Leisure Suit Larry: Magna Cum Laude12.12.2004, Paul Kautz
Leisure Suit Larry: Magna Cum Laude

Im Test: Es ist wieder Frauenaufreiß-Saison - ein neuer Larry ist im Haus! Jetzt auch auf PS2 und Xbox!

Ein neuer Larry ist für Adventure-Freunde eine ähnlich gute Nachricht wie ein neues Monkey Island – schließlich gehört der Womanizer vom Dienst zu Sierras dienstältester Abenteuer-Garde. Doch Larry hat abgedankt, die neue Generation geht auf Frauenjagd – heißer Spaß oder tote Hose?

Neuer Larry, ganz der alte

Jeder Adventure-Spieler kennt Larry Laffer: Der notorische Schwerenöter und selbsternannte Frauenheld versucht seit 1987 erfolglos, die Frauen dieser Welt abzuschleppen – rechnet man Al Lowe’s

Und ewig lockt das Weib: Die Reaktionstests sind Teil des großen Larry-Plans zur Fraueneroberung.
inoffiziellen Vorläufer »Softporn« (1981) dazu, sind es sogar acht. Das letzte Abenteuer »Yacht nach Liebe« liegt mittlerweile acht Jahre zurück, Larry ist in die Jahre gekommen.

Neues Jahrtausend, neues Glück: Larry Lovage ist ganz der Neffe seines eher berüchtigten als berühmten Onkels. Er ist genauso klein wie sein Kopf riesig ist, dafür sprudeln seine Hormone aus allen Poren. Er hält sich selbst für unwiderstehlich, steht mit dieser Meinung aber ziemlich alleine da – was ihn natürlich nicht davon abhält, alles weiblich aussehende auf dem Uni-Campus anzugraben. Im Falle von Magna Cum Laude sind es zwölf Schönheiten, die Larrys Avancen kaum erwarten können, und im Laufe des Spiels immer anspruchsvoller werden: Ob treudoofes Landei, dauergeile College-Schlampe, radikale Tierschützerin, unterkühlte Professorin, größenwahnsinnige Führerin einer Studentinnenverbindung oder hohle Cheerleaderin – sie alle haben starke Vorbehalte gegenüber Student Lovage und müssen erst hartnäckig zu ihrem Glück überredet werden.

Sauf-Abenteuer

Wer ein klassisches Adventure mit Rätseln, Items und rauchenden Gehirnwindungen sucht, ist beim neuen Larry an der falschen Adresse. Magna Cum Laude hat viel mehr von einem Geschicklichkeits- denn von einem Knobelspiel. Zwar müsst ihr hier und da einige Dinge finden oder korrekte Kleidung fürs Date wählen, doch das war’s auch schon wieder – mit den beinharten Kopfnüssen früherer Al Lowe-Games hat das neue Spiel nichts zu tun. Wie kommt ihr also an das frauliche Fleisch? Indem ihr etliche Minigames bewältigt, die das einigermaßen zarte Geschlecht von euren Hengst-Qualitäten überzeugen: U.a. erwarten euch Tanzspiele, in denen ihr eine vorgegebene Richtungstasten-Kombination ausführen müsst, Reaktionstests, bei denen es ebenfalls gilt, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Taste zu treffen, eine sehr alberne Pong-Variante, Handabklatscher-Spielchen, jede Menge Foto-Shootings, in denen die heißesten Posen das meiste Geld bringen oder ein Wet-T-Shirt-Wettbewerb – in dem es einfach darum geht, mit seinem Wasservorrat hauszuhalten, während man möglichst viele Brüste freispült.

Die Dialoge werden in Echtzeit generiert, abhängig von euren Steuerungs-Vorgaben.
Die beiden wichtigsten Games sind jedoch ein Trinkspiel (»Quartern«) und die Dialoge. Das Besäufnis dient allerdings nicht den Frauen dazu, sich Larry schönzusaufen, sondern viel mehr Larry, um die Grazien von seiner Trinkfestigkeit zu überzeugen und sie etwas lockerer zu machen. Habt ihr zuviel geladen, könnt ihr euch entweder eine ruhige Ecke zum Nüchtern-Pinkeln suchen oder einfach den einen oder anderen Kaffee kippen. Denn wenn ihr betrunken seid, lauft ihr nicht nur schwankender, auch das Bild wird verzerrt und besonders die Dialoge werden schwerer. Denn in diesen steuert ihr ein kleines Spermium am unteren Bildschirmrand, welches, wie in einem klassischen Horizontalshooter, den Hindernissen ausweichen und die Bonussymbole aufsammeln muss. Das Besondere hierbei ist, dass sich durch diese Aktionen der Dialog in Echtzeit entspinnt: Sammelt ihr nur grüne Symbole ein, ist Larry voll des Lobes und der Liebe, verpasst ihr hingegen keines der roten Icons, haut er voll auf die Proletenkacke. Letzten Endes geht es nur darum, ein großes Herz möglichst gut zu füllen, damit das weibliche Gegenüber das Interesse an Herrn Lovage nicht sofort verliert – vermasselt ihr es, könnt ihr es jederzeit noch mal versuchen, was euch entweder etwas Selbstvertrauen oder einige »Tokens« kostet.

Harter Rocker, ganz weich

Selbstvertrauen ist ein wertvolles Gut: Platzt Larry vor Zuversicht, hat er die Energie von Superman und hoppelt forschen Schrittes über den Campus. Baumelt seine Moral allerdings im roten Bereich, schleppt er sich gesenkten Hauptes wie ein gebeutelter Hund durch das Spiel – und ist in diesem Zustand für seine Kommilitoninnen natürlich noch unattraktiver. Mit jedem geschafften Minigame gewinnt Larry an Selbstsicherheit, mit jedem verlorenen verliert er einen Teil davon. Um den Pegel stets möglichst weit oben zu halten, gibt es vielerlei Möglichkeiten: Ihr könnt z.B. eine Runde auf dem Trampolin herumhopsen oder eine Stripperin von euren Spanking-Qualitäten überzeugen.

Genauso wichtig wie das Selbstvertrauen sind noch Geld und Kleidung: Manche Mädels verlangen nach monetärer Aufmerksamkeit oder speziellen Klamotten, die ihrerseits Larrys chronisch leere Brieftasche sprengen. Und hier kommt euren Spürnase ins Spiel: Denn zum einen könnt ihr euch u.a. als Barmixer, Werbezettel-Verteiler oder Paparazzo verdingen, um etwas Kohle zu machen. Zum anderen haltet ihr einfach die Augen offen, und untersucht jede Mülltonne, jeden Busch und jedes

Larrys Coming-Out: In einer Schwulenbar lässt er den Village People raushängen.
Bild an der Wand auf versteckten Zaster. Habt ihr genügend Geld, füllt sich auch schnell euer Kleiderschrank mit Klamotten und entsprechenden Accessoires: Die eine Frau steht auf den Computer-Nerd mit dicker Brille und Stiften in der Brusttasche, die andere verlangt nach einem Yuppie mit Piepser, die nächste will einen harten Rocker mit Schnauzbart und Lederklamotten. All das lässt sich in Sekundenschnelle aus eurem Inventar auswählen, welches darüber hinaus noch allerlei Komfort-Funktionen bietet: So könnt ihr jedes einzelne bereits erledigte Mini-Game direkt zum Immer-wieder-Spielen anwählen, Informationen über ausstehende Missionen erhalten oder »interessante« Statistiken studieren – wenn ihr schon immer mal wissen wolltet, wie viele Liter ihr im Laufe des Spiels schon ausgepinkelt habt, seid ihr hier genau richtig.         

Habt ihr das Herz der Frau erobert, und sie endlich mehr oder weniger ins Bett bekommen, kassiert ihr einen »Beweis der Zuneigung«. Das ist mal ein Cowboyhut, mal ein Teddybär, mal eine Autogrammkarte – kurz gesagt ein Nachweis, dass ihr wirklich was mit der Frau angefangen habt. Denn das benötigt ihr, um in der Herzblatt-ähnlichen Show »Swingles« mitmachen zu können. Habt ihr genug Beweise beisammen, werden die nächsten Fräuleins und Locations freigeschaltet. In dieser Show müsst ihr euch auch am Ende des Spiels für eine von drei Angebeteten entscheiden, was drei

Beim Quartern kommt es hauptsächlich auf den richtigen Schwung an.
unterschiedliche End-Sequenzen bedeutet. Leider ist es zu einfach, alle drei innerhalb von 20 Minuten Minuten zu sehen, aber immerhin ist das Spiel nach dem »offiziellen« Schluss, der euch nach ca. sieben bis zehn Stunden entgegenflimmern dürfte, noch nicht vorbei: Es geht immer weiter, bis man wirklich alle Geheimnisse entdeckt hat.

Nur für Erwachsene?

Während die früheren Larry-Games im überzogenen, aber dennoch eher  realistischen Look daherkamen, wurde das mit dem siebten Teil zugunsten einer Comic-Optik aufgegeben. Magna Cum Laude schließt an diese Tradition an, allerdings natürlich in der dritten Dimension: Die Umgebungen, vom Uni-Gelände über Verbindungshaus und Schwulenbar bis hin zum Striplokal, sind knallbunt, schräg designt und einfach witzig anzusehen. Dasselbe gilt auch für die leider etwas eckigen Figuren, die angesichts der Spielthematik ruhig etwas runder hätten sein können. Dafür stimmen die Animationen vom Augenaufschlag bis in den kleinsten Finger: Alles und jeder bewegt sich viel, dauernd und butterweich, besonders bei Larry verzücken die kleinen Details – wenn er als Pantomime z.B. in Laufpausen ständig in typische Posen verfällt, oder sein Gesicht passend zur Situation verzieht. Das Einzige, was an der Optik wirklich störend auffällt, sind die sehr grob aufgelösten Rendersequenzen: Offensichtlich wurden hier Echtzeit-Animationen einfach abgefilmt, hässlich runtergerechnet und wieder ins Spiel gepackt – was umso verwirrender ist, da die meisten Zwischenszenen sowieso in Echtzeit sind. Wieso man diesen herben Stilbruch wissend in Kauf genommen hat, ist schwer nachzuvollziehen. Die PS2-Version leidet vor allem an der niedrigen Auflösung und dem fehlenden Anti-Aliasing, wodurch alles etwas grob aussieht und flimmert. Der Xbox-Larry verfügt zwar über geglätte Kanten, dafür schleicht sich hier bei schnellen Kameraschwenks tatsächlich ein merkliches Ruckeln ins Bild!

Einige Zwischensequenzen sind abgefilmt, und entsprechend verkrümelt.
Ein weiterer Knackpunkt ergibt sich aus den erheblichen Ladezeiten. Sie sind nicht nur recht lang, sondern treten auch noch extrem häufig auf: zu jedem Minigame, zu jedem Szenenwechsel, zu jeder Zwischensequenz – einfach dauernd! Zwar wird einem die Wartezeit mit schönen Bildern der Mädels (sowohl der 3D-Modelle als auch ihrer Echtwelt-Pendants) versüßt, aber letzten Endes nervt es auf Dauer. In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass ihr selbst Einfluss auf die Ladebilder habt: Haltet ihr die Augen nach »Secret Tokens« offen, könnt ihr diese bei bestimmten Dealern gegen allerlei Bonusmaterial eintauschen: Konzeptzeichnungen, einen 3D-Betrachter angezogener und nackter Fräuleinwunder – und eben Zwischenbilder.

Noch ein Wort zur Altersfreigabe: Natürlich geht es in diesem Spiel um Sex. Natürlich sind auch die Dialoge teilweise durchaus heftig. Aber mal ernsthaft: Im RTL2-Nachmittagsprogramm oder in »American Pie« geht es heftiger zur Sache als hier im ganzen Spiel! Ob ein paar Polygonbrüste, 3D-Hintern oder »Fuck you!«-Rufe eine 18er-Einstufung (oder gar einen Bann wie in Australien) wirklich rechtfertigen?

Rent-a-Larry

Mit der Sounduntermalung hat sich Vivendi Deutschland teilweise auf dünnes Eis begeben: Denn die englische Sprachausgabe ist nur schwer zu toppen, alle Sprecher sind perfekt besetzt. Im Deutschen übernimmt Oliver Pocher den Part von Larry – und während man über ihn als Comedian durchaus geteilter Meinung sein kann, hat er seinen Job als Sprecher recht gut erledigt. Es fehlt zwar insgesamt der letzte Schliff der englischen Varianten, auch sind einige Nebensprecher etwas unglücklich gewählt (Moderatorin Uma klingt beispielsweise im Original um einiges spröder), aber sonst ist die Lokalisierung, auch textlich, topp! Konsequenterweise wurde wirklich komplett eingedeutscht, was das Spiel dem hiesigen Markt anpasst: Aus Willie Nelson wird so Gildo Horn, aus Nebraska mal eben Leipzig – damit kann man auch hierzulande etwas anfangen.

Nicht nur die vor Wortwitz, Anspielungen und Insidergags (sogar Onkel Larry Laffer ist im Spiel enthalten – natürlich in Lefty’s Bar!) glühende Sprachausgabe ist gelungen, auch die Musik hinterlässt ein breites Grinsen: Spezielle

Das Handabklatschen steuert sich etwas fummelig.
Szenen werden entweder mit bekannten Songs von Bands wie Right Said Fred oder 2 Live Crew oder mit Comedy-Melodien versehen, an denen auch Benny Hill seine Freude hätte. Absolutes Highlight ist hier eine großartige »Grease«-Reminiszenz, die in ein Minigame eingebunden ist.

Leider gibt es auch hier einige Störfaktoren: So existieren z.B. keinerlei Untertitel – kein Beinbruch, aber sie wären nett gewesen. Ferner könnt ihr zwar unwichtige Darsteller (wie irgendwelche Studenten oder Passanten) anquatschen, bekommt von denen aber nur die immergleichen ein oder zwei Sätze zu hören – hier wäre mehr Variation angesagt. Und zu mauer Letzt sind in den sowieso schon ärgerlichen Rendersequenzen auch noch Lippenbewegungen und Stimmen asynchron.  

Fazit

Jaja, die Point-n-Click-Fraktion wird ob der Maus- und Tastatur-Steuerung wieder entsetzt aufheulen, aber das ist ja seit Monkey Island 4 nichts Neues. Mir ist es gleich, denn nach kurzer Eingewöhnungsphase steuert man Larry problemlos in die Herzen aller Frauen und Spieler: Das Game ist knuffig, spaßig, angemessen zotig (auch wenn Lovages Gefurze auf Dauer ungefähr so witzig ist wie ein 20-Stunden-Bud-Spencer-Filmmarathon), und es sieht auch noch gut aus! Witzige Dialoge mit wirklich gelungener Sprachausgabe, viel zu entdecken, verrückte Figuren – nur ein Adventure sollte man wirklich nicht erwarten! Larry ist eine Ansammlung von mehr oder weniger gelungenen Geschicklichkeitsgames, die mehr eure Reaktionsschnelligkeit als euer Gehirn beanspruchen. Und eure Geduld, denn die von zugegebenermaßen netten Bildern umrahmten Ladezeiten gingen mir schon nach kurzer Zeit gehörig auf den Senkel! Wenn ihr also die Erwartungen niedrig genug haltet und nicht allzu prüde seid, dann werdet ihr mit dem neuen Larry viel Spaß haben – die Abenteuer-Fraktion dürfte hier hingegen, genauso wie Verächter von gehäuft auftretenden Ladescreens, ziemlich fehl am Platze sein.

Pro

einfache Steuerung
witzige Grafik
nette Details
abwechslungsreiche Minigames
sehr witzig
viele Insidergags
gute Sprachausgabe
gelungene Lokalisierung
funky Musik
tolle Animationen
verrückte Umgebungen
recht umfangreich
drei verschiedene End-Möglichkeiten
viel zu entdecken
abgefahrene Charaktere

Kontra

kein Adventure im eigentlichen Sinne
nervende Ladezeiten
etwas eckige Figuren
grobe Renderszenen
Ruckeln bei schnellen Schwenks (Xbox)
flimmernde Texturen (PS2)
sehr viele sprachliche Wiederholungen
nicht alle Sprecher passen 100%
nur deutsche Sprachausgabe
sporadischer Leerlauf
keine Untertitel
gelegentlicher Brachialhumor
Steuerung nicht im Spiel konfigurierbar

Wertung

PlayStation2

Witzig-schlüpfrige Ansammlung von Geschicklichkeitstests

XBox

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