James Bond 007: Liebesgrüße aus Moskau18.11.2005, Paul Kautz
James Bond 007: Liebesgrüße aus Moskau

Im Test:

Sein Name: Bond. Sein Beruf: Geheimagent ihrer Majestät. Seine Spezialität: eine schnell und sicher geführte Waffe sowie unwiderstehlicher Charme. Seine Schwäche: Martini und viele eher mäßige Spiele. Nur wenige Versoftungen schaffen es, das Flair der Filme sauber zu transportieren – Liebesgrüße aus Moskau gehört dazu.

Business as usual

Ein Arbeitstag wie jeder andere: Ihr bekämpft Bösewichter, springt mehrere Meter über dem Boden von Kronleuchter zu Kronleuchter, düst mit dem Jetpack über das nächtliche London, jagt halb Big Ben in die Luft und holt schließlich noch einen Hubschrauber aus selbiger – bevor ihr mit Raketenrucksack und Vollgas quer durch den abstürzenden Heli jagt, die entführte Botschaftertochter herauszerrt und mit ihr durch den Sternenhimmel

Der Videospiele-Bond ist seinem Film-Pendant wie aus dem Gesicht geschnitten.
schwebt, während das stilvolle Intro einsetzt und damit den coolsten Prolog seit langem beendet. Ein typischer Tag im Leben von Bond, James Bond. Und eine hervorragende Einleitung für eines der gelungensten Games aus Ian Flemmings Agenten-Universum!

Wer »Liebesgrüße aus Moskau« (im Original »From Russia with Love«) einst live im Kino gesehen hat, dürfte mittlerweile fast so alt sein wie Hauptdarsteller Sean Connery – immerhin flimmerte der Streifen erstmals vor satten 42 Jahren über die Leinwand! Das Spiel folgt der Story der Vorlage zwar im Großen und Ganzen, geht aber zugunsten des Spieldesigns natürlich auch eigene Wege. Die Story dreht sich darum, dass James Bond (dargestellt und gesprochen vom einzig wahren MI6-Pistolenschwinger Sean Connery) von einer Überläuferin nach Istanbul gelockt wird, um sie sowie die russische Verschlüsselungsmaschine »Lektor« abzuholen und nach England zu bringen. Was Bond nicht weiß, aber immerhin ahnt ist, dass die böse Organisation »Octopus« (im Film war’s SPECTRE) die Finger im Spiel hat, um den Agenten ihrer Majestät ein für allemal auszuschalten. So seid ihr 18 lange und abwechslungsreiche Missionen lang zu Fuß, im Auto (ein Aston Martin – was sonst?) oder per Jetpack unterwegs, erledigt im eleganten Anzug Bösewichter, lasst den einen oder anderen trockenen Spruch los, sprengt verdammt viel in die Luft und genießt einen Martini oder zwei – natürlich geschüttelt, nicht gerührt.

Lizenz zum Ruckeln

Wer den knapp zwei Jahre alten Pierce Brosnan-Auftritt in »Alles oder Nichts« kennt, der wird sich bei den Liebesgrüßen verblüfft die Augen reiben – nanu, das kenne ich doch? Electronic Arts hat nicht nur die 3rd Person-Perspektive, sondern auch viele Spielelemente aus dem sehr guten »Vorbild«

Im Aston Martin geht es den Bösewichtern mit Vollgas an den Kragen.
übernommen – wie z.B. das Herumhangeln an Wänden, die beeinflussbaren Nahkämpfe, die fernbedienbaren Gadgets und natürlich die Fahreinlagen. In denen cruist ihr auf linearen, aber schön anzusehenden Straßen z.B. durch das nächtliche Istanbul, lasst MGs und Raketenwerfer sprechen und haut feindliche Wagen mit einem schnellen Seitenstoß um. Leider sind diese Szenen gerade auf der PS2 nicht ruckelfrei: Zwar sinkt die Framerate nie auf unspielbare Werte, aber man spürt immer wieder, wie sie kurz in die Knie geht. Gerade wenn viele Gegner im Bild sind und mächtige Explosionen den Hintergrund erschüttern, zuckelt Bond unschön da hin. Xbox- und GameCube-Agenten haben es da schon besser, denn hier flutscht es jederzeit wie es soll. Dann kann man auch die schöne Grafik noch besser genießen, bei der sowohl Levelarchitektur als auch Figuren toll geraten sind; allen voran James Bond, der seinem Film-Pendant wie aus dem Gesicht geschnitten und toll animiert ist. Besonders erwähnenswert sind noch die wuchtigen, mächtigen Explosionen und die schönen Wassereffekte, dazu gibt es noch gute Zwischensequenzen (gerendert und Echtzeit).            

Auf eurer Tour de Bond seid ihr auf linearen Pfaden unterwegs – allerdings bieten die Levels genug Abwechslung, um erfolgreich davon abzulenken. Ihr müsst Geiseln befreien, Bomben entschärfen, einen im Gebäude

Mit der neuen Zoomfunktion könnt ihr gezielt wichtige Teile eurer Gegner anvisieren.
schwirrenden Helikopter erledigen, euch eine heiße Auto-Verfolgungsjagd liefern, den ballernden Beifahrer auf einem Schnellboot mimen oder ein Zigeunerlager beschützen. Manche Aufträge sind mit einem Zeitlimit versehen, in anderen zahlt es sich aus, langsam und leise vorzugehen: Ihr könnt Gegner von hinten überraschen oder ihnen im Nahkampf ordentlich eins überziehen. Dazu müsst ihr nur schnell den eingeblendeten Button drücken und schon streckt James seinen Widersacher nieder. Das sieht nicht nur gut aus, sondern bringt auch Skill-Punkte, die ihr im Optionsmenü gegen Videos, Konzeptzeichnungen oder Mehrspielerfiguren eintauschen könnt. Außerdem solltet ihr immer die Augen nach herrenlosen Koffern oder Blaupausen aufhalten, die euch Forschungspunkte bringen. Mit denen könnt ihr Waffen und Ausrüstung verbessern – so fasst das MG z.B. mehr Munition, verträgt die Rüstung mehr Treffer oder hält die Batterie der Laseruhr länger. Sehr große Bedeutung kommt der Aktionstaste zu: Mit der könnt ihr kontextsensitiv die Umgebung beeinflussen, was bei einfachen Sachen wie dem Öffnen einer Tür anfängt und bei Späßen wie dem Umkippen eines Tisches zur Deckung aufhört. Allerdings habt ihr keinen Einfluss auf die mögliche Aktion – die ist strikt vorgegeben.

High-Tech in der Hosentasche

Kein James Bond ohne die technischen Spielereien eines Q: Neben der Laseruhr, mit der ihr Schlösser sprengen oder Schalter durch Glas hindurch bedienen könnt, warten noch Späße wie der Q-Kopter oder der Wurfhaken-Gürtel auf euch. Ersterer ist ein fernbedienbarer Mini-Heli, mit dem ihr die Lage in abgetrennten Regionen sondieren und den ihr auf Knopfdruck explodieren lassen könnt. Mit dem Gürtel hingegen dürft ihr an speziellen Stellen sicher rauf- und runterklettern. Doch mit Technik-Schnickschnack allein gewinnt man keine Schlacht, da muss Handfesteres her: verschiedene Pistolen, Maschinengewehre, Raketenwerfer, Granaten oder Schall-Manschettenknöpfe (mit denen ihr gleich 

Der Mehrspielermodus beschränkt sich auf eine Splitscreen-Variante - online könnt ihr leider nicht gegeneinander antreten.
mehrere Gegner eine Zeit lang ablenken könnt) passen in euren maßgeschneiderten Anzug. Neu im Bond-Universum ist die Zoom-Funktion, mit der ihr gezielt wichtige Partien eines Feindes ins Visier nehmen könnt. Schießt auf das Seil eines von der Decke baumelnden Gegners – ein Problem weniger. Zielt auf den Granatengürtel eines in einer Gruppe stehenden Soldaten – drei Probleme weniger. Solche gezielten Aktionen bringen ihrerseits ebenfalls Skill-Punkte, ihr könnt aber natürlich auch darauf verzichten. Falls euch das Spiel zu schwer oder zu leicht ist, könnt ihr vor jeder Mission den Schwierigkeitsgrad regeln, außerdem wird der Spielstand zwischen den Levels automatisch gesichert.

Seid ihr mehr auf Multiplayerspaß aus, dann ist der neue Bond eine mittlere Enttäuschung: Online-Support gibt es auf keiner Plattform, nur Splitscreen-Action für vier Spieler. Und da auch nur die üblich verdächtigen Modi, die halt einfach sein müssen – nichts Ausgefallenes oder auf Dauer interessantes wie eine Koop-Möglichkeit oder vielleicht ein Autorennen.

Wie bereits erwähnt, hat Electronic Arts für die englische Version, die ihr auf PS2 und Xbox auswählen dürft, Sean Connery persönlich ans Mikro geholt und ihn seinen über 40 Jahre alten Part sprechen lassen. Das ist zwar authentisch und durchaus cool, hat allerdings den Nachteil, dass die mittlerweile doch in die Jahre gekommene Stimme Connerys nicht so ganz zum knackigen Bildschirm-Bond passt. Die deutsche Version ist im Großen und Ganzen ebenfalls gelungen, liefert euch aber eine fremde Synchronstimme. Begleitet wird die Action von gut krachenden Soundeffekten und dem fulminanten Original-Bond-Soundtrack.       

Fazit

Lässig, cool, fetzig, abwechslungsreich – all das und mehr steckt in dem Moskauer Liebesgruß-Paket. Die Parallelen zu »Alles oder Nichts« sind zwar teilweise unheimlich, machen aber das Spiel besser. Das Sixties-Gefühl ist super, die Sprüche sind trocken wie immer. Und dass Sean Connery seine eigene Rolle nach über 40 Jahren nochmal spricht, ist ein willkommener Bonus. Die strikte Linearität des Spiels kommt in Kombination mit dem generell niedrigen Schwierigkeitsgrad und der somit kurzen Durchspielzeit zwar Shooter-Einsteigern entgegen, verhindert aber langfristigen Spaß – und der sehr minimalistische Mehrspielermodus hält auch nicht ewig bei der Stange. Sei’s drum, als Bond-Fans kommt ihr an diesem Spiel nicht vorbei. Es macht Spaß, sieht gut aus, überall kracht es, überall sind schöne Frauen zu retten und hemmungslos böse Gegner zu erledigen. Nur PS2-Spieler sollten sich an immer wieder ins Bild kriechende Ruckler gewöhnen.

Pro

gelungenes Sixties-Ambiente
tolle Grafik mit super Mimik
gut inszenierte Zwischensequenzen
großartiges Bond-Feeling
abwechslungsreiche, lange Levels
einfache und zugängliche Steuerung
exzellenter Soundtrack
viel freispielbares Material
Sean Connery spricht Bond (PS2, Xbox)

Kontra

mäßiger Mehrspielermodus ohne Online-Funktion
gelegentliches Ruckeln (PS2)
sehr geradlinig und linear
recht einfach
langer Speichervorgang (PS2)
keine Sprachwahl (GameCube)

Wertung

GameCube

XBox

PlayStation2

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