Im Test: Meisterzyniker
Der König heißt...
...Leveldesign! Also kniet nieder und huldigt den Entwicklern von Cyanide, wenn ihr Freunde der geheimen Wege, der versteckten Tunnel, der steilen Simse und alternativen Routen seid. Dieses Styx: Shards of Darkness besticht mit einer offenen Architektur, die den Vorgänger nochmal übertrumpft und innerhalb des Genres ihresgleichen sucht - kein Thief, kein Deus Ex und kein Dishonored können da mithalten. Zumal man diesmal durch wesentlich ansehnlichere und abwechslungsreichere Areale schleicht, von in Felsen gewachsenen Siedlungen über pompöse Festungen mit Badehäusern und Ritualtempeln bis hin zu stolzen Luftschiffen über mehrere Decks.
Damit hört die Vielfalt noch nicht auf, denn Styx kann sich unter Tischen oder in Vasen, Kisten oder Schränken verstecken, aus der Distanz mit Sand Fackeln löschen oder ablenkende Geräusche machen. Die Wachen reagieren aufmerksam auf viele Kleinigkeiten: Sie wundern sich über eine gelöschte Fackel und entzünden sie wieder, sie suchen im höchsten Alarmzustand auch in Nischen. Nur sind sie manchmal beim Blick nach unten scheinbar blind, außerdem sind ihre Patrouillenwege etwas zu statisch.
Der Prinz heißt...
...Styx! Auch wenn er diesen kitschigen
Und das Beste ist: auch der Spieler nicht! Denn wenn man stirbt, bekommt man in den Ladephasen seine ganze Häme in rotzfrechen Sprüchen bis hin zum
Wer sich von diesem kritischen Alter Ego nicht zu sehr runtermachen will, sollte auf dem ersten von vier Schwierigkeitsgraden spielen, denn schon auf der normalen zweiten Stufe wird man gefordert. Zum einen, weil man bei all der Kletterei auch schon im Tutorial abstürzen kann. Zum anderen, weil die aufmerksamen Wachen nach der Entdeckung des Goblins sofort tödliche Feinde sind, denn Styx fehlen bis auf eine mögliche Parade und einfache Hiebe die schlagenden Argumente im Nahkampf. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn er ist von Anfang an mit den einblendbaren Sichtlinien der Wachen sowie seinen Fähigkeiten aus der Distanz so stark aus dem Hinterhalt, dass er gar nicht in Duelle gehen muss. Und dieses Gefühl der Übermacht führt zusammen mit einigen Automatismen zu den ersten Kritikpunkten.
Viele überflüssige Fähigkeiten
Von Anfang an kann Styx etwas zu weit erfolgreich werfen - nicht nur Pfeile, selbst der Sand trifft die weit entfernte Fackel immer sicher, was spätestens nach gefühlten zehn Metern über Abgründe und durch Fenster etwas seltsam anmutet. Er kann auch jederzeit die Goldharzsicht aktivieren, um alle interaktiven Objekte und Feinde in blinkender Farbe anzuzeigen. Außerdem darf er sich auf Kosten von Goldharz bereits kurz unsichtbar machen und einen Klon beschwören, den man fremdsteuern kann, um z.B. Fackeln zu löschen oder Schalter zu bedienen, und der bei Entdeckung keinerlei Alarm auslöst - zumindest wird dieser Styx nicht negativ angerechnet.
Zwar hat man so viel Spaß beim morbiden Experimentieren, aber Styx wirkt mit all den oben genannten Aktionen und Hilfen in den ersten Stunden so mächtig, dass die entwickelbaren Fähigkeiten in den fünf Bereichen Klonen, Alchemie,
Lobenswert ist, dass Styx jederzeit umschulen kann und einmal Erlerntes tauschen darf. Auch dass man für die finalen Fähigkeiten am Ende des Talentbaums den kostbaren Quarzsand benötigt, ist eine gute Entscheidung - nur: man braucht sie nicht. Lediglich einige der erlernbaren Aktionen sind hilfreich und kreativ, weil sie für neue taktische Varianten sorgen: etwa, dass man im Todesfall im Klon wiedergeboren wird. Oder dass man die Unsichtbarkeit auf Wachen übertragen kann, damit man sie z.B. ohne Alarm töten kann. Aber der Großteil wie die Alchemie oder der Nahkampf ist fast überflüssig, führt bloß zu noch besser Goldharzsicht oder mehr Schlagkraft.
Alchemie & Automatismen
Zumal die Freude über das so herausragende Leveldesign durch zwei weitere spielmechanische Defizite gedämpft wird: Zwar kann man durch Schlüssellöcher spähen, aber man kann einmal geöffnete Türen nicht verschließen, was angesichts der Blickwinkel der Wachen und der Tatsache, dass sie sich auch darüber wundern, sehr ärgerlich und natürlich unrealistisch ist. Zum anderen öffnet man auch verschlossene Türen immer automatisch, muss vielleicht mal einen Dietrich dabei haben, aber das läuft immer ohne ein aktives Minispiel oder eine Herausforderung - gerade in diesem Bereich hätte man auch Styx' Fähigkeiten als Dieb entwickeln können.
Der allmächtige Goblin?
Außerdem sorgen zwei wichtige, schnell vergessene Elemente für stetigen Anspruch. Zum einen gibt es keine Karte, die mir gleich alles verrät, so dass die Suche selbst zu einer
Stimmungsvolle Fantasywelt mit Kooperation
Und Cyanide um eine bessere Präsentation bemüht und hievt dieses Abenteuer auf ein in Ansätzen filmisches Niveau, auch wenn man technisch weder auf Konsolen noch dem Rechner aktuelle Referenzen hinsichtlich der Grafik erreicht. Zwar kann die Story erzählerisch nicht begeistern, zumal Styx zwar den störrischen Einzelgänger verkörpert, der auch die sinnlose Rassengewalt kritisiert, aber dann wie ein Befehlsempfänger einfach Aufträge von menschlichen Goblinschlächtern annimmt. Es gibt einige kleine Widersprüche innerhalb des groß angelegten Konfliktes, in dem u.a. Goblins, Menschen und Dunkelelfen vorkommen, deren Ziele man nicht sofort durchschauen kann.
Last but not least darf man einen weiteren Pluspunkt nicht vergessen: Man kann dieses Abenteuer kooperativ erleben, indem man auch mitten in einer Mission online nach Verstärkung fragt und dann zusammen den Rest meistert. Selbst wenn man im Duett kleine Mali akzeptieren muss, wie etwa weniger Leben, keine Chance auf eine Parade und kein manuelles Speichern, ist man zu zweit und bei aktiver Absprache natürlich noch effizienter, zumal man sich wiederbeleben und tolle Kombinationen einleiten kann: Meuchel du ihn, ich hab ihn sicher - oder so.
Fazit
Ich liebe diesen zynischen Goblin. Wann wird man nach dem Tod in einem Videospiel so herrlich runtergemacht? Das letzte Mal habe ich so einen Anschiss bei der Bundeswehr bekommen. Und Recht hat er: Wir sind doch alle vom digitalen Komfort verweichlichte Jammerlappen! Aber nicht nur seine Sprüche sind klasse, vor allem das Leveldesign ist der König dieses Schleich-Abenteuers: Styx: Shards of Darkness besticht mit einer offenen Architektur, die den Vorgänger nochmal übertrumpft und innerhalb des Genres ihresgleichen sucht - kein Thief, kein Deus Ex und kein Dishonored können da mithalten. Es gibt in den wunderbar verwinkelten Arealen fast ebenso viele Möglichkeiten, sein Ziel zu erreichen oder sich zu verstecken, wie sein Ziel hinterhältig auszuschalten. Und diesmal kann man jede Mission kooperativ meistern! Diese spielerische Freiheit muss man einfach loben, zumal auch das Figurenverhalten überzeugt. Allerdings stagniert das Abenteuer hinsichtlich der Automatismen und Entwicklung: Man kann Türen nicht schließen, löst nur recht simple Rätsel, wirft unrealistisch weit Sand sowie tödliche Pfeile und fühlt sich zu früh mächtig. Das führt dazu, dass die Entwicklung der Fähigkeiten sowie das Sammeln von Erfahrungspunkten an Reiz verliert. Auch das Horten der überall offen verteilten Zutaten wirkt lieblos - warum hat man das nicht in Kisten versteckt und mit Schlossknack-Minispiel erschwert? Aber Cyanide inszeniert trotzdem ein angenehm anspruchsvolles Abenteuer, das mich Stunde um Stunde mehr fordert, wenn Styx auf stärkere Feinde und kniffligere Situationen trifft. Unterm Strich ist die Präsentation deutlich reifer, die Charaktere sind interessanter und selbst wenn die Story selbst nicht begeistert, gibt es doch einige böse Überraschungen für den fiesen kleinen Dieb. Wer Stealth-Action alter Schule in einer erwachsenen Fantasywelt à la The Witcher 3 sucht, wird hier richtig gut unterhalten!
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Ich liebe diesen zynischen Goblin. Cyanide inszeniert trotz einiger Statik ein angenehm anspruchsvolles Schleich-Abenteuer mit hervorragendem Leveldesign und Koop-Funktion.
XboxOne
Ich liebe diesen zynischen Goblin. Cyanide inszeniert trotz einiger Statik ein angenehm anspruchsvolles Schleich-Abenteuer mit hervorragendem Leveldesign und Koop-Funktion.
PC
Ich liebe diesen zynischen Goblin. Cyanide inszeniert trotz einiger Statik ein angenehm anspruchsvolles Schleich-Abenteuer mit hervorragendem Leveldesign und Koop-Funktion.
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