Batman Begins19.06.2005, Mathias Oertel
Batman Begins

Im Test:

Der dunkle Rächer Gotham Citys macht derzeit wieder die Lichtspielhäuser unsicher. Und so sicher wie das Amen in der Kirche erscheint ein Spiel zur Kino-Euphorie, das die nach Batman dürstenden Fans unterhalten soll. Doch nach EAs letzter Filmumsetzung Catwoman ist Skepsis angesagt. Oder kann Batman Begins (ab 58,00€ bei kaufen) positiv überraschen?

Nah an der Leinwand

Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte sich zwei Mal überlegen, ob er vorher das Spiel in den Laufwerksschacht einlegt. Denn mit zahlreichen Spoilern und einer eng an die Kino-Vorlage angelehnten Geschichte, könntet ihr euch den Spaß am Zelluloid-Werk nehmen. Wer es trotzdem wagt, wird zumindest von technischer Seite mit einer stimmigen und düsteren Atmosphäre entschädigt.

Das Figurendesign und die Kulisse sind gut gelungen und bilden einen Großteil der stimmigen Atmosphäre
Das Figurendesign kann überzeugen und die Animationen sind mit Ausnahme von Batmans Kletterbewegungen, die einem verspielten Schimpansen alle Ehre machen, ebenfalls nett anzuschauen. Gleiches gilt für das düstere Leveldesign, das direkt dem Film entnommen zu sein scheint und eine positive Grundstimmung für das neue Abenteuer des dunklen Rächers legt. Abgerundet wird das Filmflair nicht nur durch die originalen Sprecher des Filmes, die den Charakteren Leben einhauchen, sondern auch durch die gut auf den Spielverlauf abgestimmte Musik.

Fern des Spielspaßes

All diese guten Eindrücke verpuffen allerdings nach etwa einer Stunde intensiven Spielens. Denn bis auf eine Ausnahme (das Fahren des Batmobils) hat man zu diesem Zeitpunkt bereits alle Spielelemente kennen gelernt.

Batman Begins versucht zwar, euch mit einem Mix aus Levelerforschung, Stealth und Kampf ans Pad zu binden. Doch die streng limitierten Entscheidungs- und Steuerungsmöglichkeiten zeigen einfach zu schnell, dass die Entwickler zwar eine Menge Ideen, aber letztlich wohl keine Zeit hatten, ihre Ambitionen in ein längerfristig motivierendes Konzept zu stecken.

Nehmen wir z.B. die Kämpfe: Ich halte es immer für löblich, wenn sich Designer davon abwenden, Spieler mit einem Wust an Kontrollmöglichkeiten zu überfordern. Doch so einfach wie hier muss man die Kämpfe wirklich nicht gestalten.

Die vermeintlich interaktiven Verhöre sind an Langeweile kaum zu überbieten!
Als ob es nicht reichen würde, dass man die Gegner mit wildem Button-Mashen kinderleicht erledigen kann, wurde Batman noch ein Powerblock spendiert, der der ohnehin spärlich vorhandenen KI keine Chance lässt. Letztlich reicht es vollkommen aus, permanent zu blocken und wie wild auf den Konter-Knopf zu drücken, um die Gegner selbst ohne den Bildschirm im Blickfeld zu behalten, fertig zu machen.

Verschenkte Ideen

Doch nicht nur im Bezug auf die Kämpfe hat das Entwicklungsteam einige gute Ideen verschenkt: Von Zeit zu Zeit ergibt es sich, dass ihr einen der angeschlagenen Gegner verhören könnt – dieses Feature an sich ist angesichts des hierzulande nicht erschienenen Punisher-Spieles nichts Neues. Doch wo der düstere Rächer-Kollege von Batman mit einer leichten Interaktion die Verhöre interessant gestalten konnte, ist bei Bruce Wayne gähnende Langeweile angesagt: Ihr hebt den Gangster hoch, er gibt euch einen Info-Fetzen, ihr drückt eine Taste, er gibt euch weitere Infos – das geht so lange, bis ihr alles erfahren habt. Anstatt dem Spieler hier Interaktivität zu suggerieren, hätte man das alles auch in eine Cutscene packen können.

     

Noch schlimmer hat es allerdings das interessant klingende "Furcht"-Feature erwischt: Vom Ansatz her löblich, habt ihr es leichter, eure Feinde fertig zu machen, indem ihr ihnen vorher Angst einjagt. Doch das System krankt an zwei Punkten. Erstens: Die Furcht sorgt letztlich nur dafür, dass bewaffnete Gegner, deren Kugelhagel euch in null Komma nichts niederstrecken würde, ihre Waffen fallen lassen und ihr sie dann im Nahkampf erledigen könnt.

Auch die Fahrten mit dem Batmobil bieten nicht den erhofften Kick!
Zweitens: Ihr habt in keinem Punkt eine freie Wahl, wie ihr den Schergen Schauer über den Rücken rieseln lassen könnt. Stattdessen wird euch angezeigt, was ihr in den Abschnitten manipulieren könnt. Spieler, die gerne experimentieren, werden an eine extrem kurze Leine gelegt. Selbst der Einsatz von Granaten, Batarangs und ähnlichen Spielereien ist streng limitiert und nur dann möglich, wenn ihr ein entsprechendes Symbol auf dem Bildschirm seht.

Starres Abenteuer

So schleicht man durch die streng linear aufgebauten Abschnitte, hält nach spärlich verteilten Interaktionsmöglichkeiten Ausschau, nutzt diese, kämpft ein wenig und beginnt die ganze Prozedur wieder von vorne. Und das ist mir einfach zu wenig und grenzt sogar an spielerischer Persönlichkeitsverletzung. Denn selten kam ich mir bei einem Stück Software so missbraucht vor. Anstatt selber zu spielen, wird mit mir gespielt: Ich habe keinerlei Freiheit, keinerlei Eigenständigkeit und muss das machen, was die Entwickler für mich geplant haben.

Batman bietet eine ausgereifte Technik, bleibt aber spielerisch einiges schuldig!
Trotzdem konnte ich mich nicht von Batman Begins losreißen, bis ich nach ca. sieben Stunden den Abspann gesehen hatte. Wieso? Weil mich die Atmosphäre immer wieder gepackt hat, weil ich wissen wollte, wie die Geschichte weiter geht und ich in meiner naiven Spielerseele ständig gehofft habe, dass all die zweifellos guten Ideen doch noch zu ihrem vollen Potenzial ausgeschöpft werden.

Und urplötzlich wurde mein Wunsch nach Abwechslung erhört und ich durfte rasante Fahrten mit dem Batmobil unternehmen. Doch leider entpuppte sich der vermeintliche Fahrspaß ebenfalls als Spielspaßbremse: Denn die gut sechs, sieben Minuten lange Rennsequenzen, in der ihr wie gestört durch nahezu alles durchbrettern könnt, sind genau so wenig fordernd wie der Rest des Spieles.

Ebenso bedauerlich ist, dass die Spannung, die bei der Flucht vor der Polizei aus dem Arkham Asylum aufgebaut wird, zum einen viel zu spät kommt und zum anderen schmerzhaft deutlich macht, was nur in Ansätzen aus dem Spiel heraus geholt wurde.   

Fazit

Eines muss man EA lassen: Besser als Catwoman ist Batman Begins auf jeden Fall. Doch um sich als der ganz große Wurf zu präsentieren, lässt der Flattermann doch zu viele Wünsche offen. Zwar sprüht die Action vor einigen (wenn auch nicht neuen) Ideen, doch im Detail haben die Entwickler überall wertvolle Prozentpunkte verschenkt, die die Filmumsetzung in gute Bereiche hätten katapultieren können. Der Ansatz, Kämpfe mit Stealth, einem Furchtprinzip sowie der obligatorischen Batmobil-Fahreinlage zu kombinieren, ist zwar lobenswert, aber die Ausführung lässt zu wünschen übrig: montone Kämpfe ohne Anspruch, wenig fordernde Stealth-Einlagen, ein sinnloses Furcht-System sowie schlechte Batmobil-Rasereien. Lediglich im Bereich der Atmosphäre rettet sich Bruce Wayne, denn die bietet ein gelungenes Zusammenspiel aus ansehnlicher Optik sowie feiner Akustik. Hätte man den Entwicklern mehr Zeit gegeben, anstatt den Titel mit aller Gewalt zum Filmstart auf den Markt werfen zu wollen, hätte Batman Begins das Zeug gehabt, sich zu einer ansprechenden Umsetzung zu mausern. So aber bleibt der schale Beigeschmack eines mit einigen guten Ansätzen ausgestatteten, aber unfertig wirkenden Spieles, das nicht dazu beitragen wird, den Ruf von Filmlizenzen zu verbessern.

Pro

spannende Atmosphäre
gute Sprachausgabe
ansprechende Grafikkulisse
Mix verschiedener Gameplay-Elemente
Story eng am Film

Kontra

linear
Trial-and-Error-Spielprinzip
öde Batmobil-Rasereien
vorhandene Ideen werden nicht ausgereizt
Kämpfe auf Dauer eintönig
lahme Mini-Games
nur ca. sechs bis acht Stunden lang

Wertung

PlayStation2

GameCube

XBox

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