Pro Evolution Soccer 201815.09.2017, Jörg Luibl
Pro Evolution Soccer 2018

Im Test: Zwischen Ball und Gegner

Der Transferwahnsinn wirkt sich auch auf Pro Evolution Soccer 2018 (ab 10,32€ bei kaufen) aus: Im Titelbild posiert der Neupariser Neymar mit seinen Ex-Kollegen vom FC Barcelona und im Intro kickt der trotzig streikende Dembélé noch ganz munter im schwarzgelben Trikot neben Reus. Tja, da hat der Fußballrubel auch Konami überrollt - aber keine Bange: Die Kader sind zum Verkaufsstart aktuell, so dass Yarmolenko, Höwedes & Co beim korrekten Arbeitgeber auflaufen. Uns interessiert im Test allerdings in erster Linie, wie die Japaner das Spieldesign der Fußballsimulation entwickelt haben.

Der Status quo

Wo steht der fast schon folkloristische Zweikampf zwischen Konami und Electronic Arts? Die Fußballspiele der beiden konnten uns auch letztes Jahr nicht in Awardeuphorie versetzen, aber sich immerhin leicht verbessern: Pro Evolution Soccer 2017 auf 82% und FIFA 17 auf 84%.  Auch wenn PES im Test sowie im direkten Fußballvergleich knapp das Nachsehen hatte, blieb man im wichtigen spielmechanischen Bereich zehn Punkte vorne, zumal man auch taktisch sowie hinsichtlich der KI überlegen war. "The Pitch is Ours"? Der Slogan von Konami hat im direkten Vergleich sogar Substanz.

Das Menüdesign bleibt sich ebenso treu wie viele Spielelemente. Neu sind Zufallsmatches und Koop-Partien für bis zu drei Mann inklusive ausführlicher Statistiken.
Aber die Unterschiede sind lange nicht mehr so klar wie anno dazumal, als PES 6 ein echtes Fußballspiel und FIFA ein interaktives Lizenzspiel war. Zunächst hatte man sich über ein Jahrzehnt verzweifelt an das japanische Vorbild herankopiert, seit ein paar Jahren setzt der finanziell uneinholbare Marktführer auch selbst genug Impulse. Und EA konnte den spielerischen Abstand  letztes Jahr durch das neue Abschirmen weiter verkürzen, mehr frische Steuerungszusätze anbieten und vor allem mit der Premiere der filmischen Karriere "The Journey" punkten, so dass man unterm Strich knapp vorne lag.

Diese Einschätzung könnte sich dieses Jahr wiederholen, denn der Verfolger aus Japan arbeitet nur dezent an seinem hohen spielmechanischen Niveau, sammelt dabei wie ein Eichhörnchen kleine Lizenzen, aber lässt vor allem inhaltliche Fortschritte vermissen. Um es kurz zu machen: PES 2018 ist kein großer Schritt. Und vor allem ist es nicht "der bedeutendste PES Launch seit Jahren", wie uns Jonas Lygaard, Senior Director of Brand and Business Development Konami, mit dem Hinweis auf Beckham und Bolt als spielbare Stars weismachen will.

Das frische Abschirmen

Gerade als Tester von Sportspielreihen freut es mich jedoch, wenn Entwickler das Feedback tatsächlich aufnehmen und zumindest etwas davon umsetzen. Ich zitiere mal aus meinem Fazit zu PES 2017: "Konami (...) wird vermutlich auch eine Art Abschirmung des Balles integrieren, um das zu starke

Es gibt keine einzige neue Finten-, Flanken- oder Schussmechanik auf Knopfdruck. PES 2018 steuert sich exakt so wie PES 2017, trotzdem wirkt der Spielaufbau reifer.
Gegenpressing zu kontern." Und genau das ist die wichtigste Neuerung in diesem Jahr, denn Spieler schützen jetzt ähnlich wie in FIFA 17 den Ball, indem sie den Körper geschickt zum Blockieren des Gegners einsetzen.

Das hat zusammen mit dem etwas verlangsamten Tempo positive Auswirkungen auf den Spielaufbau, denn so kann man sich selbst bei aggressivem Pressing aus einer bedrängten Situation lösen und vielleicht einen Pass spielen. Außerdem verliert man in der Offensive nicht so schnell den Ball, so dass man für mehr Gefahr sorgen kann. Allerdings mit einem Wermutstropfen: Man kann das Abschirmen nicht wie bei FIFA auf Knopfdruck auslösen, denn es wird je nach Situation automatisch eingesetzt. Ich kann es also nicht manuell im gegnerischen Strafraum einsetzen, um Zeit für einen Schuss zu gewinnen.

Warum verzichtet Konami auf das manuelle Abschirmen, obwohl man es als Fußballer ja jederzeit auslösen kann? Wäre es so zu mächtig? Will man vielleicht künstliches Zeitspiel damit verhindern, weil das Aufbrechen dieser Schutzhaltung auf Anhieb

Es macht richtig Spaß, gegen die aufmerksame KI zu spielen und taktische Manöver zu kontern.
knifflig wäre, weil Doppel-X von hinten sofort für Foulspiel sorgt? Wie auch immer: Es wirkt nicht konsequent designt, ist aber unterm Strich auch in dieser indirekten Form eine positive Anpassung. Denn trotz des Automatismus fühlt es sich angenehm natürlich an und so erlebt man auf dem Platz eine noch reifere Balance aus Ruhephasen und Tempo sowie einen exzellenten Spielaufbau. Aber es gibt auch Nebenwirkungen, die mir nicht gut gefallen - dazu später mehr auf Seite 2.

Ich erspare mir allerdings die erneute Analyse der taktischen Manöver, Konter sowie der KI, denn beide befinden sich wie im Vorjahr auf höchstem Niveau: Wer die holländischen Flügelläufe unterbinden will, kann Robben & Co nicht nur situativ decken, sondern die Seiten gezielt dicht machen. Und der Computergegner kontert nicht nur hinsichtlich der Formation, sondern verhält sich auch in einfachen Situationen nicht wie ein allwissender Bot, sondern angenehm natürlich, was Zuspielfehler betrifft - zumindest, wenn man auf der fünften von sechs Stufen loslegt. Wer den ganzen Zauber dieser Fußballsimulation nachvollziehen will, sollte in der Meisterliga mit dem originalen No-Name-Team starten, denn dann lernt man die Auswirkung der Spielerwerte sowie die daraus resultierenden Finessen, aber auch die taktischen Manöver der Gegner am ehesten zu schätzen.

Was in der Meisterliga allerdings ins Auge fällt sind die Schwächen der Torhüter, die eben kein Top-Niveau haben: Gerade wenn sie schlechte Werte in der offensiven Strafraumbeherrschung haben, sieht das teilweise extrem passiv aus, wenn sie selbst an der Fünfmeterlinie keine Flanken abfangen. Auf höchstem Niveau mit Neuer & Co kann es auch vorkommen, dass seltsame Tore fallen, wenn Bälle aus nächster Nähe nur leicht mit der Hacke berührt in den Kasten rollen. Aber diese "Aussetzer" gibt es allesamt auch im echten Fußball, und auch in diesem PES 2018 sind sie eher die Ausnahme als die Regel.

Im Tempel nichts Neues

Auch wenn Konami in den Pressemitteilungen vom "strategischen Dribbling" sowie "RealTouch+" spricht, was nach Neuheiten klingt: Es gibt wie schon letztes Jahr (!) keinerlei spielmechanische Änderung auf Knopfdruck. Richtig gelesen: Pro Evolution Soccer 2018 steuert sich mit dem Gamepad exakt so wie der Vorgänger. Wer das komplette Training durchläuft wird also erneut ein Déjà-vu nach dem anderen erleben, denn bis auf weitere Optionen bei Standards für kurze Ecken sowie Laufanweisungen für indirekte Freistöße hat sich nichts getan - das ist für Veteranen nur noch öde Wiederholung. Und erneut muss man umständlich zig mal klicken, wenn man im freien Training die coolen Finten vom Übersteiger über Innenpreller bis zum Elastico lernen will.

Nichts Neues am Ball: Das Training dürfte für Kenner ein einziges langweiliges Déjà-vu sein.
Gäbe es denn kein Potenzial für weitere Schüsse, Flanken, Finten, Kopfbälle & Co? Oh doch! Natürlich ist das Angebot von PES in diesen Bereichen schon sehr umfassend. Aber wie wäre es mit dem manuellen Einsatz des Außenrist auch bei Zuspielen und Flanken? Wie wäre es mit aktiver einsetzbarem Körper oder manuellem Halten auch in der Verteidigung? Wie wäre es mit neuen Tempodribblings oder mit effizienteren Finten? Denn "strategisch" dribbeln wäre cool, nur ist es bloß eine Floskel. Wie wäre es mit gezielten Beinschüssen oder Kopfballaufsetzern? Auch wenn es auf Knopfdruck nichts Neues gibt, kann man trotzdem einiges Neues beobachten - nur dass es Konami selbst nicht anschaulich genug macht. Und wenn es nur subtile indirekte Auswirkungen gibt, empfehle ich für nächstes Jahr dringend kleine Videos à la NBA 2K, die auf alle Zusätze mit konkreten Spielsituationen eingehen.

Subtile Änderungen im Spielgefühl

Was sieht und spürt man also im Vergleich zum letzten Jahr? Ich bin ja noch eine negative Nebenwirkung schuldig, die eine Folge des neuen Abschirmens ist: Die Balleroberung ist deutlich kniffliger und verlangt besseres Timing. Das ist im Kern richtig, denn mir gefallen pure defensive Automatismen in Sportspielen grundsätzlich nicht, weil sie das Verteidigen entwerten. Aber manchmal fühlt man sich in der Defensive fast künstlich eingeschränkt, wenn man über Tackling oder Grätsche agiert, mit dem zweiten Mann presst oder selbst

Das neue kontextsensitive Abschirmen sowie das reduzierte Tempo tun dem Spielaufbau richtig gut - PES 2018 spielt sich hervorragend, weniger hektisch und sehr elegant.
wenn man über R1 und X auf den Gegner rennt - denn man hat das Gefühl, man kommt als Verteidiger nicht richtig in einen Spurt. Es gibt im Vergleich zu PES 2017 deutlich mehr Szenen, in denen die Stürmer einfach davonziehen, weil man sie nicht mehr so leicht stellen kann. Hier verhält sich die KI in der Innenverteidigung auch manchmal suboptimal.

Außerdem wird das direkte Anrennen dadurch entwertet, dass man so nicht sehr beweglich ist und sehr leicht umkurvt werden kann. Nicht falsch verstehen: Das ist theoretisch realistisch und richtig - außerdem sieht es toll aus, wenn der hetzende Innenverteidiger den Wendekreis eines LKW hat! Aber praktisch sind die defensiven Mechaniken einfach einen Tick zu träge, zumal das In-den-Mann-Gehen über Doppel-X meist zu Fouls führt - das ist ein Feature, das Konami wieder aufwerten sollte! Denn gerade da muss ich ja schon auf den richtigen Zeitpunkt achten und sollte öfter mit der Balleroberung belohnt werden. Was hilft? Erst wenn man in den defensiven taktischen Einstellungen das aggressive Pressing und hohen Druck forciert, und wenn man (ganz wichtig!) zusätzlich das "Gegenpressing" nach Ballverlust in den erweiterten Einstellungen aktiviert, fühlt sich das wieder an wie eine erfolgreiche Balljagd.

Diese schwierigere Verteidigung ist deshalb kein grundlegendes Problem für das immer noch sehr gute Spielgefühl, weil man in diesem PES 2017 nicht so leicht erfolgreich passen kann. Sprich: Ballverluste resultieren auch vermehrt aus Fehlpässen in der Offensive; zumal sich die Ausdauer deutlicher auszuwirken scheint und Spieler im letzten Drittel spürbarer die Kraft ausgeht.

Konami hat einige "Legenden" des BVB sowie Liverpool als spielbare Figuren integriert, darunter auch Michael Zorc, Lars Ricken, Michael Owen und Ian Rush.
Noch etwas Positives lässt sich beobachten: Dieses PES wirkt eleganter, abgestimmter und reifer in seinen Animationen - auch wenn Lippensynchronität vor dem Anpfiff definitiv nicht dazu gehört; selbst Boateng und Özil singen übrigens so kieferschief die Nationalhymne. Aber zurück zu den verbesserten Feinheiten: Dazu gehören Kleinigkeiten wie die coolen flachen Torwartabschläge, die richtig Tempo reinbringen, die natürlichen Kollisionen und Taumelbewegungen, das Ausrutschen und die körpebetontere Ballannahme. Dahinter verbirgt sich "RealTouch+", das theoretisch neben dem Fuß auch den Oberschenkel, die Brust und den Kopf bei der Annahme zeigt. Manchmal sieht das toll aus, vor allem wenn man den Ball über R3 aus der Luft antizipiert: Dann sieht man z.B. elegante Brustablagen für den Volley. Aber leider sieht man auch noch fiese Fehler in den Animationen - da nimmt ein Stürmer den Ball schonmal mit dem Rücken mit, was selbst Maradona in seinen besten Zeiten nicht fertig brachte. Auch hier gibt es noch Luft nach oben für eine Art  "RealTouch++" - noch cooler wäre übrigens, wenn ich bei der Ballannahme vorher manuell festlegen könnte, ob ich es mit Bein, Brust oder Kopf versuche!

Standards, Kosmetik & Kooperationen

Ansonsten gibt es lediglich Kosmetik: Bei einem Eckball kann man jetzt auch aus mehreren kurzen Varianten wählen, so dass sich z.B. zwei Spieler anbieten oder sich jemand an eine bestimmte Position bewegt. Auch bei indirekten Freistößen kann man die Laufwege seiner Mitspieler vor der Flanke modifizieren, so dass sie sich z.B. in einer Reihe postieren, schnell hineinstürmen etc. Auch Strafstöße laufen etwas anders ab. Hinzu kommen noch kleinere Anpassungen: Mir gefällt z.B. die geänderte Perspektive bei den direkten Freistößen, die den Blickwinkel des Schützen in den Vordergrund rückt und so für mehr Spannung sorgt, sobald der Ball in der Luft ist. Außerdem hat man die bisher optionale, aber künstlich wirkende bunte Flugkurve endgültig gestrichen. Es gibt zudem neue Statistiken zu Ballbesitz und Passquote während des Spiels.

Als deutsche Teams sind lediglich Dortmund, Schalke und Leipzig spielbar. Außerdem die Nationalmannschaft.
Schließlich gibt es weitere Vereinslizenzen: Nach Barcelona, Dortmund und Liverpool hat Konamit mit Inter Mailand, Valencia und Fulham weitere, wenn auch nicht mehr ganz so namhafte Clubs gewinnen können - hinzu kommt gefühlt die komplette südamerikanische Fußballwelt. Eine Übersicht über alle Lizenzen und Ligen findet ihr hier. Das klingt gut, aber es bleibt bei den Defiziten in der Premier League, was die offiziellen Clubnamen und Trikots von z.B. Manchester United, Chelsea oder Tottenham betrifft, und aus deutscher Perspektive gibt es mit Leipzig und Schalke erneut nur nur drei Vereine. Was zudem unverständlich ist: Da hat man die Möglichkeit, die Mutter aller Derbys zu inszenieren und wie fühlt es sich an, wenn Schwarzgelb und Königsblau im voll besetzten Westfalenstadion aufeinander treffen? Wie präsentieren sich Fans und vor allem Kommentatoren? Wie in jedem anderen Spiel. Hagemann und Küpper lassen dieselben Floskeln vom Stapel. Die Fans zeigen dieselben Banner à la "Gemeinsam sind wir stark". Von irgendeiner Brisanz oder besonderen Atmosphäre ist nichts zu spüren. Anstatt "Legenden" wie Norbert Dickel zu digitalisieren, sollte man gerade mit diesen Kooperationen im Rücken versuchen, die Fußballkultur noch authentischer abzubilden. Wie wäre es z.B. mit choreografierten Spielen, in denen man besondere Momente der Vereinsgeschichte wie Derbys oder KO-Spiele nachspielt? Malaga lässt grüßen! Wie wäre es mit tieferen Einblicken in die Historie des Clubs, die man freischalten kann? Oder gar nachspielen kann - inkl. Schwarzweißbild, Holzpfosten und Lederpille?

Apropos Kommentare: Ja, die beiden deutschen Moderatoren gehen auch mal auf die Meisterliga und Jungstars ein, analysieren sogar die eine oder andere Situation treffend, und vor allem Küpper kann mit seinem bärbeißigen Stil für Leben sorgen, aber spätestens nach drei Spielen hat man alles gehört. Vor allem fußballtaktische Analysen gibt es viel zu selten. Wer euphorische Ausrufe zu einem "Welttor!" von Hagemann nach einem Abstauber nicht mehr hören kann, kann aber auf das bessere englische Duo umschalten.

Schlimme Karriere, aufgepeppte Meisterliga

Und bevor ich mir hier zu viel auf meine oben genannten Hinweise einbilde, die Entwickler tatsächlich ernst nehmen, zitiere ich mich nochmal mit "Konami muss etwas in den stagnierenden Spielmodi tun", um gleich deprimiert festzustellen: Da passiert fast gar nichts! Vor allem "Werde zur Legende" bleibt als Karriere ein steriler Witz, der mit seiner unpersönlichen Inszenierung einfach nur langweilt. Hier kann Konami nicht mal ansatzweise abbilden, worum es im Leben eines Profifußballers geht. Wie letztes Jahr muss man sich mit unpersönlichen Statistiken außerhalb und unzureichendem Feedback auf dem Platz abgeben. Bitte streicht diesen seelenlosen Modus endlich komplett - danke!

In der aufgepeppten Meisterliga gibt es jetzt auch mal Interviews mit den Stars.
Immerhin kann man die alte "Meisterliga" spürbar  aufpeppen: Ab sofort gibt es einen zweiten Schwierigkeitsgrad, der die Ansprüche an den Manager eines Clubs erhöht - was mir gut gefällt. Zum einen ist es schwieriger, sowohl unbequeme Spieler in den Kader zu integrieren als auch aufkommende Stars zu halten. Wer für eine gute Teamchemie sorgen will, muss also besser auf die Einsatzzeiten, Rollen sowie Positionswünsche achten. Und man wird leichter gefeuert, wenn der Club nicht die erwarteten Platzierungen erreicht oder die Mannschaft unzufrieden ist. Klingt gut, aber in der Praxis reagieren die Verantwortlichen selbst auf Pleiteserien nicht spürbar, sondern erst am Ende einer Saison.

Dafür wirkt die Inszenierung etwas "lebendiger", denn Anfragen an Vereine werden von einem Telefonklingeln begleitet, es gibt mal Interviews und das Schließen des Transferfensters wird über einen Stunden-Countdown dargestellt. Da in dieser Phase auch eigene Spieler mit fester Ablösesumme den Verein verlassen können, ohne dass man reagieren kann, kommt

Nicht nur bei langen, auch bei kurzen Ecken hat man jetzt eine Auswahl.
durchaus Spannung auf, zumal manche der eigenen Stars gerade in den Nachrichten mit ihren Meinungen zum kolportierten Wechsel auftauchen. Hier bildet die Meisterliga die relative Hilflosigkeit der aktuellen Clubs ein wenig ab. Schön ist auch, dass die eigene Jugendmannschaft wesentlich wichtiger ist, denn auch hier fragen fremde Vereine früh nach den aufstrebenden Stars; außerdem kann man dort gezielter trainieren lassen. Unterm Strich wirkt die Meisterliga strategischer und spannender. Aber auch da ist noch so viel Luft nach oben, um die vielen alten Krusten dieses Spielmodus aufzubrechen!

Mein Tipp an Konami: Konzentriert euch doch voll auf die Meisterliga, gestaltet sie noch persönlicher und versucht über Rivalen, nicht nur auf Vereins-, sondern auch auf Trainerebene, für mehr Spannung und Wettbewerb zu sorgen. Außerdem sollte man sie wieder online zugänglich machen! Dass man als Entwickler hier so wenig tut liegt vermutlich daran, dass in einem anderen Spielmodus aufgrund der Mikrotransaktionen zusätzlich Geld verdient wird: In myClub, wo man à la Ultimate Team aus FIFA eine eigene Mannschaft mit Überraschungsei-Effekt zusammen bastelt. Und ich kann diesen Modus absolut nicht ausstehen.

MyClub

Warum kann mich dieser Spielmodus genauso wenig unterhalten wie Ultimate Team in FIFA? Zum einen, weil es am Ende möglich ist, sich Spieler & Co für echtes Geld zu kaufen. Mir geht das Prinzip der Mikrotransaktionen grundsätzlich gegen den Strich, denn es verzerrt letztlich immer den Wettbewerb, schließlich kann man auch online gegeneinander antreten. Ja, Konami schüttet seine virtuelle Währung recht fair aus, aber leider so nervig wie immer, indem man auf dem Bildschirm mit Popups zugekleistert wird, sobald man eine GP-Belohnung für den ersten erfolgreichen Pass, Kopfball etc. bekommt. Immerhin kann man sich in Turnieren und Spielen auch offline gegen die KI etwas dazuverdienen. Aber hallo? Man muss doch schon Vollpreis für diese jährlichen Erweiterungen zahlen!

Zum anderen mag ich myClub nicht, weil es ein künstlich zusammen gefriemelter Modus ist, der sich nur einige Elemente aus der Meisterliga sowie der taktischen Grundstruktur von PES herausgreift, um sie zusammen mit dem Überraschungseffekt der neuen Spieler zu vermischen. Hinzu kommt von Anfang an dieses Supermarktflair mit seinen Sonderangeboten und zeitlich begrenzten Aktionen, dazu die Hire&Fire-Mentalität sowie die Beliebigkeit in der Auswahl, wenn man sich einfach Coaches

In Zufallsmatches kann der Kader recht spannend aussehen...hier fehlen noch die oberen Zeilen, wobei meist ein Top-Star dabei ist.
oder Trainer aus den eigenen Reihen der Spieler (!) dazu holt. Auch wenn die Teamchemie letztlich der Kleister ist, der alles zusammenhält und ähnlich wie in Ultimate Team für die Grundmotivation sorgt, sich optimal zu verstärken, fühle ich mich als Fußballfan, der gerne ein "authentisches" und "echtes" Erlebnis am Bildschirm hat, überhaupt nicht von diesem Zirkus abgeholt.

Zufall und Kooperation

Was Konami an "neuen" Spielmodi präsentiert, ist zumindest eine nette Dreingabe: In den Zufallspartien wird der Kader der beiden Mannschaften entweder komplett aus allen Kontinenten und Ligen oder aus den jeweils aktivierten zusammengewürfelt. Vor dem Anstoß gibt es noch eine Möglichkeit zum Tausch: Jeder darf einen Spieler des anderen geheim auswählen und einen eigenen schützen. Entscheidet sich der Kontrahent genau für den geschützten Spieler, bekommt er stattdessen einen ebenfalls vorher bestimmten Ersatz - meist den schlechtesten Profi.

Man konnte fast schon immer kooperativ PES spielen, aber diesmal gibt es für die bis zu drei gemeinsam in einer Mannschaft agierenden Spieler (lokal oder online) eine zusammen fassende Bewertung sowie umfangreiche Statistiken auf mehreren Seiten: So weiß man am Ende einer Partie, wer sich taktisch am besten verhalten, wer die meisten Dribblings gemeistert oder

Die Ansicht im langweiligen Karriere-Modus "Werde zur Legende".
Schüsse abgegeben hat. Vor allem für kurzweilige Matches oder Partys ist das vielleicht ganz lustig, aber Vorsicht: Bevor man hier als Team erfolgreich ist, muss man einige Zeit zusammen kicken. An einem Bildschirm ist das schon fordernd, aber wer online mit Fremden loslegt, wird taktisch einen großen Unterschied bzw. gefühltes Chaos erleben.

Apropos: Der Netzcode ist wie letztes Jahr stabil und es ist schön, dass Partien automatisch ohne Punktverlust vom System abgebrochen werden, sollte es mal zu starken Verbindungsproblemen im Spiel kommen. Wie gehabt könnt ihr an Online-Ligen teilnehmen, wobei ihr in der untersten Klasse der zwölften Division startet und euch dann über jeweils zehn Matches pro Saison hocharbeiten könnt. Hinzu kommt eine Lobby, ihr könnt euch für Freundschaftsspiele treffen und dort auch euer Meisterliga-Team einsetzen; außerdem ist ein komplettes 11-vs-11 online möglich.

Aktualisierung vom 18. September: Wie spielt sich die PC-Version?

Auf dem PC sollte man in den Render-Einstellungen die Maximalwerte aktivieren.
Richtig gut! Endlich inszeniert Konami den Fußball auf dem Rechner sowohl inhaltlich als auch technisch auf dem hohen Niveau der Konsolenvorbilder: Spieler und Ball lassen sich genauso fein bewegen, es gibt die identischen Finessen vom Innenpreller bis zur antizipierten hohen Annahme auf Analogstickdruck. Auch wenn manche Animationen auf der PlayStation 4 Pro etwas geschmeidiger wirken, erkennt man dieselben Bewegungsabläufe und auf dem PC sehen manche Details hinsichtlich der Schatten, der Umgebung sowie Tornetze sogar noch etwas schicker aus. Allerdings sollte man nach der Installation der knapp 14 Gigabyte zunächst in den Systemeinstellungen die Render-Einstellungen aufsuchen und dort entweder alles auch "Hoch" setzen, denn PES frisst kaum Performance, oder an den fünfzehn Reglern von Schatten über Stoffsimulation bis Rasen und Texturen schrauben. Auch online gab es bei unseren Matches ab 18. September keinerlei Probleme sowie identische Menüs und Filter. Die Steuerung könnt ihr problemlos an eurem Gamepad modifizieren.

Fazit

Auch wenn die reale Fußballwelt mit dem Transferwahnsinn durcheinander gewirbelt wurde, herrscht in der digitalen Stagnation - zumindest bei Pro Evolution Soccer 2018. Letztes Jahr war man auf dem Platz besser als FIFA 17 und tatsächlich präsentiert man sich über das neue, allerdings nur automatisch eingeleitete, Abschirmen sowie das verlangsamte Tempo spielmechanisch noch reifer. Auch wenn die defensiven Manöver jetzt zu schwach wirken, entstehen in der Offensive unheimlich spannende Situationen. Aber: Es gibt kein einziges neues Manöver auf Knopfdruck und lediglich subtile Ergänzungen bei Animationen, Standards sowie Perspektive. Der Verfolger aus Japan arbeitet dezent an seinem hohen spielmechanischen Niveau, sammelt dabei wie ein Eichhörnchen kleine Lizenzen, aber PES 2018 ist kein großer Schritt. Und vor allem ist es nicht "der bedeutendste PES Launch seit Jahren", wie uns Jonas Lygaard, Senior Director of Brand and Business Development, weismachen will. Es hat schon seine Gründe, warum wir seit mehr als zwei Jahren keine Awards mehr für Fußballspiele vergeben haben, denn die Hersteller plustern vieles im Vorfeld künstlich auf, ohne wirklich an die Substanz zu gehen. Zwar wurde die Meisterliga tatsächlich spürbar aufgepeppt, aber Konami lässt jetzt schon seit Jahren Fortschritte in vielen relevanten Bereichen vermissen: Die Karriere "Werde zur Legende" bleibt ein steriler Witz - bitte einstampfen! Das ewig gleiche Training setzt Staub an und die Zufallsmatches sowie der um Statistiken bereicherte Koop-Modus sind lediglich nette Dreingaben. Und wenn man mit Dortmund und Schalke schon die "Mutter aller Derbys" in petto hat, sollte man es auch speziell inszenieren! Gerade mit weniger Lizenzen muss Konami das Vorhandene deutlich besser präsentieren, kreativer ausbauen und sich mehr auf die Fußballkultur, anstatt auf zusätzlichen Firlefanz wie Bolt, Beckham, Tattoos & Co zu konzentrieren - mehr dazu im Video-Epilog. Aber das klingt alles kritischer als es auf dem Platz ist. Und es wird dieses Jahr ganz schwierig für FIFA 18, denn hinsichtlich Spielaufbau, Ballphysik und Taktik ist das - mal wieder - ein richtig guter Kick!

Aktualisierung vom 18. September: Wir konnten mittlerweile auch die PC-Version spielen, die endlich ohne Abstriche auf dem Niveau der Konsolen inszeniert wird, daher gibt es dieselbe Wertung. Mehr dazu auf Seite 4 des aktualisierten Tests.

Pro

neue Ballabschirmung...
Spielgefühl noch weniger hektisch
unheimlich eleganter, vielfältiger Spielaufbau
sehr präzise, stets flüssige Steuerung
starke Präsentation (Kollisionen, Animationen)
viele taktische Möglichkeiten wirken sich sofort aus
neue kurze Ecken, indirekte Freistöße und Elfmeter
neue Freistoßperspektive
Torhüter- und Schiri-KI auf gutem Niveau
neuer Koop-Modus sammelt Statistiken
neue Zufallsmatches mit Tauschfunktion
sehr gutes Lauf- und Abfangverhalten
Gegner-KI auf sechs Stufen, ab 5. Stufe richtig gut
sehr gut inszenierte Zweikämpfe und Physik
viele elegante Dribbel- & Annahmemanöver
krachende, angenehm freie Ballphysik
empotionale Gestik & Mimik auf dem Platz
Meisterliga mit besseren Transfers, mehr Drama
lautstarke, emotionale Fankulisse
krachende Distanzschüsse, coole Schlenzer
zig taktische Feinjustierungen für Offensive und Defensive
faire Punkte-Verteilung im myClub-Modus
Training für alle relevanten Manöver
stimmungsvolle Turniereinleitungen & Choreos
dynamisches Wetter, Regen wirkt sich stark aus
Champions, Euro, AFC League & Copa Libertadores etc.
diverse Ligen und Pokale, südamerik. Teams
Online-Ligen und Online-Wettbewerbe
11 gegen 11, Freundschaftsspiel-Lobbys
starker Editor, gute Statistiken
per USB-Stick Teamdaten hochladen (PS4)
auf englische, spanische etc. Kommentare schalten
eSports der PES League integriert

Kontra

...allerdings nicht manuell ausführbar
manuelle Abwehrmechaniken sind zu schwach
keinerlei neue Dribbel-/Schussmechaniken
spoaradische Fehler bei Ballannahme ("Rücken")
komplett steriler und langweiliger Karrieremodus
öder myClub-Modus mit Mikrotransaktionen
erneut schwaches deutsches Kommentatoren-Duo
Fangesänge passen sich nicht dynamisch an
akustisch keine Derby-Atmosphäre
asynchrones Singen im Vorlauf (Nationalteams)
nervige GP-Popups nicht abschaltbar
Torwart-KI manchmal blind im Fünfer
Dribbling-Finessen nicht situativ trainierbar
umständliches Aufrufen der Befehlsliste im Training
Online-Meisterliga, wo bist du?
nur BVB, S04, Leipzig als deutsche Teams

Wertung

PlayStation4

Auch wenn sich PES 2018 mit dem neuen Abschirmen klasse spielt und der Spielaufbau nochmal profitiert, stagniert man in anderen Bereichen und hat noch einige Luft nach oben, um wieder für Awardeuphorie zu sorgen.

PC

Konami bringt endlich auch die PC-Version ohne Abstriche auf das Niveau der Konsolen - ein richtig guter Kick!

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Kommentare

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