NFL Street 227.02.2005, Jens Bischoff
NFL Street 2

Im Test:

EAs Straßensportler sind nicht mehr aufzuhalten. Nachdem die Streetballer bereits in die dritte Saison starten und FIFA Street erstmals Hobbykicker in die virtuellen Hinterhöfe lockt, bekommen auch American Football-Fans regelgelockerten Sportnachschlag. Doch warum bittet EA bereits ein Jahr nach dem Vorgänger schon wieder zur Kasse? Aktualisierte Kader und Saisondaten sind auf der Straße ja eher zweitrangig...

Warum kostet weniger mehr?

Na ja, in den USA besaß NFL Street 2 (ab 15,90€ bei kaufen) ein durchaus interessantes Zusatz-Feature, nämlich einen Online-Modus.

Football-Schule: In Xzibits Trainingslager macht ihr euch mit allen Steuerfinessen vertraut (Xbox).
In der PAL-Version fehlt davon aber wie von der GameCube-Version leider jede Spur. Auch eine Lokalisierung hat man sich mal wieder komplett gespart, Zeit zum Entfernen des 60Hz-Modus hatte man hingegen schon... Tja, eine ähnliche Erfahrung mussten Sportspielfans ja bereits bei Take 2s aktueller ESPN-Reihe machen. Aber während die wenigstens zum Sparpreis in die Läden kam, besitzt EA die Frechheit, für seine gekürzte, nicht lokalisierte PAL-Umsetzung auch noch mehr zu verlangen als für das deutlich mehr bietende US-Original...

Spielfeld bleibt Spielfeld

Okay, vergessen wir den Ärger vorerst einmal und schauen, ob sich die Anschaffung aufgrund anderer Neuerungen trotzdem noch lohnt. So gibt es z.B. zwölf neue Spielfelder. Trotzdem bleibt ein Rechteck ein Rechteck, ganz gleich, ob im Hintergrund Tribünen, Baustellen oder Hochhäuser zu sehen sind - von der durchwegs unspektakulären Präsentation der Kulissen ganz zu schweigen. Spielerisch kommt es ohnehin lediglich auf die Spielfeldbegrenzungen an. Also definitiv kein Kaufgrund!

Taktik für Arme

Wie wäre es dann mit dem deutlich aufgestockten Angebot an verfügbaren Spielzügen? Hmm, gegenüber Madden & Co. wirken die standardisierten Playbooks immer noch wie simple Comic-Ausgaben, bei denen es reicht, sich auf ein, zwei Spielzüge zu konzentrieren, um ans Ziel zu kommen. Zwar sind die Audibles nun etwas komfortabler und prinzipiell facettenreichere Aktionen möglich,

Quarterback nach Maß: Im Karrieremodus dürft ihr euer Alter Ego selbst entwerfen (PS2).
Arcade-Puristen können auf die zusätzlichen Spielzüge jedoch getrost verzichten, während gewiefte Taktiker ohnehin zu ESPN NFL 2K5 oder Madden NFL 2005 greifen werden. Also auch kein Kaufrund.

Fragwürdige Spielerentscheidungen

Dann wären da noch die neuen Roster. Doch auch diese stellen nicht gerade die Erfüllung dar. Dazu fehlen einfach zu viele herausragende Spieler der abgelaufenen Saison. Warum spielen die Bills ohne Willis McGahee, die Lions ohne Roy Williams, die Chargers ohne Antonio Gates oder die Cardinals ohne Larry Fitzgerald? Aufgrund der offiziellen NFL-Lizenz wäre es sicher kein Problem gewesen, alle wichtigen Spieler zu implementieren oder hat man die Kader einfach zu früh festgelegt? Na ja, auf der Straße mögen die Namen nicht so wichtig sein, aber etwas mehr Fingerspitzengefühl hätte man sich schon gewünscht. Ein Kaufgrund sind die neuen Roster jedenfalls nicht.       

Die Wände hoch gehen

Doch es gibt auch spielerische Neuerungen wie Wall Moves und Hot Spots, womit sich fette Style-Punkte für einen Game Breaker verdienen und NFL-Legenden wie Joe Greene,

Replay-Studie: Mit diesem Tackle wurde der gegnerische Angriff erfolgreich gestoppt (PS2).
Eric Dickerson oder Sterling Sharpe freischalten lassen. Hot Spots sind am Spielfeldrand platzierte Poster, die ihr mit einem der neuen Wall Moves aktivieren könnt, wodurch ihr wie gesagt eure Game Breaker-Leiste kräftig füllt und hin und wieder auch zusätzliche Spieler verfügbar macht. Dazu müsst ihr einfach einen Gegenspieler im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand spielen, sprich gegen das Poster tackeln, einen Pass durch einen Sprung auf den Hot Spot fangen oder einen Juke bzw. Hurdle in Posternähe bewerkstelligen, womit ihr praktischerweise auch heranstürmende Verteidiger überspringen könnt, was definitiv eine spielerische Bereicherung darstellt.

Held der Stadt

Auch bei den Spielmodi sind einige Neuzugänge zu verzeichnen. Das so genannten NFL Gauntlet ist jedoch nichts weiter als ein Sudden Death-Turnier gegen alle Profi-Clubs der NFL. Bei Own the City dürft ihr euch hingegen wie beim NBA Street-Kollegen einen eigenen Spieler erschaffen, um euch an die Spitze eurer Heimatstadt zu spielen.

Laufspiel mit jähem Ende: Bei diesem bulligen Verteidiger war erst einmal Endstation (Xbox).
Dazu bestreitet ihr in allen Stadtvierteln spezielle Herausforderungen und Matchs, um weitere Mitspieler zu rekrutieren, neues Equipment anzuschaffen und eure Stats aufzuleveln. Im Prinzip kennt ihr dieses Prozedere aber schon aus dem sehr ähnlich gelagerten und weniger linearen Challenge-Modus, der dieses Mal auch wieder mit von der Partie ist.

Pimp my Game

Einsteiger freuen sich zudem über eine Reihe spielbarer Tutorials, wo ihr unter der Leitung von Rapper und Pimp my Ride-Ikone Xzibit die Grundlagen von Spiel und Steuerung erlernen könnt. Zwischendurch könnt ihr euch natürlich auch mit bis zu vier Freunden bei Quick und Pick-Up Games verdingen, die entweder durch die meisten Touchdowns oder die meisten Style-Punkte entschieden werden. Punts, Field Goals, Time-Outs und ähnliches bleiben nach wie vor genauso außen vor wie strikte Regelvorgaben und reguläre Teamgrößen.Auf den kleinen Spielfeldern reicht die Devise sieben gegen sieben aber völlig aus,

Limitierte Angriffsplanung: Die Anzahl der Spielzüge geht für ein Arcade-Football in Ordnung (PS2).
wobei je nach gewähltem Spielmodus auch Partien mit vier gegen vier, drei gegen drei oder eins gegen eins möglich sind.

Football einmal anders

Abgerundet wird das neue Spielangebot durch sechs so genannte Street Events, bei denen ihr euch in eher unorthodoxen Minispielen die Zeit vertreiben könnt. Bei Crush the Carrier geht es beispielsweise darum, in einem Spiel jeder gegen jeden so lang wie möglich im Ballbesitz zu bleiben. Beim Open Field Showdown müsst ihr ohne Mitspieler so oft wie möglich an eurem Gegner vorbei kommen. In 4 on 4 gilt es ohne Laufspiel innerhalb von fünf Sekunden einen Passempfänger anzuspielen und zu punkten. Im Jump Ball Battle, müsst ihr hingegen möglichst viele Pässe fangen, in der 2 Minute Challenge so viele Touchdowns wie möglich erzielen und in Quick Strike auf Gedeih und Verderb punkten, um in Ballbesitz zu bleiben. Insgesamt ein gelungenes und abwechslungsreiches Spielangebot, das vor allem mit mehreren Mitspielern unkomplizierten Spielspaß garantiert.       

Technischer Stillstand

Ein wirklicher Kaufgrund sind die neuen Spielmodi aber in erster Linie für Hardcore-Fans. Wer nur hin und wieder Lust auf eine actiongeladene Partie American Football hat und den Vorgänger bereits sein eigen nennt, ist nach wie vor auch mit dem Spielangebot des Originals gut bedient.  Ansonsten solltet ihr natürlich trotz des höheren Preises zum zweiten Teil greifen, der auf lange Sicht einfach mehr zu bieten hat.

An die Wand gespielt: Mit den neuen Wall Moves lasst ihr die Verteidiger alt aussehen (Xbox).
Grafisch hat sich hingegen nicht viel getan. Die PS2-Fassung fällt nach wie vor durch lästiges Kantenflimmern auf, während beide Fassungen erneut auf Echtzeitschatten verzichten und mit unspektakuläre Umgebungsgrafiken aufwarten, dafür aber mit herrlich überzogenen Animationen und Charaktermodellen punkten.

Mehr Bild, mehr Übersicht

Ein 60Hz-Modus wird PAL-Spielern zwar vorenthalten, aber die Bildrate ist auch so äußerst stabil, das Tempo ordentlich und die PAL-Balken minimal. Besitzer von Breitbildfernsehern dürfen sich sogar über einen durchaus sinnvollen 16:9-Modus freuen. Auf die Kameraplatzierung habt ihr hingegen keinen Einfluss, wodurch ihr gerade im herkömmlichen Bildformat anspielbare Passempfänger oft nur erahnen könnt, was für ein Football-Spiel natürlich unverzeihlich ist. Um gegen CPU-Teams Chancengleichheit herzustellen, könnt ihr lediglich am Schwierigkeitsgrad schrauben, wo ihr drei KI-Stufen zur Auswahl habt und durch User Assist Spiele künstlich knapp halten dürft.

Aufgebohrter Game Breaker

Der wohl größte Vorteil ist aber nach wie vor, als erster die Game Breaker-Leiste mit Style-Punkten gefüllt zu haben,  dadurch könnt ihr eure Mitspieler nämlich sowohl in der Offense als auch in der Defense zur Höchstform auflaufen lassen und wesentlich leichter einen Touchdown oder Turnover erzielen.

Trackliste (Soundtrack):

Acceptance - In Too Far

Acidtone - Scarred

Bishop Lamont - I'm a Soldier

Drowning Pool - Step Up

Mase feat. P. Diddy - Breathe, Stretch, Shake

M.O.P. - Ground Zero

M.O.P. - Put it in the Air

Nas - Disciple

No Warning - Breeding Insanity

Papa Roach - Stop Looking Start Seeing

Planet Asia - Move

Red Tape - Damage Control

Rock - I am Rock

Royce Da 5`9, Kid Vicious - Can't Nobody Stop Me

Sum 41 - No Reason

The Exies - Slow Drain

The Explosion - No Revolution

Triple Seis - Pray for Me

Xzibit feat. Keri - Hey Now (Mean Muggin)

Yung Wun feat. DMX, Lil Flip, D. Banner - Tear it Up

Ying Yang Twins feat. Homebwoi - HalftimeDieses Mal gibt es wie bei den Streetball-Kollegen sogar zwei Leisten. Allerdings mit dem einzigen Unterschied, dass ein Game Breaker 2 dank automatischer Sequenzen immer von Erfolg gekrönt ist. Insgesamt wurde die Offense aber zu hoch gewichtet, so dass ihr wesentlich mehr Möglichkeiten im Angriff habt, wodurch Spiele eher selten durch gute Defensivarbeit gewonnen werden. Bei einem Arcade-Sportspiel ist das aber zu verschmerzen.

HipHop vs. Rock

Der Soundtrack setzt sich erneut aus knapp zwanzig lizenzierten und teils exklusiven HipHop- und Rock-Tracks zusammen, die zwar einige hitverdächtige Koproduktionen parat halten, aber nicht sonderlich homogen wirken. Auf der Xbox habt ihr zudem die Möglichkeit eigene Soundtracks zu aktivieren, um erst gar keine Geschmacksfragen aufkommen zu lassen. Zudem erklingt die Soundkulisse auf der Microsoft-Konsole in Dolby Digital 5.1, während die Sony-Fassung nur Pro Logic II bietet. Dennoch ist der Sound auf beiden Systemen recht klanggewaltig und obendrein THX-zertifiziert. Ärgerlich nur, dass es nicht wenigstens eine Option auf deutsche Bildschirmtexte gibt. Die amerikanische Sprachausgabe wäre hingegen ohnehin erste Wahl, auch wenn es den Trashtalks der Spieler hörbar an Abwechslung mangelt.    

Fazit

Eigentlich bietet NFL Street 2 gegenüber seinem Vorgänger ja eine ganze Reihe unterhaltsamer Neuerungen. Vor allem bei den Spielmodi wurde ordentlich aufgestockt. Trotzdem bleibt angesichts des hohen Preises und des in Europa wegrationalisierten Online-Modus‘ ein bitterer Beigeschmack. GameCube-Footballer gehen sogar völlig leer aus. Spielerisch und technisch haben die Straßen-Footballer ohnehin kaum Fortschritte gemacht und die aktualisierten Kader lassen einige wichtige Spieler vermissen. Nicht einmal das lästige Kantenflimmern der PS2-Version konnte man in den letzten zwölf Monaten reduzieren. Komisch auch, dass man das Spiel auf der einen Seite erneut nicht lokalisiert hat, auf der anderen aber ohne 60Hz-Modus anbietet. Wer auf Arcade-Football steht und öfter mal ein bis drei Gleichgesinnte zur Hand hat, wird zwar auch dieses Jahr angemessen unterhalten, vorwiegend solo spielende Besitzer des Vorgängers sollten sich die Anschaffung aber lieber zweimal überlegen. Mit dem Spielspaß-Niveau der bereits zum dritten Mal auflaufenden Streetball-Kollegen können die bulligen Pillenwerfer aber leider immer noch nicht mithalten.

Pro

solide Steuerung
neue Wall Moves
offizielle NFL-Lizenz
motivierende Spielmodi
abgefahrene Animationen
eigene Soundtracks (Xbox)
nette Stats- & Credits-Hatz
spaßige Mehrspieler-Action
verbesserte Audibles & Game Breaker

Kontra

nicht lokalisiert
durchwachsene Roster
bescheidene Playbooks
angestaubte Präsentation
lästiges Kantenflimmern (PS2)
verbesserungswürdige Kamera
kaum spielerische Neuerungen
zu wenig Defensivmöglichkeiten
wegrationalisierter Online-Modus

Wertung

XBox

PlayStation2

Routiniertes Arcade-Football ohne großartige Neuerungen.

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