Dynasty Warriors: Godseekers08.02.2017, Mathias Oertel
Dynasty Warriors: Godseekers

Im Test: Rundentaktik mit Musou-Angriffen

Auch wenn bei der Musou-Action von Omega Force eine pseudo-strategische Ebene auf die Schlachtfelder gestülpt wurde, hat sie spielerisch nahezu null Auswirkung. Ganz anders bei Dynasty Warriors Godseekers. Hier gibt es keine klassischen Massenkämpfe, sondern rundenweises Taktieren à la Fire Emblem. Ob dieses Konzept aufgeht, verraten wir im Test.

Mal wieder Taktik

Es ist schon ein Weilchen her, dass Tecmo Koei mit Taktik bzw. Strategie bei den Dynasty Warriors experimentierte: 2002 und 2003 hatte man mit zwei Teilen von Dynasty Tactics eine interessante Basis für einen erfolgreichen Ableger der Action-Serie gelegt. Diese wurde aber seitdem nicht mehr aufgegriffen. Wenn es um Taktik im feudalen China ging, setzte man lieber auf Romance of the Three Kingdoms, dessen bislang letzter Teil auch hierzulande auf PS4 erschien. Mit Godseekers gibt man den Kriegern um Shao Zhun aus dem Shu-Königreich als Hauptfigur eine neue Chance, um auch abseits der Musou-Gefechte Akzente zu setzen.

Wegen der sich meist auf mehrere Felder auswirkenden Angriffe wird der Fokus auf optimale Positionierung der eigenen Einheiten gelegt.
Dabei entfernt man sich erzählerisch leicht von den historischen Vorgaben, an denen sich die Action-Spiele weitgehend akkurat entlanghangeln – und die Serienfans nicht nur im Hinblick auf den Aufstand der Gelben Turbane ausgiebig kennengelernt haben. Natürlich wird man den Rebellen ebensowenig entkommen können wie diversen anderen Szenarien, die Musou-Fans spätestens mit Dynasty Warriors 8 erlebt haben. Doch mit der geheimnisvollen Lixia, die von Zhao Yun mit seinem ebenfalls neu in das Spiele-Universum integrierten Jugendfreund Lei Bin aus einem mysteriösem Kristallgefängnis befreit wird, bekommen alle verknüpften sowie sich überschneidenden Erzählstränge eine übersinnliche Note. Trotz des Umstiegs auf Taktik als Spielbasis bleibt es auch hier bei den teils überlangen sowie grenzwertig pathetischen Dialogen, denen man nur auf Japanisch mit englischen Texten folgen darf. Einsteiger in die Welt der Dynasty Warriors könnten durch Inhalte bzw. Darstellung abgeschreckt werden, während Serienfans sich sofort heimisch fühlen.

Immer noch 1-gegen-100

Auf effektive Musou-Angriffe muss auch im rundentaktischen Kampf nicht verzichtet werden.
Auch in einem anderen Punkt bleibt man dem Action-Vorbild treu: Mit seinen Helden kämpft man nur selten mano-a-mano wie z.B. in Fire Emblem. Gelegentlich muss man sich zwar auch gegnerischen Helden stellen, doch zumeist warten auf den fein säuberlich in Quadrate aufgeteilten Schlachtfeldern ganze Truppen, die man rundenweise aufmischt. Dabei geht Godseekers sehr klassisch vor: Zuerst sind eventuell auf dem Schlachtfeld vorhandene Verbündete an der Reihe, die von der CPU meist ordentlich gesteuert werden. Dann bewegt man alle seine Figuren, greift an, solange man Bewegungspunkte hat, wobei die verschiedenen Attacken selbstverständlich unterschiedliche Punkte kosten oder nimmt eine defensive Stellung an – die ein probates Mittel ist, um Punkte für die nächste Runde zu konservieren. Schließlich machen die gegnerischen Verbände ihre Züge. Leider gibt es keine Möglichkeit, die häufig auch mehrere Kästchen auf einmal  umfassenden Angriffe wie z.B. bei Disgaea aufeinander abzustimmen und gemeinsam abzufeuern. Immerhin steht einem die Reihenfolge frei, in der man seine Figuren bewegt.

Dafür jedoch gibt es eine interessante "Synchron"-Mechanik, die allerdings erst durch erfolgreiche Angriffe aufgeladen werden muss. Hat man schließlich genug Synchro-Punkte erspielt, kann man mit jeder Figur diesen besonderen Angriffs-Modus starten – insofern verbündete Helden in der Nähe sind. Stellt man sich dabei clever an, sind die Auswirkungen für die gegnerischen Truppenverbände verheerend. Denn allen miteinander synchronisierten Helden steht nicht nur ein weiterer Zug mit voller Bewegungspunktzahl zur Verfügung. Zum Abschluss findet eine gemeinsam durchgeführte Gebiets-Attacke statt, die der Spieler durch Knopfdrücken zusätzlich aufladen kann und die in einem relativ weiten Einzugsgebiet liegen kann. Mit Geschick und etwas Glück kann man so nicht nur etwa die Hälfte der Feinde von der Karte jagen, sondern die Sync-Anzeige wieder gut, mitunter sogar komplett füllen. Schade: Selbst, wenn sich mehrere feindliche Helden auf dem Schlachtfeld herumtreiben, steht ihnen diese Kampfoption nicht zur Verfügung, die auf Spielerseite für zusätzliche Spannung hätte sorgen können. Das ist umso bedauerlicher, da das Anforderungsprofil auf „Normal“ höchst moderat ist und man die auch zum Erfahrungsgewinn (und damit Aufstieg) der eigenen Figuren sekundären Missionen eigentlich gar nicht benötigt.

Fähigkeitenbrett und Waffenwahn

Die Synchro-Attacken sind der Höhepunkt der weitgehend konservativen sowie zumeist oberflächlichen taktischen Möglichkeiten.
Obwohl man bis zu 1200 (!) Waffen sammeln und Inventar verstauen kann, sind die Speere, Schwerter, Armbrüste usw. nur sekundär, wenn es um die Entwicklung seiner Figuren geht. Auch wenn man zusätzlich durch den Einsatz von Gold Waffen verstärken oder sogar neu schmieden und in ihnen die Eigenschaften anderer Kriegswerkzeuge vereinen darf. Wichtiger sind die Fortschritte auf dem Fähigkeitsbrett, das mit jeweils über 100 Punkten bestückt ist, die aufeinander aufbauen und mal Eigenschaftswerte steigernd, dann wiederum passive oder aktive Fähigkeiten freischalten. Dass man dadurch anfänglich etwas überfordert scheint, wird aber durch den bereits angesprochenen zu niedrigen Schwierigkeitsgrad ausgeglichen, der nur sporadisch kleine Spitzen setzt. Damit bleibt man zwar den großen Action-Brüdern treu, doch sorgt dies leider dafür, dass Godseekers nur wenig mehr als ein Taktik-Häppchen für zwischendurch bleibt. Zumal man durch die mangelnde Gefahr auch kaum eine Beziehung zur Hauptfigur aufbauen kann.

Die Zwischensequenzen stehen denen der Hauptserie kaum nach.
Doch auch auf dem Schlachtfeld bleibt man einiges schuldig. Man kann sich zwar durch Angriffe aus einer erhöhten Position einen Vorteil verschaffen. Und Attacken von der Flanke oder von hinten sind vor allem gegen geschützte Einheiten deutlich effektiver als frontale Versuche. Doch das sind allgemeingültige Standards, die nicht fehlen dürfen. Auf Sichtlinien hingegen legt man weniger Wert und geht recht freizügig damit um. Wichtiger sind in diesem Zusammenhang eher die von Feinden versperrten Wege bzw. belegten Quadrate, die tunlichst freigeräumt werden sollten, um andere Offiziere vorrücken zu lassen.  Immerhin gibt es von Zeit zu Zeit geskriptete Überraschungen, wenn etwa neue Helden, Katapulte usw. auftauchen. Und mit den optionalen Zielen wie z.B. "Starte einen Synchro-Angriff" oder "Attackiere 30 gegnerische Truppen" kann man weitere ausrüstbare Hilfs-Gegenstände wie heilendes Essen oder zusätzliche Truhen gewinnen, in denen sich neue Waffen verstecken. Mit der sauberen Kulisse schließlich, die zumeist erfolgreich eine Brücke zwischen Musou-typischer Schlachtenhektik und ansehnlichem Diorama schlägt, wird eine technisch solide Basis für die taktischen Geplänkel gelegt.

Fazit

Das erste echte Taktikspiel im Dynasty-Warriors-Universum seit 2003 liefert einen ordentlichen Job ab. Die Rundenmechanik, in die die Massenschlachten und Musou-Angriffe eingebunden wurden, ist zwar höchst konventionell und bietet abseits des potenten Sync-Systems keinerlei Überraschungen. Doch zusammen mit der sauberen Kulisse, den mitunter effektheischenden Attacken sowie der interessanten Verknüpfung der bekannten historischen Bezüge mit übersinnlichen Elementen bekommt man auf der PS4 solide taktische Unterhaltung. Denn was man auf dem Feld der Ehre an Optionen offen lässt, kann die Charakterentwicklung mit ihren jeweils über 100 Felder bietenden Fähigkeitsbrettern sowie der Waffenwahl und –Verbesserung zu großen Teilen auffangen. Schade ist allerdings, dass der Schwierigkeitsgrad ganz in der Tradition der Hauptserie steht und damit bis auf wenige Ausnahmen eher am unteren Rand der Skala festgelegt ist. So dürfte Dynasty Warriors Godseekers in erster Linie Taktik-Einsteiger sowie Fans von Shao Zhun, Liu Bei & Co ansprechen, die ihre Helden mal in einer leicht anderen Rolle sehen möchten.

Pro

interessante Verbindung von Historischem mit Fantasy
über 60 Charaktere
umfangreiche Entwicklung der Figuren
interessantes Synchron-System für verheerende Angriffe
haufenweise Waffen, die zusätzlich aufgewertet oder verschmolzen werden können

Kontra

niedriges Anforderungsprofil
Sichtlinie ist irrelevant
oberflächliche Taktik-Optionen
erzählerisch innerhalb der Serie fast alles schon bekannt

Wertung

PlayStation4

Solide Rundentaktik, die die Musou-Action mit oberflächlichen strategischen Optionen und passabler Figuren-Entwicklung verbindet.

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