The Unspoken21.12.2016, Benjamin Schmädig

Im Test: Magisches Kräftemessen

Dreimal schlage ich auf den Amboss, dann halte ich einen Speer in der Hand, den ich auf meinen Gegner schleudere. Ruhe habe ich daraufhin aber nicht; vielmehr attackiert mich ein Geschwader kleiner magischer Bomber, deren Flieger ich entweder durch Feuerbälle zerstöre oder mit einem Schild abwehre. Anschließend teleportiere ich mich hinter eine Barrikade, wo ich halbwegs ungestört aus Einzelteilen einen Roboter zusammenstecke, dessen riesiges Abbild Sekunden später über das Kampfgebiet tobt...

Potter vs. Potter

Dabei wollte ich nie Harry Potter sein! Magie übt einfach keinen besonderen Reiz auf mich aus, weshalb ich kaum einen Pfifferling auf magische Duelle gesetzt hätte, bevor ich auf The Unspoken gestoßen bin. Zwei menschliche Spieler stehen sich hier auf verschiedenen Seiten einer Arena gegenüber, bewerfen sich mit Feuerbällen, brennenden Schädeln, Polizeiwagen oder Silvesterraketen und ermitteln in zwei Gewinnrunden den Sieger der Partie: Abgesehen von kleinen Übungen für Solisten ist The Unspoken durch und durch auf Multiplayer ausgelegt.

Raumgreifend

Und wie gut gerade das Zaubern in die Virtual Reality passt, wenn man mit durchdachten Handbewegungen Elemente beschwört! Immerhin zielt man hier nicht nur wie in einem der zahllosen Geschütz-Shooter à la Serious Sam VR, Damaged Core und Lethal VR oder schmeißt wie in Ripcoil einen Diskus gen Gegner. Zwar gibt es auch in den

Das Wirken der Zauber passt perfekt zu den Möglichkeiten der Virtual Reality.
magischen Duellen einen profanen Feuerball, den man durch Halten des „Abzugs“ am Touch-Controller auflädt und mit einer Wurfbewegung in die entsprechende Richtung pfeffert.

Eine größere Rolle spielen aber aufwändige Zauber, die man während des Haltens einer oder beider Griff-Tasten wirkt: Es fühlt sich einfach cool an, den mächtigen Speer zu schmieden, indem man einen Hammer greift und damit auf einen Amboss schlägt. Es ist auch klasse, die Hände zu verschränken, Energie aufzuladen und den so aufgeladenen Schild buchstäblich aufzuziehen. Ein bisschen taucht man sogar in Star-Wars-Gefilde ab, wenn man Objekte der Umgebung zu sich heran zieht, um sie auf den Gegner zu schleudern. Witzig ist auch das Aufschließen eines Käfigs, um einen Kobold freizulassen, der die Energie des Gegners stiehlt, sowie das Heben der Arme, um Polizeiwagen über die Podeste des Kontrahenten zu ziehen und im gewünschten Augenblick fallen zu lassen.

Auf dem Sprung

Denn das ist ein weiteres wichtiges Element: Man teleportiert sich auf eins von mehreren Podesten, indem man auf das gewünschte Ziel zeigt und die entsprechende Taste drückt. Die Vorteile gegenüber dem freien Teleportieren liegen in der schnelleren Bewegung sowie einer besseren Übersicht. Immerhin muss man sich am Ziel nicht erst orientieren

Entwickler Insomniac Games hat die Virtual Reality für sich entdeckt: Neben Edge of Nowhere und Feral Rites ist The Unspoken schon das dritte veröffentlichte VR-Projekt des Studios, das sich u.a. mit Ratchet & Clank sowie Resistance einen Namen gemacht hat und derzeit an Spider-Man für PS4 arbeitet.
und mir macht vor allem eine scheinbar unbedeutende Kleinigkeit großen Spaß: Ohne den Gegner auch nur eine Sekunde aus den Augen zu verlieren kann man auf ein Podest zeigen, während man z.B. einen Feuerball formt, den man nach dem Ortswechsel sofort auf den überraschten Widersacher schleudert – lässig!

Weil sich die Fähigkeit nach jedem Transport kurz aufladen muss, ist sie nicht übermächtig. Weil sie so locker von der Hand geht, spielt die Bewegung in The Unspoken aber im Vergleich zu anderen VR-Titeln eine angenehm große Rolle – umso mehr, weil über den Podesten gelegentlich Energie für weitere Zauber schwebt und man den Gegner nicht von jeder Position aus auf jedem feindlichen Podest treffen kann. Mitunter sind zerstörbare Barrieren oder bewegliche Objekte im Weg. Dadurch kann man sich auch mal zurückziehen, um einen aufwändigen Spruch zu wirken oder einem Angriff auszuweichen, während man den Kontrahenten zwingt, bestimmte Podeste auszuwählen. Die könnte man nicht zuletzt mit einem schädlichen Zauber belegen...

Monströses Finale

Man nimmt ja keine vorgefertigte Auswahl magischer Sprüche mit in den Kampf, sondern wählt das eigene Alter Ego aus verschiedenen Klassen und verleiht ihm jeweils drei Fähigkeiten. Die drei klassenspezifischen Zauber (ein Schild,

Sobald der Gegner ein solches Monster ruft, ist der Kampf meist schon entschieden.
ein Schuss sowie ein mächtiger zielsuchender Angriff) gleichen sich dabei leider sehr, die drei wählbaren bestimmen allerdings ähnlich wie ein Sammelkartendeck die taktische Aufstellung. Schade, dass defensive Spieler und solche, die auf das Verwirren ihres Gegners sowie das Schwächen seiner Fähigkeiten setzen, meist im Nachteil gegenüber aggressiven Angreifern sind. Trotzdem verleiht es den Duellen eine sinnvolle Tiefe, dass man sich auf verschiedene Zusammenstellungen von Zaubern einstellen muss.

Und dann gibt es noch jene Monster, deren riesige Abbilder erscheinen, nachdem man sie wie das Modell aus einem Steckbaukasten zusammengebaut hat – was einige lange Sekunden dauern kann. Um das Modell zu erhalten, muss man außerdem eine magische Kugel zerstören, wobei nur jener Spieler das Monster erhält, dem dies am schnellsten gelingt. Bleibt also die Frage: Wendet man alle Kraft der Kugel und dem folgenden „Modellbau“ zu oder stürzt man sich auf den Kontrahenten, während der abgelenkt und vielleicht schutzlos ist?

Fazit

Die coolen und sehr unterschiedlichen Zaubersprüche verleihen das eindringliche Gefühl, tatsächlich Teilnehmer eines magischen Wettstreits zu sein. Dank des Verzichts auf schnelles Dauerfeuer und weil der Schwerpunkt auf dem genauen Umsehen sowie dem vergleichsweise langen Auslösen der Zauber liegt, fühlt man sich dabei nie von einer Rundum-Action übermannt, sondern ist immer Herr (oder Frau) des Geschehens. Spielerische Tiefe entsteht durch das ähnlich wie in einem Kartendeck angelegte freie Zusammenstellen von Zaubern. Mit seiner schnellen und taktisch wichtigen Bewegung über feste Positionen sowie den vielen offensiven und defensiven Möglichkeiten gefällt mir The Unspoken sogar besser als das auf den ersten Blick coole, auf Dauer aber recht gleichförmige Superhot VR. Den Umfang guter Sammelkartenspiele erreicht das magische Kräftemessen allerdings nicht, während defensive Spieler offensiven Gegnern meist unterlegen sind. Dennoch sollten Besitzer der Touch-Controller unbedingt einen Blick auf diese spannenden Online-Duelle werfen!

Pro

Auslösen von Zaubern durch sehr verschiedene Handbewegungen
unterschiedliche Klassen mit jeweils eigenen Fähigkeiten...
schnelles Positionieren, teils hinter Barrikaden oder auf Erhöhungen
Arenen ändern sich im Verlauf einer Partie und bieten interessante Herausforderungen mit teils starken Höhenunterschieden und Hindernissen

Kontra

aggressive Angreifer sind meist im Vorteil
... aber sehr ähnliche grundlegende Fähigkeiten aller Zauberer

Wertung

PC

Wie gemacht für die virtuelle Realität: Insomniac inszeniert magische Duelle mit coolen Zaubern und taktischer Tiefe.

OculusRift

Wie gemacht für die virtuelle Realität: Insomniac inszeniert magische Duelle mit coolen Zaubern und taktischer Tiefe.

VirtualReality

Wie gemacht für die virtuelle Realität: Insomniac inszeniert magische Duelle mit coolen Zaubern und taktischer Tiefe.

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