Conan Exiles05.06.2018, Mathias Oertel
Conan Exiles

Im Test: Überleben ist harte Arbeit

Das Survival-Abenteuer hat sich in den letzten Jahren zu einem Eckpfeiler des Actionspiels gemausert. Angetrieben von Titeln wie Rust, Ark: Survival Evolved oder Subnautica zieht der Überlebenskampf die Spieler scharenweise vor den Monitor oder Fernseher. Funcom (The Secret World, Anarchy Online) setzt bei seiner Variante von Ressourcen-Sammlung, Kampf sowie Siedlungsbau auf eine bekannte Marke. Kann Conan Exiles (ab 14,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) den Erfolg der Early-Access-Phase mit über einer Million verkaufter Exemplare in der finalen Version rechtfertigen? Der Test gibt die Antwort.

Nackt und allein

Nachdem man seine Figur in einem halbwegs brauchbaren Editor kreiert hat, der nicht nur Überlebenskämpfer beider Geschlechter erlaubt, sondern je nach Einstellung des Servers auch komplette Nacktheit unterstützt, findet man sich an einem Kreuz wieder. Den Elementen einer unbarmherzigen Wüste ausgesetzt, wird man kurz vor dem vermeintlichen sicheren Tod von Conan gerettet. Doch der Schutz des Cimmeriers währt nicht lange. Er macht sich wieder auf seinen einsamen Weg und man ist auf sich allein gestellt. Auf dem Weg ins Landesinnere stolpert man  schon nach kurzer Zeit über einen Wasserbeutel, so dass man seine Figur über die Zufuhr des kühlen Nass ein wenig abkühlen kann. Doch zum Überleben gehört auch das Stillen von Hunger, die Beschaffung von Kleidung, ersten Werkzeugen, um effektiver Ressourcen wie Holz oder Steine abzubauen und schließlich das Bauen von Waffen, Behausungen, Werkstätten und vielem mehr.

Die Anfänge als Verbannter in der Welt von Conan sind bescheiden. Mit Steinwaffen und Stoffrüstung können selbst behäbige Krokodile zu einer echten Gefahr werden.
Auf den ersten Blick scheint Funcom sich mit Conan Exiles beim Konzept eng an Studio Wildcards Ark: Survival Evolved zu orientieren. Hier wie da kann man sowohl solo bzw. kooperativ antreten, wobei man den Schwierigkeitsgrad in vielerlei Hinsicht modifizieren kann. Die Ausschüttung an Erfahrungspunkten und damit der Aufstieg der Figur kann ebenso angepasst werden wie die Effektivität der Nahrungsaufnahme, der Schaden, den die Gegner anrichten und vieles mehr. Wer nicht nur gelegentlich gemeinsam mit seinem Kumpel den Überlebenskampf angehen will, kann sich auch mit größeren Mitspielergruppen auf den offiziellen oder eigenen Servern treffen – wahlweise nur im Kampf gegen die Umgebung, aber auch im Rahmen einer gnadenlosen Jeder-gegen-Jeden-Mentalität auf PvP-Servern. Während bei Letzterem die Sozialdynamik mit dem Recht des Stärkeren zwar eine interessante Erfahrung ist, habe ich mich für den Test allerdings auf PvE-Server und das Offline-Solo- bzw. kooperative Erlebnis konzentriert. Doch gleichgültig wie man startet, fällt bereits beim zweiten Blick auf, dass Conan Exiles deutlich einsteigerfreundlicher gestaltet wurde.

Motivationsschleife mit Grind-Ansatz

Die Handwerks-Rezepte sind vielfältig und ein Grundpfeiler der Motivation.
Man findet trotz eher schwacher Tutorial-Anweisungen schnell Nahrung und kommt auch mit dem anfangs noch übersichtlichen System zur Herstellung von Gegenständen klar. So hat man sich schnell eingekleidet, während das Inventar mit weitgehend nützlichem Zeug befüllt wird, nachdem man mit Äxten und Spitzhacken Bäume abholzt oder Felsen zertrümmert. Mit jedem abgeernteten Stück Holz, mit jedem Ast, jeder Pflanzenfaser sowie später mit dem Erlegen von Tieren, dem Entdecken neuer Gebiete oder dem Töten von Gegnern  wächst das Erfahrungskonto, das schließlich zu einem Aufstieg der Figur führt. Daraufhin kann man nicht nur in sieben Bereichen wie Stärke, Genauigkeit, Belastung oder Überleben die als Belohnung ausgeschütteten Fähigkeitspunkte verteilen, wobei mit bestimmten Punktzahlen der einzelnen Bereiche passive Boni aktiviert werden. Zusätzlich darf man unabhängig von den Attributspunkten auch seine Talente, sprich: Handwerksfähigkeiten, ausbauen. So kann man zu einem potenten Waffenschmied werden, sich zu einem Steinmetz-Meister ausbilden, sein Können als Rüstungsschmied erweitern und vieles mehr. Doch irgendwann reichen die Rohstoffe, die man im Startgebiet finden kann, nicht mehr aus, um hochwertigere Waffen (z.B. aus Metall) herzustellen. Sprich: man wird sich immer weiter von seiner Basis entfernen müssen, um potente Rohstoffe zu finden und zu sammeln.

Um solch ein Domizil aufzubauen, ist relativ viel Zeit und viel Grind notwendig - auch wenn einen ggf. Vasallen bei der Herstellung des Baumaterials unterstützen.
Mit der daraus entstehenden besseren Ausrüstung kann man dann noch weiter ins Landesinnere vordringen, findet dort abermals besseres Material  usw. Die daraus entstehende Motivationsspirale ist durchaus bemerkenswert. Zumal die Welt von Conan Exiles mit Wüste, Dschungelgebieten, zerklüfteten Berglandschaften, schneebedeckten Gipfeln und sogar einem Vulkan viel Abwechslung bietet. Allerdings gibt es auf allen Systemen immer wieder technische Probleme, wobei schon ein halbwegs potenter PC am besten mit der Unreal Engine 4 umzugehen versteht. Die Konsolen jedoch leiden unter reduzierter Auflösung, die trotzdem nicht vor sporadischen Rucklern oder Pop-ups der Levelgeometrie schützt. Zudem ist die Benutzerführung in den Inventar- sowie Herstellungsmenüs auf Konsolen nicht so intuitiv wie mit Maus und Tastatur. Und Conan Exiles ist nicht vor Grind gefeit. Der setzt sowohl solo als auch auf mit Gruppen anderer Spieler auf PvE-Servern spätestens in dem Moment ein, wenn man quasi von Stein- zu Eisenwerkzeugen wechselt. Nicht nur, dass die Eisenvorkommen im Vergleich zu den abbaubaren Felsen deutlich geringer ausfallen. Sie befinden sich zudem in Gebieten, dessen Anreise auch für Figuren jenseits der Stufe 20 und damit zig Stunden investierter Zeit bei Unachtsamkeit gefährlich werden kann. Zusätzlich kann es einem u.U. verleidet werden, da die verbesserten Werkzeuge oder Waffen auch fortgeschrittene Werkstätten erfordern, für die man ebenfalls z.B. erst einmal horrende Eisenerz sammeln und einschmelzen muss. Und wenn man bei einem „Ressourcen-Ausflug“ stirbt, muss man (je nach Einstellung) erst einmal zu seiner Leiche zurück und sein gesamtes Hab und Gut bergen.

Allein oder gemeinsam: Es dauert

Dumm nur, wenn man vor seiner Reise nicht daran gedacht hat, sich für den Fall der Fälle ein zweites Ausrüstungsset anzufertigen und in seinem Lager zu verstauen. Falls der Weg zu weit ist, kann es sein, dass man verdurstet oder verhungert, bis man ankommt. Nicht zu vergessen, die Gefahren, die lauern, wenn man mehr oder minder unbewaffnet die Strapazen auf sich nimmt. Um das Elend komplett zu machen: Dauert es zu lange, bis man am Ort des Ablebens angekommen ist, verschwindet nicht nur die Leiche, sondern auch alles, was sie mit sich trug. Und wenn man zu diesem Zeitpunkt die Arbeit der letzten zwei oder drei Stunden verliert, drückt das auf die Motivation. Und davor ist das Spiel  auch auf einem PvE-Server nicht sicher. Zwar wird man mit einer Gruppe schneller und gefahrloser wieder zu seinem Kadaver zurückkehren können. Doch um bestimmte, teilweise interessante Mechaniken wie z.B. Belagerungswaffen bei Angriffen auf größere NPC-Siedlungen nutzen zu können, muss mitunter die gesamte Spieler-Bevölkerung auf einem Server Ressourcen sammeln, was das Zeug hält. Auch die Beschwörungen von Gottes-Avataren, die Zerstörung in einem großen Umkreis auf die Gegner regnen lassen, benötigen viele Rohstoffe. Sehr viele. Und wenn man währenddessen in seiner Siedlung (bei entsprechend eingeschalteter Option) von der „Säuberung“ (im Original: Purge) heimgesucht wird, einer halbzufällig gestarteten NPC-Angriffswelle, kann sich der Frust schnell auf die gesamte Gruppe ausweiten.

Es gibt mehr als genug Server-Optionen, um das Spielerlebnis auf seine Bedürfnisse zuzuschneiden.
Doch egal, ob solo, zu zweit oder im Team: Mit einer Geschichte, die sich durch die gesamte Spielwelt zieht und einen lose an die Hand nimmt, versucht Funcom dafür zu sorgen, dass man immer wieder in die Spielwelt abtaucht. Zumeist mit Erfolg. Doch es hätte ungleich intensiver sein können, wenn im Umfeld der lose eingestreuten, aber dann spannend inszenierten sowie mit Überraschungen wie Boss-Gegnern aufwartenden Erzählung auch andere Mechanismen optimiert worden wären. Das auf Ausdauer basierende Kampfsystem z.B. bleibt trotz Ausweichmöglichkeit, Block, starkem und schwachen Angriff sowie Aufschaltoption oberflächlich. Das liegt in erster Linie an den weder bei den NPCs noch bei Spielern üppigen Kombo-Optionen. Sprich: Hat man die wenige Angriffsschemata der Standardgegner verinnerlicht, droht von ihnen nur noch Gefahr, wenn sie in einer Gruppe angreifen oder vorrangig aus Fernkämpfern bestehen, die einen mit Pfeilen oder Gift malträtieren und man nur ein Schild der untersten Stufe bei sich hat. Dass hier wie bei allen anderen Aktionen die Animationen zumeist unsauber ablaufen, erschwert das Vergnügen zusätzlich. Zudem stört, dass die Perspektive, die zwischen Schulter- und Egosicht gewechselt werden kann, bei den Auseinandersetzungen (vermutlich aus Übersichtsgründen) automatisch hinter dem Spieler postiert wird.  Auch beim Klettern, dass der Gebietserforschung eine interessant Facette hinzufügt, wird die Ansicht in die Schulterperspektive verliegt.

Versklavte NPCs

Um solche Avatare beschwören zu können, sind Unmengen an Ressourcen nötig - der Grind nimmt kein Ende.
Selbst man vornehmlich mit Freunden,  in einer kleinen Gruppe oder sogar solo spielt, ist man unter dem Strich nicht allein. Es gibt nicht nur ausreichend der wieder auftauchenden Rohstoffe, sondern auch genug NPCs und Monster in der Welt, die ebenfalls nie komplett ausgerottet werden können. Letztere garantieren z.B. einen steten Nahrungsnachschub. Und auch wenn die vom Computer gesteuerten Figuren eigentlich nur da sind, um sich als Gegner zu präsentieren und scheinbar keine Bedürfnisse befriedigen müssen, erfüllen sie noch einen anderen Zweck. Denn man kann sie nicht nur im Kampf besiegen, sondern sie unter bestimmten Voraussetzungen, zu denen u.a. auch das Rad der Schmerzen gehört, gefügig machen und sie danach als Leibeigene einsetzen. Und das nicht nur, um an Fertigungsstätten für einen steten Nachschub an Material zu sorgen. Mitunter stehen nur bestimmten Vasallen spezielle Herstellungs-Rezepte zur Verfügung, wenn sie an „ihrer“ Handwerksstation stehen. Man kann sie aber auch in den Kampf mitnehmen oder sie zur Verteidigung im Falle der Säuberung nutzen.

Bei der Gewalt ist Conan Exiles nicht zimperlich. Das Blut fließt hektoliterweise.
Und in einem weiteren Fall sind die Vasallen sogar lebensnotwendig. Auf bestimmten Gebieten der Karte kann man von der Verderbnis ("Corruption") übermannt werden, die einem bis zu 50% von Ausdauer und Gesundheit abziehen kann, je länger man sich in ihr aufhält. Davon wiederum kann man nur geheilt werden, wenn man einem "Unterhalter" zuschaut. Dieses Element ist in Online-Rollenspielen nicht neu, Veteranen werden sich vielleicht noch an die Ur-Version von Star Wars Galaxies erinnern: Dort hat man sich in Gefechten zunehmend mit Stress belastet, der nur von Tänzern (vorzugsweise in Cantinas) wieder aufgelöst werden könnte. Daran scheint man sich beim Konzept der Unterhaltungs-Sklaven orientiert zu haben. Allerdings funktioniert dieses Konzept für mich hier noch weniger als seinerzeit bei Star Wars Galaxies – und dort war mein Sekundär-Charakter eine Tänzerin. Während die Mechanik, die Verderbnis durch Unterhaltung heilen zu können, durchaus ihren Reiz hat, stehen Aufwand und Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis. Im Zweifelsfall hält es meine Figur nur davon ab, für meinen nächsten persönlichen Bau- oder Herstellungsmeilenstein Ressourcen zu sammeln.

Fazit

Als Survival-Action gefällt mir Conan Exiles dank seines angenehmeren Einstiegs und der trotz eines schwachen Tutorials sanften Lernkurve besser als Ark - und schlägt dementsprechend auch Metal Gear Survive um Längen. Angetrieben von einem weitreichenden Herstellungs-System findet man sich vor allem in den ersten zehn bis 20 Stunden in einer angenehmen Motivationsschleife wieder: Man baut Ressourcen ab, stellt zunehmend bessere Gegenstände oder Waffen her und kann in der überraschend großen Spielwelt in neue Gebiete vordringen, wo man bessere Rohstoffe erbeutet, die wiederum zu stärkerer Ausrüstung führen, so dass man in abermals frischen Bereichen eine bessere Überlebenschance hat. Dass man das Abenteuer sowohl solo sowie kooperativ als auch auf PvE- oder PvP-Servern an seine Bedürfnisse anpassen darf, wirkt sich ebenfalls positiv auf die Motivation aus. Gleiches gilt für das Vasallen-System, das einem viele Standardaufgaben u.a. beim Crafting abnehmen kann, einen aber auch im Kampf unterstützen kann. Dennoch nimmt der Grind auch mit einem vollen Server im Rahmen der Rohstoff-Gewinnung schließlich massiv zu und liefert im Gegensatz zur Frühphase nur noch selten relevante Belohnungen. Der auf einem Ausdauersystem basierte Kampf hätte vielleicht die Kohlen aus dem Feuer holen können. Doch mit seinen häufig hölzernen Bewegungen und den nur wenigen Kombos hat man sich an den Gefechten zu früh sattgesehen. Die Konsolen werden zudem noch von einer schwächeren Kulisse mit gelegentlichen technischen Macken sowie vor allem in den Bereichen Inventar und Herstellung gewöhnungsbedürftigen Steuerung ausgebremst. Dennoch hat es Funcom geschafft, auf Basis der namhaften Lizenz durchweg solide Überlebensaction abzuliefern.

Pro

umfangreiches Herstellungs-System
einsteigerfreundlich
solo, koop, auf PvE- sowie PvP-Servern spielbar
Kampfsystem basiert auf Ausdauer
sehr viele Einstellmöglichkeiten, auch auf Serverbasis möglich
gutes Bausystem
NPCs können zu Leibeigenen gemacht werden
ansprechend große Welt mit diversen Vegationszonen
PC-Version unterstützt Steam-Workshop für Modifikationen
Geschichte sorgt immer wieder für Motivationsschub
Belagerungen möglich
Klettern eröffnet Gebietserforschung in der Vertikalen

Kontra

schwaches Tutorial
immer wieder plumpe Animationen
wenig Abwechslung bei NPC-Kampfverhalten
ab "Midgame" sehr grindlastiger Ressourcen-Abbau
Kamera schaltet im Kampf automatisch in die Schulterperspektive
auf Konsolen technisch nicht immer sauber
Benutzerführung mit Pad gelegentlich unituitiv

Wertung

PC

Solide sowie einsteigerfreundliche Survival-Action mit einem umfangreichen Herstellungssystem und einer angenehm großen Spielwelt. Allerdings wird man auch hier irgendwann von erheblichem Grind eingeholt.

XboxOne

Solide sowie einsteigerfreundliche Survival-Action mit einem umfangreichen Herstellungssystem und einer angenehm großen Spielwelt, dabei technisch schwächer als am PC. Allerdings wird man auch hier irgendwann von erheblichem Grind eingeholt.

PlayStation4

Solide sowie einsteigerfreundliche Survival-Action mit einem umfangreichen Herstellungssystem und einer angenehm großen Spielwelt, dabei technisch schwächer als am PC. Allerdings wird man auch hier irgendwann von erheblichem Grind eingeholt.

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