Life is Strange: Before the Storm28.11.2017, Alice Wilczynski
Life is Strange: Before the Storm

Im Test: Laues Lüftchen statt Sturmböe

Nachdem die erste Episode von Life is Strange: Before the Storm (ab 12,76€ bei kaufen) interessante Einblicke in Chloes Leben vermittelte, lässt die zweite Episode „Brave New World“ deutlich tiefer in die Welt der rebellischen Teenagerin blicken. Ob die Fortführung des auf drei Episoden ausgelegten Adventures gut unterhalten kann, verraten wir im Test.

Der erste Zauber verfliegt

Während mich die erste Folge noch in nostalgische Erinnerungen an Rockkonzerte führte und das Kennenlernen der besten Freundin für Neugier sorgte, lässt der Zauber in der zweiten Episode deutlich nach. Ich besuche mit Chloe Schauplatz um Schauplatz ihres Lebens, doch leider wirkt diese Reise etwas gehetzt und ihre Beziehung zu den zahlreichen Charakteren hinterlässt keinen bleibenden Eindruck - egal ob Rausschmiss aus der Schule, der Streit mit dem verhassten Stiefvater oder

Die Gespräche mit Charakteren abseits von Rachel wirken gehetzt und lassen nicht genug Raum, um wirklich mit ihnen zu kommunizieren.

dreckige Hol-und Bringdienste für den Dealer. Immer wieder werde ich mit neuen potentiellen Problemen ihres Lebens konfrontiert, dabei bleibt jedoch nicht genug Zeit, sich wirklich auf eine Situation einzulassen.

In einer Szene erwähnt Chloes Mutter Joyce, den Tränen nahe, dass sie Hilfe braucht und wissen will, was ihre Tochter fühlt. Dies hätte ein wunderbar ehrlicher Moment werden können, um mehr über die Beziehung der beiden zu erfahren. Leider gibt es nur zwei Dialog-Optionen und schon werde ich zum nächsten Schauplatz gekarrt. Auch über David lerne ich keine interessanten Facetten kennen - außer, dass er ein strenger Typ ist, der Chloe dazu bringt ihre Hosentaschen zu leeren; nicht gerade aufregend. 

Die immer gleichen Rätsel

Clevere Rätsel waren noch nie die Stärke von Life is Strange. Die Zeitzurückdreh-Fähigkeiten von Max sorgten wenigstens manchmal für etwas Abwechslung, aber in der Regel nahm ich sie hin und freute mich auf die kommenden Momente mit den

Die Rätsel wurden recycled und fügen nichts zum Spielablauf hinzu.

Heldinnen. Dass Before the Storm die schnarchigen Rätsel des Vorgängers einfach kopiert, ist aber wirklich enttäuschend: Erneut werde ich gezwungen, Dinge auf dem Schrottplatz einzusammeln; nur dass es statt Flaschen diesmal andere Gegenstände sind. Wieder muss ich den richtigen Zahlencode für ein Schloss im Zimmer finden und neuerdings dabei helfen, den Tisch zu decken, indem ich jeden einzelnen Becher mühsam hinstelle. Nicht nur sind die Aufgaben unheimlich simpel, sie enthalten weder neue Informationen noch tragen sie irgendwie zur Stimmung bei. Dass beim gemeinsamen Abendessen mit der Familie der Tisch gedeckt wird, hätte ich auch verstanden, wenn das Spiel mich nicht gezwungen hätte, zig Gegenstände mühselig aufzutischen und dafür von A nach B und zurück zu laufen.

Chloe & Rachel – das neue Dreamteam?

Doch ein wenig Zauber ist auch der zweiten Episode geblieben. Dieser entsteht vor allem rund um die Beziehung zwischen Chloe und Rachel, zumal sich die Szenen mit den beiden Querschlägern frisch anfühlen. Egal ob sie sich gegenseitig in Chloes neuem Wagen therapieren oder nachts durch Arcadia stolpern: Nichts wird überstürzt und ich bekomme genug Zeit, Rachel

Die Beziehung zwischen Chloe und Rachel ist zuckersüß und als Spieler hat man Einfluss auf ihre Entwicklung.

kennenzulernen und Einfluss auf die Beziehung zu nehmen. So wird es mir überlassen, ob die beiden mehr als Freundschaft füreinander fühlen. Auch wenn ich Chloe schnell als peinliche Teenagerin abstempeln wollte, die mit einem Stift das gesamte Schulklo mit wütenden Zeichnungen beschmiert: Durch die Gespräche mit Rachel blicke ich hinter ihre Fassade - und das ist einfach schön.

Das Highlight war für mich ohne Frage die Aufführung von Shakespeares "The Tempest“  (Deutsch: der Sturm), bei dem ich Text auswendig lernen musste und mit einer rührenden Wendung belohnt werde. Auch bin ich gespannt, wie der schockierende Cliffhanger am Ende der Episode aufgelöst wird. 

Unterlegt von der wunderbar emotionalen Musik von Daughter, konnte jedoch die Montage am Ende am meisten mein Herz erwärmen, in der nach und nach nochmal alle Protagonisten mit ihren ganz speziellen Problemen gezeigt werden: Joyce und David, die ein leeres Zimmer ohne Chloe vorfinden, Nathan Prescott mit der einzigen Person, die für ihn da ist, oder Drogendealer Frank, der mit den Konsequenzen seines Handelns konfrontiert wird. Diese emotionale Zusammenstellung zeigt, dass Life is Strange: Before the Storm potenziell viele interessante Charaktere bietet. Zu schade, dass ich nur selten die Chance bekomme, sie wie Rachel nach und nach wirklich kennenzulernen. 

Fazit

Leider fühlt sich die zweite Episode von Life is Strange: Before the Storm zu sehr wie ein Lückenfüller an. Zwar wird versucht Momente zu kreieren, die an den Vorgänger erinnern, aber bis auf Rachel wird den Charakteren zu wenig Raum gelassen, um wirklich mit Chloe zu interagieren. Auch beim Rätseldesign könnte so langsam mal mehr kommen als die ohnehin schon langweiligen Mechanismen des Vorgängers zu kopieren. Bleibt zu hoffen, dass die dritte Episode wieder etwas mehr Feuer hat und einen guten Abschluss bietet.

 

Einschätzung: befriedigend

 

Pro

Beziehung zu Rachel wird schön inszeniert
Theaterstück bringt frischen Wind
Toller Soundtrack

Kontra

oberflächliche Gespräche mit Charakteren
zu wenig Interaktion mit Figuren
Rätsel-Recycling
wenig neue Schauplätze und Ideen

Wertung

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