Trials of the Blood Dragon14.07.2016, Jan Wöbbeking

Im Test: Der beste Mix?

Mit Far Cry 3: Blood Dragon verwandelte Ubisoft seine Shooterserie in eine neonfarbene Hommage an das Actionkino. Jetzt kreuzt das finnische RedLynx seinen knallharten Motocross-Parcours mit buntem Wahnsinn aus den Neunzigern. Eine gelungene Mischung?

So harmonisch wie Eiscreme mit Leberwurst

Antti Ilvesso brachte es auf Ubisofts E3-Pressekonferenz auf den Punkt: „Trials und Blood Dragon haben zusammen Baby gemacht! [sic!]“ In der Standalone-Erweiterung zu Trials Fusion versucht man sich nach wie vor an kniffligen Motorrad-Parcours voller waghalsiger Sprünge und Überschläge. Zwischendurch wird der Geschicklichkeitstest neuerdings von Jump-n-Shoot-Sequenzen unterbrochen, in denen man sich wie in Contra & Co. Von links nach rechts ballert und ein paar Plattformen überwindet. Die Einbettung in die Geschichte ist wieder mal herrlich bekloppt und ähnlich wendungsreich wie eine wilde Episode aus South Park oder Rick and Morty. Im Jahr 2019 kämpft sich der Spieler durch den vierten Vietnam-Krieg, nimmt es mit Blood Dragons auf dem Mars auf oder macht das in typischen Miami-Vice-Farben gehaltene Florida mit dem Zweirad unsicher. Schade, dass die Video-Regie es mit all ihren Nostalgie-Filtern übertreibt. Vor allem die Zeichentricksequenzen sind derart mit künstlichen Fehlern, Bildblitzen, Kompressionsartefakten und Farbverschiebungen zugeballert, dass man eigentlich nur noch in der Mitte des Bildschirms scharf sieht.

Nervig: Die eingestreuten Jump-n-Shoot-Sequenzen steuern sich nicht griffig genug.
Noch mehr auf die Nerven gingen mir die zwei dauernörgelnden Hauptfiguren. Wenn sich Rex Power Colt mit grummliger Stimme durch Far Cry 3: Blood Dragon fluchte, wirkte das durchaus cool. Die ständigen Beschwerden seiner Kinder Roxanne und Slayter erinnern eher an quängelige Teenager auf dem Rücksitz. „Wieso kann jetzt nicht einfach meine Lieblingsserie schauen?“, „Weshalb hält der Bossgegner nicht endlich die Klappe?“, „Warum muss ich nur immer Recht behalten?“ Ächz!

Mit Schmackes durch den vierten Vietnamkrieg

Lange nach Rex' Verschwinden begeben sich die zwei jungen Cybercommandos auf die Suche nach ihm und räumen allerlei übertrieben stereotyp kreischende Vietnamesen aus dem Weg. Der retro-technoide Synthie-Soundtrack von Powerglove hat mich sofort in die passende Grundstimmung versetzt, trotzdem kam nur selten der Spielfluss der Vorgänger auf. Das liegt vor allem daran, dass der klassische Balanceakt auf zwei Rädern immer wieder von den nervigen Actionsequenzen unterbrochen wird. Theoretisch sind sie eine lustige Idee, ihre Umsetzung erinnert aber an eine amateurhafte Mod: Die Figuren bewegen sich einfach zu träge, um ein motivierendes 2D-Geballer und punktgenaue Sprünge zu ermöglichen. Immer wieder landet man zu nah vor einer Kiste oder bleibt anderweitig hängen, so dass man im Kugelhagel landet und zurück zum letzten Speicherpunkt muss.

Das Schwingen per Harpune macht schon deutlich mehr Laune.
Gerade in einem Spiel, das derart viel Wert auf Präzision legt, wirkt das deplatziert. Zudem wirken auch das Level-Design und die lustlose Platzierung der Standard-Soldaten auf Plattformen und in Aufzügen billig (was aber immerhin thematisch in den Kontext trashiger Samstagmorgen-Cartoons passt).

Immerhin zeitweise spannend

Mehr Spaß machen die altbekannten Geschicklichkeitstests auf zwei Rädern: Dank feinfühliger Dosierung von Gas und Bremse entfaltet sich zumindest manchmal wieder die typische Motivation, es wieder und wieder zu versuchen, um sich die Zähne an den Geistern von Freunden und der Weltspitze auszubeißen. Gesteuert wird lediglich mit L, R und dem Analogstick. Erstere ermöglichen penibles Beschleunigen und Abbremsen. Mit dem Stick wird dabei der Körper des Fahrers ausbalanciert, um sich z.B. in letzter Sekunde auf eine Vorsprung zu wuchten. Im Wald geht es über steil empor ragende Baumstümpfe, in mystischen Höhlen über kollabierende Brücken und wenn Magie im Spiel ist, dreht sich auch schon mal die komplette Welt auf den Kopf. Leider übertreiben es die Entwickler wie in Fusion mit wilden Kamerawechseln, so das man oft erst nach mehreren Anläufen versteht, wo man wie um die Ecke springen oder kopfüber an der Decke fahren soll. Ähnlich verwirrend wird es während eines Drogentrips, in dem sich die wild wabernde Welt stetig verändert - schon wieder eine eigentlich lustige, spielerisch aber schwach umgesetzte Idee.

Yeehaw!
Allgemein ist die Qualität des Level-Designs auch in den Motorrad-Parts gesunken. Schön ist, dass auch Einsteiger das leichter gewordene Spiel problemlos meistern können, Profis werden dagegen vor allem zu Beginn unterfordert. Wer nach dem Durchspielen dran bleibt und gute Wertungen einstreicht, kann aber immerhin noch schöne Boni wie Levels mit einem ferngesteuerten Mini-Fahrzeug freischalten oder ein an Pokémon angelehntes Viech weiterentwickeln. Auch andere Spezialfahrzeuge sind schön in die Story eingebunden: Mal poltert ein Mars-Fahrzeug durch Krater und Wände, anderswo wartet eine Lohrenfahrt mit abenteuerlichen Sprüngen. Gut gefallen hat mir auch der Einsatz des Greifhakens zum schwungvollen Überqueren von Abgründen. Manchmal muss man sogar gleichzeitig rasen und schießen. Davon abgesehen merkt man dem Umfang aber an, dass es sich nur um eine eigenständig laufende Erweiterung und kein vollwertiges Trials handelt. Es fehlen z.B. der Level-Editor und die Mehrspieler-Rennen aus früheren Teilen.

Fazit

Trials of the Blood Dragon ist ein typisches Beispiel für eine lustige Idee, die besser eine Idee geblieben wäre. Wie bei einem wilden Musik-Mashup, den man morgens nach der Party mit einem Kumpel komponiert hat und der in nüchternem Zustand plötzlich ziemlich holprig klingt. Was nützt mir all das coole Story-Wirrwarr rund um Klischees der frühen Neunziger, wenn die eigentlich spannenden Motorrad-Parcours immer wieder von dilettantisch trägen Plattform-Sequenzen unterbrochen werden? Da sich beides ständig abwechselt, will einfach nicht der Spielfluss der großartigen Vorgänger aufkommen. Auch die ständig nörgelnden jungen Helden gingen mir schnell auf den Wecker, zumal ihre Zeichentrick-Sequenzen zu übertrieben mit Störfiltern verzerrt werden. Schade um die nach wie vor fesselnde Grundmechanik und ein paar nette Neuerungen wie dem Greifhaken. In seinen besten Momenten hat mich die Standalone-Erweiterung doch noch dazu motiviert, mit diversen Geistern um die Bestzeit zu kämpfen. Ziemlich oft habe ich mir aber einfach nur die älteren Serienteile zurückgewünscht.

Pro

motivierendes Stunt-Prinzip mit dem Motorrad
feinfühliges Spiel mit Gas und Bremse
angenehm alberner, völlig überdrehter Story-Wahnsinn
abenteuerliche, aufwendig designte Streckenführung
Geister von Freunden motivieren
cooler Mix aus Computerspielmusik und auf alt getrimmtem Techno

Kontra

simpel designte Jump-n-Shoot-Abschnitte
träge Steuerung in Hüpfpassagen
wilde Kamerawechsel erfordern zu viel Trial & Error
unsympathische dauernördelnde Hauptfiguren
kein Level-Editor enthalten
keine Mehrspieler-Rennen mehr
nerviger Overkill absichtlicher Bildfehler und -filter

Wertung

PC

Der Mix geht nicht auf: Träge Actioneinlagen und unsympathische Cartoon-Helden stören immer wieder die Jagd nach Bestzeiten.

PlayStation4

Der Mix geht nicht auf: Träge Actioneinlagen und unsympathische Cartoon-Helden stören immer wieder die Jagd nach Bestzeiten.

XboxOne

Der Mix geht nicht auf: Träge Actioneinlagen und unsympathische Cartoon-Helden stören immer wieder die Jagd nach Bestzeiten.

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