FIFA Street (2005)27.03.2005, Michael Krosta
FIFA Street (2005)

Im Test:

Nachdem bereits NFL-Rowdies und Basketballer die Straße als Schauplatz für ihren Sport wieder entdeckt haben, sind nun die Fußballer dran. Können die coolen Street-Kicker mit den großen Fifa-Kollegen mithalten oder manövrieren sie sich mit ihren Tricks selbst ins Abseits?

 

Der Trick mit dem Stick

 

Fifa-Veteranen werden sich kräftig umstellen müssen, wenn sie in der Street-Variante etwas reißen wollen. Taktik und realistische Ballphysik treten hier genauso in den Hintergrund wie die allseits bekannten Fußballregeln. Stattdessen stehen stylische Outfits, fette Tricks und spektakuläre Kombos im Mittelpunkt, mit denen ihr eure Gegenspieler vorführt und den Ball möglichst cool im gegnerischen Netz versenkt. Dazu nutzt ihr den rechten Analogstick eures Controllers, der zusammen mit den Schultertasten kombiniert werden kann und fantastische Moves ermöglicht. Je komplexer eure Ballkünste und das

Trickst eure Gegner aus und führt sie vor.
Zusammenspiel mit euren zwei Mitspielern (+Torwart) ausfällt, desto mehr Punkte gibt es für die Aktionen. Habt ihr genügend Punkte zusammen, dürft ihr den so genannten Gamebreaker einsetzten – eine nahezu unhaltbare Granate, an der selbst die besten Torhüter verzweifeln.  

 

King Of The Street

 

Wer sich sofort mit dem runden Leder in die Straßenschlacht stürzen will, kann unter dem Menüpunkt "Anpfiff" ein schnelles Spiel starten. Einfach zwei Mannschaften ausgesucht und schon geht’s los – Gewinner ist das Team, das als erstes fünf Tore schießt. Etwas mehr Auswahl habt ihr bei einem Freundschaftsspiel. Hier könnt ihr eure Nationalmannschaft selbst zusammenstellen, Spielregeln und den Schwierigkeitsgrad festlegen und euch für einen Bolzplatz entscheiden. Insgesamt stehen acht Metropolen zur Auswahl, die sich über den gesamten Globus verteilen - darunter auch die Bundeshauptstadt Berlin. Am Anfang stehen allerdings erst drei Städte zur Verfügung. Um weitere Locations und allerlei Schnickschnack freizuspielen, müsst ihr euch im Absolut Street-Modus vom uncoolen Möchtegern-Kicker zum hip gestylten Profi-Fußballer hocharbeiten und ein Team von hochkarätigen Spitzensportlern wie Ronaldo und Konsorten um euch versammeln.

 

Wer bin ich?

 

Zunächst steht im umfangreichen Charaktereditor jedoch das Erstellen eines Alter Egos auf dem Programm, das auch mit schicken Outfits eingekleidet werden will. Im Laufe des Spiels wird euer Kleiderschrank mit neuen T-Shirts, Shorts, Socken, Schuhen, Mützen und sogar trendigen Sonnenbrillen gefüllt, so dass ihr eurer Kreativität freien Lauf lassen könnt. Bis es so weit ist, müsst ihr euch allerdings auf dem Platz beweisen und einer Mannschaft nach de

Gemeinsam sind wir stark!
r anderen zeigen, wer der wahre Ballkönig ist. Zu Beginn gar nicht so einfach, da sich eurem Team nur mäßig begabte Fußballer anschließen wollen, deren Können gerade so für eine Ersatzmannschaft reicht. Mit jedem Spiel erntet ihr jedoch so genannte Talent-Cents, die ihr in die Fähigkeiten eures Spielers investieren und nach Belieben auf die Punkte  Tempo, Schusskraft, Schussgenauigkeit, Tricks und Tackling verteilen könnt. Allerdings solltet ihr nicht alles für die Weiterentwicklung eures Mannschaftsführers verprassen, sondern immer ein paar Cents auf der hohen Kante lassen, die ihr für die Teilnahmegebühren an Turnieren oder die Herausforderung von Weltklasse-Spielern benötigt. Schlagt ihr deren Teams, treten lizenzierte Stars wie Michael Ballack, Rivaldo & Co eurem Kader bei und ihr stellt nach und nach die ultimative All-Stars-Mannschaft des Straßenfußballs auf die Beine. Habt ihr euch die ersten Top-Spieler gesichert und möbelt zwischendurch noch eure eigenen Fähigkeiten auf, erweist sich das Vorankommen im Karrieremodus als relativ einfach.

Neben den Talent-Cents erwartet euch nach einem Spiel auch die Bewertung, welchen Ruf (und damit Status) ihr nach der Vorstellung in der Szene genießt. Spielt ihr eure Gegner mit spektakulären Trick-Kombinationen an die Wand und tragt dabei auch noch hippe Klamotten, steht dem guten Ruf nichts mehr im Wege. 

 

Ausgetrickst

 

So schön sich das jetzt auch in der Theorie anhören mag: die Gameplay-Realität auf der Straße sieht leider anders aus. Zwar könnt ihr mit euren Kickern und dem Analogstick ein paar tolle Tricks auf den Platz zaubern, doch scheitern viele schöne Kombinationen ganz einfach daran, dass die Gegenspieler mit fiesen Blutgrätschen dem Ballzauber schnell ein schmerzhaftes Ende bereiten. Was im Einzelspielermodus nach zähneknirschend        hingenommen werden kann, wird spätestens in Multiplayer-Partien mit bis zu vier Spielern gleichzeitig zu einer einzigen, großen Grätsch- und Foulorgie, bei der die Tricks – und damit das eigentlich zentrale Element von Fifa Street - vollkommen belanglos werden.          

Und da es sich hier um Straßenfußball handelt, bleiben die Attacken und auch das gefürchtete Abseits straftechnisch ohne Folgen – ein schöner Freistoß kurz vor dem gegnerischen Tor oder gelbe und rote Karten bleiben ein Wunschtraum, genau wie Eckbälle, denn eine Feldbegrenzung in Form von Außenlinien existiert in diesem Sport nicht. Letzteres ist allerdings gar nicht mal so schlecht, da man Wände nun herrlich als Banden benutzen kann, was spielerisch vollkommen neue Möglichkeiten eröffnet, die beim normalen Fußball undenkbar wären.

Sind Fußballer dumm?

Vollkommen undenkbar sind auch einige der Aktionen, mit denen die Spieler in Fifa Street über den Platz tippeln. Manchmal hat man bei den eigenen Teamkameraden und auch der gegnerischen Mannschaft das Gefühl, als wollten sie den Ball gar

Grätschen bis die Beine brechen...So gewinnt man Spiele beim Straßenfußball.
nicht haben. Anstatt nun also direkt zum nahe liegenden Ball zu hechten, machen sie lieber kehrt, frei nach dem Motto "Den wird schon ein anderer holen". Auch die Torhüter scheinen mitunter Angst vor dem Ball zu haben, was für einige haarsträubende Situationen sorgt. Ein Beispiel: Der Ball wird in die Nähe eures Tores gekickt, alle eure Spieler befinden sich in der gegnerischen Hälfte und ein Stürmer der anderen Mannschaft rennt einsam auf den Ball zu, um ihn anschließend gemütlich im Kasten zu versenken. Und was macht unser guter Torwart? Er wartet einfach auf das Unheil, das da im Laufschritt auf ihn zukommt, anstatt sich selbst den Ball zu schnappen oder wegzukicken. Es scheint oft so, als würde ihn eine unsichtbare Grenze davon abhalten, den Fünf-Meter-Raum zu verlassen, was natürlich in Situationen wie oben beschrieben fatale Folgen hat. Doch auch die anderen CPU-Spieler scheinen sich manchmal nicht so ganz sicher zu sein, wo sie hinlaufen sollen. Befindet sich die andere Mannschaft im Angriff, sollte man davon ausgehen, dass sich eure Kameraden zur Verteidigung zurückziehen. Nicht so bei Fifa Street: Wir konnten des Öfteren beobachten, wie sich die Teammitglieder lieber dazu entschlossen haben, in der gegnerischen Hälfte zu bleiben oder sogar hinzurennen. Über solche häufigen KI-Aussetzer kann man nur den Kopf schütteln.

Auch die Steuerung ist nicht das Gelbe vom Ei. Zwar ist es wirklich einfach, mit dem Trick-Stick tolle Moves auszuführen, doch ist die Kollisionsabfrage nicht gerade perfekt und vor allem in brenzligen Situationen scheint die Steuerung etwas träge zu reagieren. Positiv sind jedoch das insgesamt leicht zugängliche Arcade-Gameplay und das damit verbundene hohe Spieltempo zu bewerten.

"Ey Mann, wo ist mein Fußball?"

Technisch sind sich die drei Konsolenfassungen sehr ähnlich, wobei die Xbox- und GameCube-Kicker etwas flüssiger über den Platz huschen und detaillierter aussehen als ihre PS2-Pendants. Allerdings reichen die

Moves wie dieser Fallrückzieher stehen bei Fifa Street auf der Tagesordnung.
Polygonmodelle auf allen drei Plattformen nicht an das gewohnte Fifa-Niveau heran. Ansehnlich sind auf jeden Fall die feinen Animationen, die vor allem bei den Tricks und den Replays voll zur Geltung kommen. Leider ist abseits der Fußball-Action auf dem Platz nicht viel los, lediglich ein paar statische Papp-Zuschauer verfolgen unauffällig das Geschehen – nicht zu vergleichen mit der Stimmung und den Fangesängen, die man in einem großen Stadion vorfindet. Den Vogel schießt  allerdings das deutsche Kommentaren-Duo ab, das mehr oder weniger qualifizierte Bemerkungen zum Spiel abgibt und einfach nur cool sein will…aber dabei eigentlich nur peinlich ist. Stellt euch dazu einfach einen Samy Deluxe oder Eko Fresh auf Speed vor und setzt noch einen Axel Schultz für Arme daneben und ihr wisst, wovon ich rede. Ich garantiere euch: Innerhalb weniger Spielminuten werdet ihr eine Aversion gegen den Ausdruck "Alter" (in Form von "Ey Alter, jetz hau dat Ding entlisch inne Kasten, Alter!") entwickelt haben, die sich in einem gesteigerten Aggressionspotenzial niederschlägt. Glücklicherweise kann man im Menü auch einfach auf den englischen Kommentator umschalten, der aufgrund des typischen Reggae-Slangs allerdings nicht gerade einfach zu verstehen ist.

Volles Lob gebührt Electronic Arts bei der Auswahl an Songs: Zwar sind die einzelnen Stücke stark von südamerikanischen Rhythmen geprägt, doch sorgen u.a. Tracks und Remix-Versionen von Fatboy Slim und Artificial Intelligence für perfektes Straßenfußball-Ambiente.       

Fazit

So genial EAs Basketball-Variante NBA Street V3 auch sein mag, hinterlassen die Fifa-Jungs bei ihrem ersten Ausflug auf die Straße doch einen etwas faden Beigeschmack. Die mitunter fragwürdigen KI-Aktionen der Akteure und Probleme bei der Kollisionsabfrage sorgen für einige Frustmomente. Spätestens wenn das Gameplay nur noch in ein Grätschmassaker ausartet und sich der Torhüter mal wieder dumm anstellt, wandert der Spielspaß in den Keller. Schade eigentlich, denn das Herumexperimentieren mit den ansehnlichen Trick-Moves macht gerade am Anfang noch viel Spaß, doch muss man leider schnell einsehen, dass nicht durch Tricks, sondern hauptsächlich durch unfaire Aktionen die Spiele gewonnen werden – oder aber, ihr habt eine überragende Mannschaft, die im Karrieremodus meiner Meinung nach viel zu früh ermöglicht wird. Unterm Strich bleibt ein mittelmäßiges und belangloses Herumgekicke, das weder der aufstrebenden Fifa-Serie noch den anderen Street-Sportspielen aus gleichem Hause das Wasser reichen kann.

Pro

spektakuläre Trick-Kombos
lizenzierte Spieler
viele freispielbare Items
leicht zugängliches Arcade-Gameplay
acht Städte
fette Musiktracks

Kontra

Karrieremodus zu leicht
Spiel endet oft in einer Grätsch-Foul-Orgie
teilweise ungenaue Kollisionsabfrage
miese Torwart
und Mitspieler-KI
Polygonmodelle unter Fifa-Niveau
sterile Umgebung
nerviges DJ-Duo

Wertung

GameCube

PlayStation2

XBox

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