Nach drei Stunden geht es richtig los
Und das Beste ist: Erst nach drei Stunden und einem spannenden Bosskampf, in dem man das Dach einer Riesenspinne zum Einstürzen bringen muss, nimmt dieses Abenteuer erst richtig Fahrt auf. Warum? Weil sich erst jetzt nicht nur die Größe der Karte andeutet, wenn man herauszoomt und staunt, dass man tatsächlich ein Zwerg in einem Labyrinth ist, sondern weil Marryn das U-Boot erstmals tauchend verlassen kann. Schon vorher konnte man viele geheime Wege finden, aber jetzt ergeben sich nochmal deutlich mehr Möglichkeiten - auch was die Spielmechanik betrifft.
Die Unterwasserwelt ist riesig und frei erkundbar. Teleporter helfen dabei, große Distanzen zu überwinden.
Nicht nur, dass Marry natürlich in schmalere Spalten passt und so ganz neue Höhlen erkunden kann - was übrigens nochmal den Blick für die Kulisse schärft, denn das Mädchen ist einfach so winzig, dass man alles um sie herum genauer beobachtet. Ab jetzt kann das U-Boot z.B. auch ein Eisengitter per Hebel oben halten, während sie umher taucht und vielleicht den wichtigen Fomori-Kopf findet. Den kann sie per Knopfdruck transportieren, denn er passt sicher auf eine Statue, die in kompletter Gestalt wiederum ein altes Tor öffnet, vor dem man vor zwei Stunden noch verzweifelte - endlich, es geht weiter!
Zwischen Blitz, Eis und Feuer
Aber nicht nur die Trennung oder Kooperation von Schiff und Kapitän erweitert in dieser Phase die Möglichkeiten: Erst jetzt kann Marryn neben ihren Blitz-, vielleicht auch Feuer- oder Eis-Torpedos abfeuern, um damit enstprechende Barrieren zu zerstören. Diese Geschosse helfen natürlich auch gegen Monster, denn so muss man nicht in den Krallen-Nahkampf gehen.
Auch wenn nichts passiert, machen die Tauchgänge richtig Spaß: Die Kulisse überzeugt mit ihrer Tiefenwirkung und das Artdesign schöpft beim Thema Meer aus dem Vollen.
Hat man dazu noch die Ausweichrolle aktiviert, ergeben sich actionreiche, angenehm kontrollierbare und zumindest im Ansatz taktische Gefechte - man weicht aus, stößt rechtzeitig zu oder schießt. Während man die meisten Quallen und Anglerfische recht leicht besiegt, weil die Kralle zu mächtig ist, muss man bei riesigen Krebsen die frontale Attacke abwarten, sie dann umkreisen und hinten treffen. Etwas mehr Feinde dieser anspruchsvollen Art sowie gezielte Konter fehlen dem Abenteuer gerade in den finsteren Bereichen, wo man mit seinen Torpedos nahezu blind alles aus dem Weg räumen kann.
Dass man es nicht zu leicht hat, liegt wiederum an einigen fiesen Fallen und Fesselzonen, die man meiden sollte. Stirbt man, ist das aufgrund der fair verteilten Speicherpunkte, die auch die Gesundheit voll aufladen, kein Problem. Man kann seine Lebensdauer übrigens erhöhen, indem man weitere Rumpfteile findet - Zeldas Herzen lassen grüßen. Außerdem kann man all die Schätze, die es in niedriger Zahl als Monsterbeute und richtig wertvoll in geheimen Arealen als Diamanten oder Seepferdchen gibt, in seine Ausrüstung investieren, um Kralle, Schub & Co weiter zu entwicklen. Sehr cool: Irgendwann kann man das selbst verschossene Feuertorpedo schnell mit der Kralle einfangen, um sich einen Rundumschutz zu erschaffen, der einen wie ein Meteor umkreist.
Welche Tür braucht welchen Schlüssel?
Was hat es mit diesen versunkenen Artefaktenauf sich? Führen sie Marryn zu ihrem Vater?
Schade während der Routenplanung ist allerdings, dass man auf der Karte zwar blockierte Türen, aber nicht deren Art (Stein, Holz, Eis, Glas, Fomori etc.) erkennen kann. Das führt dazu, dass man des Öfteren enttäuscht zurücktuckert, weil man einfach noch nicht die Mittel dazu hat, die Blockade vor Ort zu öffnen - es gibt also auch einige Wegwiederholungen und vielleicht Sackgassengefühle.
Aber gehört das nicht zu einer Odyssey? Eben. Und ich finde es gut, dass Insomniac zwar auch Kinder mit diesem Abenteuer anspricht, aber diese nicht mit zig Hinweisen und Tipps unterfordern will. Wer seine Augen aufmacht und die Gegend beobachtet, wird auch einen Weg finden. Dabei geht es auch um physikalische Kleinigkeiten: Das schwere Fass sollte man auf die Druckplatte rollen, damit sich das Gatter öffnet; den schweren Stalagniten sollte man abschießen, damit der die eisenbewehrte Kiste unter sich zermalmt. Neben diesen vielen offensichtlichen Interaktionen gibt es tolle Wechselweirkungen, wenn man etwa Bomben durch Strömungen lotst oder andere Meeresfrüchte mit Tempo durch kleine Kanäle jagt, um an einen Schalter oder Schatz zu kommen. Trotzdem rätselt man selbst nach Stunden noch an anderer, scheinbar einfacher Stelle: Wie zur Hölle komme ich an dem Kugelfisch vorbei, der sich stachlig aufbläht?