FIFA 1927.09.2018, Jörg Luibl
FIFA 19

Im Test: Fußball in der Endlosschleife

Die Wahl zum Weltfußballer hat Cristiano Ronaldo zwar geschwänzt, weil Luka Modric gekürt wurde, aber dafür ziert er das Cover von FIFA 19 (ab 10,99€ bei kaufen) - natürlich im Trikot seines neuen Clubs Juventus Turin. Dass Electronic Arts vom alternden Star profitiert, dürfte zu bezweifeln sein, denn das Fußballspiel würde sich auch ohne irgendeinen Profi auf der Box wie geschnitten Brot verkaufen: Satte 24 Millionen mal ging FIFA 18 über die Theke, wobei die Umsätze von Ultimate Team noch hinzu kommen. Es gibt kein erfolgreicheres Sportspiel auf dem Markt. Uns interessiert, ob man zum Vollpreis endlich mehr als Stagnation mit Detailverbesserungen erlebt. Mehr dazu im Test für PC, PS4 und Xbox One.

Die Rolle rückwärts...

...gehört noch nicht zu den etablierten Fußballfinten. Allerdings hatte sich Electronic Arts letztes Jahr dazu entschieden, FIFA 18 kurz nach der Veröffentlichung mit einem Patch so stark zu verändern, dass das Spielgefühl ein anderes war. Das war nicht nur sehr ärgerlich, weil mir die ursprüngliche Version hinsichtlich Tempo & Co deutlich besser gefiel. Sondern auch, weil einige Analysen in meinem Test nicht mehr dem tatsächlichen Zustand entsprachen. Oder anders: Ich hätte diesen Kick angesichts der Änderungen schlechter bewertet. Mal sehen, wie lange die folgenden Zeilen angesichts dieser wankelmütigen Politik Bestand haben.

Wie spielt sich FIFA 19? Kann es auf dem Platz endlich mal große Fortschritte machen, außer dass man jetzt auch die offizielle Lizenzen der Champions und Europa League besitzt? Um es kurz zu machen: Nein. Und diese Stagnation erinnert an jene der Spielmodi sowie Präsentation bei Konami.

Neben der neuen Champions und Europa League könnt ihr auch verschiedene Cups austragen.
Denn das sind die Defizite, die wir seit Jahren (!) in beiden Serien bemängeln. Obwohl sich FIFA immer mehr zu einer Fußballsimulation entwickelte, obwohl man rein spielmechanisch - also hinsichtlich Steuerung sowie Pass- und Schussoptionen - nahezu dasselbe (und im Detail der Ballbehandlung sogar mehr) anbietet wie Pro Evolution Soccer 2019, sind die Unterschiede hinsichtlich des Spielaufbaus sowie der Ballphysik auf dem Platz so deutlich wie in unserem Fußballvergleich anno 2016. Ich könnte viele Passagen daraus kopieren, weshalb wir uns schon vor zwei Jahren entschieden haben, diese Auflistung des ewig Gleichen nicht weiter anzubieten. Das sind also beides Updates zum Vollpreis.

Annäherung durch Abkupferung

Hinsichtlich des Spielgefühls ist der Marktführer nämlich immer noch nicht in der Lage, den finanziell weit unterlegenen Wettbewerber zu schlagen. Aber warum soll EA auch mehr als nötig in die Entwicklung der Kernmechanik investieren, wenn man selbst mit den Mikrotransaktionen aus FIFA Ultimate Team (FUT) mehr Umsatz macht als Konami mit PES? Für die

Jetzt kann man auch die Taktiken feiner modifizieren und fünf Stufen als Matchplan vorbereiten.
Spielkultur und die Entwicklung des Genres ist all das kontraproduktiv. Der Fluch des enormen Verkaufserfolges und auch der steigenden Popularität des eSports, der große inhaltliche Veränderungen an der Spielmechanik naturgemäß ablehnt, weil die Teams ihre "Skills" (übrigens mit allen aktivierten Spielhilfen) so effizienter ausbilden können, ist, dass man den Wettbewerber rein qualitativ komplett ignorieren kann. Obwohl, Moment mal...

...das heißt nicht, dass man für die erfolgreichen Kleinigkeiten blind ist, die man mal schnell aus PES übernehmen kann. Konami und EA kennen sich beide in gegenseitiger Befruchtung aka Feature-Klau aus, so dass man jedes Jahr die schleichende Anpassung in der DNA dieser ehemals so weit entferneten Sportspiele beobachten konnte. Das ist fast wie Ping-Pong: PES hat bekanntlich seine Variante des myClub von FUT kopiert und kürzlich die Schnelleinwechslungen übernommen. Diesmal bietet EA dieselben taktischen Finessen an, die wir in PES so gelobt haben, weil sie Justierungen der Breite und Tiefe sowie situative Reaktionen und Manöver im Raum ermöglichten. Man ist dabei so dreist, dass man die Menüs mit ihrer visuellen Darstellung nahezu identisch designt.

Neue Taktiken und Ballakrobatik

FIFA-Spielern kann das Vorbild egal sein, denn jetzt können sie viel komfortabler als bisher nicht nur in fünf Stufen von Defensive auf Offensive umschalten, sondern diesen Stufen auch andere Formationen sowie Spielverhalten und über Schieberegler exakte Abstände zischen Ketten zuweisen. Damit gewinnt FIFA 19 spieltaktische Finessen und Flexibilität. Sprich: Sorgte man bisher beim Umschalten auf die Offensive nur für weiter vorne agierende Spieler, kann man jetzt auf Knopfdruck vom 4-2-3-1 mit Ballbesitz und tiefer Vierkette auf ein 4-3-3 mit langen Bällen und Vollpressing schalten. So kann man auch für jeden Gegner einen anderen Matchplan mit fünf Verhaltensweisen erstellen - dazu gehört auch, wie viele Leute sich bei Standards in der Box tummeln. EA hat also nicht nur abgekupfert, sondern auch einiges Neues anzubieten.

Im freien Training kann man üben, den Ball hochzuhalten und sich mit dem Kopf vorzulegen.
Wie klingt "Active Touch System" in den Ohren? So nach manueller Freiheit am Ball. Und in der Theorie ist der Ansatz lobenswert, denn bei Annahmen, Dribblings oder Finten soll sich alles realistischer anfühlen, mehr antizipiert werden können - nur hören wir das seit einem Jahrzehnt. Immerhin kommen tatsächlich neue Funktionen hinzu, die die wichtige physikalische Trennung von Körper und Kugel auch spielbar machen. Im freien Training sieht das z.B. verdammt cool aus, wenn Marco Reus den Ball hoch hält, ihn immer höher fliegen lässt, vom Fuß auf den Oberschenkel, sich dann den Ball aus der Luft mit dem Kopf vorlegt, um ihn einzunetzen. In der Praxis eines Spiels ist das zwar auch möglich, aber sorgt viel zu selten für effiziente Vorteile.

Präziseres Schießen als Option?

Einerseits ist es gut, wenn man "keinen Zirkus" am Fließband veranstalten kann, andererseits würde man sich diese Trennung von Ball und Körper auch bei einfacheren Aktionen so konsequent umgesetzt wünschen, dass sich dadaurch mal das Spiel beim Passen und Schießen realistischer anfühlt! So ist das mal wieder kosmetischer Schnickschnack, der ja nicht mal in den Skill Trainings einzeln geübt werden kann. Apropos: Warum kann ich mir im freien Training nicht alle Befehle für Finten, Flicks

Auch bei Distanzschüssen kann man das neue "Timed Finish" einsetzen, aber wir haben es schnell wieder deaktiviert - zu fummelig, zu wenig effektiv.
& Co anzeigen lassen, um sie dann zu üben? Oder zumindest alle neuen? Das geht immerhin im Skill-Training mit dem ebenso neuen wie überflüssigen Schießen, dem "Timed Finish", das für noch präzisere Abschlüsse sorgen soll, wenn man ein zweites mal kurz vor dem Abziehen die Schusstaste drückt.

Dafür hat EA sogar ein neues Icon und eine Timing-Leiste in den Skill-Trainings petto, die den optimalen grünen Punkt anzeigt: Trifft man ihn, landet der Ball im Winkel. Wer den "Trainer" im Spiel aktiviert, bekommt diese visuellen Hilfen auch im Spiel. Auch das klingt gut, aber es ist komplett überflüssig bis nervig. Ganz einfach, weil es nicht praxistauglich ist, dass ich kurz vor einem Volley im Strafraum, den ich manchmal vielleicht nur ein, zwei Sekunden antizipieren kann, auch noch zweimal im richtigen Rhythmus die Schusstaste antippen soll. Und wenn man mal mehr Zeit, wie z.B. bei Distanzschüssen, ist das Ergebnis einfach nicht befriedigend genug, zumal man im Match lediglich ein kleines Dreieck als Icon aufflackern sieht, wenn man den Punkt trifft. Hinzu kommt, dass man zwar "pefektes Timing" attestiert bekommt, weil man genau im grünen Bereich ein zweites mal drückt, aber der Ball dann doch nicht im Netz landet. Was soll das dann? Es hat schon seinen Grund, warum man dieses "präzise Schießen" in den Menüs abschalten kann.

Hallo, altes Spielgefühl...

Diese speziellen Zusätze sorgen für kein neues Spielgefühl. FIFA fühlt sich im direkten Vergleich mit PES weiter zu schwammig und eingeschränkt an, ist in der Ballphysik immer noch unterlegen, obwohl es en detail im Spielaufbau sowie der Spielintelligenz einige im Ansatz lobenswerte Änderungen gibt und EA Vancouver durchaus versucht, für mehr Unberechenbarkeit zu sorgen. Wer FIFA 18 kennt, wird sich z.B. wundern, warum die flachen Pässe in die Tiefe nicht mehr so effizient sind - wer in die Schnittstellen passen will, um seine Stürmer zu füttern, muss geduldiger sein, zumal die gegnerische KI defensiv besser steht und Lücken schließt. Bei aktivierter "Balleroberung" geht das so weit, dass Verteidiger einen Schritt nach vorne machen und das Zuspiel antizipieren.

Es gibt im MIttelfeld deutlich mehr Abpraller und Kämpfe um den freien Ball.
Außerdem gibt es aufgrund der neuen "50/50-Battles" mehr Abpraller nach Pressschlägen oder falschen Zuspielen, so dass der Ball des Öfteren hin und her rollt, bevor es einen klaren Sieger gibt. Angeblich entscheidet die Kombination aus Reaktionsschnelligkeit am Gamepad und Spielerstatitsiken darüber, wer freie Bälle erobern kann, aber manche Situationen wirken fast schon künstlich geskriptet oder gar nicht nachvollziehbar: Da geht man deutlich als Erster auf den freien Ball zu und verliert ihn trotzdem? Zu oft sind die Auswirkungen nicht ganz logisch. Immerhin sehen die Kollisonen nach einem Zusammenprall angenehm authentisch aus, so dass die Körperlichkeit auf dem Platz inklusive des Abdrängens, Hineinlehnens & Co spürbarer ist.

Unberechenbar und doch vorhersehbar

Das führt jedoch auch zu einem sehr zähen Aufbau im Mittelfeld, zu einem ständigen Hin und Her, vor allem wenn man auf den höheren Stufen gegen die aufmerksame KI spielt - die übrigens nahezu vorhersehbar in den letzten Minuten trifft: Im Champions-League-Finale habe ich mit Liverpool gegen Arsenal sowie Real Madrid gegen Dortmund jeweils vor dem Ende der Halbzeiten den Ausgleich bekommen, so dass es in die Verlängerung ging. Die Tore waren plausibel rausgespielt, aber irgendwie fühlte man sich doch etwas ohnmächtig.

In FIFA 19 fallen die Tore zwar öfter auf andere Art, aber das Spielgefühl ist dasselbe wie in FIFA 18.
Unterm Strich geht es jedenfalls immer wieder vor und zurück, so dass man an die zehn, zwölf Spiele braucht, um auf andere Art für Torgefahr zu sorgen, zumal die Ausdauer spürbarer zu Ermüdungen führt - wer mit einem Star dauernd sprintet, muss ihn früher auswechseln; schön ist, dass dieses Auspowern auch zu Verletzungen führen kann. Außerdem hat EA die letztes Jahr zu mächtigen Dribblings schneller Spieler etwas eingedämmt, so dass man nicht mehr so schnell im Zickzack durch die Abwehr kommt und für Torgefahr sorgen kann. Dafür eignen sich jetzt besser die wuchtigen Flanken mit der Schultertaste flach in den Rücken der Abwehr, die letztes Jahr oftmals verpufften - diesmal kann man sehr oft aus kurzer Distanz mit Direktabnahmen einnetzen. Gefährlich ist man jetzt auch wieder schneller über die Höhe, wenn man also kurz über die Abwehr in die Tiefe "lupft". Dafür fallen viel zu wenig Tore aus der Distanz, wenn man aus zwanzig Metern mal abzieht. Gerade bei weiten hohen Pässen in die Tiefe zeigen sich zudem die bekannten Schwächen der Physik: Der Ball fliegt unrealistisch hoch und lang aus der eigenen linken Abwehrhälfte (!) quer über den Platz und landet beim Stürmer. Auch bei so manchen Abschlüssen aus der Distanz oder Volley sind noch die bekannten Defizite in den Flugkurven erkennbar.

Was hat sich sonst getan? Vorsicht vor dem Touchpad: Wenn ihr das auf dem PS4-Gamepad drückt, wechselt die Perspektive in eine erhöhte Ansicht und ihr könnt den Torwart komplett steuern, inklusive rauslaufen und Paraden - was gerade bei

Vor allem scharfe flache Flanken sorgen für Tore.
Kontern gegen einen Stürmer durchaus Laune macht, ist bei Ecken oder anderen chaotischen Situationen eher weniger befriedigend. Ein erneuter Druck bringt euch zurück zur Steuerung der Mannschaft. Neben dem manuellen Spielerwechsel auf Knopfdruck darf man neuerdings bei der Verteidigung mit dem rechten Analogstick den gewünschten Profi gezielter auswählen, der auch schon mit einem zweiten braunen Icon angezeigt wird. Außerdem gibt es neben übertragbaren Statistiken, die z.B. alle Matches mit euren Freunden inklusive Gruppen aufzeichnen, neue Spielarten mit Arcade-Regeln: Da kann man z.B. festlegen, dass nur spezielle Techniken zu Toren führen oder dass im Survival immer mehr Profis den Platz verlassen müssen. Ist vielleicht ganz lustig zwischendurch, aber nicht mehr als ein netter Zusatz.

Frostbite mit deutschen Defiziten

Auch hinsichtlich der Präsentation bleibt dieses FIFA 19 ein zweischneidiges Schwert. Nahezu alles, was mit der Premier League zu tun hat, wird gut bis sehr inszeniert - von den Profis über die Stadien bis zu den Fans. Hinzu kommen blitzsaubere Menüs sowie eine moderne Regie in der Karriere um den Jungstar Hunter, in der die Protagonisten dank Motion Capturing & Co teilweise filmreif auftreten. Aber auch wenn man EA dafür loben muss, dass sie ähnlich wie 2K Sports im Basketball für dramaturgisches Leben im digitalen Fußball gesorgt haben, enttäuscht man schon im Einstieg der Journey auf dem Platz: Da spielt man in den 50er oder 60er Jahren mit einem Farbfilter und einer Lederpille in England, weil man kurz in die Rolle des Großvaters schlüpft - ein klasse Idee! -, aber dann wird der Ball trotz total vermatschtem Rasen wie an der Schnur gezogen gepasst, als würden das Roboter spielen, ohne dass er mal hoppelt oder wegspringt. Hier offenbart FIFA, wie oberflächlich es designt und wie weit man von realistischer Physik entfernt ist.

Das da rechts soll Roman Bürki sein...
Auch beim Blick auf die Bundesliga muss man viele Abstriche machen. Die ach so potente Frostbite-Engine sorgt in deutschen Stadien nicht für die Fortschritte oder gar visuelle Begeisterung, die ich von einem Vollpreisspiel erwarte. Gerade bei Borussia Dortmund, das als Lizenzpartner überraschend von PES 2019 zu FIFA 19 wechselte, werden die grafischen Defizite deutlich. Zum einen sieht die Hälfte der Startelf ihren realen Profis nicht ähnlich: Man schaue sich Toprak, Weigl, Delaney, Bürki etc. an. Hallo? Und selbst bei der besser getroffenen Prominenz wie Reus oder Götze wirken vor allem die Augenpartien seltsam künstlich. Auch als Schalker dürfte man Schwierigkeiten haben, seine Startelf zu erkennen. Konami hatte diese Profis wesentlich authentischer integriert. Geht man zu Vereinen wie Leverkusen, Bremen oder dem HSV wird die Liste der nicht erkennbaren Kicker noch länger.

Champions League hui, Derby pfui

...und das da rechts Maximilian Philipp. Auch Delaney & Co sehen überhaupt nichts aus wie ihre realen Vorbilder.
Zwar ist der Signal Iduna Park ähnlich wie andere Stadien architektonisch sehr gut zu erkennen, außerdem hört man einige typische Gesänge, aber auch die Südtribüne sowie der vereinzelt in Großaufnahme gezeigte Jubel der dortigen Fans wirkt alles andere als realitätsnah, wenn selbst bei kleinen Grüppchen die Klone klatschen. Hier ist noch so viel Luft nach oben! Zwar wird das Derby mit dem FC Schalke 04 zumindest von den Kommentatoren angesprochen, aber von der Brisanz oder anderer Stimmung im Stadion oder bei den Gesängen ist nichts zu spüren. Hinsichtlich der Präsentation realistischer Fußball-Atmosphäre hat FIFA 19 noch viel Luft nach oben. Und die Unterschiede zu PES, das früher klar in der Präsentation unterlegen war, sind dahin geschmolzen.

Trotzdem gibt es sie noch: Man kann die neu integrierte Champions League in verschieden Stufen erleben, wobei es zwischen Gruppenphase, Halbfinale und Finale andere Kommentare sowie Stimmungen und Inszenierungen gibt. Spielt man z.B. in der Allianz Arena, erscheint bei der Einführung eine übergroße Standfigur von Lothar Matthäus im virtuellen Stadion. Auch in das finale Kapitel der Story-Kampagne The Journey ist der Wettbewerb neben der Europa League eingebettet. Und wie präsentiert sich der Modus im dritten Jahr?

Das Finale mit Alex Hunter in "The Journey"

Die Geschichte des britischen Fußball-Talents Alex Hunter wird mit längeren Rollenwechseln zuende geführt. Nachdem man bereits in FIFA 18 in ein paar Situationen sowohl mit seinem besten Freund Danny Williams sowie seiner Schwester Kim erleben durfte, bekommt man jetzt mehr Zeit mit den beiden. Dabei darf man nach dem überraschend langen Einstieg, der mit dem erwähnten Match von Alex Großvater beginnt und schließlich zu jeder der drei Geschichten überleitet, jederzeit zwischen den Figuren wechseln und ihrem jeweiligen Weg folgen, der sich gelegentlich überschneidet. Um die Dramatik und das passable Drehbuch in vollem Umfang erleben zu können, rät EA allerdings zu einer "kurierten" Wahl, sprich: Man bekommt immer Hinweise, wann man die Figur wechseln sollte. Obwohl man vermehrt durchaus gravierende Entscheidungen treffen darf und die Ergebnisse bzw. Konsequenzen der letzten Ausgaben auch hier Wirkung zeigen, tritt man mechanisch allerdings weitgehend auf der Stelle.

Gute Idee mit dem Retro-Spiel, aber der Ball läuft wie an der Schnur gezogen über den Matschplatz...
Es gibt immer noch den Wechsel zwischen Trainings- und Spielsituationen. Man bekommt unter Wettbewerbsbedingungen nach wie vor immer wieder vom Cheftrainer Vorgaben, die man erfüllen sollte, um den kompletten Bonus und damit ggf. auch neue Freischaltung neuer zumeist kosmetischer Gegenstände einzuheimsen. Und es gibt z.B. bei Kims Versuchen, in der amerikanischen Frauen-Nationalmannschaft Fuß zu fassen auch das Rivalen-/Kumpelsystem, das letztes Jahr für Alex eingeführt wurde. Im Gegensatz zur inhaltlichen Stagnation wird wenigstens dramaturgisch mehr geboten: Alex muss sich bei seinem Lieblingsclub durchsetzen (mit dem Spielstand der letzten Jahre Real Madrid), während Danny in dem Verein, bei dem Alex' Karriere begann (in diesem Fall FC Liverpool) eine letzte Chance bekommt, sich in die erste Mannschaft zu spielen und einen längerfristigen Vertrag auszuhandeln. Verbunden wird alles durch die Themen Freundschaft und Familie, die EA vielleicht nicht unbedingt realistisch, aber zumindest filmreif inszeniert, so dass man ein paar unterhaltsame Stunden erlebt.

Ultimate Pay-to-win

Zwar muss man EA zugute halten, dass sie Ultimate Team wirklich vom Rest der Spielmodi trennen und nicht wie 2K Games in die Karriere einfließen lassen. Aber mich langweilt dieser Sammelkarten-Modus seit Jahren, weil die Teamchemie wie ein

EA bittet zur Kasse in FUT, wenn man schneller erfolgreich sein will.
künstliches Korsett die Spiele beeinflusst. Das ist wie eine unsichtbare Regie, die die eigenen Skills konterkariert. Hinzu kommen die Echtgeldtransaktionen und der Pay-to-win-Fokus, der hier noch stärker ist als jener von myClub in PES 2019. Auch wenn Konamis Angriff auf EA letztlich ein heuchlerisches Eigentor war, weil sie natürlich selbst mit diesem Modus auf Umsätze schielen, lag Lingaard im Kern richtig.

In Ultimate Team dauert es einfach deutlich länger, ohne zusätzliche Investitionen sein Traumteam aufzubauen. Und wer hinsichtlich eSports irgendwelche Ambitionen hat, kommt um das eigene Portemonnaie nicht herum. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Leute freiwillig für ein Vollpreisspiel bezahlen - und dann noch oben drauf. Um mit Spielern zu kicken, die man auch umsonst in den vorhandenen Clubs bewegen kann. Es gibt doch schon Real Madrid, FC Barcelona, Manchester City, Liverpool, Paris, Juventus Turin - sind das nicht alles "Ultimate Teams"?

Karriere ohne Regie

Liverpool gewinnt die Champions League...
Zur Karriere als Spieler oder Trainer könnte ich nur eine nahezu identische Analyse vorlegen, denn beides stagniert im Schatten von "The Journey" komplett. Zwar inszeniert EA das Leben eines selbst erstellten jungen Profis deutlich besser als Konami, aber die qualitatitven Unterschiede zur Karriere des Alex unter sind so groß, dass sich eigentlich nur eine Laufbahn als Manager lohnt. Dort kann man entweder einen Spitzenclub oder auch einen Drittligisten übernehmen, wobei sich die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele natürlich stark unterscheiden - da alle Abläufe, Vor- und Nachteile bis auf kleine Anpassungen bei den Transfers dem Vorjahr gleichen, verweise ich auf den Test zu FIFA 18. Unsere langjährigen Manager in der Redaktion waren jedenfalls sehr ernüchtert, weil sich da einfach nichts tut.

Fazit

Der digitale Fußball steckt in einer Endlosschleife. Warum soll sich ein Marktführer großartig entwickeln, wenn ihm der wirtschaftliche Erfolg, auch dank der Echtgeldtransaktionen mit Ultimate Team, jedes Jahr recht gibt? Man muss EA in Vancouver zugute halten, dass es hinsichtlich der filmisch inszenierten Karriere als auch des Online-Komforts, richtig gute Arbeit abliefert und den ganzen Zirkus voller Lizenzen weitgehend authentisch veranstaltet. Dieses Jahr sind auch die Champions und Europa League sowie Borussia Dortmund offiziell dabei. Aber je genauer man hinschaut, desto klarer zeigt sich der Stillstand. Enttäuschend ist nicht nur, dass man die Hälfte des Kaders vom BVB oder anderer deutscher Clubs trotz "Frostbite-Power" kaum erkennt, weil sich EA lieber auf die Premier League konzentriert. Sondern auch, dass sie immer noch nicht in der Lage sind, den finanziell weit unterlegenen Wettbewerber qualitativ zu schlagen. Ja, man kann die von PES kopierten Taktiken jetzt auch in FIFA anpassen, es gibt ein paar neue Finessen bei Finten und Schüssen, die aber alle optional sind, und tatsächlich mehr Unberechenbarkeit durch den Kampf um freie Bälle. Aber auch da ist viel Luft nach oben. Obwohl sich FIFA über die Jahre immer mehr zu einer Fußballsimulation entwickelte, obwohl man rein spielmechanisch - also hinsichtlich Steuerung sowie Pass- und Schussoptionen - nahezu dasselbe anbietet, sind die Unterschiede hinsichtlich des Spielaufbaus sowie der Ballphysik immer noch so deutlich wie in unserem Fußballvergleich anno 2016. FIFA spielt sich im Vergleich zu PES schwammiger und automatisierter. Ist es wenigstens deutlich besser als FIFA 18? Nein. So sehr die Konkurrenz von Konami in den Bereichen der Spielmodi stagniert, so sehr stagniert dieses Spiel auf dem Platz. Aber nicht nur da, denn abseits vom Vorzeigemodus The Journey stehen die Karriere als Trainer oder Profi still. Awards bekommen beide Fußballspiele bei uns seit Jahren nicht mehr, jetzt sinken beide zum ersten Mal auf "befriedigend" ab. Die schleichende Ernüchterung ist zu einem großen Teil hausgemacht, zumal dieses Vertriebsmodell in Zeiten von Season Pass, DLC, Games as a Service & Co komplett anachronistisch ist. Sowohl FIFA als auch PES sind noch viel deutlicher als vor einem Jahrzehnt Updates zum unverschämten Vollpreis. Vielleicht hat diese Ernüchterung im digitalen ja auch etwas mit jener im realen Fußball zu tun, der sich ebenfalls im Kreis dreht und viele Fans nicht mehr abholt - mehr dazu im Video-Epilog.

Pro

Champions League als Turnier
neue Schussfunktionen, aber...
inkl. BVB und Signal Iduna Park, aber...
neu: Ball hochhalten plus Kopfballvorlage
neu: mehr taktische Optionen in fünf Stufen
neue übertragbare Versus-Statistiken
neue Arcade-Regeln wie Survival etc.
ansehnlicher Fußball mit Spektakel
Defensiv-KI schließt Lücken besser
Flanken über R2 sind effizienter
tolle Fanreaktionen mit Jubel am Zaun
Karriere The Journey gut fortgesetzt
dritte Liga und DFB-Pokal
Trainer wie Klopp, Mourinho & Co sichtbar
normaler Karrieremodus als Spieler oder Manager
erweiterter Ultimate-Team-Modus
deutsche Kommentare, englische wählbar
sehr gute Torwart-KI, tolle Glanzparaden
Schiedsrichter im Ganzen solide
Platzabnutzung, Freistoßspray, Torlinientechnik
Skill-Spiele mit Freunde-Vergleich
MatchDay mit vereinsbezogenen Fußballnews
klasse Stadien-Inszenierung & Auswahl
eigenen Club gründen, 11 gegen 11 spielen
sehr gute Online-Technik/Modi, auch kooperativ
virtuelle Bundesliga, aktuelle Werte und News
zig offizielle Lizenzen, über 700 Teams in 30 Ligen

Kontra

Spielgefühl zu nah an FIFA 18
...viel zu umständlich integriert, nahezu überflüssig
...viele BVB-Profis ohne Wiedererkennungswert
einige Klon-Jubler in Nahaufnahmen
Ruhrpott-Derby fühlt sich an wie normales Match
Ballphysik weiter mit Defiziten
normale hoge Flanken viel zu harmlos
extrem schnelle Stürmer kaum zu stoppen
abseits der Premier League viele unrealistische Gesichter in anderen Ligen
Karriere-Modus (Spieler/Traimner) steht still
kein Kombo-/Dribbelanzeige in der Arena möglich
No-Touch-Finten nicht in Ruhe situativ trainierbar
wenig neue Fangesänge, keine Ultras/Vorsänger
schwache Ballakustik beim Vollspann
magerer Editor, kein Mod-Support

Wertung

XboxOne

Das ist mal wieder ein Update zum Vollpreis. So sehr die Konkurrenz von Konami in den Bereichen der Spielmodi stagniert, so sehr stagniert dieses Spiel auf dem Platz.

PlayStation4

Das ist mal wieder ein Update zum Vollpreis. So sehr die Konkurrenz von Konami in den Bereichen der Spielmodi stagniert, so sehr stagniert dieses Spiel auf dem Platz.

PC

Das ist mal wieder ein Update zum Vollpreis. So sehr die Konkurrenz von Konami in den Bereichen der Spielmodi stagniert, so sehr stagniert dieses Spiel auf dem Platz.

Echtgeldtransaktionen

Wie negativ wirken sich zusätzliche Käufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?

Gar Nicht
Leicht
Mittel
Stark
Extrem
  • Es gibt Käufe für Fähigkeiten, Karten, Figuren, Waffen, Geld, XP oder Spielmodi.
  • Man kann die Spielzeit über Käufe verkürzen, Pay-to-Shortcut.
  • Man kann sich Vorteile im Wettbewerb oder der Karriere verschaffen, Pay-to-win.
  • Käufe können durch Zufallsfaktoren zum Glücksspiel werden.
  • Käufe wirken sich nur in speziellen Spielmodi wie Ultimate Team oder GTA Online aus.
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