsanzeigen abschaltbar
mehrstufige Escalation-Aufträge und zeitlich begrenzte Jagd auf Zielpersonen
motivierende Online-Herausforderungen zum Selbsterstellen und Teilen

Kontra

vereinzelte KI-Aussetzer
Körper hängen manchmal fest und lassen sich nicht mehr ziehen
...die sich relativ schnell und einfach eliminieren lassen
lange Ladezeiten (Konsolen)
schwankende Bildrate (Konsolen)
nur deutsche Untertitel
vereinzelte Bugs
Spielelemente nutzen sich spürbar ab

Wertung

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