Im Test:
Wie Gummibärchen mit Lebertran
Genre-Crossovers sind sehr schmale Grate, zu deren Linken das Haifischbecken der grundsätzlichen Unvereinbarkeit und zur Rechten die Skorpiongrube der ambitionierten Spaßfreiheit lauern. Die meisten Designer purzeln erstaunlicherweise gleich in beide Fallen, doch manchmal gelingt ein Mix, der tatsächlich zwei
grundlegend unterschiedliche, normalerweise kaum vereinbare Spielstile miteinander verbindet – und zwar in einer Art und Weise, die nicht zum Kopf-an-die-Wand-Hämmern verleitet. Crash Tag Team Racing ist ein Vertreter dieser Gattung, der gekonnt Rennspiel und Jump-n-Run kombiniert.Sobald ihr die Fahrzeuge verschmelzt, geht die Balleraction ab.
Diese Mischung ist zwar einerseits die größte Stärke, aber auch gleichzeitig die größte Schwäche von CTTR: Denn nicht jeder Rennspielfan kann viel mit Crash-typischen Plattformhoppeleien anfangen, umgekehrt sind Hüpffreunde nicht unbedingt Racing-Fans. Ihr müsst hier allerdings beides sein, denn die Bereiche sind untrennbar miteinander verbunden. Aber fangen wir von vorne an: Das Ganze dreht sich um den leicht bekloppten und in der deutschen Version heftig sächselnden Erfinder Ebenisa von Clutch, dessen Autorenn-Themenpark seit dem Diebstahl seiner Energie-Edelsteine der Bankrott droht – außerdem wurde ihm auch sein Schwarzherz-Klunker geklaut, den er als Cyborg zum Überleben benötigt. Das Zeug muss wieder her, aber dalli! Als Finderlohn winkt dem Sieger des frisch ausgerufenen Autorennens/der Suche der ganze Park. Wie gut, dass just in diesem Moment Crash Bandicoot (samt Begleitschaft) und Erzfeind Neo Cortex (ebenfalls mit Anhang) durch das Parktor brechen, nachdem sie sich zuvor eine wilde Auto-Verfolgungsjagd geliefert haben. Äh… könnt ihr uns noch folgen?
Nomen est omen
Man kennt das ja von den Mario Karts dieser Welt: rein ins Mobil, Runden gerollert, Gegnern lange Nase gedreht. Nicht so im Crash-Land: Ihr beginnt mit einem eher schwächlichen und langsamen Ein-Mann-Vehikel. Nähert ihr euch einem Kontrahenten, drückt ihr eine Taste, woraufhin ihr
euch als eine Art Geist mit dem Gegner vereinigt (»Dotzen« genannt) – in cooler Zeitlupe verwandeln sich die beiden Autos daraufhin wie ein Transformer in ein mächtiges Gebilde auf Rädern. Während euer neu gewonnener Partner die Steuerung übernimmt, springt ihr auf den Schützenplatz und zeigt den restlichen Widersachern, was ein Laser bzw. ein vom Himmel fallendes Piano ist! Habt ihr keine Lust mehr auf verschmortes Feindblech, wechselt ihr auf Knopfdruck mit dem Fahrer und gebt selber Gas, während die KI in alle Richtungen ballert. Und wenn euch die Frisur eures temporären Kumpels nicht mehr passt, löst ihr euch einfach wieder von ihm und sucht euch einen neuen Partner, denn jeder hat andere Fähigkeiten und Spezialwaffen. Der eine verschießt radioaktive Minibomben, der andere hat einen Tornado-Blitz, der nächste ganz altmodisches Schrot in der Familienpackung – und dann gibt es natürlich noch die Sonderwaffen à la Hairakete, Roboterhund, explodierender Affe oder die gezielt geworfenene Kuh. Die machen die Rennen allerdings enorm leicht, denn obwohl die gegnerische KI nicht übel ist, hat sie doch wenig Ahnung von angewandter Waffenfiesheit. Im Jump&Run-Part könnt ihr mit vielen Personen ein Schwätzchen führen.
Seid ihr zu Fuß unterwegs, könnt ihr doppelspringen, wirbeln, euch mit Ninja-Pinguinen herumschlagen, bauchklatschen oder an Leitern herumklettern, während ihr den gigantischen Themenpark erkundet. Außerdem dürft ihr jede Person im Park anquatschen, woraufhin ihr Aufträge bekommt, die meist etwas mit dem Finden oder Auftreiben von Gegenständen zu tun haben. So gelüstet es Neo Cortex nach einem schlank und cool machenden Ninja-Dress, oder ihr müsst 1000 Münzen für einen Power-Kristall sammeln. Für die Klimperware könnt ihr euch neue Kostüme für Crash und seine Freunde freischalten oder Tuning-Teile für euren
heißen Ofen kaufen – nicht gerade das typische Rennspiel. Außerdem gibt es viel freizuspielen, versteckte Areale und knifflige Geschicklichkeitspassagen, so dass dieser Bereich auch als eigenständiges Jump&Run gar nicht übel wäre.Die PSP-Version steht der PS2-Fassung optisch und spielerisch kaum nach.
Schiff ahoi!
Die Steuerung muss klar nach Renn- und Hüpfspiel getrennt werden: Der Racing-Bereich erinnert nicht nur in dieser Hinsicht stark an Mario Kart: Double Dash. Ihr könnt (auch zu zweit auf einer Kiste) um Kurven driften und rasante Nitros zünden. Die Kontrolle geht leicht von der Hand, reagiert zackig auf Eingaben und macht keine größeren Probleme. Die lauern im Jump&Run-Bereich, denn hier -Tradition, Tradition- zickt die Kamera enorm herum, lässt sich oftmals nicht mal manuell optimal positionieren und sorgt so für unnötig fehlgeleitete Sprünge. Bei euren Wanderungen durch den Park findet ihr viele Tore, hinter denen sich Herausforderungen verstecken. Neben den normalen Rennen warten auch Spezialmodi: Im »Crashinator« müsst ihr innerhalb eines Zeitlimits möglichst viele auf der Strecke platzierte Hindernisse umfahren, in »Rolling Thunder« seid ihr nur Schütze und müsst so viele Gegner wie möglich umnieten. Der »Battle Run« schließlich erinnert an den Klassiker »Destruction Derby«, tretet ihr doch in einer Arena gegen alle anderen Fahrer an. Während die KI durchaus kompetent lenkt und auch Upgrades oder Reparaturicons aufsammelt, müsst ihr auch hier so viele Konkurrenten wie möglich zu Altmetall verarbeiten. Bevor ihr einen Modus betretet, könnt ihr mit der Wahl des Schwierigkeitsgrades quasi auf eure Fähigkeiten wetten: je größer das Risiko, desto größer der Münzbonus. Außerdem warten noch allerlei Minigames wie das Pinguin-Bowling – viel mehr muss man vermutlich nicht sagen.
Die Präsentation orientiert sich dankbarerweise an den bisherigen Crash-Abenteuern: herrlich bekloppte Musik, die geschickt dramatische und verrückte Elemente mischt (besonders der »Gesang« ist wieder wundervoll schräg) sowie großartige, witzig animierte Renderfilme, in denen speziell die Gockel-Moderatoren Sympathien gewinnen. Die deutsche Sprachausgabe ist über weite Teile gut und
witzig, die Dialoge sitzen – aber einige Figuren nerven schnell. Die Kulisse ist kunterbunt, läuft stets flüssig und zeigt nette Details sowie toll animierte Charaktere, dicke Explosionen und cool auseinanderbrechende Wagen. Außerdem könnt ihr das Design der 15 Strecken beeinflussen: Bedient ihr z.B. eine Kanone, ballert die auf ein schaukelndes Schiff, welches sich aus seiner Verankerung löst, auf die darunter liegende Strecke plumpst und eine frische Abkürzung erschafft. Der »Battle Run« ist eine verballerte Crash-Variante von »Destruction Derby«.
Natürlich müsst ihr nicht nur allein antreten: Je nach System gibt es Splitscreen-Modi für bis zu acht Spieler, im Maximalfall wird es auf und vor dem Fernseher allerdings ziemlich eng. Denn Online-Spielmöglichkeiten gibt es gar nicht, wenn man die WiFi-Variante der PSP (jeder Spieler braucht eine eigene UMD) ausnimmt.
Fazit
Okay, wenn man nur den Rennteil nimmt, dann ist Tag Team Racing ein ziemlich dreister Mario Kart: Double Dash-Klon. Aber dankbarerweise haben sich die Entwickler nicht einfach auf das Abkupfern beschränkt, sondern das witzige Racing Game noch mit fiesen Waffen, dem coolen Verschmelz-Feature und natürlich den ungewöhnlichen Jump&Run-Einlagen gewürzt. Und so innovativ die Mischung ist, so gewöhnungsbedürftig ist sie auch. Beides funktioniert gut, aber nicht ideal; speziell die Kamera in den Hüpfszenen sägt an vielen Nerven. Dass das Abenteuer so kurz und so leicht ist, kostet es ebenso Punkte wie der fast schon böswillige Verzicht auf Online-Modi – denn um die volle Spielerzahl auszunutzen, müssen es sich viele Leute vor einem Fernseher bequem machen. Nichtsdestotrotz ein sympathischer, liebenswert-bekloppter Genremix, den man sich ruhig mal näher ansehen sollte.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation2
PSP
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