Soziale Seifenblasen
Ist immer noch Wahlkampf? Electronic Arts verspricht tatsächlich das "sozialste FIFA-Erlebnis " aller Zeiten. Das klingt nicht nur komisch, sondern wird zur Realsatire, wenn man bedenkt, dass man im Jahr 2017 nicht mal mit seinen Freunden online kicken kann. Richtig gehört: Es gibt keine Freundschaftsspiele über das Internet. Natürlich kann man lokal mit Kumpels an einem Gerät zocken und online die bekannten Zufallsmatches sowie Saisons mit Auf- und Abstiegen austragen. Aber gerade für diese Konsole, die das gemeinsame Spielen so in den Vordergrund rückt und deren Zielgruppe vielleicht nicht so wettbewerbsfixiert ist, ist das Fehlen dieses zwanglosen Modus vollkommen unverständlich.
Man kann FIFA 18 sowohl am TV in 1080p als auch auf dem kleinen Bildschirm in 720p spielen.
Und selbst wenn Peter Moore schon im Vorfeld zu beschwichtigen versuchte: Dieses von EA Vancouver und EA Romania entwickelte FIFA 18 ist eine in vielen Bereichen stark abgespeckte Version. Nicht nur, weil der innovativste Spielmodus nicht dabei ist: "The Journey". Der filmisch inszenierte Aufstieg von Alex Hunter, der vom jungen Fußballtalent zum Star avanciert und dabei einige familiäre sowie berufliche Konflikte bestehen muss, ist lediglich auf PC und den anderen Konsolen verfügbar. Auch die Pro Clubs fehlen, in denen man als virtueller Kicker am simulierten 11 gegen 11 online teilnehmen kann. Stattdessen gibt es die normale Karriere, in der man einen Club oder Spieler managen kann - und auch diese befindet sich lediglich auf dem Stand von FIFA 16 oder 17, denn u.a. fehlen verknüpfte News sowie die neuen interaktiven Transferverhandlungen. Immerhin ist die Dritte Liga ebenso dabei wie Frauenfußball mit Nationalteams.
Abgespeckt in fast allen Bereichen
Hinsichtlich der Kulisse war das Abspecken natürlich erwartbar: Spätestens als EA bestätigte, dass man auf Switch nicht mit der seit FIFA 17 etablierten Frostbite-Engine arbeiten würde, musste man sich auf grafisch solides PS3-Niveau einstellen. Vor allem bei der veralteten Darstellung der statischen Zuschauer sowie dem platten Rasen sind die Unterschiede enorm, wohingegen Animationen und Kollisionen durchaus ansehnlich sind. Nur wenn die Kamera nah an die Gesichter der Stars heran fährt, wird man wieder ernüchtert. Dafür läuft der Ball in 1080p auf dem Fernseher oder in 720p auf dem kleinen Bildschirm flüssig.
Autsch, das kann ich keinem Fußballfan empfehlen: Mit den Joy-Cons ist FIFA 18 ein um viele Finessen kastrierter Kick.
Auch die Erkennung unterschiedlicher Eingabegeräte läuft reibungslos, so dass man ganz bequem an einer Switch zu zweit loslegen kann. Dieser speziell für Switch konzipierte "Anstoß-Modus" ist für mich als FIFA-Kenner allerdings ein Graus, denn mit den Joy-Cons fühlt sich der Kick komplett fahrig und kastriert an, zumal man aufgrund des fehlenden zweiten Analogsticks sowie der wenigen Tasten viele Feinheiten in Dribblings und Abschlüssen ja gar nicht einsetzen kann - da kann man besser gleich die Zwei-Knopf-Steuerung für Vollnoobs aktivieren.
Aber keine Bange: Zum Glück gibt es ja die komplette Unterstützung für das Gamepad Pro, auf dem man die Steuerung wie beim großen FIFA auf Standard, Alternativ oder ganz nach seinen Wünschen belegen kann, bevor man sich an die ebenfalls vorhandenen Skill-Spiele mit den vielen Übungen macht.
Spielt sich wie FIFA 17
Und spielmechanisch? Auf den ersten Blick ist alles dabei: Man kann den Ball abschirmen, die flachen Pässe etwas druckvoller gestalten und die bekannten Tricks, Finten sowie Flair-Pässe ausführen. Das ist also alles andere als eine auf simple Manöver kastrierte Spielmechanik. Aber FIFA 18 fühlt sich auf Switch eher an wie FIFA 17, ist gefühlt etwas schneller, aber erreicht gerade hinsichtlich der Physik, der Abschlüsse aus der Distanz sowie der Körperlichkeit nicht das Niveau von FIFA 18. Aubameyang & Co sind auf PC, PS4 und Xbox One sichtbar Tempomaschinen, die unwiderstehlich im Sprint davonziehen, während sie hier wie alle anderen spurten. Außerdem unterscheiden sich spezielle Spieler deutlich weniger, was ihren wiedererkennbaren Stil oder Bewegungen betrifft.
Natürlich hat Electronic Arts den umsatzstärksten Spielmodus nicht vergessen: Ultimate Team. Auch auf der Switch darf man sich also online am Sammelkartenprinzip beteiligen, um aus einem No-Name-Team über die stetig wachsende Teamchemie sein Dreamteam zu basteln. Dabei muss man darauf achten, dass sich aus Spielern und Taktik, Clubherkunft, Positionen und Sprachen aller Art ein möglichst harmonisches Gefüge ergibt. Allerdings fehlen hier ebenfalls alle relevanten Neuerungen aus FIFA 18, darunter die Squad-Battles, die ja gerade für Solisten eine gute Möglichkeit sind, über eigene Leistung an Belohnungen zu kommen. Egal ob Kulisse, Spiel oder Modi: Unterm Strich bekommt man überall weniger als in FIFA 18 für die anderen Systeme.