Im Test: Schön anzusehen, schlecht zu fahren
Der Kanadier Mark McMorris zählt neben Shaun White zu den absoluten Größen des Sports. Sein Name auf dem Cover verspricht BigAirs, Halfpipes, Rails und Funparks und beschreitet somit einen ganz anderen Weg als Ubisofts Steep. Leider wird das Spiel dem großen Namen überhaupt nicht gerecht, wie der Test zeigt.
Kontrollverlust an den Sticks
Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Steuerung von Infinite Air ist eine Lawine, die das gesamte Spiel in die unteren Wertungsebenen abrutschen lässt. Zwar will man an der genialen Flick-It-Steuerung der skate-Teile anschließen, jedoch schafft man es nicht, hier dem Spieler ein Gefühl der totalen Kontrolle zu geben. Und das wäre so unglaublich wichtig. Entweder man verpasst komplette Obstacles oder fährt diese falsch an. Drückt man nach unten, vollführt der Boarder einen Tailpress statt zu bremsen. Hin und wieder klappt das zwar im Tiefschnee, aber von einer Geschwindigkeitskontrolle kann nicht gesprochen werden, zumal das Carven ebenfalls kaum Auswirkungen besitzt. Hiermit kontrolliert man eigentlich die Geschwindigkeit in einer Kickerline (aufeinanderfolgende Rampen), damit man eben nicht auf dem gefährlichen Knuckle (Rundung zwischen Table und Landung) oder gar hinter der Schräge auf dem Flat landet. Aber das ist egal. Denn in Infinite Air kann man überall landen. Per Nose- und Tailpress kann man zwar fluffig Jibben (kleine Tricks im Flat), warum aber diese Nebensächlichkeit meine Kontrolle über das Brett vernachlässigt, will mir nicht einleuchten. Und wer in den Bergen unterwegs ist, weiß, dass man im echten Leben mit 70 Sachen keine harten Kurven einleiten, sehr wohl aber in ein paar Metern auf 40 runterbremsen und dann gezielt Dinge anfahren kann. Um es im Jargon der Berge zu formulieren: Ich „nail“ nicht annähernd die Dinge, die man in Infinite Air nach jedem Sprung machen kann, dafür verpasse ich im echten Leben aber keine Anfahrten für Rails und Kicker und besitze ein Gefühl der totalen Brettbeherrschung. Dies geht dem Spiel total flöten.
Luftikus der Lüfte
Eine Will-Kür
Und das ist relevant, wenn man im Herzstück des Spiels Herausforderungen meistern muss, die entweder an bestimmte Tricks, eine hohe Punktzahl oder den Gewin eines Wettbewerbs gekoppelt sind. Saubere Landungen bringen zwar mehr Punkte, aber auch hier ist es ein reines Glücksspiel, was bei der Landung passiert. Wieso kann man das Drehen nicht durch das Loslassen des Analogsticks effektiv verlangsamen und muss eine Taste für die korrekte Landung drücken? Wer dann zu stark verkantet, mault sich. Und schon würde sich die Willkür in Luft auflösen. Aber nicht alles ist schlecht: Denn auf der anderen Seite hat man beim Absprung durchaus eine stimmige Variante gefunden. Ich muss im richtigen Moment die Drehung auslösen, ansonsten krepiert der 720er und wird zu einem gähnenden 360er.
Ein Editor als Spiel
Fazit
Ich hab mich auf Infinite Air gefreut, denn ich zähle die skate-Titel zu den besten Vertretern des Sportgenres. Leider kann die Steuerung nicht ansatzweise mit der Asphaltvorlage mithalten. Ohne Aktionstasten ruht einfach alles auf wilden Kombinationen, die eine Lotterie in der Luft auslösen, was als Ergebnis rauskommt. Das Auflösen der Rotationsbewegungen verläuft zudem nahezu unkontrolliert. Viel schlimmer ist aber der Kontrollverlust bei Anfahrten: Ich kann zwar 200 Meter-Sprünge mit vierfachen Frontflips auslösen, aber fühle mich bei Anfahrten wie ein Besoffski, der auf der Hütte in ein Glühweintopf gefallen ist. Realismus hin oder her: Ich erwarte hier ein Gefühl der totalen Kontrolle, die ich nach 20 Jahren auf dem Brett besitze und im Spiel überhaupt nicht wiederfinden kann. Damit kippt auch der Editor-Ansatz: Denn neben Herausforderungen mit gutem Kurs-Design warten nur die Strecken anderer Spieler. Keine Story. Keine Rennen. Keine wirklichen Missionen. Das wäre an sich etwas mau, aber nicht weiter schlimm, wenn die Steuerung nicht so schwammig wäre, als hätte SpongeBob sich daran probiert. Dennoch hat das Spiel seine magischen Momente, wenn man durch die Tiefschneelandschaft gleitet und die nächste Wechte als Anlass für einen waghalsigen Sprung nimmt. Hier entfaltet die Unity-Engine eine traumhafte Backcountry-Szenerie. Aber dieser Moment ist kurz.
Pro
zum Teil schöne Tiefschneelandschaft
Animationen der Tricks sind gelungen
gutes Kursdesign
Kontra
Seitwärtsdrehungen klappen immer
Verkanten wird ignoriert
Katastrophale Geschwindigkeitskontrolle
Schwammige Steuerung
kein Stopp der Rotation bei Flips möglich
Pop-Ups
kaum Spielinhalte, lediglich Herausforderungen
Wertung
PC
Infinite Air will das skate der Snowboardspiele sein, erreicht aber nicht annähernd die Qualität einer Flick-It-Steuerung und bietet darüber hinaus nur ein dürftiges Missionsdesign an.
PlayStation4
Infinite Air will das skate der Snowboardspiele sein, erreicht aber nicht annähernd die Qualität einer Flick-It-Steuerung und bietet darüber hinaus nur ein dürftiges Missionsdesign an.
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