Scaler13.01.2005, Jens Bischoff
Scaler

Im Test: Test: In welche Spielspaßregionen hüpft Take 2s geschuppter Budget-Held?

Lust, durch ein Dimensionstor zu schreiten, deinen Körper hinter dir zu lassen, auf unisolierten Starkstromleitungen zu surfen und als blondgelockte Eidechse die Welt vor einer Invasion zu retten? Dann hör auf, an irgendwelchen skurrilen Pilzen zu lutschen und wirf einen Blick auf Take 2s psychedelischen Jump‘n‘Run-Trip Scaler, der für knapp 30 Euro mehrere Stunden anhält, kaum Nebenwirkungen hat und bereits ab sechs Jahren völlig legal zu haben ist!

Hilfe, die Echsen kommen!

Dabei fing alles ganz harmlos an: Der zwölfjährige Bobby Jenkins machte mal wieder einen auf Privatdetektiv und suchte im Nachbarkeller

Langsam dämmert's: Flugbegleiter Leon ist mehr als nur ein gestrandeter Ex-Wissenschaftler (Xbox).
nach zerstückelten Leichen, waffenfähigem Plutonium oder hochrangigen El Kaida-Mitgliedern, als er plötzlich vom Plan seines Nachbarn erfuhr, hochgezüchtete Reptilien durch ein Dimensionstor zu schleusen,um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Das konnte er selbst als eingeschworener Echsenfan unmöglich für sich behalten.

Psychedelische Spielwelt

Dummerweise wurde Bobby jedoch geschnappt, verhört und versehentlich als blonde Eidechse Scaler in die Welt der geschuppten Invasoren gebeamt, die mit ihren schillernden Farbverläufen, dem sich windenden Leveldesign und den bizarren Kreaturen wie die polygon-gewordenen Überreste eines LSD-Trips von Markensalamander Lurchi anmutet. Auch Scaler braucht eine Weile, um sein Schicksal zu realisieren.

Auf dem falschen Fuß erwischt: Bossgegner sind nur mit der richtigen Taktik zu knacken (PS2).
Doch schon bald macht er sich zusammen mit dem ebenfalls als Echse hier gestrandeten Ex-Wissenschaftler Leon daran, die bevorstehende Invasion der Reptilien heldenhaft zu vereiteln, indem sie ihnen einfach sämtliche Eier klauen.

Ideenlose Meisterdiebe

So weit, so schräg. Geklaut haben aber auch die kanadischen Entwickler und zwar reichlich. Eigentlich setzt sich Scaler nämlich ausschließlich aus bekannten Jump‘n‘Run-Versatzstücken von Genrekonkurrenten der letzten Jahre zusammen.Statt neue Ideen einzubringen, wollte man sich scheinbar lieber auf bewährte Abläufe und Mechanismen verlassen.Immerhin konnte man diese aber allesamt stimmig miteinander verknüpfen, so dass man trotz

Achtung, Hochspannung! - Während ihr über die Reben rutscht, lädt sich eure Energie auf (Xbox).
des sehr vielschichtigen Gameplays über keinerlei spielerische Schweißnähte stolpert.

Tadelloser Spielfluss

So spielt es keine Rolle, ob ihr gerade über wegbröselnde Plattformen hopst, Hals über Kopf Höhlendecken erkundet, in Kampfarenen besonders anhängliche Artgenossen vermöbelt oder elektrisierende Ranken hinab rutscht, um die aufgenommene Spannung später als Blitzhagel an eure Widersacher zu verschenken - der Spielfluss wird von keinen Unterbrechungen geplagt. Das liegt nicht nur daran, dass die Übergänge im Leveldesign meist fließend sind, sondern auch daran, dass sich die Steuerung trotz Aktionsvielfalt an eine klare Linie hält. Lediglich wenn ihr den Körper eines Feindreptils übernehmt, ergeben sich teils speziesbedingte Abweichungen.       

Im Körper des Feindes

Im Laufe des Spiels könnt ihr in insgesamt fünf alternative Echsenkörper schlüpfen - allerdings erst, wenn ihr eine gewisse Anzahl entsprechender Exemplare im Kampf besiegt habt. Dann zündet ihr als hinterlistiger Bakudan verheerende Bowling-Bomben,

Schillernde Grafikpracht: Die psychedelisch anmutenden Welten sind liebevoll gestaltet (PS2).
rollt als stachelbewehrter Krock ganze Feindscharen nieder, erhebt euch als elegantes Doozum in die Lüfte, werdet in der Haut eines Fruzards zum tierischen Scharfschützenoder taucht als pummeliger Swoom unter Seeminen hinweg. Durch die Verwandlungen werden nicht nur manche Kämpfe leichter, oft gelangt ihr dadurch auch an vorher unzugängliche Orte.

Zu viele Vorgaben

Schade allerdings, dass die Art der Verwandlung stets fix vorgegeben ist, so dass euch in jedem Level immer nur eine Alternativgestalt zur Verfügung steht - wenn überhaupt. Dadurch wird der Handlungsfreiraum ziemlich eingeschränkt und auch der Besuch bereits gemeisterter Spielabschnitte in anderer Erscheinungsform fällt flach. Da die zehn Spielabschnitte und fünf Bossfight-Levels trotz fordernder Bonuseierhatz ziemlich schnell gemeistert sind, fällt dieser Umstand

Feuer frei! - In manchen Abschnitten klemmt ihr euch hinter die organische Bordkanone (Xbox).
sogar um so negativer auf. Zudem kommen einem die Pfade durch die mit vielen liebevollen Details ausgestatteten Spielabschnitte teils zu linear vor.

Motivierende Eierhatz

Für 30 Euro wird man aber dennoch angemessen lange und abwechslungsreich unterhalten. Wer alle 100 Bonuseier findet, bekommt sogar ein alternatives Ende zu sehen. Ansonsten lassen sich in einer separaten Galerie auch diverse Grafiken, Skizzen und Artworks freischalten, während die von Leon immer wieder feil gebotenen Skill-Upgrades, die von erhöhter Lebensenergie über schärfere Krallen und zusätzliche Blitzenergie bis hin zu chamäleonartiger Tarnfähigkeit reichen, auch während des Spielgeschehens für Motivation sorgen. Der einheitliche Schwierigkeitsgrad lässt dank leichtem Einstieg und fairer Rücksetzmechanik

Würg: Scaler erfährt gerade, was sein Widersacher zum Frühstück verdrückt hatte (PS2).
auch bei Anfängern keinen Frust aufkommen, während sich Profis die meiste Zeit unterfordert fühlen dürften.

Solide Technik

Eine interaktive Levelkarte sorgt jedenfalls stets für die nötige Übersicht. Hin und wieder verhalten sich Kamera und Kollisionsabfrage zwar etwas störrisch, aber da ist man weit schlimmeres gewohnt. Ansonsten gibt sich die Technik bis auf seltene Objekt-Fade-Ins und der auf der PS2 immer wieder stotternden Bildrate kaum eine Blöße. Weitere Systemunterschiede halten sich in Grenzen. Auch die Soundkulisse ist auf beiden Konsolen gleich unspektakulär, wobei sich jüngere Spieler zudem an der eingesparten deutschen Synchro stören könnten. Die englischen Sprecher machen aber einen ganz ordentlichen Job und die deutschen Untertitel sind meist auch ganz passabel. Die trotz des Budgetpreises durchgehend farbige Spielanleitung verdient sogar ein Extralob!     

Fazit

Wer hätte gedacht, dass Ideenrecycling so unterhaltsam sein kann. Auch wenn die Spielelemente von Scaler gnadenlos zusammengeklaut sind, wurde das Ganze doch stimmig zusammengefügt und hübsch verpackt. Wer einen technisch soliden, spielerisch abwechslungsreichen und liebevoll präsentierten Jump‘n‘Run-Cocktail mit wenig originellen, aber bewährten Inhalten sucht, ist mit der blonden Eidechse jedenfalls gut bedient. Vor allem Genreneulinge und jüngere Spieler dürften während des skurrilen Echsenabenteuers auf ihre Kosten kommen - Hüpfprofis werden hingegen nur selten gefordert. Schade auch, dass der psychedelisch anmutende Echsentrip insgesamt zu linear und kurz ausgefallen ist. Bei Handhabung und Präsentation kann sich hingegen selbst so mancher Vollpreistitel noch was von der nur knapp 30 Euro teuren Budgetproduktion abschneiden. Wer das System wählen kann, greift übrigens zur etwas augenfreundlicheren Xbox-Version - auf den Spielspaß hat die Systemwahl jedoch keine Auswirkungen.

Pro

günstiger Preis
handliche Steuerung
taktische Bosskämpfe
faires Rücksetzsystem
praktische Kartenfunktion
nettes Verwandlungsfeature
abwechslungsreiches Gameplay
liebevolles Gegner- & Leveldesign
hübsch aufgemachte Spielanleitung

Kontra

recht kurze Spielzeit
mangelnde Innovationen
ruckelanfällige Bildrate (PS2)
nur englische Sprachausgabe
etwas zu linearer Spielverlauf
teils hakelige Kamera & Kollisionsabfrage

Wertung

XBox

PlayStation2

Routiniert zusammengeklautes Hüpfabenteuer zum Schnäppchenpreis.

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