The Gardens Between10.10.2018, Jan Wöbbeking

Im Test: Surreale Idylle der Zeitpuzzles

Wie stellt man nostalgische Erinnerungen in einem Videospiel dar? Dem Studio The Voxel Agents ist ein schöner Weg eingefallen: In The Gardens Between spult man die Zeit einfach so lange vor und zurück, bis sich Lampen, schwarze Löcher und magische Artefakte an den richtigen Platz verschoben haben. Ein stimmungsvoller Rückblick auf eine Jugendfreundschaft?

Was nicht passt, wird passend gespult

Die elegant reduzierte Steuerung beschränkt sich aufs Wichtigste: Einfach den Stick nach links oder rechts drücken und schon spult man den Spaziergang durch eine der Szenarien entsprechend langsam vor oder zurück. Die zwei jungen Freunde Arina und Frendt spazieren durch idyllische surreale Erinnerungsfetzen voller Artefakte, die besonders lebhaft im Gedächtnis geblieben sind. Umzugskartons, das Baumhaus, ein Videorekorder – solche Objekte kommen oft auch spielerisch zum Einsatz. Zuerst rätselte ich, wieso ich im kleinen Abschnitt bei der fetten VHS-Maschine nichts weiter unternehmen konnte. Irgendwann dämmerte es mir: Warum halte ich nicht einfach die Zeit an, wenn ich mit einem Fuß auf die Fernbedienung trete? Manche Dinge sind schließlich gegen die Zeitmanipulation immun – und so wird die komplette Kassette zurückgespult, fliegt schließlich mit einem satten „Klack“ aus dem Rekorder und wird zur Brücke, über die ich zum nächsten Abschnitt laufe.

Langsam wird's düster draußen...
Während ich spule, werden die beiden Freunde nicht direkt gesteuert. Stattdessen spazieren sie automatisch vor oder zurück, während die runden Inseln wie Schallplatten um die Mittelachse rotieren.  Das Ziel ist stets, ein magisch glühendes Licht mit der Laterne aufzunehmen und an die Spitze der aktuellen kleinen Insel zu bringen. Dabei kommt es zu cleveren Tricks, welche die grauen Zellen angenehm auf die Probe stelle. Arina kann ihre Laterne z.B. auf kleinen Blöcken platzieren, die beim Weiterspulen munter durch die Levels hüpfen und  die Leuchte an einen höheren Ort tragen. Dort vertreibt das Licht neblige Barrieren, bevor Arina die Laterne wieder aufnimmt.

My Friend Frendt

Frendt hingegen kann verschiedenen Glocken läuten und dadurch Blumen mit störenden schwarzen Löchern schließen. Oder er löst einzelne Elemente aus der Zeit. Das klingt kompliziert, wirkt im Spielverlauf aber einleuchtend: Einmal bimmeln und schon lässt sich der Aufzug mit der Laterne an einen höheren Ort ziehen, ohne dass sich auch andere Dinge bewegen. Ein wenig nervig ist der Umstand, dass man oft mühsam lange hin- und herspulen muss, bis man endlich verschiedene Abläufe begutachtet hat und auf den rettenden Einfall kommt. Ein schnelleres Tempo hätte hier Wunder gewirkt – und eine längere Spielzeit. Die zwei Stunden (je nach Knobelgeschick auch deutlich kürzer oder länger) wirken ziemlich knapp.

Videospiele helfen immer weiter!
Im Gegenzug sorgen Spieldesign-Tricks für schöne Aha-Momente. Warum nicht einfach mal die auf der Insel liegende Spielkonsole starten? In der 8-Bit-Kulisse gibt es schließlich ein Objekt, welches der Lichtblume erstaunlich ähnlich sieht. Mit ein wenig Geschick spult man sich die Szene so zurecht, dass einer der hüpfenden Blöcke durch den Röhren-Fernseher knallt, sich ein Power-Up sichert und mit entzündeter Lampe wieder aus dem TV poltert. Währenddessen wird man angenehm vom sphärischen Soundtrack eingelullt, der mit Ambient-Geräuschen wie entferntem Lachen gut zum Thema der Erinnerungsfetzen passt. Die Rahmenhandlung fasst die Rätselreise schön ein. Über den schönen Erinnerungen liegt stets eine gewisse Melancholie. Auch ganz ohne Text oder Dialoge ist diese Stimmung Motivationsfaktor genug, der Sache auf den Grund gehen zu wollen.

Kleine technische Macken

Weniger gelungen wirkt die technische Umsetzung, da es den Objekten oder Drähten oft an Details mangelt und das Bild insgesamt ein wenig unsauber und „krümelig“ aussieht. Das gilt vor allem für die Switch-Umsetzung, welche nur mit 30 Bildern pro Sekunde dargestellt wird und trotzdem gelegentlich leicht ruckelt. Auf dem PC mit einer GeForce GTX 980 haben wir solcherlei Probleme nicht bemerkt. Es gibt übrigens auch eine PS4-Umsetzung, die wir uns mangels Muster aber nicht angeschaut haben.

Fazit

The Gardens Between sorgt mit seinen cleveren kleinen Zeit-Manipulationen für ein angenehm eigenständiges Knobelgefühl mit eleganter einfacher Steuerung. Wer immer wieder mit Feingefühl vor- und zurückspult und dabei die eingestreuten surrealen Erinnerungs-Artefakte berücksichtigt, erlebt schöne Aha-Momente, bei der die Besonderheiten hüpfender Quader oder elektronischer Gerätschaften ausgenutzt werden. Trotz der nur grob zwei Spielstunden kommt es aber gelegentlich zu Längen. Schuld daran ist vor allem die zäh umgesetzte Bedienung der Spul-Mechanik, die einfach zu langsam abläuft. Trotzdem handelt es sich um einen schönen Puzzle-Snack mit einer einfach aber stimmungsvoll inszenierten Rahmenhandlung!

Pro

unterhaltsame Puzzles mit ständigem Vor- und Zurückspulen der Zeit
idyllisch surreale Erinnerungs-Kulissen
elegant reduzierte Steuerung
schlichte, aber rührende Rahmenhandlung
entspannter sphärischer Soundtrack

Kontra

oft zu viel mühseliges Hin
und Herspulen nötig
nur rund zwei Stunden kurz (wenn man auf dem Schlauch steht, auch länger)
technisch mitunter hässlich krümelig

Wertung

PC

Mitunter etwas zäh, aber insgesamt trotzdem ein stimmungsvoller Puzzle-Plattformer mit cleveren Zeit-Tricks.

Switch

Mitunter etwas zäh und rucklig, aber insgesamt trotzdem ein stimmungsvoller Puzzle-Plattformer mit cleveren Zeit-Tricks.

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