Robo Recall31.03.2017, Jan Wöbbeking

Im Test: Actionreiche Demontage mit Oculus Touch

Epic Games will der Welt demonstrieren, wie man VR richtig umsetzt: Der mittlerweile den Touch-Controllern beiliegende Shooter Robo Recall protzt nicht nur mit beeindruckend detailreichen Stadtkulissen, sondern bietet auch das ideale Steuerungsschema für die raumfüllende Highscorejagd. Ein exklusives Kauf-Argument für Oculus Rift?

Mehr als nur ein Shooter!

So intensiv wie hier tauche ich sonst nur in Superhot VR durch die Kugeln: Zuerst lege ich per Kimme und Korn auf die 20 Meter entfernt schwebende Drohne an und hole sie dank der erstaunlich feinfühligen Steuerung präzise vom Himmel. In der nächsten Sekunde teleportiere ich mich hinter einen wildgewordenen Roboter, greife nach seinem Henkel und reiße ihm die Blechrübe vom Hals. Reflexartig halte ich seinen Torso wie ein Schild vor mich und wehre damit ein paar Kugeln ab, die ich bereits im rechten Augenwinkel auf mich zufliegen sehe – dann schleudere ich den funkenden Körper in einen von links herbei sprintenden Angreifer, der knirschend zu Boden geht. Treffer! Zum Schluss verpasse ich dem von einem Dach auf mich zu springenden Blecheimer eine konzentrierte Ladung aus der Schrotflinte, die ihn mit einem Rückwärtssalto außer Gefecht setzt – was für ein Tanz! Sogar die von der Zeitlupe verlangsamten Kugeln lassen sich mit den Fingern aus der Luft fischen und stylish zurückwerfen.

Makaber aber lustig: Die Roboter lassen sich nach Herzenslust zerpflücken oder sich als klapprige Schlagwaffe einsetzen. Oder man ballert beidhändig mit einem von zwei Waffenpaaren, die nach einer kurzen Cooldown-Periode automatisch nachladen.
Das Steuerungsschema von Robo Recall ist ein wahr gewordener Traum: Nutzt man drei Tracking-Kameras, werden sämtliche Bewegungen unglaublich präzise umgesetzt (Mindestvoraussetzung sind die standardmäßigen zwei Kameras). In der kompletten Spielzeit hatte ich nur einen einzigen kurzen Aussetzer. Abgesehen von ein paar Komplettabstürzen wirkt auch die technische Umsetzung bemerkenswert gut: Zwischen den Hochhausschluchten, in denen man auf Roboterjagd geht, gibt es  viele kleine Details, Risse im Asphalt und Lichtspiegelungen in Pfützen zu entdecken, die den Spieler förmlich in eine andere Welt versetzen. Sogar mit der von Oculus vorgegebenen Minimalkonfiguration sorgt das Ergebnis für eines der ansehnlichsten VR-Spiele, das selbst auf hohen Grafikeinstellungen flüssig bleibt.

Aufmüpfige Blech-Baggage

Die Hintergrundgeschichte ist simpel: Nachdem ein Virus die allgegenwertigen Service-Roboter einer Mega-Corporation korrumpiert hat, laufen sie in der Stadt Amok. Ich schlüpfe in die Rolle eines Wartungstechnikers, der die Suppe auslöffeln darf und sich um die actionreichen „Recalls“ kümmert. Besonders putzig und unbeholfen wirkt der Humor der Metallstörenfriede, die partout nicht verstehen, warum die Menschen ihre Dienste als Vernichter der Menschheit nicht wertschätzen. Sie erfüllen schließlich nur vorbildlich ihr aktuelles Protokoll und werfen dabei mit ihren einprogrammierten Worthülsen um sich: „Der Nutzer verhält sich inakzeptabel!“ oder auch ein liebenswert-dämliches „Wo ist denn Agent 34 geblieben?“, wenn man sich einfach hinter sie beamt, um sie mit einem Überraschungsangriff auseinanderzupflücken. Das Ausrupfen der Gliedmaßen treibt den Kombo-Zähler ebenso in die Höhe wie z.B. Luft-Treffer und andere Tricks.

Zurück zum Absender: Manche Projektile und sogar Raketen lassen sich aus der Luft fischen und zurückschleudern.
Übertreiben sollte man das Herumgepeitsche mit den Torsos aber nicht – sonst beschwert sich die freundlich gesinnte Ansager-KI über unangemessene Foltermethoden. Davon abgesehen ist sie aber Feuer und Flamme für den Spieler und schmeichelt ihm ununterbrochen mit Sätzen wie „Agent 34 – die Legende!“ - was prima zu den euphorischen Gitarrenriffs und der aufgedrehten altmodischen Spielhallen-Stimmung passt. Die Kehrseite dieser Unbeschwertheit ist, dass im Gegensatz zu Superhot VR oder Horrortiteln wie Resident Evil 7 nie wirklich eine bedrohliche Stimmung aufkommt. Die andromorphen Druiden, explosiven Springspinnen und fetten Mechs aus Metall werden schlimmstenfalls lästig, weil sie mit ihren Attacken die Kombo stören. Gestorben bin ich nur ganz selten. Die riesigen Bosse werden ebenfalls nicht wirklich knifflig, bringen aber immerhin etwas Abwechslung ins Spiel - ähnlich wie wie die eingestreuten Sammel-Missionen oder die Beschützung eines Relais. Etwas anspruchsvoller wird es lediglich im späteren All-Star-Modus, der erst nach einigen schwierigen Extra-Herausforderungen freigeschaltet wird. Die eigentliche Motivation ergibt sich in Robo Recall also aus der Highscorejagd, mit der man sich in den weltweiten Bestenlisten verewigt.

Spannungsmangel

Zwischen den Missionen spatziert man durch die detailverliebt eingerichtete Konzernzentrale und hört dabei zu, wie sich zwei KIs zanken. Es werden übrigens auch Mods unterstützt.
Es gibt zwar eine Sortierung nach Freunden, soziale Herausforderungen werden aber nicht angeboten. Man kann sich in der Endabrechnung lediglich Extra-Sterne verdienen, indem man z.B. eine hohe Punktgrenze durchbricht oder eine bestimmte Anzahl von Robotern mit Hilfe aufgefangener Kugeln trifft. Schade auch, dass es einiges an Fleißarbeit erfordert, die sinnvollen Modifikationen für Pistolen, Revolver, Schrotflinen und Energiekanonen freizuschalten. Laservisiere oder der Umbau der Schrotflinte für größere Distanzen erweisen sich in der Action als durchaus nützlich, viele davon bekommt man allerdings erst, wenn man das etwas knappe Angebot von neun ähnlich designten Großstadt-Levels beinahe schon auswendig kennt.

Fazit

Jeder Käufer der Oculus-Touch-Controller sollte unbedingt ein paar Runden Robo Recall spielen! Der Kampf gegen Amok laufende Roboter gestaltet sich zwar nicht so spannend wie Superhot VR - trotzdem ist die humorvolle Highscorejagd bemerkenswert gut auf die Möglichkeiten von VR zugeschnitten und auch ein technisches Meisterstück. Es ist schon fast unheimlich, wie präzise und verlässlich die Roomscale-Steuerung funktioniert, wenn man zwischen drei Tracking-Kameras herumwirbelt. Dabei rupft man Robotern ihre Extremitäten aus, taucht mit dem Körper durch Projektile oder fängt sie sogar auf, um sie zum Absender zurückzuschicken – und das dank Teleportation ohne jegliche Übelkeitsanflüge. Lediglich der zu niedrige Schwierigkeitsgrad und der begrenzte Umfang dämpfen den Spaß. Wer sich gerne in Herausforderungen festbeißt und Bestenlisten erobert, kommt aber trotzdem auf seine Kosten!

Pro

motivierende Kombo- und Highscorejagd
technisch beeindruckende Kulisse, sogar auf schwächeren Rechnern
unheimlich mitreißendes Mittendrin-Gefühl
nahezu perfektes Raumtracking (mit drei Kameras)
ideal auf VR zugeschnittene Steuerung
unheimlich präzises Zielen
putzig-unbeholfener Roboter-Humor
sehr komfortables Spielen ohne jegliche Übelkeit
Mod-Support wird unterstützt

Kontra

Überleben ist deutlich zu leicht
kaum vorhandenes Gefühl der Bedrohung
nur drei Schauplätze mit je drei Levels
keinerleie Online-Modi, soziale Herausforderungen o.ä.
gelegentliche Abstürze
Waffen-Aufsätze werden zu langsam freigeschaltet

Wertung

PC

Erstaunlich präziser und technisch beeindruckender VR-Shooter mit Fokus auf Highscores und Herausforderungen.

VirtualReality

Erstaunlich präziser und technisch beeindruckender VR-Shooter mit Fokus auf Highscores und Herausforderungen.

OculusRift

Erstaunlich präziser und technisch beeindruckender VR-Shooter mit Fokus auf Highscores und Herausforderungen.

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