Def Jam: Fight for NY30.09.2004, Mathias Oertel
Def Jam: Fight for NY

Im Test:

Die Kämpfer des HipHop-Labels Def Jam melden sich zurück! Und sie haben ein neues Ziel: Ging es im Vorgänger nur darum, der beste Kämpfer im Ring zu sein, steht nun das Schicksal des New Yorker Untergrunds auf dem Spiel. Doch kann das auf der E3 hoch gelobte Prügel-Spektakel tatsächlich neue Akzente setzen? Der Test gibt Aufklärung.

Plakativ, aber passend

Die Zeiten, in denen D-Mob (der Obermotz aus Def Jam Vendetta) die treibende Kraft im New Yorker Untergrund war, sind vorbei: Der Turf ist umkämpft wie nie zuvor. Crow (hervorragend mit Snoop Dogg besetzt) macht D-Mob das Leben schwer. Es gibt nur eine Lösung: den gnadenlosen Clinch um Clubs, in denen illegale Kämpfe stattfinden.

Das Ende naht: In diesem Abschnitt müsst ihr den Gegner vor die U-Bahn werfen.
Wer die Clubs kontrolliert, hat die Macht über New York City. Und ihr seid mittendrin in dieser Geschichte, die mit zusätzlichen Elementen wie Rache, Verrat und Babes angereichert wird.

Zwar ist der charakterliche Wechsel D-Mobs vom kaum zu besiegenden Bösewicht zum beinahe schon Mitleid erregenden "Good Guy" nicht konsequent, wurde aber gut eingebaut und auch erzählerisch passend umgesetzt.

Famose Technik

Eines muss man EA lassen: Sie wissen, ein Spiel in Szene zu setzen. Angefangen von den stylischen und einfach zu navigierenden Menüs über coole Ladebildschirme mit den Kontrahenten bis hin zu angenehm kurzen Ladezeiten wird schnell Atmosphäre geschaffen.

Und sobald die Kämpfervorstellung beendet ist und die auf allen Systemen hervorragend gestalteten und animierten Duellanten aufeinander losgehen, wird klar, dass das verantwortliche Team von AKI grafisch ganze Arbeit geleistet hat - minimale Kameraprobleme ausgenommen.

Auf dem GameCube fehlen zwar einige Lichteffekte und auf der PS2 kommt es in seltenen Momenten zu Mini-Rucklern, doch das schnelle, dynamische und mit Ausnahme der Zuschauer verteufelt gut animierte Kampfgelage nötigt einem Respekt ab.

Nach diesem Griff ist der Gegner ein klarer Fall für den Chiro-Praktiker.
Vor allem die Darstellung der über 40 ins Spiel integrierten und mit einem hohen Wiedererkennungswert ausgestatteten HipHop-Stars wie Ice-T, Xzibit, Sean Paul usw. sorgt für Stimmung wie in kaum einem anderen Spiel.

Und das i-Tüpfelchen liefert die Akustik: Dass Def Jam-Records Musiktracks zur Integration ins Spiel bereit gestellt hat, ist selbstverständlich. Doch dass alle Stars ins Studio gezerrt wurden, um die zahlreichen hochwertig produzierten Sprachsamples einzuspielen, ist eine Meisterleistung. So wird selbst nach knapp verlorenen Kämpfen der Frustfaktor stark minimiert, wenn Ice-T euch unnachahmlich an den Kopf wirft: "You are a punk, your daddy´s a punk and your momma´s a bitch!"

Bleiben noch die Soundeffekte, die brachialer nicht aus den Lautsprechern tönen könnten. Vor allem bei den Finishern oder wenn ihr versucht, mit dem Kopf des Gegners ein Loch in die Betonwand zu schlagen, zuckt man angesichts der fulminanten Effekte immer wieder zusammen.

Vendetta, Teil 2?

Erinnern wir uns: der Vorgänger zu Fight for NY war die HipHop-Variante einschlägiger Wrestling-Action und konnte mit einem ausgefeilten Kontrollsystem begeistern – auch wenn die Story etwas schwachbrüstig war.

Fight for NY hat sich leider genau anders herum entwickelt. Das grundsätzliche Gerüst von Kämpfen sowie kleinen Story-Einspielungen wurde beibehalten, aber durch einen Hauch von Offenheit und zahlreiche Personalisierungsmöglichkeiten (meist in Form von Klamottenkauf) ergänzt.

    

Eigentlich sind dies gute Voraussetzungen für eine ansprechende Fortsetzung. Doch das Kontrollsystem wurde verschlimmbessert: Ihr habt eine Taste für Schläge, eine für Tritte und eine für Griffe, sowie eine weitere für "Power-Modifikationen". Könnt ihr erfolgreich einen Griff ansetzen, habt ihr wiederum die Auswahl aus zwei Varianten.

Ratet mal, wohin der Tritt zielt? AUA!
Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, aus dem Laufen heraus seine Angriffe anzusetzen. Doch auch wenn dies nach viel klingt, macht das Summa Summarum: weniger als bei der Konkurrenz!

Dafür habt ihr jetzt allerdings die Möglichkeit, sowohl die Zuschauer in den abwechslungsreich gestalteten Kampfgebieten als auch die Umgebung und Gegenstände einzusetzen. Das heißt, ihr könnt euren Gegner z.B. in die Zuschauer schubsen, wo er festgehalten wird und ihr daraufhin mit Publikumshilfe versuchen könnt, seine Lebenslichter auszublasen - oder ihr befördert ihn Kopf voran in die Jukebox. Und wenn es ganz hart auf hart kommt, könnt ihr ihn in einem Abschnitt sogar vor eine nahende U-Bahn werfen!

Doch der Stellenwert wurde zu stark auf diese Interaktionen ausgelegt und dementsprechend eintönig gestalten sich die Kämpfe – auch wenn die gut agierende KI euch fordert und die Auseinandersetzungen entsprechend spannend verlaufen. Auf Dauer habt ihr aber im Vergleich zu ähnlichen Spielen ein ausnehmend kleines Schlag-Repertoire in den zugegeben schnellen und extrem dynamischen Kämpfen.

Zu viert wird die Action extrem brachial!
Welcher Stil darf´s denn sein?

Allerdings kommt durch die verschiedenen Stile etwas milderndes Salz in die Suppe. Bei der (nicht gerade üppigen) Charakter-Erstellung habt ihr die Wahl aus fünf Kampfstilen, die alle ihre eigenen Move-Sets haben: Street Fighter, Kickboxer, Martial Arts, Wrestling und Submission.

Im späteren Verlauf habt ihr die Möglichkeit, eure in den Kämpfen verdienten Punkte nicht nur für eine Verbesserung eurer Grundeigenschaften auszugeben, sondern auch in neue Kampfstile zu investieren. Und auch wenn sich die Anzahl an Bewegungsmöglichkeiten nicht großartig ändert, kommt durch die Kombos Abwechslung ins Spiel. Ein Kämpfer, der sich für eine Mischung aus Kickboxer, Wrestling und möglicherweise noch Street Fighter entschieden hat, kämpft etwas anders als einer, der mit Martial Arts und Submission ans Ziel kommen will.

Allerdings könnt ihr euch nicht selber aussuchen, welche Standardmoves ihr favorisiert – ihr müsst mit dem vorlieb nehmen, was euch angeboten wird.

Da verschiedene Arenen und die auch jeweils mit unterschiedlichen Stilmischungen kämpfenden Gegner jeweils etwas andere Taktiken erfordern, kommt hier zumindest ansatzweise der Tiefgang auf, den man bei den Kontrolloptionen vermisst.

 

Nur der K.O. zählt

Im Gegensatz zu Teil 1 müsst ihr eure Gegner nicht mehr pinnen, um zu siegen. Stattdessen steht ein hammerharter K.O. auf dem Programm, den ihr auf zwei Wegen erreichen könnt.

Die Interaktion mit der Umgebung ist sehr gut gelungen und extrem schmerzhaft!
Entweder ihr prügelt so lange auf den Gegner ein, bis seine Energieleiste mit einem warnenden "Danger" versehen ist, schaltet dann (wenn eure Boost-Leiste aufgeladen ist) in den Rage-Modus und setzt einen vernichtenden und optisch eindrucksvollen Finisher an.

Oder aber ihr nutzt die Umgebung, um dem Kontrahenten den entscheidenden Schlag zu versetzen.

Dieses Modell funktioniert gut und sorgt umgehend für Stimmung. Bis es so weit ist, wird sich der eine oder andere aber immer wieder über die etwas schwammige Steuerung aufregen. Trotz der eingeschränkten und damit eigentlich leicht zugänglichen Möglichkeiten bleibt das Gefühl zurück, niemals die volle Kontrolle über die Figur zu haben – vor allem, wenn es um das Kontern geht, fragt man sich häufig, wieso dieser oder jener Schlag jetzt nicht geblockt oder in einen Gegenangriff umgelenkt werden konnte.

Mit zahlreichen Matchtypen, die in der Story und vor allem auch in den Mehrspieler-Gefechten für bis zu vier Teilnehmer zum Einsatz kommen, gibt es aber dennoch genug Abwechslung, die ein kleines Duell spielenswert macht. Besonders das Subway-Match, in dem ihr den Gegner vor eine U-Bahn werfen müsst, sorgt für hitzige Kämpfe.

Das Publikum hilft fleißig mit, die Lebenslichter auszupusten.
Und wenn man mit menschlichen Gegnern spielt, werden auch die Steuerungsprobleme wieder relativiert, da beide mit den gleichen Voraussetzungen antreten müssen.

Das Umfeld stimmt

Angesichts der durchwachsenen Spielmechanik wirkt das pompöse Umfeld wie vor Säue geworfene Perlen: Ihr könnt in den meisten Fällen aussuchen, in welchem Etablissement ihr als nächstes antretet, so dass ihr im Zweifelsfall auch mal einen anderen Gegner ausprobieren könnt, anstatt euch an einer Stelle gefrustet die Zähne auszubeißen.

Auch die Möglichkeit, seine Figur nicht nur in punkto Eigenschaften, sondern auch im Hinblick auf das Erscheinungsbild im "Shopping-Distrikt" mit seinen Tattoo-, Klamotten- und Schmuck-Dealern auf Hochglanz zu trimmen ist gelungen. Gleiches gilt für die Story-Sequenzen, die in Spielgrafik oder per Voice-Mailbox-Nachrichten präsentiert werden – auch wenn die Elemente, sich z.B. eine Freundin auszusuchen (um die man meist kämpfen muss), bereits in Teil 1 vorkamen.

Zusammen mit den zahlreichen freispiel- und freikaufbaren Gimmicks und Boni findet sich also immer noch die Motivation, über die im Endeffekt magere Schlagauswahl hinwegzusehen und die Story zu beenden.

  

Fazit

Herrje! Wenn nur alles bei Def Jam Fight for New York so gewaltig wäre wie Präsentation, Optik und Soundkulisse. Doch auch die famose Atmosphäre, die durch klasse Sprachausgabe, passende Musik, eine nette Story, aufwändige Figurenmodelle und schnieke Animationen gebildet wird, kann die unterdurchschnittlichen Kampfmechaniken nicht verschleiern. Gerade in der wichtigen Anfangsphase hat man einfach zu wenige Grund-Schläge zur Verfügung, um sich wirklich in das Spiel hineinzufinden. Die gut gelungene Interaktion mit Umgebungen und Zuschauern kann dies zwar wieder etwas abmildern, doch unter dem Strich bleibt man in punkto Schlagvielfalt weit hinter der Konkurrenz zurück. Mit zunehmendem Spielverlauf kann man sich zwar neue Kampfstile aneignen, doch es bleibt ein fader Beigeschmack. Zudem hat man bei der Minimal-Steuerung nie wirklich das Gefühl, voll und ganz Herr der Lage zu sein, so dass manche Aktionen zufällig erscheinen. Auf Grund des durchweg gelungenen Hip-Hop-Rivalitäten-Gefühls durchaus empfehlenswert, doch als Prügler an sich etwas hinter dem Genrestandard.

Pro

klasse Sprachausgabe
feine Animationen
coole Atmosphäre
schöne Musikuntermalung
haufenweise Kämpfer
umfangreiches Outfit-Design
diverse interessante Matchmodi
fünf unterschiedliche Kampfstile mit Mischformen
Interaktion mit der Umgebung
gute KI
fordernde, dynamische Kämpfe

Kontra

wenig Schlagmöglichkeiten
kein optimales Kontrollgefühl
ab und an minimale Ruckler (PS2)
seltene Kameraprobleme

Wertung

XBox

GameCube

Coole Atmosphäre, coole Grafik - aber die Steuerungsoptionen hätten ausgebaut werden können.

PlayStation2

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