Im Test: Comic-Helden auf Rettungsmission
Gewohnte Telltale-Kost
Es ist so: Kann man der Telltale-Formel mit ihren interaktiven Filmen sowie Pseudo-Entscheidungsfreiheit etwas abgewinnen, kommt man auch hier auf seine Kosten, wenn man Fan der Marvel-Helden ist. Denn tatsächlich nimmt die Handlung mit den weiteren Episoden zunehmend Fahrt auf und bindet nicht nur weitere Figuren wie Mantis oder Nebula ein, sondern beleuchtet in Rückblicken auch die Vergangenheit der Protagonisten, ihre Konflikte untereinander, aber auch das Band von Freundschaft und Familie. Als Spieler sitzt man oft zwischen den Stühlen, wenn man in den vorgegebenen Dialogoptionen Partei für eine Seite ergreifen muss, doch läuft alles auf den großen Knall hinaus, dem die ebenso große Versöhnung folgen muss, wenn man die Galaxie retten will. Der Kampf gegen Thanos in der ersten Episode ist nicht mehr als ein Vorspiel, denn mit dem Auftauchen der Kree-Kommandantin Hala und ihren düsteren Plänen rund um ein mächtiges Artefakt ist die Gefahr noch längst nicht gebannt.
Bei der Spielmechanik setzt Telltale erneut auf die bewährte Mischung aus Mini-Erkundung in eingeschränkten Arealen, massig Dialogoptionen mit Entscheidungen unter Zeitdruck und vielen Actionsequenzen, die häufig von Reaktionstests bestimmt werden. Mit Fähigkeiten wie den Düsen-Stiefeln oder dem Zeit-Scanner gibt es zwar ein paar besondere Elemente, doch bleibt man überwiegend der gewohnten Formel treu. Dabei kommt auch der Humor nicht zu kurz, obwohl hier die Qualität der Kinofilme trotz manch lustiger Momente nicht erreicht wird. Das gilt auch für den Soundtrack: Zwar fährt man den einen oder anderen lizenzierten Song wie Stone Cold Crazy von Queen oder Dancing in the Moonlight von King Harvest auf, doch wirkt die Auswahl in den Filmen insgesamt einen Tick „cooler“. Die Hintergrundmusik im Spiel ist dagegen kaum der Rede wert und plätschert eher unauffällig vor sich hin. Schade, dass nicht auch die Songs im Spiel enthalten sind, nach denen die fünf Episoden benannt wurden, darunter z.B. Don't Stop Believing von Journey oder More Than a Feeling von Boston. Dafür leisten die englischen Sprecher gute Arbeit. Auf eine deutsche Sprachspur wird leider verzichtet und man muss mal wieder mit den etwas holprig übersetzten Untertiteln leben.
Eigenwilliges Figuren-Design
Technisch befinden sich die Guardians etwa auf dem gleichen Niveau wie der Auftritt des Dunklen Ritters Batman unter Telltale-Regie. Für Besitzer einer Xbox One ist das sicher keine gute Nachricht, denn das bedeutet, dass man hier erneut mit den z.T. starken Problemen bei der Bildrate leben muss, die den Spielspaß spürbar mindern. Auf der PS4 läuft das Spiel durchweg runder, obwohl es auch hier vereinzelt kleine Darstellungsprobleme zu verzeichnen gibt. Seit dem Umstieg auf die neue Engine (Batman) hat man die Möglichkeit, dass Zuschauer über die Funktion Crowd Play die Entscheidungen mit beeinflussen können – so auch hier. Mehr als einen netten Bonus stellt das Feature allerdings nicht dar, das ich persönlich ohnehin immer deaktiviere.
Fazit
Ich bin froh, dass sich Guardians of the Galaxy nach dem durchschnittlichen Einstieg in den weiteren Episoden noch etwas gefangen hat. Vor allem die Abstecher in die Vergangenheit der Protagonisten waren interessant, doch auch die drohende Gefahr durch die Eternity Forge und die Kree sowie manch schwere Entscheidung haben dafür gesorgt, dass mich die Abenteuer der Truppe bis zum Finale gut unterhalten haben. Nur die zu häufigen und oft künstlich herbeigeführten Konflikte innerhalb der Guardians waren mir irgendwann etwas zu viel und wirkten zu aufgesetzt. Das Skript konzentriert sich für meinen Geschmack etwas zu stark auf den zunehmenden Zerfall der Gruppe und die spätere Wiedervereinigung. Trotz frischen Mini-Impulsen bei der Spielmechanik bleibt Telltale auch bei den Guardians of the Galaxy über weite Strecken seiner bewährten Formel treu. Da ich nicht jede Serie des Studios spiele, habe ich zwischendurch immer noch Spaß an dieser leichten Kost, zumal der durchschnittliche Soundtrack mit schönen Lizenz-Nummern aufgepeppt wird. Und auch wenn ich mit dem ungewohnten Figurendesign nicht ganz warm geworden bin, mag ich die Guardians als coole Heldentruppe, deren verschiedene Persönlichkeiten treffend eingefangen werden. Auf der Xbox One leidet die Inszenierung allerdings einmal mehr an technischen Problemen, die sich vor allem in der schwankenden Bildrate und daraus resultierenden Ruckeleinlagen äußern. Welchen Eindruck die erste Staffel hinterlässt, die in bester Marvel-Tradition mit einem Cliffhanger eine Fortsetzung in Aussicht stellt? Ich zitiere da einfach einen der Helden mit den passenden Worten: Ich bin Groot!
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Die Telltale-Formel greift auch bei den Guardians of the Galaxy, doch an das Niveau der Kinofilme reicht das Episodenspiel trotz der unterhaltsamen Handlung und guten Inszenierung nicht heran.
XboxOne
Telltale schafft es immer noch nicht, seine Engine für den Einsatz auf der Xbox One zu optimieren. Die technischen Probleme wirken sich einmal mehr negativ auf das Spielerlebnis aus.
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