Hob06.10.2017, Jan Wöbbeking

Im Test: Wald der Geheimnisse

Manchmal gibt es sie wieder: Titel, die einem fast gar nichts erklären und stattdessen mit ihrer rätselhaften Aura locken. Das offensichtlich von Zelda inspirierte Hob (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) schickt den Spieler auf eine Suche, auf der riesige Maschinen-Puzzles gelöst werden wollen und angriffslustige Waldwesen die Keule schwingen. Ein faszinierender Ausflug? Wir klären es im Test.

Auf Links Spuren

Zu Beginn kann der Mangel an Informationen schon auf die Nerven gehen: Warum werden nicht wenigstens kurz grundsätzliche Funktionen wie das automatische Anvisieren von Gegern per R3 erklärt? Oder wie die kleine Teleportation abläuft, die man später freischaltet? Schaut am besten kurz ins Hauptmenü, um euch die Tastenbelegung einzuprägen. Auch die Bedeutung der Piktogramme auf der Karte muss man alleine entschlüsseln. Mal verbirgt sich hinter dem Symbol das nächste Missionsziel der Story – anderswo lässt sich z.B. die Waffe aufrüsten oder eine Art Rohrpost freischalten, mit der man schneller ans andere Ende der offenen Welt gelangt.

No Man's Sky lässt grüßen...
Im Bereich der Erzählung wirkt die Geheimniskrämerei aber entspannend anders: Als Spieler fühlt man sich wie ein Außerirdischer, der durch den Monitor Kontakt mit einer anderen Dimension aufnimmt. Mit seinen ganz eigenen Regeln, Mechanismen und Wesen – deren Sprache man natürlich nicht versteht. Eine dieser Figuren ist der spielbare Held im roten Kostüm. Er muss die sich im Laufe des Spiels öffnende Welt offenbar von einer pinkfarbenen Stachelpflanzenplage befreien, die mit der Invasion von Monstern zusammenhängt. Zwischendurch trifft er immer wieder auf einen tief grummelnden Giganten, der ihn nach einem Unglücksfall gerettet hat und manchmal per Handzeichen die nächste Aktion andeutet.

Bezaubernder Mix aus Natur und Mechanik

Die nur sehr sporadisch eingesetzten Synthesizer-Flächen halten sich schon etwas zu stark zurück. Die stimmungsvollen Soundeffekte aus der Natur und die lebendige visuelle Umsetzung wecken aber sofort die Entdeckerlust: Überall hoppeln faszinierend designte Kreuzungen aus Häschen und Blume herum, giraffenähnliche Riesen mit langen Beinen und Säure spuckende Monster mit bizarr verformten Extremitäten sorgen für Hingucker. Manchmal kann man den feindlichen Kreaturen einfach aus dem Weg gehen. Oft empfehlen sich allerdings Kämpfe und Ausflüge an abgelegene Orte, um Rohstoffe für die kleine Schmiede zu sammeln, mit der man seine Ausrüstung ein wenig aufmotzt. Ein neuer Umhang etwa kann mehr Energie verleihen.

Die altertümlich anmutende Architektur gibt Geheimnisse auf.
Wer im Gefecht nicht aufpasst und zu ungestüm attackiert, wird schon mal im Handumdrehen von einer rotierenden Keule zerfetzt. Das Kampfsystem ist nicht übermäßig komplex, findet aber einen schönen Mittelweg zwischen Einsteigerfreundlichkeit und der nötigen Wachsamkeit. Wird man auf einer unübersichtlichen Landzunge von Monstern umzingelt, sollte man im passenden Rhythmus den Schild ziehen, Stampfer und Ausweichrollen starten oder die kurz zuvor aufgerüstete verlängerte Schwertkombo nutzen. Auch der vom Steinriesen angenähte, magisch glühende Prothesen-Arm wird dann nützlich. Ähnlich wie das Schwert kann er schnelle frontale Attacken starten oder sich mit einem gewissen Risiko sekundenlang aufladen, um einen verheerenden Stoß auszuführen.

Ein Hieb- und Stichfest?

Die kräftige Armprothese wird auch wichtig, um Wände zu durchbrechen, denn die Kämpfe spielen in Hob nur die zweite Geige. Im Zentrum stehen die riesigen Maschinenrätsel, in welche die Gefechte allerdings organisch eingebunden wurden. Ob auf der grünen Wiese, im finsteren Glühwürmchenmoor, einer blitzenden Elektrowelt oder inmitten von Tümpeln: Überall trifft man auf mehrfach drehbare Steinpodeste, elektronische Maschinenmoloche, Teleportationsfelder oder riesige Aquädukte. Die vielschichtigen Puzzles sind motivierend designt und geleiten den Helden mit allerlei Checkpoints zum Ziel. Am Rande eines großen kreisrunden Steinpodestes z.B. turnt man zunächst einmal über ein paar Plattformen, um zu diversen Schaltern zu gelangen. Hat man eine Drehscheibe zurechtgeschoben oder -geboxt, schlüpft man durch kleine Eingänge zum nächsten verschiebbaren Element oder wagt weite Sprünge. Auch bewegliche Kisten und elektronische Schaltkreise sind oft involviert.

Hier fehlt der richtige Dreh.
Ab und zu sorgen allerdings die sehr vagen Aufgabenstellungen für Frust, vor allem zu Beginn des Abenteuers. Es kommt durchaus vor, dass man erst eine ganze Weile lang ahnungslos durch die Welt läuft, bis endlich klar wird, dass der Held an einem bestimmten Bauwerk noch gar nicht alle wichtigen Aufgaben erfüllt hat. Selbst in einer rätselhaften Welt wie dieser hätten die Entwickler mehr dezente Hinweise einbauen sollen – z.B. mehr Piktogramme oder Gesten von Figuren wie dem grummelnden Mentor. Neben diesem Freund, friedlichen Waldtieren und zahlreichen Gegnern trifft man im Laufe des Abenteuers übrigens auch auf eine geheimnisvolle Figur, deren Absichten sich schwerer abschätzen lassen.

Technisch unsauber

Die kurzen Hüpfpassagen zwischendurch spielen sich angenehm fordernd, da man hier anders als in Uncharted & Co. nicht so stark geleitet wird, sondern selbst zielen muss. Schade, dass sich die schräge Vogelperspektive nicht so gut für Jump-n-Run-Einlagen eignet. Die Akrobatik steuert sich also bei weitem nicht so befriedigend knackig wie in Jump-n-Runs mit freier Kamera, so dass man sich gelegentlich verschätzt. Manchmal versperren sogar riesige Berge die Sicht, statt ausgeblendet zu werden.

Auf dem PC darf man auch mit der Tastatur steuern.
Ein weiteres Problem sind die gelegentlichen Bugs, häufigen Schnittstellenfehler und die teils starken Ruckler. Auf einer gewöhnlichen PS4 sackte die Framerate manchmal sogar in den einstelligen Bereich. Schon kurz nach dem Release wurde sie zum Glück auf eine erträgliche Framerate zurechtgepatcht, wirklich flüssig ist sie aber weiterhin nicht. Auf einem PC mit einer GeForce GTX 980 mit den Grafik-Presets „High“ oder „Ultra“ gab es nur gelegentlich ein kaum störendes, leichtes Ruckeln. Ärgerlicher waren dort die manchmal auftretenden Abstürze oder Bugs. Dabei blieb die Figur in der Umgebung hängen oder schwebte sogar unter wilden Zuckungen unter die Karte. Das ist ärgerlich, wirklich tragisch sind die technischen Macken aber nicht. Steckt man wieder einmal in der Botanik fest, kann man sich per Respawn aus dem Hauptmenü befreien. Dank der vielen Checkpoints ist man schnell wieder vor Ort. Nach und nach deckt man immer größere Teile der Karte auf, um sie von der Seuche zu befreien und neue Geheimnisse und Fähigkeiten zu entdecken.

Fazit

Die allgegenwärtige Geheimniskrämerei in Hob ist Fluch und Segen zugleich: Einerseits haben mich die etwas zu vage gehaltenen Aufgabenstellungen vor allem zu Beginn ziellos durch die offene Welt laufen lassen, zumal auch allerlei Bugs und Ruckel-Attacken dazwischen funkten. Die mysteriöse Aufmachung hat aber auch ihre Vorteile, die in diesem Spiel deutlich überwiegen. Ich wurde regelrecht in die fremdartige Welt mit all ihren bizarren Kreaturen und Mechanismen hineingesogen und konnte es kaum erwarten, immer mehr Geheimnisse aufzudecken und meinen Helden zu verbessern. Besonders gelungen sind die coolen Mechanikpuzzles mit ihren riesigen, verschachtelten Maschinen. Wer Spaß am Entdecken hat und ein wenig Geduld mitbringt, kommt also auf seine Kosten und wird rund zehn Stunden lang gut unterhalten.  

Pro

geheimnisvolle Erkundung
stimmungsvoller Mix aus Natur und Technik
coole gigantische Maschinenrätsel
einfach gehaltene, aber gelungen eingeflochtene Kämpfe
toll designte Kreaturen
verhältnismäßig große Welt
schöne Soundeffekte und stimmungsvolles Grundrauschen

Kontra

zu vage gehaltene Aufgaben sorgen mitunter für Verwirrung
leichtes (PC) bzw. manchmal auch starkes Ruckeln (PS4)
Abstürze, Bugs und Schnittstellenprobleme
schräge Vogelperspektive schlecht für Plattformer geeignet
Soundtrack zu still und sporadisch

Wertung

PC

Faszinierender Ausflug in eine lebendige Welt voller rätselhafter Riesenmaschinen.

PlayStation4

Auf der PS4 leidet das mysteriöse Action-Adventure stärker unter Rucklern als auf dem PC.

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