Apex Construct23.02.2018, Mathias Oertel
Apex Construct

Im Test: Abenteuer mit starker Erzählung

Apex Construct (ab 9,99€ bei kaufen) inszeniert eine düstere Zukunft: Ein ungewöhnliches Ereignis scheint alles natürliche Leben ausgerottet zu haben. Empfindungsfähige KIs kämpfen gegeneinander. Und der Spieler ist hinter der PlayStation-VR-Brille mittendrin - mal als Spielball der gottgleichen Mächte, mal als Protagonist. Wir klären im Test, wie viel Spaß man in der ungewöhnlichen Welt zwischen knackigen Rätseln und fordernden Kämpfen findet.

Geheimnisvolle Zukunft

Wer ist dieser "Fathr", der zu einem spricht? Man erfährt zunächst nur, dass die angenehme allgegenwärtigen Stimme, die einen durch Apex Construct begleitet, zu einer empfindungsfähigen KI gehört. Die einzige weitere Information, die man erhält und das Spiel wesentlich beeinflusst: Bei dem Vorgang, der einen in diese von einem merkwürdigen Ereignis namens "Wechsel" zerstörte Welt beförderte,  hat man seine linke Hand verloren, die von Fathr mit einer mechanischen Variante ersetzt wurde. Alles andere gibt die gottgleiche KI erst nach und nach Preis. Und natürlich erzählt die Spielwelt eine Geschichte, die man sich allerdings erst nach und nach erarbeiten muss, indem man z.B. Computerfiles durchstöbert oder Räume nach Notizen durchsucht, die erklären, was mit der Welt im Allgemeinen und dem umfangreichen Komplex im Speziellen passiert ist, in dem man gemeinsam mit Fathr gegen Mothr, ebenfalls eine empfindungsfähige KI sowie ihre Robo-Geschöpfe kämpft. Die Umgebung mit ihren eher comichaften als realistischen Strukturen ist mir allerdings einen Tick zu bunt für das düstere Szenario, das Fast Travel Games (besteht zu einem Großteil aus Ex-DICE-Entwicklern) hier aufbaut.

Dafür, dass Apex Construct eine düstere Geschichte eines Weltuntergangs erzählt, ist die Kulisse mit ihren Comic-Anleihen teils befremdlich bunt - dennoch bietet sie starke Erforschungs-Anreize.
Doch sie gibt einem mit ihren Details, zur früheren menschlichen Zivilisation sowie den Ereignissen, die schließlich zum "Wechsel" führten, genug Erkundungsreize, die einen motivieren, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Man folgt nicht nur einem sehr intensiv umgesetzten erzählerischen roten Faden, denn der VR-Abstecher in diese offensichtlich in Schweden angesiedelte Spielwelt wurde nicht als Erzählexperiment, sondern als lupenreines Action-Adventure in Egosicht konzipiert. Rätsel und Levelerforschung nehmen dabei einen Großteil der Spielzeit ein, die je nach Komplettierungs-Drang zwischen sechs und zehn Stunden in Anspruch nehmen dürfte. Doch immer wieder wird man auch mit den Robogeschöpfen konfrontiert, die einem nach dem Leben trachten und die man sich in erster Linie mit dem Technobogen und einem endlosen Vorrat an Standardpfeilen vom Leibe hält. Später kommen noch weitere (leider nicht unendlich bevorratete) Pfeilarten wie Explosionsgeschosse oder Elektroladungen hinzu, während man den feindlichen Projektilen auch mit einem Schild begegnen kann. Dieser verliert bei Dauerbeschuss allerdings schnell seine Energiereserven und lässt sich zudem nur einsetzen, wenn man nicht einen Pfeil an die Sehne gelegt hat.

Immersive Kleinigkeiten

Das Bogenschießen in den Action-Sequenzen wurde gut gelöst. Die Bewegungsdynamik in diesen Momenten könnte besser sein.
Bedingt durch das richtig gut umgesetzte Bogenschießen dürfte klar sein, dass Apex Construct nur mit Move-Controllern gespielt werden kann. Doch akkurates Zielen in den Actionsequenzen, bei denen ruhig früher variantenreichere Gegner hätten aufgeboten werden dürfen, ist das eine. Viel wichtiger bei einem Spiel, das mit interessant gestalteten Abschnitten zur Erforschung locken möchte, sind die Fortbewegungsoptionen. Mit der Teleportfunktion, die zusammen mit den in mehreren Stufen stattfindenden (und justierbaren) Drehungen dafür sorgen, Bewegungskrankheit auf einem absoluten Minimum zu halten, kann man auch eine flüssige Fortbewegung einschalten, die man wie bei Skyrim über die Move-Taste aktiviert. Es stehen zwei Geschwindigkeiten zur Verfügung, wobei selbst das Sprinten noch sehr moderat ist und mit der zuschaltbaren Gesichtsfeldverengung ebenfalls die Übelkeits-Tendenz so gering wie möglich hält. Selbstverständlich kann man auch beides parallel nutzen und z.B. erst ein paar Schritte gehen, dann den Teleport nutzen, dann wieder laufen usw.

Dieses Konzept funktioniert im Großen und Ganzen richtig gut. Es kommt allerdings auch immer wieder vor, dass man an Kanten hängen bleibt oder plötzlich wider Erwarten auf einem Tisch oder einem anderen Umgebungsobjekt landet. Dieser dann überraschende Wechsel der Sichthöhe oder plötzlicher Bewegungsstopp können einen für einen kleinen Moment irritieren. Und dass man beim Teleport mitunter sehr feinfühlig nachjustieren muss, um in der richtigen Reichweite von Türgriffen, Schubladen, Schränken oder Computerkeyboards zu sein, ist ebenfalls etwas nervig – auch wenn man in diesen Momenten die fehlenden Zenti- oder Dezimeter mit der Standardbewegung sehr einfach kompensieren könnte. Hat man sich an diese Mankos gewöhnt und nach etwa 30 Minuten gelernt, ihnen weitgehend aus dem Weg zu gehen, setzt der Sog von Apex Construct wieder unvermindert ein – zumindest, bis man dem nächsten Fall der angesprochenen Probleme begegnet, die sich auch ab und an in einer Actionsequenz oder bei der simplen Aufnahme von Gegenständen zeigen können. Doch in den deutlich häufigeren Momenten, in denen alles zusammenläuft, wird man komplett von der Welt aufgesogen. Man öffnet gespannt Türen, hält Sicherheitskarten vor elektronische Schlösser, durchsucht Schränke und Regale nach Hinweisen und kann sogar die Tastaturen der meisten Computer nutzen.

Die Suche nach dem Clou

Es gibt viele Möglichkeiten, mit der Umgebung zu interagieren. Die Immersion ist bemerkenswert
Letzteres ist zudem ein wesentlicher Bestandteil des Rätseldesigns. Das Tippen simpler Befehle wie "dir" und "open [filename]" ist mit zwei Fingern zwar etwas langwieriger, als es der Dynamik guttut. Dennoch wird durch diese einfache Interaktion die Immersion massiv erhöht. Zumal dies mitunter der einzige Weg ist, um an die teils gut in den Dokumenten versteckten vierstelligen Pin-Codes herauszufinden, die man benötigt, um bestimmte Türen zu öffnen. Auch Notizen auf Clipboards können Hinweise beinhalten, wo sich Codes oder Schalter befinden – schade ist allerdings, dass es kein Archiv gibt, in dem man nachschlagen könnte. Hat man ein schlechtes Kurzzeitgedächtnis, sollte man sich einen Stift samt Zettel parat halten – auch wenn das dafür erforderliche Absetzen die sorgsam aufgebaute Immersion zum Bröckeln bringt. Die Clipboards könnte man zwar im clever sowie intuitiv zu erreichenden Inventar verstauen, doch da der Platz dort limitiert ist und man im Zweifelsfall lieber ein Getränk zur Wiedergenesung oder eine Granate einlagert, sollte man sein Gedächtnis trainieren. Denn mitunter liegen das Rätsel und die Lösung weit auseinander – mitunter sogar einige Level. Denn in der Tradition von Metroid findet man in den umfangreichen Bereichen auch immer wieder Türen vor, die sich beim ersten Besuch noch nicht öffnen lassen, sondern erst, wenn man bestimmte Gegenstände gefunden hat. Gelegentlich schrammt Fast Travel Games zwar mit dem "Backtracking", also dem erneuten Durchlaufen bereits erledigter Gebiete, hart an der Grenze des Erträglichen entlang, da es entgegen des Entwicklernamens keine derartige Funktion im Spiel gibt, sondern nur eine Abkürzung zurück ins sichere Domizil. Dennoch fühlte ich mich nur in zwei Momenten unnötig gegängelt.  

Gegen mehrere Feinde sind die taktische Nutzung des Schildes sowie die Verwendung spezieller Pfeile probate Mittel, um das Überleben zu gewährleisten.
Da man zunehmend stärkeren Gegnern begegnet, deren KI sich auf einem passablen Niveau einsortiert, ist man über die Upgrademöglichkeiten für Bogen, Schild und Pfeile dankbar, die man in der Basis von Fathr gegen so genannte RP bekommen kann. Diese bekommt man in erster Linie als Belohnung von abgeschossenen Gegnern. Allerdings sollte man vorsichtig sein. Nicht nur, weil man sich an Warenautomaten neben Getränken dafür auch Granaten kaufen kann und man versucht ist, lieber akut als vorausschauend diese Währung auszugeben. Sondern vor allem, da man bei einem Ableben sämtliche bis dahin in dem Abschnitt gesammelten RP verliert. Man behält sie nur, wenn man den Abschnitt entweder in einem Versuch bewältigt oder aber, indem man sich zurück nach Hause transportieren lässt – in diesem Fall werden die RP auf eine Art Konto eingezahlt. Das ist allerdings kein Allheilmittel. Denn kehrt man in den Bereich zurück, sind alle Gegner wieder da und alle Türen können ggf. wieder verschlossen sein.

Fazit

Das Debüt von Fast Travel Games ist gelungen. Das aus Veteranen (DICE, Rovio, Grin) bestehende Indiestudio hat ein vor allem erzählerisch starkes und in seinen besten Momenten sehr immersives VR-Abenteuer abgeliefert. Man merkt zwar in einigen Bereichen, dass Apex Construct der Feinschliff fehlt, wie z.B. bei der hin und wieder stolpernden Dynamik in den Kämpfen oder der gelegentlich mit unsichtbaren Blockaden oder plötzlichen Höhenwechseln in der Fortbewegung. Doch nichts davon ist so schwerwiegend, dass die Sogwirkung langfristig gefährdet wird, bis man schließlich das Geheimnis der Story gelüftet hat. Die Mischung aus Gebietserforschung, Action und Computer- bzw. Code-Puzzles ist zwar sowohl visuell als auch hinsichtlich der Gefechte oder der Rätselgestaltung in keiner Form überdurchschnittlich. Doch angetrieben von einer starken Erzählung und unterstützt von einer ganz eigenen Atmosphäre erlebt man einen der interessantesten PSVR-Titel seit langem.

Pro

ordentliche Kulisse...
hohe Immersion dank vieler Interaktionsmöglichkeiten
Fortbewegung sowohl flüssig als auch per Teleport möglich
gelungenes Rätseldesign
Welt lädt mit vielen Geheimnissen zur Erforschung
spannende Kämpfe mit Pfeil/Bogen und Elektroschild
stylisches Inventar
Upgrade-System
atmosphärisch dichte Akustik mit klasse Sprechern

Kontra

... deren Comicdesign etwas zu bunt für die düstere Geschichte ist
gelegentlich Aussetzer bei der Steuerung
Dynamik in Kämpfen leidet etwas unter den Bewegungsoptionen
es kann bei der flüssigen Fortbewegung zu Problemen mit der Kollisionsabfrage kommen
im Nahbereich fummeliger Teleport

Wertung

VirtualReality

Das Action-Adventure hat seine Macken, doch zusammen mit der spannenden Erzählung bietet Apex Construct mit seiner geheimnisvollen Welt voller Interaktionen eines der intensivsten Erlebnisse für PlayStation VR.

PlayStationVR

Das Action-Adventure hat seine Macken, doch zusammen mit der spannenden Erzählung bietet Apex Construct mit seiner geheimnisvollen Welt voller Interaktionen eines der intensivsten Erlebnisse für PlayStation VR.

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