Im Test: Das existenzielle Finale
Das Leben ist unfair...
...mit dieser Begründung müssen sich alle zufrieden geben, wenn der maskierte "Zero" mal wieder per Fernseher spricht und wie ein Märchenonkel eine seiner Anekdoten aus dem wahren Leben zum Besten gibt - meist sterben Menschen darin aufgrund eines blöden Zufalls. Da es einige Sprüche, Metaphern und philosophische Andeutungen gibt, sollte man sehr gut Englisch lesen können, um wirklich ohne Brüche in dieses Mystery-Adventure abzutauchen. Was will der Unbekannte damit sagen? Hat das Ganze einen tieferen Sinn? Ist es Zufall, dass diese Geiselnahme vor dem Jahreswechsel stattfindet? Geht es um mehr als seinen Wahnsinn, sondern um den der ganzen Welt?
Sechs Tote für die Freiheit
Wie kann man entkommen? Nur wenn die Teilnehmer sechs Codes finden, lässt sich die X-Tür in der zentralen Lounge öffnen und der Aufzug in die Freiheit aktivieren.
Die fehlenden Erinnerungen sind strukturell verständlich, aber erzählerisch kontraproduktiv: Jedesmal, wenn man in einem Raum aufwacht, wissen die Beteiligten nichts von früheren Lösungen, Erkenntnissen oder Konflikten - so kann sich natürlich keine Beziehung oder Geschichte fließend entwickeln, weil alle immer neu starten.
Eine Übersicht namens "Global Flowchart" zeigt die bisher freigeschalteten sowie noch verschlossenen Episoden an, die alle anders ausgehen können. Das Schöne ist: Man kann jederzeit zurück, um sich anders zu entscheiden und vielleicht ein alternatives Ende zu sehen. Das lohnt sich, weil es teilweise überraschende und schonungslose Auflösungen gibt. Trotzdem entsteht ein sehr fragmentiertes Storytelling, bei dem der Unterhaltungswert stark von den Dialogen sowie Rätseln im gewählten Abschnitt abhängt - und beides kann qualitativ schwanken.
Mehr als Point & Click
Fetter Filzer und einblendbare Hilfen
Sehr angenehm sind die automatisch eingestreuten Hinweise der Anwesenden, wenn man mal nicht weiterkommt. Trotzdem sind einige Räume so knifflig, dass ein
Übrigens kann man über "Memo" Notizen per Stylus auf dem Touchscreen machen, die man auch einblenden kann - gute Idee! Aber dieser Service ist - abgesehen von der nervig breiten Schrift - unnötig eingeschränkt: Man kann nur zwei Bildschirme betexten, außerdem ist irgendwann tatsächlich die Tinte aufgebraucht, so dass man Notizen löschen muss. Und schließlich gibt es Menüpunkte wie "File", in denen sich zwar hilfreiche Dokumente und Hinweise befinden, in die man aber kein "Memo" einblenden kann und die man ebenfalls nicht in der Spielwelt anzeigen lassen kann. Ich habe mich dabei ertappt, ein Foto auf meinem Smartphone zu machen, damit ich ein komplexe Buchstabengerüst direkt während des Grübelns sehen konnte...
Mysteriöse Beziehungen und Ahnungen
Es gibt eine zweite narrative Rätselebene, die das Abenteuer erst richtig interessant macht: Denn auch die Persönlichkeiten der Charaktere sowie ihre Beziehungen sind ein Puzzle. Warum trägt das Kind diesen komischen runden Helm? Wieso kennen sich einige der angeblich zufällig anwesenden Gefangenen? Sind tatsächlich welche schon zum zweiten Mal Opfer dieses Typen? Kann es sein, dass der maskierte Geiselnehmer selbst unter ihnen ist? Schließlich ist er nie persönlich anwesend, sondern nur über TV-Botschaften. All diese offenen Fragen sorgen schon zu Beginn für Misstrauen und Neugier.
Sprung zwischen Fragmenten und frühes Ende
Dabei folgt man wie erwähnt keinem roten Faden in der Story, sondern wählt nach
Ein Abspann kann übrigens schon nach zehn Minuten laufen, wenn man das erste Spiel für sich entscheidet: Der maskierte Mann bietet der Gruppe im Einstieg sofort die Freiheit an, wenn sie bei einem Münzwurf auf Rot oder Blau tippt und richtig liegt. Schafft man es, sind zwar alle in "Freiheit" oberhalb des Atombunkers, aber man weiß natürlich weder etwas über die beteiligten Charaktere noch über den Geiselnehmer. Daher währt die Freude über den schnellen Sieg nicht lange und man kehr wieder zurück ins Spiel. Dass der Maskierte es mit allem ernst meint, merkt man spätestens, wenn man nach einem Rätselmarathon plötzlich mit Gatling-Gewehren konfrontiert wird, die alle Anwesenden niedermähen. Wieso, weshalb, warum - ich hab doch die Rätsel gelöst?
Fazit
Ich mag Spiele, die mit mir spielen. Abenteuer, die ich nicht nach fünf Minuten durchschaue, sondern die mich nach ein paar Stunden noch überraschen und tiefer hineinziehen. Nur vordergründig geht es in Zero Time Dilemma um das morbide Spiel eines Irren, denn im Hintergrund murmeln wie aus einem tiefen Brunnen bei jeder fatalen Szene und Entscheidung immer wieder existenzielle Fragen der Menschlichkeit. Gerade diese philosophische Ebene ist das Salz in der Suppe. Allerdings zeigen sich auch Abnutzungserscheinungen: Dass es schon wieder um neun Opfer und einen maskierten Geiselnehmer geht, ist nicht das Problem. Aber die extreme Fragmentierung der Geschichte kann zu Qualitätsschwankungen führen, denn es gibt keinen roten Faden. Manchmal nervt dann die schwammige Steuerung genauso wie der fette Filzstift - in diesen Situationen wirkt gerade der 3DS wie ein veraltetes Relikt. Außerdem enttäuscht die biedere Präsentation, die statt der ansehnlichen Anime-Passagen der Vorgänger zwar auf voll vertonte, aber recht hölzerne 3D-Szenen setzt. Hinzu kommen einige schwache Dialoge und willkürlich anmutende Situationen. Aber selbst wenn die Anziehungskraft der ersten beiden Teile nicht mehr erreicht wird: Dieses tödliche Spiel unterhält immer noch auf einem richtig guten Niveau, denn man erlebt ein stimmungsvolles Mystery-Adventure mit einer Vielzahl an klassischen Rätselmechaniken und zig möglichen Enden, das mal unheimlich, mal brutal oder einfach nur verrückt sein kann. Wer offene Spielstrukturen und böse Überraschungen mag, wird also nicht enttäuscht - Serienkenner müssen dieses Finale ja ohnehin erleben. Falls ihr die Wahl habt: Spielt es auf der PS Vita, denn auf dem 3DS gibt es nicht mal 3D-Effekte und die klar schwächste Inszenierung; auch eine technisch bessere PC-Version ist erhältlich. An alle Neueinsteiger: Fangt unbedingt mit 999 an, spielt dann das grandiose Virtue's Last Reward und erst zum Schluss das hier.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Nicht mal 3D-Effekte? Dann diese träge bis schwammige Steuerung? Leider ist das Spiel nicht für Nintendos Handheld optimiert.
PS_Vita
Auch wenn die Anziehungskraft der ersten beiden Teile vielleicht nicht mehr da ist: Dieses Mystery-Adventure unterhält immer noch auf gutem Niveau.
PC
Auch wenn die Anziehungskraft der ersten beiden Teile vielleicht nicht mehr da ist: Dieses Mystery-Adventure unterhält immer noch auf gutem Niveau.
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