Call of Duty: WW206.11.2017, Michael Krosta

Im Test: Zurück an die Front

Genau wie DICE mit Battlefield 1 die großen Schlachtfelder der Vergangenheit auf den Bildschirm gebracht hat, drehen auch Activision und Sledgehammer Games die Uhren zurück – wenn auch nicht ganz so weit: Nachdem die Reihe zuletzt immer futuristischere Züge annahm, kehrt sie mit Call of Duty: WW2 (ab 28,90€ bei kaufen) zu ihren Wurzeln zurück. Kann der Zweite Weltkrieg in einem Shooter wieder fesseln?

Eine nötige Auszeit

Es dürfte wohl kaum ein anderes geschichtliches Ereignis geben, das so oft virtuell verwurstet wurde wie der Zweite Weltkrieg. Besonders im Shooter erfreute sich vor allem der Kampf gegen Nazi-Deutschland zusammen mit den Konflikten im Pazifik einer großen Beliebtheit. Durch eine regelrechte Schwemme an Titeln wich diese aber zunehmend einer Ermüdung. Ist die Zeit nach zahlreichen Ausflügen in die moderne und futuristische Kriegsführung wieder reif, um für die Befreiung Europas zu kämpfen? Activision ist dieser Meinung – und wir sind geneigt, sie ebenfalls zu teilen.  

Der Strand des Todes

Als Red Daniels zieht als Teil der 1st Infantry Division mit seinen Kameraden in den Krieg.
Zu Beginn fällt es allerdings noch etwas schwer, mit dem Protagonisten Red Daniels als Teil der berüchtigten 1st Infantry Division warm zu werden, denn den D-Day und die Landung in der Normandie hat man gefühlt schon 1000 Mal erlebt – wenn auch selten so intensiv und packend inszeniert wie hier. Tatsächlich werden umgehend Erinnerungen an den knallharten Einstieg von Der Soldat James Ryan wach. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass Sledgehammer zwar die unmenschliche Brutalität exzellent einfängt, dem Studio aber das Gespür für die beklemmende Stimmung fehlt, mit dem sich das Werk von Steven Spielberg so ausgezeichnet hat. Während sich dort die Soldaten in den Landungsbooten übergeben mussten oder sich im wahrsten Sinne in die Hose gemacht haben, dominiert hier zu sehr der Hurra-Patriotismus, der die Serie von Anfang an begleitet hat. Zwar gibt es im weiteren Verlauf auch kritischere Töne, doch es geht eher um martialisches Entertainment als um historische oder gar emotionale Authentizität.

Die Flammenwerfer zählen zu den brutalsten Nahkampfwaffen.
Kann man sich mit diesem Hollywood-Ansatz und patriotischen Heldentum anfreunden, wartet eine mit knapp sieben Stunden zwar recht kurze, dafür aber intensive und erfreulich kurzweilige Kampagne. Dabei führt der Feldzug von der brutalen Ankunft am Omaha Beach weiter zur Befreiung Frankreichs sowie zum Vorstoß ins Deutsche Reich in Aachen. Die Ardennenoffensive sowie die Einnahme der letzten Rheinbrücke bei Remagen zählen ebenfalls zu den Schauplätzen. Dabei gelingt Sledgehammer Games eine starke Mischung aus intensiven Feuergefechten, spannenden Schleicheinlagen und eingestreuten Vehikel-Sequenzen, bei denen man kurz das Steuer von Jeeps, Panzern und Flugzeugen übernehmen darf. Nein, Call of Duty mutiert nicht zu einem Battlefield, aber das Pacing und die Abwechslung profitieren enorm von diesen Momenten. Schade dagegen, dass nur eine sehr oberflächliche Stealth-Mechanik geboten wird: Zwar bieten Wachen einen Aufmerksamkeits-Indikator, doch lassen sich die ausgeschalteten Gegner leider nicht greifen und verstecken. Dies ist lediglich bei den so genannten „Helden-Taten“ erlaubt, bei denen man sich nicht nur in geskriptete Handgemenge einmischen, sondern auch verwundete Kameraden schnappen und unter Zeitdruck in Sicherheit ziehen kann – sehr schön! Allerdings verpasst man im Eifer des Gefechts häufig die Chance, sich der Möglichkeit überhaupt bewusst zu werden. Unabhängig von Heldentaten sollte man seine Augen und Ohren neben dem Sammelkram in Form von Erinnerungsstücken, aber auch nach optionalen Aufgaben offenhalten. Folgt man z.B. dem Nazi, der eine hilflose Frau in einen Kellerraum zerrt oder geht man einfach weiter?

Das Oldschool-Comeback    

Die Schussgefechte gleichen zwar über weite Teile immer noch der typischen Schießbude, die man bei Call of Duty schon seit Jahren kennt: Weder die KI der Gegner noch die der Kameraden geben hier eine besonders gute Figur ab, wenn die Nazis offen ins Feuer rennen oder die Begleiter den Feind selbst dann oft nicht treffen, wenn sie ihm direkt gegenüberstehen. Trotzdem bleibt ein gewisser Anspruch vorhanden – dafür sorgt oft schon die pure Masse an Gegnern, die im Gegensatz zu den Kameraden deutlich genauer schießt und auch ihre Granaten oft ans gewünschte Ziel befördert. Zudem warten hin und wieder „Zwischengegner“ wie gepanzerte Vehikel, besonders heftige Gegnerwellen oder Momente, in denen man eine Stellung halten und mit einem Geschütz verteidigen muss.

Zudem gehen die Entwickler von Sledgehammer hier nicht nur auf der Zeitlinie, sondern auch hinsichtlich der Spielmechanik einen Schritt zurück: Genau wie DICE hat man auch hier das Heilpaket für sich wiederentdeckt und sich vom bisher genutzten System der regenerativen Heilung verabschiedet. Dadurch fühlen sich die Gefechte hier etwas anders an als zuvor, obwohl man weiterhin die Augen nach geschützten Bereichen offen hält, in denen man seine Wunden versorgen kann anstatt einfach zu warten. Allerdings lässt sich nur eine begrenzte Anzahl an Heilpaketen mitschleppen und der Vorrat ist irgendwann aufgebraucht, falls man keinen Nachschub findet. Alternativ greifen einem aber auch die Kameraden unter die Arme: Sie fungieren quasi als Perks mit einer Abklingzeit und versorgen den Spieler auf Anfrage mit neuer Munition sowie weiteren Heilpaketen und markieren auf Wunsch sogar kurzzeitig Gegner in der Nähe. Auch Luftschläge lassen sich mit der Übergabe einer Rauchgranate anfordern. Allerdings muss man sich immer in der Nähe des jeweiligen Squad-Mitglieds befinden, um in den Genuss der Unterstützung zu kommen. Von daher kann man trotz der Hilfe immer noch in die unangenehme Situation kommen, mit einem leeren Magazin und ohne Verbandskasten bei Dauerbeschuss hinter einer Deckung zu kauern, die

Panzer besitzen nicht nur enorme Feuerkraft, sondern eignen sich auch prima als Deckung.
mitunter sogar zerstört werden kann. Nachschub findet man nicht nur in Kisten oder bei den Kameraden, sondern darf auch die Ausrüstung gefallener Soldaten an sich nehmen, um Primär- und Sekundärwaffen zu ersetzen, die von Pistolen über Sturm- und Scharfschützengewehre bis hin zur Schrotflinte sowie Minen, Rauch- und Splittergranaten reichen.          

Die besonderen Momente

Die Kampagne überzeugt nicht nur durch ihre wuchtige Inszenierung sowie den gelungenen Tempo- und Schauplatzwechsel. Zwischen all den ratternden Gewehren, den gewaltigen Explosionen und dem gezielten Töten im Nah- sowie Fernkampf ist auch noch Platz für die besonderen Momente, die haften bleiben und mit denen man in einem Spiel der Reihe Call of Duty vielleicht nicht unbedingt gerechnet hätte. Nein, die vielleicht etwas zu zahlreichen Geschütz-Sequenzen sind damit nicht gemeint. Aber einen solchen erlebt man z.B. bei der Evakuierung deutscher Zivilisten: Zum einen wird in diesem Moment auch das Leid der Bevölkerung thematisiert und die Deutschen werden nicht alle über den Nazi-Kamm geschoren. Zum anderen muss man sich hier mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm und ihrem Teddybären durch das Gewölbe schleichen und dabei sowohl die feindlichen Soldaten als auch die Lichtkegel ihrer Taschenlampen meiden.   

An Geschütz-Sequenzen mangelt es nicht.
Die Infiltration des deutschen Hauptquartiers in Paris zählt ebenfalls zu den erinnungswürdigen Abschnitten innerhalb der Kampagne und setzt sich angenehm von der üblichen Action ab: Hier schlüpft man in die Rolle einer Widerstandskämpferin und betritt mit einer gefälschten Identität und vorerst unbewaffnet die Höhle des Löwen. Dabei muss man sich ein paar Details einprägen, um beim Vorzeigen der Papiere und der anschließenden Befragungen die richtigen Antworten in den Multiple-Choice-Dialogen parat zu haben. Fällt etwa ein falscher Namen oder man kann seinen im Ausweis vermerkten Wohnort nicht korrekt benennen, fliegt die Tarnung schneller auf, als einem lieb sein kann. Deutlich weniger Vorsicht ist allerdings gefragt, wenn man einer der Wache den Kellerschlüssel abluchsen muss – das geht viel zu einfach und sogar direkt vor der Nase anderer Nazis im Raum. Trotzdem ist dieser Abschnitt insgesamt klasse gemacht, auch wenn man es leider versäumt hat, die Gesichter der zahlreichen Gästen bei ihren Gesprächen zu animieren. Ärgerlich zudem, dass die Untertitel hier nicht ausgeblendet werden.

Beeindruckende Klangkulisse, schwache Abmischung

Das ergibt in der internationalen Version durchaus Sinn, wenn auch auf der englischen Tonspur die Nazis mehr oder weniger gelungenes Deutsch sprechen. Auf der deutschen Tonspur hätte man sich den Untertitel-Zwang allerdings sparen können. Davon abgesehen überzeugt die Lokalisierung durch überwiegend hervorragende und professionelle Sprecher, deren starke Performance allerdings unter der enorm schlechten Abmischung bei der Lautstärke leidet. Dem steht ein grandioses Klangspektakel bei den Soundeffekten gegenüber: Die Kugeln pfeifen aus allen Kanälen, Explosionen kommen druckvoll aus dem Subwoofer und die Geschützsalven werden zusammen mit Rotoren angreifender Flugzeuge ebenfalls überzeugend eingefangen. Die überragende Audioqualität von Battlefield wird zwar nicht ganz erreicht, aber die dichte Kriegs-Atmosphäre von Call of Duty profitiert ebenfalls enorm von der starken Klangkulisse. Die mitunter etwas zu heroisch eingefärbten Arrangements des Orchester-Soundtracks tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei.

Die Gegner suchen häufig lieber das offene Gefecht anstatt sich zu verschanzen.
Und auch das Auge wird verwöhnt: Neben den fantastischen Zwischensequenzen, bei denen lediglich die vereinzelten Kompressionsartefakte und kleine Ruckler als Gegenstück zu den großartig modellierten Gesichtern und der filmreifen Inszenierung negativ auffallen, überzeugt auch die Spielgrafik mit einer detailverliebten Kulisse sowie schicken Licht- und Partikeleffekten, obwohl man dabei weder das hohe Niveau der Filme noch das Zerstörungspotenzial eines Battlefield erreicht, das audiovisuell immer noch etwas mehr beeindruckt. Ähnlich überzeugend ist das dagegen das Spielgefühl mit seiner reaktionsfreudigen Steuerung und der erfreulich hohen Bildrate, die selbst bei vielen Gegnern und einem Effektfeuerwerk auf dem Bildschirm nicht ins Straucheln gerät.

Mit der Nase im Dreck

Auch im Mehrspieler-Modus zeigt sich Call Of Duty: WW2 natürlich bodenständiger: Mit der Rückkehr in den historischen Weltkrieg sind auch Exo-Suits, Doppelsprünge, Wandläufe und die sonstigen futuristischen Ausrüstungen passé. Stattdessen liegt man wieder ganz klassisch mit dem M1 Garand in den Händen im Dreck, muss über kleine Vorsprünge klettern und bekämpft sich nicht in Raumhäfen und Orbitalstationen, sondern am Point du Hoc, auf dem US-Schlachtschiff  USS Texas, in den Ardennen oder auf Gibraltar.  Zynisch formuliert macht Sledgehammer hier zwei große inhaltliche Schritte zurück - im Vergleich mit den sehr ähnlichen Sci-Fi-Gefechten mit Plastikwaffen in den letzten Jahren, bin ich aber froh, dass die Serie endlich wieder Schlamm unter den Füßen hat.

MG-Geschütze lassen sich an anderer Stelle wieder montieren.
Abgesehen davon spielt sich Call Of Duty in den klassischen Modi allerdings genauso, wie sich Call Of Duty immer gespielt hat. Man saust mit hoher Geschwindigkeit über die Maps, erobert in Gefechten mit maximal zwölf Spielern Flaggen (Capture The Flag), sammelt Dogtags (Kill Confirmed), hält Gebiete (Domination, Hardpoint), legt und entschärft Bomben (Search & Destroy) oder versucht einen Lederball in das Tor des Gegners zu komplimentieren (Football). Die wenn überhaupt nur marginalen Änderungen am Spielverlauf der einzelnen Varianten führen zu diversen Déjà-vus, zumal einige Karten aus sehr ähnlichen Versatzstücken zusammengebaut wurden, die deutlich an die Schlachtfeder vergangener Call-Of-Duty-Tage erinnern. Wer es dann ganz klassisch möchte, kann auf der Season-Pass-Map Carentan sogar zu einem Ort des ersten Serienteils zurückkehren. Ist das jetzt noch Nostalgie oder schon chronische Ideenlosigkeit beim Kartendesign?

Das bedeutet Krieg

Ganz ohne wesentliche Neuerung schickt Sledgehammer die Spieler allerdings nicht in Kampf: Mit dem Modus Krieg setzt man die imposanten Schlachten der Operationen von Battlefield 1 in kleinerem Maßstab um. Zwölf Spieler müssen als Angreifer unter Zeitdruck eine Reihe von Zielen erfüllen. So muss etwa ein Panzer eskortiert, eine Brücke errichtet oder Treibstoff von einem Zielpunkt zu Fahrzeugen gebracht werden, während die Feinde alles daran setzen, dies zu verhindern. „Krieg“  ist der größte Fortschritt im Call-Of-Duty-Multiplayer seit Jahren und durch die vielfältigen Ziele, coolen Maps und sinnvoll platzierte Chokepoints deutlich spannender als die übrigen Modi.

So entstehen rund um zu verteidigende Areale meist klare Frontlinien und spannende Gefechte, die durch Geschütze oder optionale, ebenfalls manuell zu errichtende Wälle und Wände bei wichtigen Zugängen eine angenehm taktische Note bekommen. Zwar ist die Balance zum Teil etwas unausgegoren – bei Operation Neptun, dem Sturm auf die Strände der Normandie, sind die Angreifer leicht im Nachteil – und die etwas geringe Zahl der Karten enttäuscht. Dennoch ist „Krieg“ ist ein gelungener Startpunkt für die dringend notwendige Weiterentwicklung der Call-Of-Duty-Formel.

Aufmarschgebiet am Strand

Gegenseitige Unterstützung und Rückendeckung kann in den rasanten Mehrspieler-Gefechten nicht schaden.
Auch beim Drumherum hat sich einiges getan: Die zunehmend unübersichtlichen Menüs der Vergangenheit wurden in eine begehbare Übersicht verwandelt – das Aufmarschgebiet und Hauptquartier der US-Truppen am frisch eroberten Omaha Beach. Hier können tägliche Ressourcen-Boni abgeholt, neue Missionen zum Freischalten von Belohnungen angenommen, Waffen-Lackierungen verändert und – theoretisch -  mit der Party geplauscht werden, die gemeinsam in einer Lobby abhängen kann. Praktisch ist der Strand zum Testzeitpunkt noch eine einsame Angelegenheit: Aufgrund von massiven Serverproblemen zum Start schaltete Sledgehammer die geteilte HQ-Erfahrung kurzerhand (und angeblich nur vorrübergehend) ab.

Wenn alles funktioniert, erinnert die Landezone stark an die Social-Hubs von Destiny und erfüllt dank cooler Features ihren Zweck: So können am Strand gegen einen kleinen Ingame-Obolus Activision-Klassiker der Atari-Ära, darunter legendäre Titel wie River Raid und Pitfall gezockt oder am Test-Turm alle verfügbaren Killstreaks ausprobiert werden.

Der totale Freischalt-Irrsinn

Inhaltlich bewegt man sich nach wie vor im serientypischen Freischaltwahnsinn – dutzende Calling-Cards, Waffen-Skins, Embleme, Aufsätze und Prestige-Erweiterungen wollen über bestimmte Aufgaben wie Kopfschüsse freigespielt werden. Dazu kommen jetzt noch besonders wertvolle visuelle Ausrüstungsgegenstände, die über Kartensets freigeschaltet werden können, deren einzelne Karten wiederum mit Ingame-Währung erstanden werden müssen.

Bei den Heldentaten rettet man u.a. verletzte Kameraden aus der Schusslinie und zieht sie in Sicherheit.
Noch nicht ganz verwirrend genug? Es gibt auch noch zufällig ausgeschüttete Beutekisten Versorgungsabwürfe, in denen sich selbstverständlich ebenfalls zufällig ausgeschüttete Beute befindet. Dementsprechend ist es mit der ungetrübten Weltkriegs-Atmosphäre in den Gefechten, die übrigens weltweit ohne verfassungsfeindliche Symbolik auskommen müssen,  auch schnell wieder vorbei. Einerseits wegen absurder Waffen-Skins und bescheuerter Uniformierung, andererseits wegen der völlig unrealistischen Bewaffnung. Frontgriff und Reflexvisiert am M1-Garand zählten 1944 nicht unbedingt zur Standardausrüstung der US-Armee.

Die Klassen sind in diesem Jahr übrigens an so genannte Divisionen gebunden. Hier wird zwischen Infanterie, MG-Schützen, Fallschirmjägern, Gebirgsjägern (Stealth) und Expeditionary (Nahkampf) unterschieden. Auch die Divisionen besitzen einen eigenen Rang, der die jeweiligen Perks für den gewählten Kampfstil freischaltet. Zunächst kann man im Klasseneditor nur eine der Divisionen auswählen, die vier weiteren Ausrüstungsvarianten müssen über Freischalt-Tokens aktiviert werden.

Technisch gespalten

Auf der technischen Seite gibt man sich wie gewohnt keine Blöße: Die Mehrspieler-Gefechte laufen auch auf den Basis-Versionen der aktuellen Konsolen-Generation in butterweichen 60 Bildern pro Sekunde, die allerdings zum Teil über eine reduzierte Kantenglättung erkauft werden. Anders sieht es bei den Servern aus, bei denen es zu erheblichen Problemen kommen kann.  So erlebten wir im Test, insbesondere auf der PS4, gehäuft Verbindungsabbrüche und Teils ungewohnt lange Wartezeiten beim Matchmaking – auch noch in der zweiten Woche nach Release.

Für Call-Of-Duty-Verhältnisse ist das ein vergleichsweise heftiger Online-Fehlstart, der sogar dazu führt, dass Sledgehammer neben der geteilten Strand-Lobby auch zunächst die Ranglisten abgeschaltet hat.  Obwohl man davon ausgehen kann, dass diese Probleme in den nächsten Wochen gelöst werden: Das ist man von Activision-Servern eigentlich nicht gewohnt – und spricht hauptsächlich dafür, dass man den Ansturm auf das Spiel und die benötigte Kapazität dramatisch unterschätzt hat.

Immerhin: Wer sich nicht mit dem Netz verbinden kann, der hat auf den Konsolen sowohl einen Splitscreen-Modus als auch eine LAN-Option zur Auswahl, von denen letztere auch PC-Spielern zur Verfügung steht. Das ist schön – und im Jahr 2017 leider eine Seltenheit.

Spaßiger Koop-Kampf gegen die Zombie-Faschisten

Die Zombie-Armee der Nazis ist ebenfalls wieder am Start.
Die Nazi-Zombies runden das ansprechende Mehrspieler-Paket ab und erweisen sich einmal mehr als willkommener Zusatz. Wie in den vergangenen Jahren handelt es sich dabei erneut um einen Horde-Modus, in dem man mit bis zu vier Spielern kooperativ die zunehmend stärkeren Wellen der untoten Brut abwehrt. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, in dem mit Zombies in Spaceland und Gastauftritten von David Hasselhoff & Co eher bunter Klamauk mit Freizeitpark-Flair inszeniert wurde, präsentieren sich die Kulisse, Stimmung und Schauplätze auf den drei Karten wieder deutlich düsterer. Neben vielen Waffen und Extras darf man die Spielwährung Shocks auch in die Aktivierung von Fallen und Zugänge zu weiteren Bereichen investieren. Mitunter müssen auch kleine Aufgaben wie Schalterrätsel gelöst werden, um auf der Karte weiter voran zu kommen und sich schließlich den Bosskämpfen zu stellen. Mit dem richtigen Team ist hier Spaß garantiert, wenn man sich gegenseitig den Rücken frei hält und wieder auf die Beine hilft. Doch auch in der freien Online-Wildbahn kann man Glück haben und auf Mitspieler treffen, die realisieren, dass man vor allem gemeinsam stark ist. Denn irgendwann werden neben der Standard-Brut die schweren (und gut gepanzerten) Kaliber der Zombie-Armee aufgefahren.

Da die Mehrspieler-Karten recht klein ausfallen, läuft man sich eher früher als später über den Weg.
Wie in den kompetitiven Mehrspieler-Modi wird man auch hier mit freischaltbaren Upgrades für die Ausrüstung, weiteren passiven Buffs und zusätzlichen Plätzen für eigene Loadouts motiviert. Gleichzeitig eröffnet es Möglichkeiten, sich auf bestimmte Rollen wie zu konzentrieren und mit Spezialfähigkeiten wie Tarnung, Freifeuer oder Explosionsschock den bevorzugten Spielstil zu fördern. Zudem hinterlassen manche getöteten Zombies auch Power-ups wie „Smart-Bombs“ oder volle Magazine. Darüber hinaus lassen sich vor jeder Runde Verbrauchsgegenstände wie ein Flammenwerfer oder zusätzliche Wiederbelebungen ausrüsten, die allerdings – wie es der Name schon sagt – nach dem Einsatz nicht länger im Inventar zur Verfügung stehen. Nachschub gibt es in...na? Richtig: Beutekisten, wie sollte es auch anders sein? Die Inhalte gehen dabei über kosmetischen Schnickschnack hinaus, was angesichts des kooperativen Ansatzes aber in Ordnung ist.

Den kenn ich doch...

Auch in diesem Jahr haben Activision und Sledgehammer Games wieder Prominenz für den Zombie-Modus versammelt: Dr. Straub, der für die Nazis eine Superwaffe zur Erschaffung der Untoten-Armee erschaffen hat, wird von Udo Kier gespielt. In die Rollen der vier Helden schlüpfen dagegen bekannte Schauspieler wie Ving Rhames (u.a. Mission Impossible) oder David Tennant (u.a. Dr. Who), wobei im spielbaren Prolog der Story sogar ungewöhnlich viel Platz eingeräumt wird. Zwar kommt der Zombie-Modus immer noch nicht an die Klasse der Horde-Herausforderungen eines Gears of War oder die Qualitäten eines Left4Dead heran, doch stellt die unterhaltsame Koop-Schnetzelei ein schönes Extra dar.

Fazit

Ich hatte meine Zweifel, ob mich die Kampagne von Call of Duty mit seiner Rückkehr zum Zweiten Weltkrieg tatsächlich packen würde. Sie wurden nicht bestätigt: Die Befreiung Europas von den Nazis überzeugt trotz Schnitzern bei der KI und einem Hauch zu viel des amerikanischen Hurra-Patriotismus durch abwechslungsreiche Missionen, eine enorm starke Blockbuster-Inszenierung der Marke Hollywood und den audiovisuellen Qualitäten. Dazu gesellt sich die reaktionsfreudige Steuerung, fantastische Zwischensequenzen und die flüssige Darstellung. Mit knapp sieben Stunden fällt der Feldzug zwar nicht unbedingt lang, dafür aber auch niemals langweilig aus. Mit Heilpaketen, aktiver Unterstützung durch die Kameraden und den „Heldentaten“ hat man außerdem spielmechanisch ein paar frische Ansätze in petto – zumindest im Hinblick auf Call of Duty. Keine Frage: Für mich haben Activision und Sledgehammer mit WW2 innerhalb der Reihe eine der besten Kampagnen der letzten Jahre abgeliefert, auch wenn manch übertriebene Gegnerwelle immer noch die Nerven strapaziert und die Schleichoptionen mehr Tiefe hätten vertragen können. Inhaltlich vermisst man zwar manchmal die leiseren, subtileren Töne, die man bei einem Soldat James Ryan oder Band of Brothers findet. Trotzdem lernt man die Figuren, ihre Motive und Konflikte auch hier überraschend gut kennen, obwohl das Action-Spektakel weiterhin ganz klar im Vordergrund steht und man diesbezüglich nicht enttäuscht wird. Das gilt auch für die Mehrspieler-Partien: Zwar setzt man mit der ansprechenden Auswahl und dem hohen Spieltempo samt Killstreks überwiegend auf Bewährtes, doch zum einen ist die Rückkehr von den futuristischen auf historische Schlachtfelder ähnlich willkommen wie bei Battlefield 1 und zum anderen sorgt der neue War-Modus für frische Impulse. Nach dem etwas albernen Spaceland im vergangenen Jahr ist es außerdem schön, dass der kooperative Kampf gegen die Wellen von Zombie-Nazis hier wieder einen etwas düstereren Anstrich bekommen. Die sporadischen Probleme mit den Servern, die zu manchen Zeiten nicht erreichbar sind, sollte man allerdings schleunigst in den Griff bekommen...

Zweites Fazit von Eike Cramer:

Endlich! Call Of Duty ist nach über zehn Jahren wieder genau da, wo ich es 2003 kennen und lieben gelernt habe. Endlich keine Wüste, keine Russen- Araber-Separatisten-Terrorristen, keine Privatarmeen und – so sehr ich Infinite Warfare auch mochte – kein Weltraum mehr. Stattdessen: Schlamm, Nazis, M1 Garand, BAR und MG42. Natürlich bedient man sich in der Kampagne an den bekannten Versatzstücken der Westfront (ich weiß nicht, wie oft ich in meinem Shooter-Leben schon die Normandie befreit und in den Ardennen gekämpft habe), aber die krachende Inszenierung und die meiner Meinung nach dringend notwendige Rückkehr zur Kriegserzählung ohne Superbösewicht oder Mega-Corporation überzeugen - lassen die Schwachpunkte wie das überflüssige Hurra-Amerika-Geschwafel und die unschön-überhöhte Glorifizierung der Kampfhandlungen weniger schwer wiegen.  Auch der Mehrspieler-Modus profitiert von der Erdung der Kämpfe, wenngleich in den klassischen Modi weiterhin die Stagnation überwiegt und viele der Karten aus bekannten Versatzstücken zusammengebaut sind. Vor allem der neue Spielmodus Krieg, eine Art „Operations“ für 12 Spieler,  überzeugt durch Abwechslung, Taktik und Frontlinie, ist aber letztlich nicht mehr als ein erster Schritt zur Erneuerung der Reihe. Auch die offene Lobby am Strand ist eine nette Idee, auch wenn man sich gerne etwas weniger Freischaltmenüs und Beutekisten gönnen könnte.

Pro

abwechslungsreiche Kampagne
actionreiche Inszenierung in Hollywood-Manier
ansehnliche Kulissen und Figuren
großartige Zwischensequenzen
Umgebung / Deckung teilweise zerstörbar
wuchtige Klangkulisse
reaktionsfreudige Steuerung
z.T. intensive Gefechte
überwiegend gute Sprecher
flüssige Darstellung
Heilpakete statt regenerative Erholung
optionale Heldentaten und andere Aktionen
dynamischer Orchester-Soundtrack
ansprechendes Waffenarsenal
Kameraden bieten aktive Unterstützung (Munition, Heilpakete, Gegner-Markierung)
ordentliche Auswahl an klassischen Online-Spielmodi
neuer Krieg-Modus sorgt für frische Impulse
massig Zeug zum Freischalten
spaßige Koop-Gefechte bei Zombie-Nazis
LAN-Optionen sowohl auf PC als auch Konsolen
Spielen am geteilten Bildschirm möglich (Konsolen)
Oldie-Klassiker als freispielbare Bonus-Inhalte

Kontra

eine Prise zu viel Hurra-Patriotismus
KI stellt sich nicht gerade clever an
relativ kurze Kampagne (6-7 Stunden)
nur sehr oberflächliche Schleichmechanik
schlechte Lautstärke-Abmischung bei deutscher Tonspur
redundante Geschütz
und Snipersequenzen
z.T. fehlende Gesichtsanimationen
Untertitel lassen sich teilweise nicht ausblenden
anhaltende Serverprobleme (Zeitpunkt: bis 10.11.2017)
schwankende Balance auf den Kriegs-Karten
Angebot an Online-Modi und Kartendesign wirkt mittlerweile etwas angestaubt
relativ wenige Karten (zumindest im Krieg
und Zombie-Modus)
keine Splitscreen-Option am PC

Wertung

PC

Call of Duty feiert eine gelungene Rückkehr in den Zweiten Weltkrieg: Die Kampagne überzeugt mit Abwechslung und starker Inszenierung, die Mehrspieler-Modi mit dem bewährten Angebot, das dank der gelungenen Krieg-Variante frische Impulse bekommt.

XboxOne

Call of Duty feiert eine gelungene Rückkehr in den Zweiten Weltkrieg: Die Kampagne überzeugt mit Abwechslung und starker Inszenierung, die Mehrspieler-Modi mit dem bewährten Angebot, das dank der gelungenen Krieg-Variante frische Impulse bekommt.

PlayStation4

Call of Duty feiert eine gelungene Rückkehr in den Zweiten Weltkrieg: Die Kampagne überzeugt mit Abwechslung und starker Inszenierung, die Mehrspieler-Modi mit dem bewährten Angebot, das dank der gelungenen Krieg-Variante frische Impulse bekommt.

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